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Insellösungen bei Funktionstests abgeschafft

Tecap Test & Measurement Suite im Einsatz bei der Tonfunk-Gruppe
Insellösungen bei Funktionstests abgeschafft

Die Tonfunk Systementwicklung und Service GmbH ist Elektronikentwicklungsdienstleister. Das Unternehmen arbeitet vor allem als interner Dienstleister der EMS Tonfunk GmbH Ermsleben in Falkenstein/Harz, hat aber auch eigene externe Kunden. Qualitätssicherung für eine Vielzahl verschiedener Projekte verlangt Flexibilität und die Fähigkeit, individuelle Anforderungen in der Entwicklung von Prüftechnik umzusetzen. Eine Software sorgt dafür, dass aus individuellen keine Insellösungen werden.

Das Szenario ist vielen Prüflabors und Testentwicklern bekannt: Eine Baugruppe soll getestet werden und ein Ingenieur macht sich daran, aus einer selbstentwickelten oder vom Kunden vorgegebenen Prüfvorschrift die Testroutinen für die Steuerung der jeweils benötigten Messtechnik zu schreiben. Bei Tonfunk schrieben so vier bis fünf Ingenieure Testprogramme, wobei jeder seine eigene Vorgehensweise und bevorzugte Programmiersprache hatte. Solange ein Projekt nach dem anderen abgearbeitet wurde, gab es wenig Probleme damit. Musste aber umdisponiert oder wegen Krankheit oder Urlaub das Testentwicklungsprojekt eines Kollegen übernommen werden, kam es regelmäßig zu Verzögerungen. Und kostete Zeit, Geld und Nerven – im Extremfall auch die der Kunden.

