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Diese Lötmittel sind nicht nur grün, sondern nachhaltig

Verantwortung für die eigene Lieferkette entwickelt sich zu einem starken Trend
Diese Lötmittel sind nicht nur grün, sondern nachhaltig

Seit Mai dieses Jahres bietet die Firma Stannol Lötmittel aus der Fairtin Serie an. Das verwendete Zinn stammt aus nachhaltigem, umweltschonendem und nicht wie so oft lebensgefährlichem Bergbau. Mit den neuen Loten der Marke Fairtin will das Velberter Unternehmen Elektronikherstellern die Möglichkeit geben, ihre Produkte fairer zu machen. Sie können damit ohne technische Anpassungen auf den jungen Trend der sozial nachhaltigen Elektronik aufspringen.

Green IT verkauft sich heute von ganz allein. Wer rechnen kann und über liquide Mittel verfügt, kann mit energiesparenden Produkten über die Nutzungsdauer oft ein nettes Sümmchen sparen.

Was bringt fair?

Aber warum sollten Entscheider gesellschaftliche Nachhaltigkeit in ihre Produkte einbauen? Bei höherem Planungsaufwand und eventuellen Mehrkosten? „Ganz einfach: Weil Ihre Kunden es wollen“, sagt Marco Dörr. Der Geschäftsführer von Stannol hat dabei den Erfolg des bekannten Fairtrade-Siegels im Kopf. Hierzulande kann die hauptsächlich auf Lebensmittel spezialisierte Siegelorganisation regelmäßig zweistelligen Umsatzzuwachs verzeichnen.

„Auch die Elektronikbranche ist in Bewegung, noch nicht so massenwirksam, aber für Branchenbeobachter unübersehbar,“ führt Dörr weiter aus. Da gibt es kleinere Initiativen wie die Faire Maus [1] oder das Fairphone, die voranpreschen, oder große Spieler, die ihre Masse in Bewegung setzen. Apple will für die Rohstoffe seiner Produkte eine Kreislaufwirtschaft einführen, Philips fängt an, zusammen mit anderen Unternehmen Gold fair zu beschaffen. Wenn die Großen der Branche, die sich in der Vergangenheit nicht immer mit Ruhm bekleckert haben, den Nachhaltigkeitstrend wahrnehmen, dürfen die kleineren, agileren Zulieferer diesen nicht verschlafen.

Faire Lötmittel sind dabei ein Baustein, als Vorreiter dabei zu sein und seiner unternehmerischen Verantwortung Ausdruck zu geben. Aus technischer Sicht ist das völlig unproblematisch. Da weiterhin hochreines Primärzinn verwendet wird, ändern sich die Legierungen nicht. Die Normlote und die anderen Produkte können ohne erneute Freigabe in bestehenden Fertigungsprozessen eingesetzt werden.

Was bringt fair für die Herkunftsländer?

Für Konsumenten sind heute nicht nur die sich immer ähnlicher werdenden technischen Daten eines Produkts wichtig. Die Kaufentscheidung fällt vermehrt aufgrund des Lebensgefühls, das das Produkt transportiert – und auch anhand der „Nebenwirkungen“, die unsere Konsumgüter in der Regel haben. Negative Schlagzeilen können auf dem mühsam aufgebauten Hochglanz-Image Kratzer hinterlassen. Sie stellen handfeste Risiken dar, weil es immer mehr Kunden gibt, die sensibel sind für das, was in ehemals fernen Ländern passiert.

Obwohl die Stichworte „Dodd-Frank“ und „konfliktfrei“ Beschaffern oft schon Kopfzerbrechen bereiten, ist es damit noch nicht getan. Die Reportinganforderung der amerikanischen Börsenaufsicht zur Herkunft von Zinn und anderen Metallen zielen nur auf die Vermeidung der Finanzierung bewaffneter Konflikte. Andere schwere Rechtsverstöße wie Kinderarbeit oder Verseuchung des Grundwassers werden nicht berücksichtigt. Vorausschauende Konsumenten fordern aber gerade auch hier Verbesserungen.

Das Zinn für die Fairtin-Produkte stammt aus Bergbau mit vorbildlichem Umweltschutz und Arbeitsbedingungen. Die lokale Bevölkerung profitiert von der wirtschaftlichen Aktivität in der Region und wird durch Bildungsprogramme gefördert. Das ist etwas Besonderes in der Welt des Zinns. Die Realität sieht in vielen Bergbauregionen anders aus: In Indonesien wird paradiesische Natur zerstört, weil Bergbau kurzfristig mehr Geld einbringt als Tourismus oder Landwirtschaft. Regelmäßig werden Arbeiter dort im Tagebau verschüttet. In Myanmar, das sich in den letzten Jahren zu einem großen Zinnlieferanten aufgeschwungen hat, ist die Menschenrechtslage ebenso wie die Umweltsituation unklar. Westliche Beobachter und Journalisten haben kaum Zugang zu den burmesischen Bergbaugebieten. Auch in den konfliktfreien Bereichen der Region der Großen Seen im zentralen Afrika oder weiten Teilen Südamerikas sind die Arbeitsbedingungen in der Regel menschenunwürdig und der Verdienst unter der Armutsgrenze.

