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Vorsorgeuntersuchung für die Lötbarkeit

Der Test auf Lötfähigkeit erhöht die Zuverlässigkeit von Baugruppen im Vorfeld
Vorsorgeuntersuchung für die Lötbarkeit

In Bezug auf die Einführung bleifreier Lote bestehen bei einigen Elektronikfertigern noch gewisse Unsicherheiten. Dies betrifft nicht nur die Auswahl des für den jeweiligen Einsatzzweck benötigten Lots, sondern auch dessen „Kompatibilität“ mit der Oberflächenbeschichtung von Leiterplatten oder den Anschlüssen von Bauelementen. Hier ist ein Lötbarkeitstest hilfreich, mit dem man bereits vor Beginn der Fertigung Aussagen über die Qualität der Lötstellen treffen kann.

Ernst Eggelaar, Microtronic, Neumarkt-St. Veit

Es ist ein allgemeines Bestreben, Blei aus der Elektronik zu verbannen. Im Besonderen enthalten Lote einiges an vermeidbarem Blei. Daher ist bleifreies Lot „in aller Munde“. Doch bringt der Einsatz solcher Materialien unter anderem
• einen höheren Schmelzpunkt,
• eine schnellere Oxidation und
• ein kleineres it
mit sich. Außerdem müssen neue Lötprozesse erarbeitet werden.
Aber nicht alle Komponenten oder Bauteile, die mit bisherigen Loten gut zu löten waren und einen sicheren Prozess ermöglichten, sind für den Einsatz mit bleifreien Loten geeignet. Um zu qualifizieren, welche Bauelemente auch zu den neuen Prozessen passen, ist eine genaue Analyse eines jeden Bauteils unerlässlich. Es muss die höheren Temperaturen aushalten, darf seine Eigenschaften im Prozess nicht ändern und muss gut lötbar sein.
Um die Lötbarkeit der Bauteile zu ermitteln, gibt es eine relativ einfache Lösung. Ein Lötbarkeitstester wie der Menisco-ST60 kann die Komponenten mit herkömmlichem Lot und mit bleifreien Lotlegierungen auch unter einer Stickstoffatmosphäre testen. Auch sind Analysen unter Verwendung der Legierung und dem Flussmittel einer Lotpaste durchführbar. Daher kann also schon weit vor einem Probelauf in der Fertigung erst ein mal geprüft werden, wie sich ein Bauteil im späteren Prozess unter welchen Bedingungen wie verhält. Dazu können alle relevanten Parameter in der Software des Testgeräts vorgegeben werden und der Prozess inklusive des Vorheizens usw. simuliert werden. Das Steuern und Erfassen der Messdaten erfolgt mit einem PC unter einem Windows-Betriebssystem. Daher ist ein Speichern der Daten und eine vielfältige Analyse nach den gängigen (MIL, IEC, DIN, NFC, JIL, ANSI) oder nach hausinternen Standards möglich. Auch kann später immer wieder auf die Daten zugegriffen werden. Dies ist hauptsächlich für die Hersteller der Bauelemente und für die bauteileverarbeitende Industrie wichtig.
Zu Beginn eines Tests wird das Bauelement aus einer Liste ausgewählt. Sollte es bisher noch nicht vorhanden sein, kann schnell und einfach ein neues Bauteil angelegt werden. Unter dem Datensatz des Bauelements sind der Bauteiltyp, die Abmessungen, das Flussmittel, die Lotlegierung und die Testparameter wie Ein- und Austauchgeschwindigkeit, Temperatur, Oberflächenspannung des Flussmittels, Vorheizzeit und Oberflächenspannung der Lotlegierung gespeichert (Bild 1).
Danach wird das Bauelement in eine passende Halterung eingesetzt (ein umfangreicher Satz Halterungen wird mitgeliefert), die Kalibrier-Funktion an der Seite der Testfläche betätigt und danach das Bauteil in Flussmittel eingetaucht. Dann wird das überflüssige Flussmittel abgestreift und die Halterung mit dem Bauelement am Messkopf angebracht. Dies ist mit Hilfe eines Magnets einfach zu erledigen. Nach Betätigung des Buttons „Messung starten“ führt das Messgerät die notwendigen Tests automatisch aus.
Es gibt zwei Methoden, um zum gewünschten Messergebnis zu gelangen. Die Erste basiert auf einer Serie von Gleichungen, die den Kontaktwinkel und seine Relation zur Höhe des Meniskus an einem Prüfling, der vertikal in flüssiges Lot eingetaucht wurde, festlegen. Das dafür eingestezte Instrument (Benetzungswaage) benutzt die mathematische Relation: H = f(q). H ist dabei die Höhe des Meniskus am vertikal eingetauchten Teil, q ist der Kontaktwinkel.
