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Verbesserter Umweltschutz

Weiterentwicklung der manuellen Reinigungstechnik mit Aerosolen
Verbesserter Umweltschutz

In den letzten zwei Jahrzehnten haben Fortschreibungen im Umweltschutz erheblich die manuellen Reinigungsprozeduren in der Elektronik verbessert. Die erste große globale Anstrengung für einen verbesserten Umweltschutz war die Verbannung von fluoridierten Kohlenwasserstoffen (FCKWs), welche die Ozonschicht der Erde schädigen. Diese weltweite Maßnahme begann in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts und war in etwa zur Jahrtausendwende abgeschlossen. Doch die geplagten Entwicklungsingenieure und Fertigungsfachleute stehen heute vor noch wesentlich größeren und komplexeren Herausforderungen: die drastische Minimierung von flüchtigen organischen Verbindungen, Schutz unserer Wasserressourcen, die globale Erwärmung, höhere Arbeitsplatzsicherheit sowie die beträchtlichen wirtschaftlichen Zwänge, die immer kürzere Lebenszyklen der Elektronikprodukte mit sich bringen.

Mike Jones, MicroCare Corporation, New Britain (USA)

Sowohl die einzelnen Unternehmen als auch die verschiedenen Länder haben sich bei der Lösung dieser Herausforderungen zum Teil für sehr unterschiedliche Strategien entschieden, um hier passende Antworten zu finden. Doch für große Firmen mit Niederlassungen in vielen Regionen der Welt kann diese regulatorische Vielfalt unter Umständen massive Probleme bereiten, denn Regeln, die in einem Land bzw. einer Gemeinschaft wie der EU richtig sind, müssen nicht notwendigerweise mit Regularien in anderen Regionen konform gehen. Solche technologischen Konflikte verhindern möglicherweise, dass Unternehmen weltweit in ihrem Bereich universell einsetzbare Reinigungsprozeduren einführen können, was wiederum zu Ungereimtheiten in ihren global standardisierten Fertigungsprozessen führen dürfte.
Manuelle Reinigungsprozeduren
In diesem Artikel gehen wir den Problemen nach, die entstehen, wenn gesetzliche Regelungen in unterschiedlichen Regionen untereinander inkonsistent sind. Wir empfehlen zur Lösung der Aufgabe eine Vorgehensweise in den hier geschilderten drei Schritten. Prozessingenieure können diese Methodik für die weitere Verbesserung der Fertigungstechnik einsetzen.
Auf den ersten Blick erscheint manuelles Reinigen (Benchtop-Reinigung) in der Elektronikfertigung als ziemlich einfach, doch tatsächlich handelt es sich um einen anspruchsvollen Prozess im industriellen Umfeld. Man muss sich hierbei vergegenwärtigen, dass die Anforderungen an die chemischen Formulierungen, die man für die optimale manuelle Reinigung einsetzen kann, erheblich von jenen für automatische Reinigungsmaschinen abweichen. Eine Reinigungsflüssigkeit muss eine ganze Reihe von Kriterien erfüllen, damit sie für manuelle Arbeiten akzeptiert und damit auch wirtschaftlich erfolgreich wird. In erster Linie darf sie grundsätzlich nicht toxisch sein, denn Fertigungsmitarbeiter haben damit täglich Kontakt. Die Flüssigkeit soll zudem rasch trocknen und auch keinen starken Geruch aufweisen, möglichst nicht zündwillig sein – und selbstverständlich auch eine gute Reinigungswirkung haben. Der Reiniger muss einfach im Handling sowie in der Aufbewahrung sein und natürlich darf es letztlich keine Entsorgungsprobleme geben. Solch ein Reiniger darf trotz seiner sehr guten Wirkung weder Substrate noch Bauteile angreifen oder gar schädigen.
Doch über all den genannten Anforderungen an die Reinigungsflüssigkeit stehen die unterschiedlichen Umweltschutz-Regularien, die weltweit eingeführt werden und wurden. Die regulatorische Problematik reicht allerdings weit über Europa hinaus. Speziell in China als auch in Kalifornien gibt es beispielsweise eine Reihe von besonders innovativen Unternehmen. Doch die weiter zunehmende und nicht vorher bestimmbare Entwicklung der Umweltschutzgesetze kann sich hier als schwere Belastung der Unternehmen erweisen. So sind beispielweise einfache Behälter für Isopropylalkohol in Kalifornien wegen der hier möglichen Emission flüchtiger organischer Stoffe (VOCs) nicht erlaubt. Zudem haben erst kürzlich die chinesischen Regulierungsbehörden, um ihre Umweltschutzgesetze in Übereinstimmung mit den global gültigen Systemen zu bringen, Entwürfe zu ihren neuen Vorstellungen über die ROHS- und GHS-Gesetzgebung veröffentlicht. Damit nicht genug, wurden noch Ergänzungen mit regionaler Gültigkeit angebracht. Deren künftige volle Implementierung vorausgesetzt, kann es für die betroffenen Unternehmen sehr schwierig und teuer werden, damit den global gültigen Auflagen nachzukommen.
