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Mehr als nur Siliziumtechnologie

Prozessoptimierung durch moderne Fertigungstechnik und effiziente Analytik
Mehr als nur Siliziumtechnologie

Das Fraunhofer Institut für Siliziumtechnologie, kurz ISIT in Itzehoe bietet mehr als nur Siliziumtechnologie: Hier wird Prozessoptimierung in der Baugruppenfertigung an der Leadfree-Trainingslinie durch Kombination von innovativer Fertigungstechnik und effizienter Analytik praktiziert.

Helge Schimanski, Fraunhofer ISIT, Itzehoe

Die Leadfree-Trainingslinie steht für einen hochmodernen Gerätepark in den Räumen des Fraunhofer ISIT in Itzehoe. Dieser beinhaltet eine SMD-Linie, in der über ein automatisches Handlingsystem ein Lotpastendrucker, ein SMD-Bestücker, ein Konvektions-Schutzgas-Reflow-Lötsystem sowie ein automatisch optisches Inspektionssystem (AOI) verbunden sind. Ein als Batchanlage ausgelegtes Vakuum-Dampfphasen-Reflow-Lötsystem rundet den SMD-Bereich ab. Zur THD- oder SMD-Lötung steht ein Doppelwellen-Lötsystem (alternative Lotlegierungen SN100C oder SAC3,5) mit Schutzgastunnel zur Verfügung. Eine Anlage mit zwei Punktwellen (Lotlegierungen: bleihaltig SnPb37 und bleifrei Sn100C) ermöglicht Selektiv-Lötprozesse, zwei variable Systeme mit Wechselköpfen werden für Kolbenlöten, Laserlöten und Induktionslöten eingesetzt. Handlötarbeitsplätze stehen in vielfacher Variation ebenso bereit, wie unterschiedliche Reworkstationen zum Löten von komplexen Komponenten wie BGA, QFN, hochpolige ICs oder Stiftleisten. Der Gerätepark der Trainingslinie umfasst alle relevanten Prozessschritte der bleifreien Baugruppenfertigung.
An der LEADFREE-Trainingslinie kann von einzelnen Firmen die Fertigung elektronischer Baugruppen im RoHS-konformen Lötprozess erprobt werden. Das Angebot reicht vom Training mit Unterweisung zur Linienbedienung über Untersuchungen von Verarbeitungsverhalten und Prozesstechnik, begleitet durch Mitarbeiter des Instituts über Erprobung und Aufbau von Fertigungsmustern, zerstörungsfreier Qualitätsbewertung bis zur Metallurgischen Analytik und Beratung für umwelt- sowie fertigungsgerechtes Design. Nicht nur Baugruppenfertiger, sondern auch Bauteil- und Materialhersteller lassen hier z. B. Untersuchungen zur Lötwärmebeständigkeit ihrer Produkte, oder Qualifikationen von Lotpasten und Leiterplatten, durchführen. Übergreifende Untersuchungen werden in Projekten der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen Otto von Guericke e.V. (AiF) als Träger der industriellen Gemeinschaftsforschung in Begleitung von Industrieausschüssen durchgeführt.
Prozesstechnik und Analytik
Baugruppen schonendes Löten bedeutet moderate Temperaturgradienten und ein Temperatur-Zeit-Verlauf auf der Baugruppe im vorgegebenen Prozessfenster. Dieser wird in erster Linie durch die Anforderungen der Lotpaste und den Durchsatz bestimmt. Dabei müssen aber auch die Einschränkungen, die das Leiterplattenmaterial und die Komponenten der Baugruppe auferlegen, berücksichtigt werden. Die richtige Auswahl von Lötprozessparametern im Zusammenspiel mit der Handhabung von Lotpaste, Leiterplatten und Komponenten (u. a. Lagerung) ist entscheidend für die zuverlässige Funktion der produzierten Baugruppen. Mehrfach-Lötprozesse (mit überhöhter Temperatur) können zu einer Degradation des Leiterplattenmaterials führen.
Ein Clou im Reflow-Knowhow des Fraunhofer ISIT liegt in der Kombination aus Temperaturmesstechnik und thermischer Simulation des Lötprofils. Die physikalischen Prinzipien des Wärmeübergangs wurden in ein Programm – Reflow_Sim.exe – umgesetzt. Dieses Programm ist als Excel-Datei und somit in einer für viele Bediener bekannten Umgebung aufgesetzt, und durch die eingebauten Erläuterungen leicht zu bedienen. Zur Konfiguration des Programms benötigt man die Informationen zur Anzahl und Länge der Heizzonen, zum Wärmeübergang in der Konvektions-Lötanlage und zur thermischen Masse der Baugruppe. Dann stellt man ein Soll-Profil ein, welches typischerweise von der Lotpaste vorgegeben ist. Mit den Einstellwerten der Heizzonen und der Transportgeschwindigkeit ergibt sich ein Band von Temperatur-Zeit-Kurven, die von kleinen und großen thermischen Massen auf einer Baugruppe im Lötsystem zu erwarten sind. Das Programm kommt mit Startwerten für den Wärmeübergangskoeffizienten a, die erfahrungsgemäß sinnvoll sind. Durch wenige Profilmessungen an einer bekannten Baugruppe werden einmal zur Konfiguration des Programms die a-Werte verifiziert oder angepasst, danach liefert das Programm bei richtiger Eingabe der Baugruppen-Eigenschaften passende Einstellwerte für die Anlage. Eine Demoversion dieses Programms steht