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Die richtigen Parameter finden

Selektives Löten mit bleifreien Materialien
Die richtigen Parameter finden

Mit der Einführung des bleifreien Lötens werden Bauteile und Leiterplatten durch die höheren Temperaturen im Prozeß stärker als bisher belastet. Nicht alle Bauteile können jedoch diesen höheren Temperaturen standhalten. Deswegen ist selektives Löten ein sehr interessanter Prozeß, weil nur die Lötstelle diese Temperatur erfährt, und sonstige Teile des Produkts geschont werden. Beim selektiven Löten können Durchsteckkomponenten einer Leiterkarte an der Unterseite gelötet werden.

Gerjan Diepstraten, Vitronics Soltec, Oosterhout/Niederlande

Beim herkömmlichen Wellenlötprozeß werden die Leiterplatten durch ein Transportsystem geradlinig über eine stationär eingebaute Welle geführt. Beim Selektivlötprozeß werden die Leiterplatten über ein Robotersystem individuell zu speziellen Lötmodulen- bzw. Applikationen bewegt (eine oder mehrere Lötdüsen). Dies kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen, indem man entweder die Leiterplatte über eine ablaufende Welle bewegt oder die Leiterplatte in eine oder mehrere Düsen eintaucht. Da nur die Lötstellen in das Lot getaucht werden, muß dieses eine höhere Temperatur haben, um einen guten Durchstieg zu gewährleisten.
Im letzten Jahr sind verschiedene Experimente zum bleifreien Löten durchgeführt worden, um die Eignung bzw. Auswirkungen der neuen Legierungen, Materialien, und höhere Prozeßtemperaturen zu untersuchen. Auch sind bereits bleifreie Prozesse im Produktionsbereich gestartet. Bei diesen Untersuchungen wurde festgestellt, daß die bleifreien Legierungen sich wesentlich anders verhalten als SnPb. Unterschiedliche Oberflächenspannung und Dichte der Legierungen führen im Vergleich zu SnPb zu einem unterschiedlichen Abfließen des Lots aus einer Düse. Wenn man dieses Abfließen der bleifreien Legierungen nicht im Griffhat, ergeben sich Lötfehler wie z.B. Brückenbildung.
Bild 1 zeigt eine SelectWelle, bei der das Lot immer an der Vorderseite der Düse abfließen muß, um keine Brückenbildung zu haben. Die verschiedenen Experimente haben jedoch gezeigt, daß bleifreie Legierungen dazu neigen, nach hinten abzufließen. Dies hat sich in drei unabhängigen Versuchen mit SN100 (SnCuNi), Sn3.0Ag0.5Cu und Sn3.8Ag0.7Cu (die bevorzugten bleifreien Legierungen) bestätigt.
Experiment:
Es wurde ein Taguchi-Experiment auf einer SelectWelle durchgeführt, um zu bestimmen, welche Parameter den Prozeß beeinflußen und welche keine Bedeutung haben. Die SelectWelle kann für Einzelpin-, als auch für Steckerlötungen eingesetzt werden. Um einen stabilen Prozeß mit der Edelstahldüse zu gewährleisten, sollte mindestens ein Durchmesser von 6 mm gewählt werden. Die Düse selbst hat eine definierte Abflußrichtung des Lotes. Der Roboter ermöglicht das Anfahren der Welle aus unterschiedlichen Richtungen. Allerdings sollte jeder Stecker gegen die Abflußrichtung der Welle gelötet werden, wie beim Wellenlöten. Wichtig ist, daß während des Lötens genug Energie an die Lötstelle geführt wird, um eine einwandfreie Lötstelle zu erzielen. Wegen der geringen Lotvolumina in einer SelectWelle müssen relativ hohe Temperaturen des Lotes eingestellt werden.
Folgende Parameter und Materialien wurden bei diesem Experiment eingesetzt:
• Testbord: Abmessungen der Leiterplatte: 160 x 100 mm² mit 1,6 mm Dicke. LP-Material FR4 mit einer NiAu-LP-Metallisierung.
