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E-Business in der Elektronikfertigung

Entwicklung eines Customer-Information-Center für einen Wafer-Produzenten
E-Business in der Elektronikfertigung

Die Auftragsfertigung von Wafern erfordert einen schnellen und reibungslosen Informationsaustausch zwischen Produzent und Entwickler. Eine E-Business-Lösung ermöglicht einen Zugriff der Kunden auf alle relevanten Daten rund um die Uhr. Zudem wird auch die firmeninterne standortübergreifende Kommunikation beim Produzenten verbessert.

Andreas Tietz, Taskarena, Unna

Globalisierung, hoher Wettbewerbsdruck und gestiegene Kundenerwartungen führen bei immer mehr Unternehmen zu der Erkenntnis, dass eine weitere Steigerung der Kundenzufriedenheit nur durch Verbesserung der Geschäftsabläufe und transparente Informationsflüsse möglich sein wird. Der mit Fertigungsstätten u.a. in Erfurt und Lubbock (Texas/USA) vertretene Halbleiterhersteller X-FAB Semiconductor Foundries hat aufgrund seiner weltweiten Geschäftstätigkeit und der dezentralen Datenhaltung beschlossen, die informationstechnische Umsetzung dieser Ziele mittels einer E-Business-Anwendung auf Basis des Internets/Intranets zu lösen. Mit der Umsetzung des Projekts wurde Taskarena Software Engineering beauftragt.
Nach der Neustrukturierung der heutigen X-FAB Gruppe im Jahr 1999 sah das Management die Notwendigkeit, ein E-Business-Systems zu implementieren. Daher wurde die firmeneigene IT-Abteilung mit der Einführung eines solchen Systems beauftragt. Unter dem Eindruck eines sehr eng gesetzten Zeitrahmens wurde dort zunächst eine selbstentwickelte Lösung mit einigen E-Business- Elementen realisiert. Sie ermöglichte die Übermittlung von technischen Daten und Design-Kit-Updates zwischen dem Wafer-Produzenten und seinen Kunden sowie ein einfaches Reporting durch ein automatisches Mailing.
Bessere Kundenorientierung
„Unter dem Gesichtspunkt einer besseren Kundenorientierung und dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit wurde uns aber schnell klar, dass dieses System den steigenden Anforderungen nicht gewachsen war“, schildert Volker Schmalfuß, IT-Leiter bei X-FAB in Erfurt, die Situation im Frühjahr 2000. „Besonders folgende Fragen kristallisierten sich recht schnell heraus: Was bedeutet eigentlich E-Business im Fall von X-FAB? Wie kann man möglichst rasch zu einem verfügbaren System kommen? Und wie ist ein E-Business-System am effektivsten in die Unternehmensorganisation der X-FAB-Gruppe zu integrieren?“
Die gemeinsame Projektgruppe aus Marketing und IT-Abteilung erkannte schnell, dass zur Beantwortung dieser Fragen professionelle Hilfe erforderlich war. Damit bestand die nächste Aufgabe darin, einen geeigneten Partner zu finden, der sowohl die spezifischen Geschäftsprozesse bei X-FAB schnell verstehen konnte als auch ohne Zeitverzug in der Lage war, sie in eine moderne Softwarelösung umzusetzen. Zu dieser Zeit bestanden bereits Kontakte zur Erfurter Niederlassung der Taskarena, mit deren Experten Fragen der Sicherheit im Internet beraten wurden. Da Taskarena komplette E-Business-Lösungen anbietet, lag es nahe, dieses Thema ebenfalls anzusprechen.
Vorstudie definiert E-Business
Schnell begann man mit der Erstellung einer Vorstudie, die bereits im September 2000 vorgelegt werden konnte. Die Studie definierte erstmalig detailliert, was E-Business für X-FAB leisten muss und mit welchen organisatorischen sowie technischen Mitteln sich dies umsetzen lässt. Abläufe und Potenziale wurden analysiert und Lösungsszenarien aufgezeigt. „Die Studie wurde in der Folge unser wichtigster Leitfaden für die E-Business-Lösung“, meint Volker Schmalfuß.