So entschloss man sich im Unternehmen, mit den Insellösungen Schluss zu machen. Die Verantwortlichen suchten nach Möglichkeiten, die Testentwicklung und Steuerung der Prüfplätze zu standardisieren, um den Entwicklungsaufwand zu verringern und eine schnelle und problemlose Übernahme von Projekten durch Kollegen zu ermöglichen. Bei den In-Circuit-Tests und den Boundary-Scan-Testsystemen ist das durch die von den Geräteherstellern gelieferten komfortablen Tools und Benutzeroberflächen begrenzt. Großer und dringender Handlungsbedarf bestand aber bei Funktionstests. Wie konnte hier eine Vereinheitlichung erreicht werden?
Eine Sprache, eine Oberfläche
Auf der Suche nach Tools wurden die Testentwickler des Unternehmens in Bayern fündig. Die Firma MTQ Testsolutions AG hat sich auf die Reduzierung von Aufwänden und Kosten im Testbetrieb der Halbleiter und Elektronikindustrie spezialisiert. Das zentrale Produkt des Teams erfahrener Testingenieure und Softwareentwickler: Tecap Test & Measurement Suite.
Dabei handelt es sich um eine Plattform zur Vereinheitlichung von Testprozessen. Alle gängigen Messgeräte können damit auf der logischen Kommandoebene bedient werden – unmittelbar über eine Bedieneroberfläche. Das war genau der Ansatz, der den Testingenieuren bei Tonfunk vorgeschwebt war. Bei der Programmiersprache fiel die Wahl auf C#, weil praktisch alle Messgerätehersteller eine API für C# bieten. Als ebenfalls praktisch erwies sich zudem, mit Visual C# Express direkt vor Ort an den Prüfplätzen debuggen zu können.
Testplan erstellen
„Früher hatten wir viele Einzelschritte, um von Testspezifikationen zu Testprogrammen zu kommen. Heute erstellen wir in Tecap einen Testplan, von dem aus mit dem Generator automatisch Prüfprogramme erzeugt werden“, erläutert Mathias Gester, Testingenieur bei Tonfunk. „Der Prozess ist durch Tecap komfortabler und schneller geworden. Vorteilhaft ist auch: Man kann einen Sollwert ändern – ohne das Testprogramm neu kompilieren zu müssen.“ Die Testplanerstellung erfolgt einfach und übersichtlich in Tabellen. Das Debuggen ist komfortabler, weil man in Tecap bequem zwischen den Schritten springen kann.
Die C#-Testprogramme müssen bei teilweise einigen 100 Bewertungsschritten verschiedenste Messtechnik berücksichtigen – die Benutzeroberfläche der Measurement-Software macht diese Komplexität besser beherrschbar. Zudem sind Varianten von Prüfprogrammen im Testplan der Testsoftware besonders einfach zu verwalten.
Der tabellarische Testplan nimmt alle Vorgaben für die Tests in klar lesbarer Form auf. Es können Zahlen in allen denkbaren physikalischen Einheiten, Strings (Zeichenketten) sowie PASS/FAIL- Rückgaben zur Bewertung der Messergebnisse verwendet werden. Toleranzen sind als feste Grenzen oder auch in prozentueller Abweichung einstellbar. Der entstandene Testplan kann im Anschluss als PDF exportiert werden und eignet sich damit besonders für die vereinfachte Darstellung gegenüber dem Kunden.
Über das Measurement Control Center können für unterstützte Geräte auf einfache Weise die Initialisierungskommandos zusammengestellt werden. Dabei entsteht der nötige C# Code zum Ansprechen der Geräte. Diese Code-Schnipsel können dann direkt im Code-Abschnitt des Testschrittes kopiert werden. Somit entfällt ein tieferes Studium der Dokumentation zum verwendeten Gerät.
Messgeräte hinzufügen
Hier kommt die Instrumentenbibliothek von Tecap ins Spiel. Aktuell sind nach Angaben von MTQ mehr als 2.000 praxiserprobte Plug-ins für Messgeräte und Signalschaltgeräte der maßgeblichen Hersteller enthalten. Diese Bibliothek wird kontinuierlich von mit weiteren Geräten erweitert. Natürlich kann der Anwender neue Geräte selbst der Bibliothek hinzufügen. Auch Tonfunk nutzt diese Möglichkeit.
Kundenspezifischer Input und Output
Die nach ISO-9001, ISO 14001 und ISO/TS 16949 zertifizierte Unternehmensgruppe entwickelt, fertigt und testet für anspruchsvolle Kunden verschiedener Branchen. Das zum Beispiel von Bosch mehrfach ausgezeichnete Unternehmen muss dabei in der Qualitätssicherung viele kundenspezifische Vorgaben erfüllen. In Branchen wie der Automobilelektronik und Medizintechnik gibt es detaillierte Prüfspezifikationen, die in den Tecap-Testplan übernommen werden.
Kunden haben verschiedene Ansätze: Manche geben alles inklusive der zu verwendenden Messgeräte vor, während andere Vorschläge für das Vorgehen bei der elektrischen Prüfung erwarten. Durch die einheitliche Messsoftware können Testprogramme sehr leicht variiert und erweitert werden. Die Frage nach der Testhardware bleibt von der Planung der einzelnen Prüfschritte zunächst unabhängig. Wo der Kunde offen für Vorschläge ist, können durch die Verwendung vorhandener Geräte Kosten gespart werden. „Der Testplan ist übrigens gut geeignet, um mit dem Kunden die Qualitätssicherung im Detail zu besprechen. Auch weil man damit sehr gut zu den Prüfvorschriften des Kunden Bezug nehmen kann“, erklärt Mathias Gester.
Im Unternehmen werden über 10 Funktionstest-Plätze mit Tecap betrieben. Der Bestand wächst kontinuierlich. Rund ein Drittel der Aufbauten sind etwas komplexer und bestehen zum Beispiel aus folgenden Geräten:
Beispiel 1:
Keysight Netzteil E3631A, 6653A | Keysight Multimeter 34401A |
Keysight Funktionsgenerator 33210A | Keysight Frequenzzähler 53131A | Meilhaus 4680is Messkarte | I/O Box
Beispiel 2:
Keysight Netzteil E3631A, E3634A | Keysight Multimeter 34401A | Proemtec Druckregler ProPC 0,05 | Proemtec Tischbarometer PRO 04 | Relais Karten.
Des Weiteren kommt auch Audio Messtechnik von Rhode & Schwarz bzw. Audio Precision zum Einsatz. Der Lizenzpool wird dabei durchschnittlich mit 4 Lizenzen ausgelastet. Die Nutzung verteilt sich hierbei auch auf verschiedene Schichten. Die Ergebnisse gibt Tecap standardmäßig als Protokoll in Excel oder als Textdatei aus. Bei Tonfunk ist ein zusätzliches Export Modul für eine langjährig genutzte Datenbank eingebunden. Das Standardprotokoll in Excel reicht inhaltlich völlig aus, wie Herr Gester betont. Wo Kunden spezielle Formate verlangen, können diese selbst erstellt oder bei MTQ in Auftrag gegeben werden.
Fazit
„Die Vereinheitlichung durch die Nutzung von Tecap macht uns in Testentwicklung und -betrieb deutlich flexibler“, sagt Geschäftsführer Fred Lindecke. „Wenn ich Anfragen und Projekte verschieben muss, kann ich schneller reagieren. Fällt ein Kollege aus, können andere viel leichter einspringen. Jeder kann jeden beim Schreiben der Routinen unterstützen.“ Seit der ersten Einführung wurden weitere Lizenzen nachgekauft – derzeit hat das Unternehmen zwei Developer- und acht Operator-Lizenzen. Letztere sind die Runtime-Lizenzen für das Laden und Ausführen von Testprogrammen. Vier Prüfprogrammentwickler nutzen das Tecap-System für die Funktionstests. „Die Einführung von Tecap verlangt von den Testingenieuren zunächst einen Bruch mit der lieb gewonnenen, individuellen Praxis. Aber im Team wird schnell klar, wie sehr es sich lohnt, einen Bereich nahezu komplett zu standardisieren und so die Arbeit deutlich transparenter machen zu können“, so Fred Lindecke. „Wir haben am Anfang die Schulungen durch MTQ genutzt und das ist auch zu empfehlen. Seither benötigen wir so gut wie keinen Support mehr. Wenn aber doch Support benötigt wurde, war die Reaktion von MTQ zuverlässig und schnell.“
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