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Keine Angst vor BGAs Gisbert Kropp, Evertec, Wörthsee

Reparatur an BGA-Baugruppen mit professionellen Reworksystemen
Keine Angst vor BGAs Gisbert Kropp, Evertec, Wörthsee

Bei vielen Firmen gibt es Vorbehalte gegenüber dem Einsatz von BGAs und der damit verbundenen Reparaturen. Dabei stellt sich das Rework an mit BGAs bestückten Baugruppen meist als unkomplizierter heraus, als zunächst angenommen. In der Regel lassen sich BGAs sogar einfacher austauschen als Fine-Pitch-Bauteile wie QFPs. Professionelle Reworksysteme leisten hier eine wichtige Hilfestellung. Darüber hinaus lassen sich mit ihnen auch Qualitätsverbesserungen beim Austausch anderer SMDs erzielen.

Die immer größer werdende Funktionalität von Systemen führt bei elektronischen Baugruppen zu höherer Packungsdichte und damit zu mehr Funktionen auf kleinerem Raum und kürzeren Verbindungen zwischen den Komponenten. Das bedeutet kürzere Signallaufzeiten und damit einen höheren Systemtakt. Entsprechend steigt die Funktionalität der ICs, was zu größeren Siliziumchips mit einer ständig wachsenden Anzahl von E/A-Anschlüssen führt. Speziell die große Anzahl der E/As, welche mittlerweile oft mehrere Hundert beträgt verhindert, dass diese Chips in Fine-Pitch-Gehäuse wie QFPs verpackt werden können – selbst bei einem Pitch von 0,4 mm, da diese dann überdimensional groß würden.

Davon abgesehen ergeben sich bei der Verarbeitung der Fine-Pitch-Bauteile einige Nachteile, wie zum Beispiel mechanische Empfindlichkeit (Verbiegen) der Pins – sowohl bei der Verarbeitung als auch beim Transport, Koplanarität der Pins, Platzierung bei der Reparatur, Kurzschlussgefahr, etc. Deshalb haben sich in den letzten Jahren BGA-Gehäuse (Ball Grid Array) immer mehr durchgesetzt, und der Trend verstärkt sich mit zunehmender Komplexität weiter hin zu µBGAs (BGAs mit einem Ball-Abstand kleiner 1mm), Flip-Chips (ICs werden direkt kontaktiert) sowie vielen neuen Gehäuseformen, welche die Fläche auf der Gehäuseunterseite für Signal- beziehungsweise Masseanschlüsse ausnutzen.
Welche Probleme sehen Anwender bei BGAs?
Das – eigentlich einzige – Problem, das Anwender beim Einsatz von BGAs sehen, sind die optisch – zumindest mit dem Auge nicht erkennbaren – Anschlüsse (Balls). Dies ist mehr ein psychologisches Problem (man traut nur dem was man sieht) als ein tatsächliches. Denn auch auf der Fertigungslinie muss der Prozess „stehen“ und wird nicht mit dem Auge inspiziert. Davon abgesehen, auch bei einem Fine-Pitch-QFPs ist eine optische Beurteilung der Lötverbindung nur sehr schwer möglich, da der unter dem Pin liegende, und für die Qualität der Verbindung entscheidende „Meniskus“ kaum dem Auge des Betrachters zugänglich ist.
Abgesehen von der höheren Komplexität bei kleinerer Bauteilgröße bieten BGAs dem Anwender eine Reihe von Vorteilen bei der Verarbeitung im Vergleich zu Fine-Pitch-Bauteilen:
  • sowohl Transport als auch Handhabung sind auf Grund der mechanischen Unempfindlichkeit völlig unkritisch
  • größere Kurzschlusssicherheit, denn bei vergleichbarer Komplexität ergibt sich ein größerer Pitch und die Lotmenge (Ball) ist vordefiniert und überall gleich, was sich speziell beim Rework positiv bemerkbar macht
  • die gute Selbstzentrierung durch die Oberflächenspannung der Balls ermöglicht sogar, dass sich Platzierungstoleranzen von bis zu 49% des Ball-Pitches nicht negativ auswirken, und das BGA mittig aufgelötet wird („einschwimmt“)
  • eine weniger aufwändige Reparatur, da, bedingt durch das Lotdepot der BGA-Balls, ein Verzinnen der Pads oder das Aufbringen von Lotpaste entfällt. Dies trifft auf die meisten BGAs zu, außer bei den Typen mit hochschmelzendem Lot, bei denen man um die Verwendung von Lotpaste nicht herumkommt.