Richtlinien für eine bessere Auswahl
Für die äußerst beschäftigten Fertigungsfachleute sind es sehr zeitaufwendige und kostspielige Prozesse, Flussmittelentferner und Reiniger für die manuelle Anwendung auszuwählen, zu überprüfen und letztlich den Prozess im Unternehmen zuzulassen. Einige leicht verständliche Richtlinien können bei der Vereinfachung des Vorgangs allerdings sehr hilfreich sein:
  • Bei jeder Auswahl von Alternativen sollte man sich auf solche kommerziell verfügbare Chemikalien beschränken, deren Brauchbarkeit auf dem Markt schon längere Zeit nachgewiesen ist. Kritische Materialien, die Gegenstand internationaler Überprüfungen sind und deren Langzeit-Verfügbarkeit deshalb nicht sicher ist, sollten vermieden werden.
  • Nicht nur der chemischen Substanz als solcher gilt die Aufmerksamkeit, sondern auch dem Gebinde, in der sie verfügbar ist. Zwar sind Aerosole bezogen auf den Literpreis etwas teurer, aber für die manuelle Reinigung offerieren sie einige wichtige Vorteile. Heutige überlegt gestaltete Gebinde können dazu beitragen, sowohl die Prozesseffizienz zu steigern als auch mögliche Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren und dabei auch die Arbeitssicherheit zu verbessern. Wer die Reinigerauswahl nur anhand des Vergleichs einschlägiger Sicherheitsdatenblätter vornimmt, blendet wesentliche Aspekte im Reinigungsprozess aus.
  • Natürlich muss man auch den eigentlichen Reinigungsprozess insgesamt betrachten. Der antiquierte Vorgang mit Eintauchen des Teils in die Lösung und anschließendem Entfernen der Rückstände (Dip-and-Brush) ist mittlerweile obsolet. Einige Anbieter haben sehr praktisch anwendbare Dosiervorrichtungen entwickelt, die den Reinigungsvorgang drastisch verbessern und gleichzeitig die Kosten des Vorgangs deutlich reduzieren.
Neue Reinigerformulierung
Wir empfehlen hier einen Prozess für die Auswahl des Reinigers, der in drei Schritten erfolgt. Damit wird sichergestellt, dass in dem schwierigen Umfeld der vielfältigen gesetzlichen Regelungen die optimale Formulierung gefunden wird. Seit der Jahrhundertwende haben Unternehmen in der EU solche Reinigungsflüssigkeiten ausgewählt, die als mildes Lösungsmittel flüchtige Methyldisiloxane enthalten. Es handelt sich um einen überragenden, wenn auch nicht völlig perfekten Reiniger für Elektronik. Für Siloxane gibt es ausgezeichnete Nachweise über ihr günstiges toxikologisches Verhalten. Diese Flüssigkeiten lassen sich an spezielle Anwendungen relativ leicht anpassen, indem man kleinere Mengen von anderen Bestandteilen beimischt. Sie lassen sich besonders effektiv als Flussmittelentferner einsetzen, insbesondere bei No-Clean-Prozessen. Die vielseitig einsetzbaren, rückstandsfreien Siloxan-Formulierungen reinigen einfach Elektronbaugruppen mit Flussmittelrückständen, Lotpastenresten, organischen Rückständen, ionischen Verunreinigungen, Schutzbeschichtungen auf Silicon-Basis, Adhesiven, Fetten und Ölen. Sie entfernen zudem auf einfache Weise auch ausgehärtete Silicon-Schutzbeschichtungen sowie Silicon-Klebstoffe. Der Reiniger lässt zwar kurzzeitig Siliconschläuche aufquellen, jedoch ohne deren elastische Eigenschaften zu beinträchtigen. Siloxane sind auch sicher anwendbar auf Elektronikbauteilen. Als ein praktisch „universeller“ Reiniger greifen sie weder Substrate, übliche Materialien, Steckverbinder oder Komponenten (ausgenommen jene mit Silicon-Umhüllung) an. Doch sind Reiniger auf Siloxan-Basis leicht entzündlich mit einem Flammpunkt, der dem von Isopropylalkohol entspricht. Damit können sie in Reinigungsmaschinen nicht verwendet werden.