Die Studie beschreibt die Anforderungen an das Projekt: Im Mittelpunkt von E-Business steht der Kunde und seine Beziehung zu den Unternehmensprozessen unter Berücksichtigung der verschiedenen Anforderungen aus den Bereichen Sales/Marketing, Prototyping/Engineering, Auftragsabwicklung/Produktion, QS/Logistik und IT. Ziel ist es, sie in einem standortübergreifenden, einheitlichen Informationssystem abzubilden. Angestrebt wird eine über die Optimierung einiger weniger Geschäftsprozesse hinausgehende Integration des Gesamtprozesses über alle Stufen der Wertschöpfungskette, also das, was man unter einer Value-Chain-Integration versteht. Daraus resultiert die geforderte X-FAB-weite Kundendatenbank als Kernsystem des E-Business. Um sie herum gruppieren sich alle für die Geschäftsabwicklung wichtigen Daten und Informationen der Wertschöpfungskette.
„Value-Chain-Integration bedeutet, dass alle beteiligten Organisationen und Einheiten (intern und extern) Teil eines virtuellen Unternehmens werden“, erläutert Roland Bredereck, Bereichsleiter E-Business bei der Taskarena. „Sie profitieren dabei vom Wegfall innerorganisatorischer und externer Schnittstellen sowie von der Automatisierung des Gesamtprozesses.“
Mehr Transparenz gegenüber dem Kunden
„Ziel war die Integration der Geschäftsprozesse der sich im Wachstum befindenden X-FAB-Gruppe – ein gemeinsamer Datenbestand für die gesamte Gruppe und eine Verknüpfung mit den lokalen IT-Systemen“, so Volker Schmalfuß. „Auf diese Weise sollten die Daten besser verwaltbar und damit aktuell und konsistent gehalten werden.“ Besondere Bedeutung hat dies für die Design-Kit-Updates und die Auftrags- und Fertigungsdaten, aber auch für die Kundendatenbank. Schmalfuß ergänzt: „Wir wollten die Mitarbeiter so von unproduktiven Routineaufgaben befreien, mehr Transparenz gegenüber den Kunden erreichen und ihnen wichtige Informationen rund um die Uhr verfügbar machen.“
Auf Basis der Vorstudie wurde das Projekt in zwei Phasen eingeteilt. Die erste betraf die Übermittlung technischer Daten und Design-Kit-Updates: Dafür wurde ein eigenes Customer-Information-Center entwickelt und implementiert. Die Applikation basiert auf WinNT und kommt auf einer Sun Solaris zum Einsatz. „Die Portierung vorhandener Datenbestände klappte fast reibungslos,“ freut sich Volker Schmalfuß. „Unsere intern genutzte Applikation wurde ebenfalls als Browser-Frontend umgesetzt, um den Zugriff aus den weltweit verteilten Standorten zu gewährleisten.“ Die verschiedenen IT-Systeme wurden so integriert, dass Schnittstellen für einen weiteren Ausbau offen bleiben.
Diese Phase eins konnte termingerecht bis Ende März 2001 umgesetzt werden und ermöglichte nach Testphase und Produktivschaltung im Mai 2001 einen raschen Einstieg in das E-Business. In einer anschließenden Tuningphase wurden letzte Unhandlichkeiten und Performance-Bremsen ausgeschaltet. „Dies betraf hauptsächlich die Benutzeroberfläche, die an einigen Stellen den Gewohnheiten der Benutzer angepasst wurde“, erklärt Volker Schmalfuß.
