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Neue Medien für die Reinigung

Reinigung von Schablonen, Drucksieben und Fehldrucken
Neue Medien für die Reinigung

Bei der Reinigung von Schablonen, Sieben, Misprints und Lötrahmen wird der Prozess durch die Anforderungen bestimmt. Die Wahl des Reinigungsmediums – wässrig, halbwässrig oder lösemittelhaltig – beeinflusst die Wahl der Reinigungsanlage. Medien mit Lösungsmittel sind leicht entflammbar und verlangen Ex-Schutz, wässrige und halbwässrige Reiniger benötigen leistungsfähige Trocknungssysteme, um die Prozesszeit kurz zu halten.

Frank Nolting, Systronic, Flein

Bis vor ca. vier Jahren wurde fast ausschließlich mit brennbarem Lösemitteln der Klasse A 1 wie Isopropanol gereinigt. Isopropanol ist je nach Ursprungsland unter verschiedenen Namen erhältlich: Reagent Grade Isopropyl Alcohol, RG Isopropyl Alcohol, RG 2-Propanol usw. und wird vielfach als IPA bezeichnet. Das Medium wurde zur Entfernung von Lotpasten und wegen der niedrigen Oberflächenspannung auch zur Reinigung von elektronischen Baugruppen verwendet. Um Kleber zu entfernen und Fine-Pitch-Schablonen zu reinigen, ist IPA weniger gut geeignet.
Isopropanol wurde u.a. wegen des niedrigen Einstandspreises verwendet, die Kosten relativieren sich aber durch den hohen Verbrauch. Das Medium trocknet durch den hohen Verdunstungsgrad sehr leicht vom Reinigungsgut ab, allerdings blieben häufig weiße Schleier auf den Bauteilen zurück. Das Reinigungsmedium hat einen Flammpunkt von 12 °C und kann deshalb nur in einer ex-geschützten Anlage (z.B. Systronic Typ SYS 132/ Typ SYS 152-2000) betrieben werden. Wegen der Gefahren durch den niedrigen Flammpunkt und der Geruchsbelästigung durch den hohen Verdunstungsgrad, sowie einer effektiveren Reinigungsqualität, u.a. auch für SMT-Kleber, entstand der Bedarf an Alternativen zu IPA.
Alternativen zu IPA
Die Industrie forderte neue Medien mit größerem Prozessfenster, damit mit einem Reinigungsmedium möglichst viele Anwendungsfälle (Lotpasten-, Kleber-, und Flussmitttel-Entfernung) abgedeckt werden können. Der Arbeits- und Umweltschutz sollte ebenso berücksichtigt werden wie die Betriebskosten.
Durch die verschiedenen Einsatzbereiche (Schablonen- und Siebreinigung, Misprints, Lötrahmen und Werkzeuge sowie Baugruppen) waren die Chemie- und Anlagenhersteller gefordert, auf die Bedürfnisse der Anwender einzugehen. Hersteller wie z.B. Dr. O. K. Wack Chemie, Petroferm, Elektrolube oder Henkel entwickelten neue Reinigungsmedien, die einen günstigeren Flammpunkt als IPA haben. Es entstanden Reiniger, die anwenderfreundlicher sind und die Umwelt weniger belasten, aber vor allem wesentlich bessere Reinigungsergebnisse bei gleichzeitig größerem Prozessfenster liefern.
Die neuen Lösemittel, wie z.B. Zestron (SD 100, VD, SD 300), Axarell 2200 oder Bioact (SC-10 E, SC- 22, SC- 23) usw. reinigen hervorragend Lotpasten, SMT-Kleber und Flussmittel. Wegen des höheren Flammpunktes ( >40 °C) muss außerhalb der Reinigungsanlage der Ex-Schutz nicht mehr eingehalten werden, die Anlagentechnik aber weiterhin in Ex-Schutz ausgeführt sein. Die oben genannten Medien finden neben der Lotpasten- und Kleberschablonen-Reinigung häufig Einsatz in der Hybrid-Technik. Hier müssen beschichtete Siebe, die z.B. mit Silberleitpaste verunreinigt sind, gesäubert werden.