Auswahl Treibmittel
Aerosol-Produkte geht immer noch der unverdiente Ruf als umweltschädlich voraus. Die heutigen Aerosole für die Elektronikindustrie sind allerdings nachweisbar so innovativ entwickelt worden, dass sie den Umweltschutzauflagen entsprechen. Im Gegensatz zu Aerosol-Konsumartiklen sind sie zudem ziemlich kostspielig und werden deshalb nur in unentbehrlichen industriellen Prozessen verwendet. Mit das wichtigste, noch verbleibende Problem bei der Verarbeitung von industriellen Aerosol-Produkten sind die Treibmittel zum Aufbringen des Materials. In der Vergangenheit wurden hauptsächlich ozonschädliche Treibmittel (FCKWs) eingesetzt, denn sie waren in der Anwendung sicher und nicht brennbar. Doch nachdem diese Chemikalien nicht mehr verwendet werden durften, wurden nicht-entflammbare Treibmitteln und sogar Kohlendioxid als Treibgas eingesetzt. Nun führen einige Unternehmen eine neuen Gattung von Treibmittel ein, es handelt sich um HFO (Hydro-Fluoro-Olefin). Die Chemikalie scheint ein ausgezeichneter Ersatz für veraltete Treibmittel zu sein, jedoch ohne deren Probleme im Handling und Gebindeform, die entzündliche Stoffe mit sich bringen. Doch am bemerkenswertesten ist, dass der Einfluss auf den Klimawandel um 99,9 % reduziert wird ohne die anderen Charakteristiken wie Entflammbarkeit, Geruchsentwicklung oder Reinigungswirkung zu verschlechtern.
Einige Unternehmen, einschließlich MicroCare, bieten kleinere Gebinde von Elektronikreiniger mit dem neuen HFO-Treibmittel an, sowohl um den Markt zu testen als auch einen Kommerzialisierungsprozess zu untermauern. Inzwischen haben unterschiedliche Regulierungsgremien die HFO-Materialien zum Einsatz in Europa und Nordamerika freigegeben. Zwar ist der Preis dieser Chemikalie derzeit noch höher als jener der früheren Treibmittel, doch werden mit zunehmenden Produktionsvolumen Kostensenkungen erwartet. Erfahrene und verantwortliche Fertigungsingenieure, die Ausschau halten nach ökologisch akzeptierbaren Reinigern für manuelle Anwendung, werden auch der Frage nachgehen, welcher Hersteller die neueste Treibmittel-Technologie einsetzt, um seine führende Position in der Industrie abzusichern.
Dosiereinrichtung im Blick
Als bewährte Anwendungstechnik in der manuellen Reinigung galt für viele Jahre ein Prozess, der aus Eintauchen der Elektronikbaugruppe in die Reinigerlösung und dem anschließenden Beseitigen der gelösten Reste bestand (Dip-and-Brush). Man hat hier mit einem kostengünstigen Reiniger gearbeitet – in der Regel Isopropylalkohol – sowie einer einfachen, billig hergestellten Flasche mit Pumpe und Pinsel womit die Flüssigkeit auf die Baugruppe aufgebracht wurde. Die Lösung für diese anwendungstechnische Aufgabe kommt in Form von gut kontrollierbaren Dosiersystemen, die einfach auf die Aerosol-Gebinde aufgebracht werden. Verschiedene Hersteller liefern solche handlichen Dosierer, mit denen rasche und bessere Reinigungsprozeduren möglich sind, wobei viel weniger Abfall entsteht als bei der Dip-and-Brush-Methode. Damit kann ein wirklich klarer und sauberer manueller Reinigungsvorgang in vier Schritten realisiert werden: Aufbringen der Lösung, Abreiben der Reste, Spülen und Trocknen. Dieser Prozess lässt sich sehr leicht dokumentieren und standardisieren, natürlich entsprechend ISO und anderen Vorgaben, wobei auch noch die Qualität und Zuverlässigkeit der Baugruppe aufgebessert werden.
Mit den Dosiereinrichtungen entsteht wesentlich weniger Abfall, nicht nur beim Applizieren, sondern auch bei der Nutzung der Gebinde. Eine gut kontrollierbare Dosiereinrichtung sorgt dafür, dass die Gebinde komplett entleert werden. Damit muss kein teuer eingekaufter, nicht nutzbarer Reinigerrest dann auch noch teuer entsorgt werden. Und natürlich lassen sich völlig entleerte Gebinde sinnvoll und ohne großen Kostenaufwand dem üblichen Recyclingprozess zuführen.
Fazit
Die neuen Formulierungen zusammen mit den gut kontrollierbaren Dosiereinrichtungen stellen in der Elektronikfertigung bei der manuellen Reinigung einen Durchbruch dar: sowohl in der erzielbaren Reinigungswirkung als auch dem Umweltschutz. Dabei handelt es sich um bewährte Anwendungstechniken, die den strengen regulatorischen Zulassungen entsprechen, und sicher für Mensch und Umwelt mit hoher Reinigungswirkung einzusetzen sind. Neue gesetzliche Regelungen im Umwelt- und Arbeitsschutz bringen zwar für die Produktionsfachleute größere Belastungen mit sich, doch stellen sie auch eine wichtige Gelegenheit dar, Fertigungsprozesse neu zu überdenken. Innovative und global tätige Lieferanten, welche die Herausforderungen des Umweltschutzes adäquat angenommen haben, unterstützen ihr internationalen und regionalen Kundenkreise im Verständnis und der Implementation der regulatorischen Auflagen. Zudem gehen solche Lieferanten auch noch einige Schritte weiter, und überprüfen im Rahmen ihrer Forschung und Entwicklung neue Prozesstechniken und helfen damit auch, die Kosten weiterhin im Griff zu halten.
productronica, A4.521
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