• Bauteil: Stecker mit 20 Pins mit einer Länge von 1,5 mm. Abstände zwischen den Pins 2,54 mm.
• Lot: SN100 in einer Schmelze von 227 ºC.
• Flussmittel: Ein alkoholbasierendes (no clean) Flussmittel.
Die Maschinenbedingungen waren:
• 6-mm-Düse aus Edelstahl.
• Stickstoffeinsatz während des Experiments 50 l/min.
Prozeßparameter im Experiment:
• Löttemperatur: Vor allem beim Durchstieg des Lots ist die Temperatur wichtig. Die Benetzungskräfte der bleifreien Legierungen sind geringer im Vergleich zu SnPb bei der selben Temperatur. SN100 wird beim Wellenlöten bei relativ niedrigen Temperaturen verwendet (ungefähr 250 – 260 ºC). Deswegen sind in diesem Experiment 250, 280 und 320 ºC Löttemperatur verwendet worden.
• Roboter Geschwindigkeit: Die Geschwindigkeit bestimmt die Kontaktzeit mit dem Lot. In diesem Experiment wurde mit 3, 5 und 10 mm pro Sekunde über die Welle gefahren.
• Abstand zwischen der Unterseite der Leiterplatte und der Oberseite der Düse: Dieser Abstand bestimmt auch die Kontaktzeit und das Abfließverhalten des Lotes.
• Neigungswinkel: Der Roboter ermöglicht das Anfahren der Welle unter verschiedenen Winkeln (0 º, 7 º, oder 10 º).
Bewertung:
Es wurde eine Taguchi-Methode durchgeführt mit insgesamt 36 Durchgängen (neun Durchgänge für das „L9“-Verfahren mit je vier Wiederholungen). Die Zahl der Pins ohne Lotbrücken wurden notiert. Es wird also maximal 4 x 20 = 80 Pins geben. Die Anzahl der Lotbrücken sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Analyse:
Beim zweiten und fünften Lauf wurden keine Brücken registriert. Obwohl beim zweiten Lauf das SnCuNi nach hinten abfloss.
Auswertung mit der Anova-Software:
Der Faktor mit dem größten Einfluß auf das Entstehen von Lotbrücken ist der Neigungswinkel der Roboter. Die Geschwindigkeit hat fast keinen Einfluß. Bild 2 zeigt den Einfluß der einzelnen Faktoren. Mit 34% hat der Neigungswinkel der Roboter den meisten Einfluß. Die besten Einstellungen um die verwendeten Stecker brückenfrei zu Löten wird in Bild 3 gezeigt: Je höher die Zahl desto besser das Ergebnis. Die optimalen Einstellungen für diesen Prozeß sind also:
• Löttemperatur 280 ºC.
• Roboter-Geschwindigkeit 3 mm/s.
• Abstand Leiterplattenunterseite zur Düsenoberseite 4 mm.
• Neigungswinkel der Roboter 10 º.
Zusammenfassung
Ein einfaches Umsteigen zu einem bleifreien Prozeß ist auch beim Selektivlöten leider nicht möglich. Man muß Untersuchungen anstellen, um den gesamten Prozeß zu optimieren und die richtigen Parameter herauszufinden, denn das Abfließverhalten der bleifreien Legierungen unterscheidet sich von SnPb. Die Düsentechnik wird in Zukunft noch wichtiger werden, um Lötfehler zu vermeiden. Die Optimierung z.B. durch Verwenden von Düsen aus Edelstahl mit einer benetzten Vorderseite, um das Lot in eine Richtung zu zwingen, ist für einen kontrollierbaren Prozeß notwendig. Neue Technologien der Düse werden bereits geprüft. Auch mit anderen Parameter wie Flussmittel und Stickstoff kann der Prozeß noch verbessert werden, da diese eine Oxidation, aber auch Oberflächenspannungen der Legierungen, beeinflussen. Hier wurde nur die Brückenbildung behandelt. Aber auch das Durchsteigeverhalten des Lots muß man betrachten. Für die Löttemperatur 280 ºC gab es in diesem Experiment allerdings gute Ergebnisse für die Benetzung.
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