auf den Webseiten des Institutes zum Download bereit. Die Vollversion ist vom Anwender an die eigene Lötanlage anzupassen und ermöglicht dann offline Kombinationen aus Zonentemperaturen und Transportgeschwindigkeit, oder den Einfluss von Änderungen z. B. der Leiterplattendicke für eine Baugruppe durchzuspielen. Die Grafiken in Bild 3 und 4 zeigen die gute Übereinstimmung von Simulationsrechnung und Messung. Das Ziel, einen Parametersatz für Baugruppen schonendes Löten im Prozessfenster zu finden, ist durch das Zusammenspiel von Simulationsrechnung und Temperaturmesstechnik in einem zeitlichen Rahmen von ca. 2 bis 3 Stunden realisierbar. Die somit eingesparte Zeit steht dann an der Linie für die laufende Fertigung zur Verfügung.
Zum Einfahren eines optimierten Fertigungsprozesses gehört neben der Prozesstechnik auch die Analyse der erzeugten Funktionsmuster. Hierzu dienen Inspektionsmikroskope in der Linie und im separaten Bewertungslabor. Weitere zerstörungsfreie Prüfungen erfolgen mittels Röntgendurchstrahlung, hier mit einer Nanofokus-Röhre, sowie mit Akustik-Mikroskopie. Qualitäts- und Schadensbewertungen werden ergänzt durch zerstörende Prüfungen wie metallographische Schliffe und mechanische Scher- und Zugtests.
Dienstleistung zur Zuverlässigkeitsprüfung
Mit Einführung bleifreier Technologien kommt das Langzeitverhalten der Aufbauten zunehmend in den Fokus. Hier kann das Institut ebenfalls eine langjährige Erfahrung vorweisen. Konstruktionsspezifisch wird eine Anforderungsmatrix erstellt, als Ausgangspunkt, um Prognosen mittels Modellrechnungen, Umwelt und zeitraffenden Belastungstests und Schadensanalysen zu geben. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei im Bereich kundenspezifischer Leistungsmodule, mit eigenen Laboraufbauten und Simulationstechniken für thermisches Management und Zuverlässigkeitsbewertung durch aktive Belastungszyklen. Neben Temperaturzyklen zur Belastung von Lötstellen, Bauteilen und Leiterplatten sind Klima- und Korrosionstests zur Bewertung von Flussmittelrückständen und zur Prüfung der Gefahr von Zinn-Whiskern immer wieder wichtig. Die Qualifikation der einzelnen Materialien reicht einfach nicht aus, da erst im gefügten Zustand die Materialien chemisch oder mechanisch miteinander in Wechselwirkung treten. Bleifreie Lötstellen belasten ihre Umgebung stärker als bleihaltige Verbindungen, weil sie weniger schnell durch Kriechvorgänge nachgeben. Für die höhere Arbeitstemperatur werden weiterhin besser geeignete Lotpasten und Flussmittel entwickelt, deren Rückstände sich anders verhalten. Somit gehört zum Lotpastentest neben dem Druck- und Lötverhalten auch eine Messung des Oberflächenwiderstands (SIR-Test) unter den erwarteten Betriebsbedingungen von der anliegenden Spannung bis zum Klima. Neben einer Evaluierung von kompletten Baugruppen stehen die Dokumentation, Identifikation und genaue Untersuchung von Rückständen und Korrosionsprodukten im Repertoire des ISIT.
Seminare
Das ISIT veranstaltet rund um die elektronische Baugruppenfertigung Seminare, wo zum einen der Baugruppenfertigungsprozess und zum anderen Reparaturprozesse mit Geräteunterstützung (Rework) in Theorie und Praxis dargestellt werden.
Das nächste Seminar „Der optimierte Rework-Prozess“ findet im Herbst vom 18. bis 20. November 2009 statt. Ziel dieser Veranstaltung ist es, Wege aufzuzeigen, wie der Reparaturprozess sicher zu beherrschen ist. Hierzu wird zunächst die theoretische Basis für den Reparaturprozess inklusive Temperaturprofiloptimierung vermittelt. Dann werden im umfangreichen praktischen Teil Reworkprozesse an bis zu 6 verschiedenen Rework-Stationen (ERSA, Finetech, OKi Metcal, PDR, Weller, Zevac) optimiert. Schwerpunkt wird hierbei auf das Baugruppen schonende Löten durch Ermittlung der richtigen Temperaturprofile gelegt. Die Handhabung an verschiedenen Reworkstationen ermöglicht es dem Teilnehmer, für seine Ansprüche das geeignete System zu finden. Proben der Teilnehmer sind willkommen.
Schwerpunkt im Seminar „Die beherrschbare Baugruppenfertigung“ vom 07. bis 09. Okt. 2009 ist neben der Darstellung der Prozesskette in Theorie und Praxis die Vorgehensweise und Durchführung der Fehleranalyse und Prozessoptimierung. Theorie am Vormittag wird verbunden mit praktischen Übungen und Demonstrationen am Nachmittag. Neben der Betrachtung des Baugrupppenfertigungsprozesses im Detail sind auch aktuelle Materialentwicklungen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rahmenbedingungen Thema des Seminars. Die Jahresübersicht und Kursprogramme sind auf den Internetseiten des Fraunhofer ISIT zu finden.
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