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Advanced Digital Manufacturing (ADM) Klaus Vollrath, 3D Systems, Darmstadt

Vom Prototyping zur werkzeuglosen Produktion
Advanced Digital Manufacturing (ADM) Klaus Vollrath, 3D Systems, Darmstadt

Neue, verbesserte Werkstoffe und Fortschritte bei Produktivität und Genauigkeit der Anlagen eröffnen den generativen Prototyping-Verfahren Stereolithographie und Lasersintern neue Einsatzbereiche. Immer häufiger nutzen Anwender ihre besonderen Vorteile – unmittelbare Verfügbarkeit von Bauteilen ohne Wartezeit und Kosten für Werkzeugerstellung sowie Realisierung „unmöglicher“ Geometrien – zur direkten Fertigung einsatzfähiger Komponenten.

„Mit heutigen Prototyping-Techniken können wir einsatzfähige Formteile ohne Werkzeugkosten direkt aus CAD-Daten erzeugen. Für viele industrielle Anwendungen ist das extrem attraktiv“, weiß Dr. Ing. Volker Grießbach, Geschäftsführer der VG Kunststofftechnik in Chemnitz. Das auf Rapid-Prototyping-Dienstleistungen spezialisierte Unternehmen setzt unterschiedlichste Verfahren zur schnellen Erzeugung von Prototypen bzw. Prototypwerkzeugen aus Kunststoff oder Metall ein. Vor allem bei den generativen Verfahren Stereolithographie (SL) und Lasersintern (LS), so die Erfahrung von Dr. Grießbach, hat die Verfügbarkeit verbesserter Werkstoffe inzwischen zu einer qualitativ neuen Situation geführt: Bestimmte Kunden lassen nicht nur Prototypen, sondern auch gleich Endprodukte per Stereolithographie oder Lasersintern erzeugen. Besonders ausgeprägt ist dieser Trend zum sogenannten Advanced Digital Manufacturing (ADM) im Bereich der Elektronikindustrie. Für diesen Kundenkreis fertigt die VG Kunststofftechnik auf ihren 3D-Systems-Anlagen mittlerweile schon routinemäßig Steckverbindergehäuse, Spulenkörper oder Gehäuse für Kleinantriebe für den direkten Produktionseinsatz in Stückzahlen zwischen 1 und weit über 10.000. Je kleiner die Bauteile, desto höhere Produktivitäten sind möglich: Im Bauraum einer Stereolithographieanlage des Typs SLA Viper 250 können über Nacht rund 1000 Gehäuse für Miniatur-Elektronikstecker erzeugt werden, und mit der Lasersinteranlage des Typs Vanguard werden pro Durchgang rund 500 Wickelkörper für eine Elektronikspule mit „viereckigen Bohrungen“ für Kontaktstifte gefertigt.