Die zweite Methode misst die resultierenden Kräfte, die auf den Prüfling, der vertikal in flüssiges Lot eingetaucht wurde, einwirken. Die Methode benutzt die mathematische Relation: F = f(q). Hier ist F die Kraft die auf den Prüfling einwirkt, q ist der Kontaktwinkel. Obwohl dieses Verfahren gegenüber den bisherigen Prüfmethoden einen enormen Fortschritt bedeutet, bleibt es jedoch bedienerabhängig und außerdem vermittelt die Höhe des Meniskus nur eine abgeleitete Aussage über die Lötbarkeit. Das wird besonders deutlich, wenn man die Anwendung der Benetzungswaage betrachtet. Die Löttemperatur, Tauchzeit, Tauchtiefe, Flussmittel usw. können konstant gehalten werden. Dafür wird die Optik auf die Lötbadoberfläche fokussiert und der Wegaufnehmer am Fokussiertrieb auf 0 gestellt. Während der Prüfling für eine festgelegte Zeit eingetaucht ist, wird die Fokussierung auf den hochsteigenden Meniskus gehalten. Die Höhe des Meniskus wird am Wegaufnehmer abgelesen. Da das Ablesen und auch das Verstellen der Fokussierung vom Bediener vorgenommen werden muss, ist das Prüfergebnis leider nicht immer frei von menschlichen Fehlinterpretationen.
Beim Eintauchen des noch kalten Prüflings findet noch keine Benetzung statt und der Prüfling „schwimmt“ auf der Lötbadoberfläche. Bei einer Benetzung kehren sich die Kräfte jedoch um; das Lot „kriecht“ am Prüfling hoch, die Oberflächenspannung zieht den Prüfling nach unten. Die Kräfte werden gemessen und über die Zeit integriert, analysiert und berechnet.
Die Messergebnisse können in Form einer Tabelle oder einer Kurve angezeigt werden (Bild 2). In der Kurve werden die zu erreichenden Parameter der Norm durch grüne Linien angezeigt. Die Zeiten, bei der das Löten beginnt und der Wert aus der Norm erreicht wird, gibt die Software durch violette Linien an. Daher sind auf einen Blick alle relevanten Meßergebnisse zu sehen. Die Kurven lassen sich in jeder der verfügbaren Normen neu anzeigen. Aus den gespeicherten Messdaten läßt sich also immer wieder ein Report der Messung in der gewünschten Norm generieren. Für den Rechner ist die Form des Prüflings (rund, rechteckig, lang, kurz, groß oder klein) unerheblich, ebenso ob der Prüfling nur einen oder mehrere Anschlüsse hat. Sobald die entsprechende Eingabe gemacht ist, errechnet er direkt den Meniskuswinkel und gibt damit sofort die Lötbarkeit an.
In den diversen Normen wird die Lötbarkeit inzwischen wie in Tabelle 1 gezeigt definiert. Im Beispiel wurde ein PLCC-Baustein mit 20 Anschlüssen auf einer Seite geprüft. Der Test wurde bei einer Lötbadtemperatur von 235 °C, einer Tauchtiefe von 0,2 mm und einem Faktor K von 420,9 und einer Tauchzeit von 5 s ausgeführt.
Bei Ausgabe der Messergebnisse in Tabellenform wird die Zeit mit der dazu gemessenen Kraft in mN angegeben. In der Spalte q (Deg) wird der errechnete Meniskuswinkel direkt angezeigt. Hier kann der Benutzer die Lötbarkeit unmittelbar ablesen. In unserem Beispiel liegt das Ergebnis nach 5 s Verweilzeit bei 52,93°, also gerade noch zufriedenstellend im unteren Bereich der Skala. Das Ableiten der Lötbarkeit anhand des Meniskuswinkels wurde durch ausführliche Untersuchungen unterstützt. Maßgeblich beteiligt war hier das Commuity Bureau of Reference in Brüssel, ausgeführt wurde die Untersuchung vom NPL, National Physical Laboratory in Teddington/England.
Fazit:
Mit der Integration von elektronisch gesteuertem Messen der Kräfte basierend auf einer Computersteuerung, beziehungsweise Verarbeiten der gemessenen Werte in einem Lötbarkeitstestgerät, wurde der Unsicherheitsfaktor bei der Interpretation durch den Bediener weitestgehend ausgeschaltet. Es steht somit ein objektives und reproduzierbar prüfendes System zur Verfügung, mit dem die zu erwartende Lötbarkeit von Bauteilen festgestellt werden kann. Ferner ist das Gerät zum Ermitteln von Oberflächenspannung und Effektivität von Flussmitteln einsetzbar. Hierfür gibt es einen eigenen Programmteil in der Software, die in deutscher, englischer und französischer Sprache verfügbar ist.
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