Wässrige Reinigungsmedien
Für die SMT-Schablonentechnik wurden als weiterer Schritt wässrige und halbwässrige Reinigungsmedien entwickelt. Diese Medien, wie z.B. Vigon (SC 200, SC 202) Atron SP 200, Hydrex und SWAX entfernen hervorragend Lotpasten, Kleber und Flussmittel. Da sie nicht brennbar sind, sind auch keine Ex-Anlagen notwendig. Allerdings haben diese Reiniger den Nachteil, dass die Verklebungen der Schablonen beschädigt werden können. Deshalb muss vor ihrem Einsatz die Verklebung durch eine Lackierung mittels eines speziell dafür geeigneten Lacks geschützt werden. Systronic verwendet neben einer Schutzlack-Versiegelung bei herkömmlichen Schablonenverklebungen auch eine neu entwickelte Epoxidharzverklebung, die gegen wässrige Medien beständig ist und somit keinen speziellen Schutzlack mehr benötigt.
In jedem Fall sollte man dennoch bei der Auswahl des Reinigungsprozesses mit dem Anlagenhersteller Rücksprache halten, um die optimale Lösung abzustimmen.
Zur Auswahl der Reinigungsanlagen werden verschiedene Kriterien herangezogen:
•kurze Prozessdauer
•Einsatzbreite (Schablone, Werkzeuge, Pasten, Kleber, Flussmittel)
•ökologisch, physiologisch und sicher heitstechnisch unbedenklich
•zukunftssicher (möglicher Einsatz von Lösemittel für neue Anwendungen)
•Einkammer- oder Mehrkammer-Reinigungsanlage
Die verschiedenen Reinigungsmedien können je nach Einsatzfall in unterschiedlichen Reinigungsverfahren eingesetzt werden.
Im Einsatz sind:
•Ultraschall-Tauchanlagen oder -becken (z.B. CREST)
•Schablonen-Reinigungsanlagen ohne Ex-Schutz (z.B. Systronic Typ SYS 172, Kolb, DEK)
•Schablonen-Reinigungsanlagen mit Ex-Schutz (Systronic Typ SYS 132, Typ SYS 152-2000)
•Spülmaschinensystem (Miele)
Ein- und Mehrkammer-Systeme
Zur Reinigung der Schablonen, Misprints, Lötrahmen, und Rakel von Lotpasten, Klebern und Flussmittel werden meistens Anlagen im Einkammer-Drucksprühverfahren (Skizze 1) verwendet. Druck- und Sprühverfahren im Mehrkammersystem (Skizze 2) oder Verfahren der statischen Reinigung im Mehrkammersystem können ebenfalls zum Einsatz kommen.
Bestückte Leiterplatten und Kondensatfallen, die von Kolophonium-Rückständen befreit werden müssen, können auch in Anlagen mit dem Spülmaschinenprinzip oder mit Ultraschall gereinigt werden.
Die unterschiedlichen Anforderungen und Reinigungsmedien haben natürlich auch Einfluss auf die Entwicklung der Reinigungsanlagen genommen. Für den Einsatz der neuen Medien (halbwässrige und wässrige) wurden von Systronic entsprechende Reinigungsanlagen entwickelt. SYS 152-2000 ist komplett pneumatisch und für potentielle, zukünftige Reinigungsanwendungen mit Lösemitteleinsatz (geringer Flammpunkt) gerüstet. Anwender, die bewusst auf den Ex-Schutz verzichten wollen, da ausschließlich wasserbasierende Medien zum Einsatz kommen sollen, setzten den Maschinentyp SYS 172-2000 ein. Die elektrisch betriebene Anlage bietet die Möglichkeit, die eingesetzten Medien zum Reinigen bzw. Spülen getrennt voneinander zu beheizen. Zudem können am Bedienpanel bis zu neun unterschiedliche Programmabläufe fest hinterlegt werden. Das ist vorteilhaft, wenn z.B. Kleber- und Lotpastenschablonen nacheinander gereinigt werden sollen.
Mit der SYS 152-2000 können sowohl halbwässrige, wässrige und auch dem Ex-Schutz unterliegende Medien verwendet werden. Die neuen Ein-Kammer-Reinigungsanlagen SYS 152-2000 und SYS 172-2000 haben drei strikt von einander getrennte Prozessstufen mit separaten Tanks für das Reinigen und für das Nachspülen (Skizze 3). Außerdem wurden für das Waschen und für das Nachspülen getrennte Kreisläufe und Düsen eingebaut, so dass die Medienverschleppung minimiert werden konnte.