Höhere Kundenbindung erreicht
Das Tuning wurde im Oktober 2001 abgeschlossen. X-FAB Kunden können nun das Internet als zeitunabhängigen Kommunikationskanal nutzen, der einen einheitlichen Zugriff auf die Unternehmensgruppe bietet. Dieser Kanal gibt umfassende Informationen zu allen Prozessschritten eines Auftrages. Per XML und ASCII wird der Workflow in die Kundensysteme integriert. Durch den Online-Informationsaustausch werden Entwicklungsprozesse beschleunigt. „Diese Verbesserung des Kundenservices hat unseren Wettbewerbsvorsprung weiter deutlich ausgebaut“, kommentiert Petra Werr, die das Projekt bei der X-FAB auf der Marketing-Seite leitet und ergänzt: „Zugleich haben wir durch die Prozessintegration und den verbesserten Informationsfluss eine höhere Kundenbindung erreicht.“ Da es sich um hochsensible Daten handelt, werden alle Datenübertragungen zum Kunden über HTTPS verschlüsselt.
Intern verbessert das Projekt standortübergreifend die DV-Unterstützung der Mitarbeiter für die Standartkommunikation durch eine Beseitigung von organisatorischen Schnittstellen und Prozessautomatisierung. Das System stellt ein einheitliches Portal zum Kunden dar und ermöglicht durch den zentralen Zugriff auf Planungsdaten Transparenz über alle Vorgänge. Der Zugriff auf alle relevanten Informationen ist weltweit rund um die Uhr und sieben Tage in der Woche möglich. „Die Auswertung der Kundenzugriffsdaten kann sowohl marketing- wie auch vertriebsseitig zur gezielten Weiterentwicklung von Technik und Dienstleistungen genutzt werden,“ so Werr.
Aufgrund der guten Erfahrungen entschieden die Projektverantwortlichen bei X-FAB, die Umsetzung der zweiten Phase im Jahr 2002, in der der Funktionsumfang für die Kunden wesentlich erweitert werden sollte, ebenfalls mit Taskarena umzusetzen. Die in der ersten Projektphase entwickelten Module wurden auf einer Systemarchitektur implementiert, die einen sicheren Datenaustausch auf HTTPS-Basis garantiert. Somit stehen den Kunden sowie auch den Mitarbeitern der X-FAB neben einem technischen Informationscenter auch eine Vielzahl von automatisch generierten Reports zur Verfügung.
Zweite Projektphase läuft an
Die zweite Phase umfasst außerdem die Optimierung des Reporting und die Erweiterung einer gruppenweiten Kundenverwaltung für X-FAB. Hierbei werden auch neue Schnittstellen zu operationalen Systemen wie einer Zentraldatenbank, dem ERP-System und der Fertigungsteuerung geschaffen, um Zugriff auf die wichtigsten Unternehmensparameter zu gewährleisten. Außerdem erhält das Customer-Information-Center neue interaktive Funktionen. Kunden werden ihre Entwicklungsaufträge, statt wie bisher per PDF-Download und Rückfax, künftig direkt online platzieren können. Aber das System bietet noch mehr: Der Kunde kann jederzeit seinen Auftragsbestand und die für ihn reservierten Fertigungskapazitäten einsehen. Darüber hinaus kann er bei Bedarf selbständig die benötigten Kapazitäten verändern und Termine setzen – ein großer Vorteil angesichts der extrem kurzen Zyklen in der Elektronikbranche gegenüber den Produktionszeiten für ein durchschnittliches Wafer-Los von ca. zwei Monaten.
„Auch wir können damit unsere Fertigung besser planen und auslasten, denn wir können die Fertigungslinien aus technischen Gründen nicht einfach nach Belieben an- und abschalten,“ fügt Volker Schmalfuß hinzu. „Da wir kein Massenproduzent sind, sondern uns auf elektronische Schaltungen für Spezialanwendungen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Features spezialisiert haben, profitieren wir auch hier vom E-Business. Es erleichtert spürbar die Erfüllung der Kundenanforderungen.“
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