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Berliner Fraunhofer-Institut schaut dem Chip ins Herz

Stressmessung des IZM minimiert Ausschuss in der Elektronikfertigung
Berliner Fraunhofer-Institut schaut dem Chip ins Herz

Die Fertigung von mikroelektronischen Systemen setzt Chips und andere Bauteile härtesten Bedingungen aus: Drücke über 100 kg/cm² oder Temperaturschwankungen von mehreren Hundert Grad Celsius sind keine Seltenheit. Fünf bis zehn Prozent der späteren Baugruppenausfälle gehen zum Teil oder ganz allein auf das Konto Belastung im Fertigungsprozess. Um hier zu Verbesserungen zu kommen, setzt das IZM in Berlin Stressmesschips ein..

Katrin Unterhofer, Dr.-Ing. Thomas Schreier-Alt, Fraunhofer IZM, Berlin

Unsichtbar, aber unverzichtbar: nichts funktioniert mehr ohne hoch integrierte Mikroelektronik und Mikrosystemtechnik. Um diese in zukunftsfähige Produkte integrieren zu können, sind zuverlässige und kostengünstige Aufbau- und Verbindungstechniken unentbehrlich.
Das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (Fraunhofer IZM), weltweit führend bei der Entwicklung und Zuverlässigkeitsbewertung von Technologien des Electronic Packaging, stellt seinen Kunden angepasste Systemintegrationstechnologien zur Verfügung – auf Wafer-, Chip- und Boardebene.
So entstand auch das Projekt Stressmessung, mit dem der Ausschuss in der Elektronik-Fertigung minimiert werden kann. Dass die Fertigung von mikroelektronischen Systemen ein knallhartes Business ist gilt ganz besonders für die Elektronik selbst. Chips mit mikrometerkleinen Strukturen werden beim Verkapseln mit Drücken über 100 kg/cm² beaufschlagt und bei der Lötmontage Temperaturschwankungen von mehreren Hundert Grad Celsius ausgesetzt. In fünf bis zehn Prozent führt nicht selten allein der Fertigungsprozess dazu, dass trotz einwandfreier Bauteile einzelne Systemkomponenten durch Dehnungen zu stark belastet werden und folglich ausfallen.
Große Elektronikfertiger suchten Messmöglichkeiten
Große Elektronikzulieferer wie Bosch suchen daher seit Jahren nach einem Messsystem, das die mechanische Belastung von Mikrosystemen online erfassen kann. In dem BMBF-Verbundprojekt iForceSens ist ein solches System entwickelt worden. Es handelt sich dabei um einen Stressmesschip, der sich aufgrund seiner geringen Maße von weniger als 5 mm² unaufwändig in bestehende Fertigungsprozesse integrieren lässt und somit sämtliche Produktionsschritte bewertet. Dieser wird dabei entweder als Flip Chip oder Drahtbond-Variante anstelle des zu untersuchenden Bauteils oder in dessen Nähe platziert.
„Auf diese Weise können Elektronikproduzenten erstmals die Frage beantworten, mit welchen Einstellungen und Verarbeitungsparametern sich ein System zuverlässig und unter minimalen Spannungen produzieren lässt“, skizziert Thomas Schreier-Alt das Potenzial des Projekts. Zusammen mit Katrin Unterhofer erforscht der promovierte Mikromechatronik-Experte am Fraunhofer IZM die Wechselwirkungen von Elektronik in ihrer Fertigungs- und Anwendungsumgebung und deren Einfluss auf die Systemzuverlässigkeit.
Um insbesondere die Stressverteilung innerhalb eines Bauteils berechnen zu können, wurden bis zu 67 Sensorzellen über die gesamte Detektorchipfläche verteilt, die für eine ortsaufgelöste Messung sorgen. Da das Chipdesign außerdem überaus vielfältig gestaltet wurde, ist es möglich, unterschiedlichste Prozesse der Mikroelektronik-Fertigung zu charakterisieren, z.B. das Aufkleben von Bauteilen, die Kunststoff-Verkapselung mit Duroplasten oder im Thermoplast-Spritzguss.