Sichere Reparatur von Baugruppen mit BGAs
Bedingt durch die nicht direkt zugänglichen Pins (Balls) der BGAs scheidet beim Reparatur-Löten der klassische Weg per Kontaktlöten mit einem Lötkolben aus, bei dem in der Regel die Baugruppe sehr punktuell erwärmt wird, was einer schonenden Behandlung sowohl der Leiterplatte als auch des Bauteils nicht gerade förderlich ist. Da beim Löten/Entlöten von BGAs die Wärmezuführung kontaktlos zu erfolgen hat, führt dies in der Regel bei Verwendung professioneller Reworksysteme auch zu einem qualitativ hochwertigen Prozess, entsprechend dem der Serienfertigung. Denn diese Systeme verfügen in jedem Falle sowohl über eine Unterhitze zum verspannungsfreien Vorheizen der Baugruppe, als auch über eine Oberheizung, die im Idealfall sehr schonend und exakt regelbar ist, um in Kombination mit der Unterhitze die Lötprofilkennlinie präzise nachzufahren. Als positiver Nebeneffekt der Anschaffung solcher Reworksysteme kommt hinzu, dass in der Regel dann auch mit diesen Systemen die Fine-Pitch-Reparatur prozesskontrolliert durchgeführt werden kann.
Beim Löt-/Entlötvorgang wird beim Starten des Profils zunächst im Wesentlichen die Baugruppe mit einer möglichst großflächigen Unterheizung aufgeheizt, so dass sich die Wärmeenergie gleichmäßig und verspannungsfrei auf der Baugruppe verteilen kann. Über die Oberheizung wird nur sehr dosiert Energie zugeführt, um die Profilkennlinie nachzufahren und das Bauteil zu schonen. Erst in zunehmenden Verlauf des Prozesses wird die Wärmezuführung über die Oberheizung gesteigert und so die Lötstelle über den Schmelzpunkt geführt. Ideal sind hierbei Systeme, welche die Bauteiletemperatur direkt erfassen und in einem geschlossenen Regelkreis die Temperatur nachführen. Je schneller und exakter die Oberheizung geregelt werden kann, um so präziser wird das Soll-Profil nachgefahren. Systeme mit fokussiertem Infrarot sind hier unübertroffen.
Nach dem Aufschmelzen der Balls wird das BGA beim Entlötvorgang mittels einer Vakuumaufnahme von der Leiterplatte abgehoben. Beim normalen Reparaturvorgang wird anschließend das Restlot von der Platine entfernt, möglichst direkt nach dem Abnehmen des BGAs, da dann das Board noch heiß ist und dies einfach, schnell und schonend erfolgen kann. Mit einem Reiniger werden die Flussmittelrückstände beseitigt.
Wie wird das neue Bauteil eingelötet?
Anstelle des abgelöteten BGAs wird jetzt in der Regel ein neues BGA eingelötet, da das abgelötete Bauteil, selbst wenn es funktional noch in Ordnung wäre, auf Grund der zerstörten Balls (ein Teil des Lots verbleibt beim Auslöten auf der Baugruppe) so nicht mehr verwendbar ist. Hier stellt sich dann regelmäßig die Frage, ob man denn nicht die BGA-Balls wieder erneuern kann, so dass das BGA wieder verwendbar wäre. Diese Möglichkeit, auch in Neudeutsch „Reballing“ genannt, besteht tatsächlich. Ob sie angewendet wird, entscheidet eine Kosten-Nutzen-Betrachtung, die für die meisten kommerziellen Reparaturen zu Gunsten eines neuen BGAs ausfällt, da der Reballing-Vorgang sehr zeitaufwändig, und damit mit hohen Personalkosten verbunden ist.