Stannol will diese Produzenten mit seiner Auswahl nicht bestrafen, sondern zeigen, dass nachhaltiges Zinn gezielt nachgefragt wird. Es ist wichtig, anhand von funktionierenden Beispielen zu zeigen, dass über Konfliktfreiheit hinaus noch wesentlich mehr geht.

Aktiviertes Lötmittel für Löt-Aktivisten

Der Vorläufer zum jüngst präsentierten Industrieprodukt Fairtin war eine Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Initiative FairLötet e.V. [2]. Auf Anregung von Susanne Jordan, der Macherin hinter der Fairen Computermaus, hatte sie sich gebildet. Das erste Projekt für eine fairere Elektronikbranche sollte ein Lötdraht sein. Durch eine Pressenotiz in einer großen Computerzeitschrift auf die Gruppe aufmerksam geworden lud das Unternehmen die Aktivisten zu sich ein, damals noch nach Wuppertal Barmen. „Die Atmosphäre war von Anfang an kreativ und wir haben viel voneinander gelernt,“ erinnert sich Jens Gruse, Anwendungstechniker bei dem Lötmittelhersteller.

Das Ergebnis war im Herbst 2015 ein Lötdraht für den Heimwerkerbereich: HS10 Fair. In diesen Markt, der sich mittlerweile selbstbewusst als die „Maker-Szene“ bezeichnet, passte das Produkt sehr gut hinein. Nachhaltig abgebautes Primärmaterial war allerdings kurzfristig nicht verfügbar. Das Unternehmen hat daher kurzerhand für den Draht seine bewährte Flowtin+-Legierung gezaubert, der guten Sache zuliebe ausnahmsweise aus Altlot und Recyclingzinn. Besonders stolz ist der Velberter Hersteller, dass das Ergebnis von Nager-IT für seine faire Maus verwendet wird. Es macht die anspruchsvolle Lieferkette des Flagschiffs der fairen IT wieder ein kleines Stückchen fairer.

Und obwohl mittlerweile auch ein paar selbstgebaute Quadkopter und 3D-Drucker mit HS10 Fair ihren Dienst tun, wollte Stannol noch weiter gehen. Für seine Industriekunden sollte es ein faires Produkt aus Primärmaterial sein, da Recyclingmaterial in der Branche immer noch einen schlechten Ruf hat. Wissenschaftliche Gründe gibt es für diese Abneigung nicht, aber welche Fertigungsverantwortlichen wollen das schon in ihrem Verantwortungsbereich ausprobieren? Ein Vorteil von fairem, „frischem“ Zinn ist, dass etwas von dem Erfolg der Elektronikprodukte bei den schwächsten Gliedern der Kette ankommt: bei den Minenarbeitern.

Der Anforderungskatalog von Stannol basiert auf anspruchsvollen Bergbaustandards. Die einzelnen Kriterien werden anhand von externen Zertifikaten nachvollzogen. Es gibt darüber hinaus noch viele weitere Ideen, die Produkte noch besser zu machen. Stannol freut sich auf die Anregungen seiner Partner auf Kunden- und Lieferantenseite, um gemeinsam mehr für das große Ziel Nachhaltigkeit zu erreichen.

www.stannol.de



Hintergrundinformationen:

Das neue Produkt, http://www.fairtin.de, ist Teil einer unternehmensweiten Initiative. Stannol will neben dem Schutz der Umwelt auch die gesellschaftliche Verantwortung voranbringen. Im eigenen Unternehmen und in der Elektronikbranche. Ideengeber für das neue Industrieprodukt war die Zusammenarbeit mit der Initiative FairLötet (http://fairloetet.de) zu einem Privatkundenprodukt.

Stannol ist seit 1879 ein exponierter Name in der Welt der Lötmittel und Löttechnik und produziert hochwertige Lötmittel für die industrielle Elektronikfertigung und Privatanwender. Als mittelständisches Unternehmen mit etwa 80 Mitarbeitern an zwei Fertigungsstandorten in Deutschland stellt Stannol den gesamten Bereich der Lötmittel her: Lötlegierungen, Lötdrähte, Lotpasten und Flussmittel. Sein Zukunftsfähigkeit sichert das Unternehmen mit intensiver Forschung.

Für weitere Informationen und Anregungen steht das Unternehmensteam Interessierten und PressevertreterInnen jederzeit gern unter der E-Mail fairtin@stannol.de oder telefonisch unter +49–2051–3120–126 zur Verfügung.

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