Der Stressmesschip, der über ein spezielles Steuergerät ausgelesen wird, verfügt trotz der relativ hohen Zahl an Messzellen über lediglich vier Anschlüsse und passt dadurch auch in kleine Gehäuse mit nur wenigen Kontakten.
Von der Simulation zur Wirklichkeit
Vor allem die Fertigungsindustrie dürfte diese Entwicklung freuen, denn erstmals lassen sich Prozesse nicht nur vorab simulieren, sondern auf die tatsächlich auftretenden Kraftgefüge abstimmen, etwa beim Dünnen von Wafern. Die meist durch Abschleifen erzeugten Schichten sind enormen thermomechanischen Belastungen ausgesetzt, die häufig zu Strukturdefekten an der Oberfläche der empfindlichen Halbleiter führen. Auch beim Einbetten sehr dünner Chips in Leiterplatten oder polymere Schaltungsträger treten während des Laminierens und Bedruckens Belastungen auf, die sich durch einen Stressmesschip besser dosieren lassen.
„Für Zuverlässigkeitstests in sensiblen Elektronikbereichen wie der Luft- und Raumfahrt oder der Automobilindustrie bietet ein solches Detektionssystem völlig neue Möglichkeiten“, so Schreier-Alt: „Wo bislang mit Simulationen und aufwändigen Versuchsaufbauten die Fertigungsprozesse nachgebildet wurden, verrät die neue Stressmessung nun, wie es im Chip wirklich aussieht.“
Die Arbeiten wurden in einem Projektverbund unter der Koordination der Robert Bosch zusammen mit dem Transferzentrum Mikroelektronik (TZM), dem Fraunhofer IZM, dem Kunststoff- und Spritzguss-Maschinenhersteller Arburg , der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB), sowie den Unternehmen Sensitec, MEAS Deutschland und Microelectronic Packaging Dresden (MPD) durchgeführt und vom VDI-VDE/IT gefördert.
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Leistungselektronik- Broschüre als Download:
Stress ist ganz besonders bei Leistungselektronik Alltag der Baugruppen. Die Broschüre Leistungselektronik – vom Chip zum System (erhältlich im Download-Bereich des IZM http://www.izm.fraunhofer.de/publi_download/themenbroschueren/index.jsp) bietet unter anderem wichtige Hinweise zum Thema Aufbau und Verbindungstechnik in diesem bereich: Gerade unter den Gesichtspunkten der Zuverlässigkeitsoptimierung und der Verbesserung des thermischen Managements spielt die AVT in der Leistungselektronik eine wesentliche Rolle. Folgende Verfahren kommen hierbei erfolgreich zum Einsatz: Flächiges Löten mit Lotpreforms oder Pasten, Al-US-Dickdrahtbonden (100 – 500 μm) zur Kontaktierung von Leistungshalbleitern wie IGBTs und Dioden, Anschluss zur Steuerelektronik und Gehäusung / Verkapselung, sowie Röntgen- und Ultraschallmikroskopie, visuelle Inspektion sowie mechanische Tests.
Die einzelnen Prozessschritte werden am IZM systematisch untersucht und weiterentwickelt, um den Technologietransfer zur Industrie zu ermöglichen. Die Liste der in Betracht gezogenen Technologien ist lang und enthält: Kooperationen mit Materialherstellern zur Verbesserung der Verarbeitbarkeit, der Kühlung und der Zuverlässigkeit; Entwicklung alternativer Kontaktiertechnologien und innovativer Löttechnologien; Optimierung der Klebetechniken; Optimierung des Dickdraht- und Bändchenbondens insb. für erhöhte Stromtragfähigkeit; 3D-Mehrlagen-Integration für erweiterte Funktionen.
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