Kurze Trocknungszyklen
Da bei den wässrigen Medien auch mit Wasser gespült werden kann, wodurch der Trocknungszyklus recht lang wird, wurde vor allem die Trocknungseinrichtung grundlegend neu entwickelt. Hier kommen speziell entwickelte Luftmesser zum Einsatz, die seitlich an der Schablone bzw. Sieb, Misprint oder Lötrahmen in vertikaler Abwärtsbewegung das Nachspülmedium abstreifen. Somit wird die Zykluszeit beim Trocknen sehr kurz und die Verdunstungstrocknung fast vollkommen vermieden. Dies ist bei Reinigung von Misprints sehr wichtig, da das Nachspülmedium bei Verdunstung Rückstände hinterlassen kann.
Der Reinigungs- und Trocknungsprozess in den beschriebenen Reinigungsanlagen läuft in vier Phasen ab:
Phase 1 Waschkreislauf:
Über beidseitig rotierende Sprüharme aus Edelstahl, die jeweils mit Flachstrahldüsen bestückt sind, wird das Reinigungsgut mit einstellbarem Sprühdruck gereinigt. Die Austrittswinkel der Flachstrahldüsen sind so gewählt, dass keine Schattenbildungen entstehen können. Das Medium läuft auf kurzem Weg über die Mediumsweiche und Kaskadenfilter zurück zum Waschbehälter, in dem sich das Medium nach dem Waschprozess wieder sammelt.
Phase 2 Abtropfkreislauf:
Direkt nach dem Waschprozess wird das noch an dem Reinigungsgut haftende Medium über ein Luftmesser beidseitig abgestreift. Somit ist ein effektiver Rücklauf zum Waschbehälter gewährleistet, und es wird nahezu kein Reinigungsmittel in den Nachspülkreislauf verschleppt.
Phase 3 Nachspülkreislauf:
Nach dem Abtropfmodus und Umstellung der Mediumsweiche zum Nachspülbehälter wird das Reinigungsgut über einen separaten Kreislauf nachgespült. Das Nachspülmedium wird über fest installierte Düsenstöcke auf das Reinigungs-gut gesprüht und läuft auf kurzem Weg über einen Kaskadenfilter zurück zum Nachspülbehälter, in dem sich das Medium nach dem Nachspülprozess wieder sammelt. Durch die exakt voneinander getrennten Kreisläufe können auch unterschiedliche Medien für das Waschen und Nachspülen eingesetzt werden.
Phase 4 Trocknungskreislauf:
Direkt nach dem Nachspülen beginnt der Trocknungsprozess. Über beidseitig bewegliche Luftmesserleisten wird das haftende Medium am Reinigungsgut nach unten zum Rücklauf abgestreift. Zur effektiven Trocknung kann der Prozess nach Vorwahl beliebig oft wiederholt werden. Bei halbwässerigen und wässerigen Medien lässt sich die Anlage auch ohne Absaugung betreiben, die dann für alkoholhaltige Medien aktiviert werden kann. Dazu muss baulich eine Abluft installiert werden.
Um höchste Reinigungsqualitäten zu erreichen werden im Zulauf zu den jeweiligen Sprühdüsen getrennte Feinpartikelfilter eingesetzt.
Mehrkammersysteme
Eine weitere Variante ist das Reinigen im Mehrkammersystem: Das Reinigungsgut wird während der Reinigung dauernd vom Reinigungsmedium luftunterstützt umspült, dann muss es von Hand in das Nachspülbecken (ge-füllt z.B. mit Stadtwasser) getaucht werden und von Hand in die Trockenkammer umgesetzt werden, wo mit Luft getrocknet wird.
Beim Drucksprühverfahren im Mehrkammersystem wird das Reinigungsgut durch Sprühdruck in der Reinigungskammer gereinigt, von Hand in die Nachspülkammer umgesetzt und im Tauchverfahren gespült. Danach wird es manuell in die Trockenkammer gebracht und getrocknet. Beide genannten Systeme sind keine Ex-Anlagen und werden immer mit wässrigen Reinigungsmedien (z.B. Vigon SC 200, Vigon SC, Hydrex SP oder Pastex) betrieben.
Spülmaschinenanlagen
Bei der Spülmaschinenanlage steht das Reinigungsgut wie bei Geschirrspülmaschinen in Körben und wird durch horizontal rotierende Arme gereinigt, gespült und getrocknet. Hier werden wegen fehlendem Ex-Schutz auch nur wässerige Medien eingesetzt. Zur Schablonenreinigung sind diese Anlagen meist nicht so gut geeignet.
Durch die große Auswahl an verschiedenen Reinigungsmedien lassen sich alle auftretenden Verunreinigungen in der Elektronikfertigung entfernen. Es ist aber selten möglich, mit einer Anlage und mit nur einem Reiniger alle Verunreinigungen zu beseitigen.
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