Bessere Werkstoffe…
„Vor allem beim Stereolithographieverfahren hat es auf der Werkstoffseite erhebliche Fortschritte gegeben“, ergänzt Jörg Grießbach, der sich vorrangig um Datenmanagement und Stereolithographie kümmert. Die hierfür eingesetzten fotosensitiven Harze waren bis weit in die 90er Jahre hinein so spröde und bruchempfindlich, dass die daraus erzeugten Modelle keine größeren Belastungen vertrugen. Das habe sich inzwischen grundlegend geändert: So gebe es mittlerweile mit AccuGen 100 ein Harz, dessen mechanische Eigenschaften mit denen von ABS vergleichbar seien. Es zeichnet sich durch hohe erreichbare Genauigkeit aus, so dass man daraus auch sehr dünnwandige Teile z.B. für die Mikrotechnologie fertigen kann. Darüber hinaus weist der Werkstoff eine sehr hohe Temperaturbeständigkeit bis 100 °C auf. Hervorragend geeignet für Funktionsteile sind auch die Lasersinterwerkstoffe DuraForm PA und DuraForm GF, deren Gebrauchseigenschaften weitgehend denjenigen von normalem bzw. glasfasergefülltem Polyamid entsprechen. Auch hier erlaubt die hohe Genauigkeit die Erzeugung äußerst dünnwandiger Strukturen.
…und der Wunsch nach „unmöglichen“ Geometrien…
„Der Markt verlangt von den Konstrukteuren heute Lösungen, die fertigungstechnisch echte Probleme bereiten“, verrät Dr. Grießbach. Dies sei eine Folge von zwei wesentlichen Marktforderungen: Auf der einen Seite zwinge der sparsame Umgang mit endlichen Ressourcen zur Herstellung immer filigranerer Bauteile mit immer dünneren Wänden. Auf der anderen Seite gebe es die Forderung nach Verringerung der Teilevielfalt, was zu einer enormen Steigerung der Bauteilkomplexität geführt habe, weil immer mehr Funktionen in das einzelne Teil mit integriert werden müssen. Immer häufiger sehe er sich bei seinen Kunden mit der Forderung nach Teilen konfrontiert, die über die Grenzen des bisher Machbaren hinausgehen. So gebe es heute Mobiltelefone mit Wanddicken, die noch vor wenigen Jahren als nicht spritzbar eingestuft worden wären, und „Megabauteile“, die aus der Integration von sieben oder acht bisherigen Komponenten entstanden. Diese höhere Komplexität verursache entsprechend größeren Aufwand bei den Produktionswerkzeugen, z.B. um notwendige Hinterschneidungen durch Schieber oder andere bewegliche Formelemente darzustellen. Dies wirke sich nachteilig auf Kosten und Realisierungszeiten für die Werkzeugherstellung aus.
…machen die werkzeugfreie Produktion attraktiver
„Die quasi unmittelbare Verfügbarkeit einsatzfähiger Bauteile, ohne erst wochenlang auf die Fertigung eines Produktionswerkzeugs warten zu müssen, ist ein weiteres starkes Argument“, erläutert J. Grießbach. Bei der Entwicklung bzw. Markteinführung neuer Produkte seien kurze Anlaufzeiten ein entscheidender Erfolgsfaktor. Hinzu komme, dass die generative Fertigung mit dem Laser Möglichkeiten eröffne, die mit konventioneller Technologie nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand erzielt werden können. Damit sei es ohne weiteres möglich, Bauteile mit Hinterschneidungen, nahezu geschlossenen inneren Hohlräumen oder gewundenen Fließkanälen zu erzeugen. Die hohe Genauigkeit der Verfahren ermögliche es zudem, extrem dünne Wände und tiefe Bohrungen vorzusehen, die bei konventioneller Fertigungstechnik nicht mehr entformbar sind. Auch integrierte Filmscharniere oder Schnappverbindungen sind Stand der Technik. Sobald sich diese Möglichkeiten unter Konstrukteuren erst herumgesprochen haben, sei mit einer rasch wachsenden Nachfrage nach Komponenten zu rechnen, die konstruktiv unmittelbar auf diese Möglichkeiten des ADM hin ausgelegt werden.
Technologiepartnerschaft
„Zugleich ergibt sich hieraus die Notwendigkeit einer umfassenden Weiterentwicklung der bestehenden Rapid-Prototyping-Technologien“, sagt J. Grießbach. Dabei gehe es nicht nur um bessere Werkstoffe oder höhere Baugeschwindigkeiten. Ebenso wichtig sei die Einengung von Toleranzen und Eigenschaftsstreuungen. Während bei reinen Prototypen, je nach Verwendungszweck teils erhebliche Abweichungen zum Serienprodukt in Kauf genommen werden, verlange man vom Endprodukt die Einhaltung wesentlich engerer Toleranzen – sowohl von den Abmessungen der generierten Teile her, als auch bezüglich ihrer Eigenschaften. Das stelle alle Beteiligten vor neue technische und konstruktive Herausforderungen. An die Konstanz des Bauergebnisses von Anlage zu Anlage und die Gleichmäßigkeit der Materialeigenschaften von Charge zu Charge werden dadurch wesentlich höhere Anforderungen gestellt. Aus Rapid-Prototyping-Werkstoffen mit „ca“-Angaben zu den mechanischen und physikalischen Eigenschaften müssen Ingenieurswerkstoffe mit eng tolerierten Streubändern werden. Auf der Lieferantenseite habe man mit 3D Systems einen Entwicklungspartner, der diese Erfordernisse erkannt habe und entsprechende Entwicklungen – auch zusammen mit seinen Zulieferern z.B. für SL-und LS-Werkstoffe – aktiv vorantreibe. Kreativität sei aber auch von Seiten der Anwender gefordert, denn „Anforderungen nach DIN soundso“ seien mit ADM-Bauteilen nicht immer ohne weiteres darzustellen. Der Konstrukteur sei in viel höherem Maße als sonst üblich gefordert, über Sinn und Unsinn mancher Abnahmekriterien nachzudenken und diese auf das wirklich unumgängliche Mindestmaß zurückzuschrauben. „Lohn der Mühe sind auf der anderen Seite jedoch Lösungen, die cleverer sind als bisher darstellbar – und mit denen er wesentlich schneller auf den Markt kommen kann als bisher“, bilanziert Dr. Grießbach.
EPP 419

VG Kunststofftechnik
Schon Ende der 80er Jahre erkannte Dr. Volker Grießbach die Bedeutung der Rapid-Prototyping-Verfahren und gründete kurz nach der Wende im April des Jahres 1990 die VG Kunststofftechnik als Entwicklungs- und Dienstleistungsunternehmen. Heute bietet das Unternehmen mit rund 20 Mitarbeitern praktisch die gesamte Bandbreite an Technologien und Dienstleistungen von der Konstruktionsberatung und der Datenaufbereitung über die Fertigung von Prototypen, Werkzeugen und fertigen ADM-Produkten, bis zur termingerechten Lieferung an. Werkstoffseitig umfasst die Palette alle gängigen Materialien von Kunststoffen über Metalle bis zu Verbundwerkstoffen und Keramiken. Zur Ausstattung gehören drei moderne Stereolithographieanlagen, eine Lasersinter- Anlage und ein ThermoJet-3D-Drucker von 3D Systems, acht Anlagen für das Vakuumgießen in Silikonformen, eine Spritzgießmaschine und ein 5-Achs-CNC-Bearbeitungszentrum. Hinzu kommen Tooling-Techniken sowie das Feingießen von Aluminiumteilen. Darüber hinaus entwickelt VG Kunststofftechnik auch eigene Spezialitäten, z.B. ein Verfahren zur Diffusionsfärbung von SL- und LS-Prototypen in bunten Farbtönen.
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