Der Einlötvorgang verläuft, was den eigentlichen Lötvorgang betrifft, entsprechend dem Auslötvorgang. Es kommen jedoch zwei Punkte hinzu. Der erste Punkt ist, dass das Bauteil an der richtigen Stelle der Baugruppe abgesetzt werden muss. Dazu wird das Bauteil mit einem Vakuum angesaugt, und über dem BGA-Layout auf dem Board positioniert. Um es exakt an der richtigen Stelle abzusetzen, wird in der Regel eine optische Positioniereinheit benötigt, ein auf einem Splitprisma basierendes System, das optimale Genauigkeit garantiert.
Dabei wird das Prisma nach einer Grobausrichtung des BGAs zwischen das BGA und die Platine geschoben. Über eine Kamera und einen Videobildschirm lassen sich damit übereinanderliegend die Bauteilunter- und die Platinenoberseite anzeigen, und diese dann über diverse Verstellmöglichkeiten zur Deckung bringen, bevor das BGA abgesetzt wird. Im Ausnahmefall kann man auf eine optische Positionierung verzichten, wenn der Ball-Pitch sehr groß ist (zum Beispiel 1,5 oder 1,27 mm ) und gleichzeitig Markierungen auf der Platine angebracht sind, an denen man die BGA-Gehäusekanten ausrichten kann. Da jedoch in der Regel sowohl die Markierungen auf dem Board meist nicht sehr genau und auch die Gehäuseabmaße toleranzbehaftet sind, ist diese Vorgehensweise mit Vorsicht zu genießen und nur auf Grund des guten Einschwimmens von BGAs eventuell noch erfolgreich.
Der zweite Punkt, ist, dass zur Aktivierung des Lötvorgangs etwas Chemie benötigt wird. Das heißt, man trägt vor dem Start des Lötvorganges Flussmittel oder Flussmittelgel (hat noch einen Klebeeffekt was ein Verrutschen des Bauteils nach dem Platzieren erschwert) auf die Baugruppe (beispielsweise mittels Pinsel) oder direkt auf die Balls auf (zum Beispiel, indem man das Bauteil in einen Flussmittelfilm setzt, bevor es positioniert wird). Im ersten Fall wird in der Regel zuviel Flussmittel aufgetragen, was eventuell bei einer optischen Inspektion stört beziehungsweise einen höheren Reinigungsaufwand nach sich zieht. Beim Auftragen auf die Balls ergibt sich eine gleichmäßige Benetzung aller Anschlüsse.
Wann ist BGA-Reballing sinnvoll?
Wie oben erwähnt lassen sich abgelötete BGAs, die wieder eingelötet werden sollen, mit neuen Balls versehen. Bei den meisten Reparaturen wird darauf jedoch aus Kostengründen verzichtet und ein neues Bauteil eingelötet. Es gibt jedoch durchaus Fälle bei denen BGAs „reballed“ werden. Einige Gründe dafür sind zum Beispiel:
  • das Bauteil ist sehr teuer
  • der Entwicklungsabteilung steht nur eine begrenzte Anzahl Bauteile-Muster (zum Besipiel von ASICs) zur Verfügung, welche jedoch in Prototypensystemen mehrfach verwendet werden müssen
  • das BGA soll zu Fehleruntersuchungen nach dem Auslöten einem elektrischen Test unterzogen werden
  • Bauteile sind abgekündigt und auf dem Markt nicht mehr erhältlich.
In all diesen Fällen müssen am BGA wieder Lotkugeln angebracht werden. Dazu bieten sich nach dem Entfernen des Restlotes vom Bauteil im Wesentlichen drei Verfahren an: Bei der ersten Methode wird das BGA, nachdem auf die Kontakte Flussmittel aufgetragen wurde, unter einer Metallschablone fixiert, und in die Löcher der Schablone Lotkugeln in entsprechender Größe eingebracht. Die Schablone kann dabei exakt der Größe des Bauteils und dem Bauteilelayout entsprechen, oder man verwendet eine größere vollflächige Schablone. Im ersten Fall benötigt man für jedes Bauteil eine gesonderte Schablone. Im zweiten Fall kann man diese Schablone für unterschiedliche BGAs, die jedoch den gleichen Pitch haben müssen, verwenden. Dies spart zwar Kosten, wenn man unterschiedliche BGAs mit gleichem Pitch hat, bringt aber auch einige Nachteile mit sich. Je größer die Schablone, desto instabiler wird sie. Außerdem wird Material vollflächig auf das BGA aufgetragen, obwohl das Layout eventuell nur Ball-Reihen im Rand des Gehäuses hat.
Die zweite Methode ist, das BGA unter einer Metallschablone zu fixieren und von der anderen Seite Lotpaste aufzutragen. Die Art der verwendeten Schablonen entspricht denen der ersten Methode. In beiden Fällen wird die Schablone mit dem Bauteil nach unten, zum Beispiel in ein professionelles Reworksystem (zum Beispiel PDR-IR-X410 ) eingespannt und ein Lötprofil durchfahren, um die Lotkugeln beziehungsweise die Lotpaste zu BGA-Balls umzuschmelzen. Anschließend wird die Metallschablone entfernt und das Bauteil von Flussmittelresten gesäubert.
Die dritte Methode ist das Verwenden von sogenannten „Reballing Preforms“. Hierbei handelt es sich um Pappplättchen, welche in der Größe und vom Ball-Layout exakt dem BGA-Layout entsprechen. In dieser Pappe sind die Lotkugeln exakt fixiert. Auf die Seite, aus der die Lotkugeln etwas weiter aus der Pappe herausstehen, wird Flussmittel aufgetragen und dann das gesäuberte BGA daraufgelegt. Die Kombination Papp-Preform mit BGA wird dann mit dem BGA nach oben, wie bei den ersten beiden Methoden, beispielsweise auf einem professionellen Reworksystem über einen Lötprozess gefahren. Dabei kann die Temperatur auf der Bauteileoberfläche beim PDR-IR-X410 kontaktlos erfasst, und in den geschlossenen Regelkreis wie beim normalen BGA-Löt-/Auslötvorgang eingegeben werden. Nach dem Umschmelzen der Lotkugeln wird das BGA mit der Pappe in einem Alkohol-Wasser-Gemisch eingeweicht, und anschließend die Pappe entfernt. Das Verfahren hat den Vorteil, dass die Qualität der ersten Methode erreicht wird (so ist die Ball-Größe ist immer gleich), aber komfortabler und schneller als diese ist. In allen drei Fällen muss natürlich darauf geachtet werden, dass die Bauteile nach dem „Reballen“ getrocknet werden müssen, bevor sie wieder eingelötet werden, um Poppkorneffekte beim Lötvorgang und damit eine Zerstörung des Bauteils zu vermeiden.
Professionelles Rework – auch für bleifreies Löten
Egal ob BGA bestückte Baugruppen repariert werden müssen, Entwicklungsmuster aufgebaut, BGAs nachbestückt oder ein „Reballing“-Prozess durchgeführt wird, der Schlüssel zum Erfolg ist die Verwendung eines professionelles Reworksystems wie das PDR-IR-X410. Ein solches System ermöglicht volle Prozesskontrolle , eine exakte Wiederholbarkeit und einfache, sichere Bedienung. Das auf der fokussierten IR-Technik basierende System ist exakt und schnell regelbar, was eine optimale Nachführung eines Lötprofils erlaubt. Außerdem ermöglicht der große Arbeitsabstand der Oberhitze zum Bauteil, dass die Bauteiletemperatur kontinuierlich und kontaktlos aufgenommen, und als Eingangsgröße in den geschlossenen Regelkreis eingespeist wird, was sehr schonend für Bauteil und Baugruppe ist, speziell auch beim Bleifrei-Prozess. Darüber hinaus können alle Bauteile, auch tiefliegende oder engbestückte problemlos erreicht werden. Da der Strahldurchmesser stufenlos verstellt werden kann, kommt man bei dieser Technik ohne Düsen und Blenden aus, was die Bedienung vereinfacht, die Produktivität und Flexibilität erhöht, und darüber hinaus Kosten reduziert. Die exakte Platzierung des BGAs erfolgt über ein auf einem Splitprisma basierenden System mit angeschlossener Videokamera und hochauflösendem Video-Flachbildschirm. Mit einem solchen System können gleichzeitig Bauteileunterseite und Platinenoberseite betrachtet werden, so dass ein präzises Positionieren vor dem Absetzen des Bauteils erfolgen kann. Damit lassen sich jedoch nicht nur BGAs, sondern beliebige SMT-Bauteile wie Fine-Pitch-QFPs positionieren, bevor sie anschließend prozesskontrolliert eingelötet werden.
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