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Automatisiert testen verbessert Qualitätswerte einer Produktion

F&K Delvotec Austria ermöglicht automatische Bondtests
Automatisiert testen verbessert Qualitätswerte einer Produktion

Drahtbonden ist schon viele Jahre automatisiert – erstaunlicherweise jedoch nicht das Testen der Bonds. Jetzt bietet F&K Delvotec aus Braunau einen vollautomatischen Bondtester an. Er hat gleich mehrere Vorteile: Messkosten sinken auf einen Bruchteil; Messwerte sind genauer und besser. Die Qualitätswerte einer Produktion verbessern sich also ohne Änderungen an der Produktion selbst.

Dr. Josef Sedlmair, F&K Delvotec

Millionen und Abermillionen von Drahtbonds werden weltweit täglich hergestellt, und nach wie vor ist die wichtigste Qualitätssicherung dafür der Bondtest mit Pulltests (bei Dünndrahtbonds) und Schertests (bei Dickdrähten).
Besonders der Pulltest leidet unter drei Schwächen:
  • er ist aufwendig, weil er stets manuell durchgeführt wird
  • die Resultate schwanken stark, weil sie von der Loophöhe abhängen
  • der Bediener kann die Testwerte beeinflussen, ungewollt oder auch absichtlich.
Dabei ist, gerade bei Produkten mit sehr hohen Qualitätsanforderungen wie in der Raumfahrt und der Automobilelektronik, der Testaufwand gewaltig. Schließlich ist es üblich, am Anfang und Ende der Schicht jeweils einige Teile zerstörend zu prüfen, was häufig eine halbe Arbeitskraft auslastet, und in gewissen Bereichen werden sogar alle Bauteile zerstörungsfrei getestet. Das Testen ist dann bedeutend arbeitsaufwendiger als das Bonden selbst.
Seit kurzem wird ein vollautomatischer Bondtester angeboten: F&K Delvotec, hauptsächlich bekannt für manuelle und halbautomatische Drahtbonder, die sie im Verbund der F&K Delvotec-Gruppe anbietet, hat ihr Gerätespektrum jetzt um dieses Produkt erweitert.
Bondtester als Erweiterung des Bonders
Der neue Pull- und Schertester 5600C benutzt als Basis die bewährte Desktop Micro Factory 56xx, die mit Bondköpfen für alle Drahtbondverfahren ausgestattet werden kann. Diese Basis enthält einen programmierbaren X-Y-Kreuztisch und eine Z-Achse im jeweils installierten Bondkopf, wobei dort auch noch eine Drehachse implementiert ist. Die Software ist für alle Modelle gleich und wird nur umgeschaltet; sie erlaubt das Programmieren auch komplexer Bauteile mit beliebig vielen Bonddrähten und das automatische Bonden. Dabei assistiert eine automatische Bilderkennung bei der Positionskorrektur der einzelnen Drähte je nach Lage der Chips in der Schaltung, ganz wie ein Vollautomat. Der einzige Unterschied ist, dass die Bauteile einzeln und manuell vom Bediener eingelegt werden müssen – und dass die Maschine auf einen Labortisch passt.
In der Testervariante wird der Bondkopf ganz einfach vom Benutzer gegen einen Testkopf ausgetauscht, der wiederum mit unterschiedlichen Testkartuschen für unterschiedliche Pulltests und Schertests bestückt wird. Die Testersoftware arbeitet praktisch identisch zur Bondersoftware – die Lage der zu testenden Bonds wird programmiert, die zugehörigen Justierpunkte auf Gehäuse oder Substrat und Chips werden definiert und eingelernt, und innerhalb von Minuten kann das automatische Testen beginnen.
Automatisch testen = billiger testen
Beim Pulltesten wird meist zerstörend gearbeitet, die Drähte werden also bis zum Zerreißen gezogen und die Pullkraft im Augenblick des Reißens registriert. Dabei wird gewöhnlich eine Mindestkraft vorgegeben, die die Bonds aushalten müssen; je nach Vorgabe durch die Kundenspezifikation liegt sie bei 50 bis 75% der Reißlast des Drahtes, wobei sehr gute Drahtbonder bei geeigneten Bauteiloberflächen durchaus auf 90% der Drahtbelastbarkeit kommen können. Je nach Programmvorgabe werden Drähte, die über der Mindeskraft lagen, im Übersichtsbild auf dem Bildschirm grün markiert und andere rot, oder der Tester kann bei zu schwachen Drähten anhalten und dem Bediener die Eingabe des zutreffenden Bruchcodes gestatten.
Die andere Betriebsart ist nicht-zerstörend, die Drähte werden also mit einer geringeren Zugkraft getestet und sollen dabei nicht zerstört werden. Wie groß diese Kraft sein soll, liegt weitgehend im Ermessen des Nutzers und hängt von der Anwendung ab: ist sie zu groß, so riskiert man eine Schädigung des Bonds, speziell des Heels, durch die Bewegung des Drahtloops im Test; ist sie zu gering, so werden schlecht haftende Bonds unter Umständen nicht detektiert. Die an sich veralteten, aber immer noch zu Rate gezogenen MIL-Standards geben üblicherweise nur etwa 15 bis 20% der Drahtreißlast als Prüfkraft an und stellen somit keine hohen Anforderungen an die Bondqualität. Trotzdem werden für manche extrem teure und aufwendige Bauteile, wie in der Hochfrequenztechnik oder der Raumfahrttechnologie, auch komplexe Schaltungen zu 100% nicht-zerstörend getestet. Dass dabei der Bondtest bedeutend mehr Aufwand und Kosten verursacht als das Bonden selbst, liegt auf der Hand. Hier ist der automatische Bondtester die selbstverständliche Lösung und macht sich innerhalb von wenigen Monaten bezahlt.
Automatisch testen = besser testen
Genau betrachtet, interessiert man sich beim Pulltesten eines Drahtbonds dafür, bei welcher am Bond angreifenden Zugkraft dieser Bond reißt. Es liegt auf der Hand, dass es sehr umständlich ist, diese Kraft direkt anzulegen und zu messen, denn dazu müsste man den Bonddraht auftrennen und die beiden Hälften separat mit einer Greifzange abziehen. Alle üblichen Pulltests werden deshalb mit einem Pullhaken durchgeführt, die die Drahtbrücke vertikal nach oben zieht und dabei beide Bondstellen gleichzeitig beansprucht. Die schwächste Stelle der Drahtbrücke gibt dann als erstes nach und bestimmt somit die gemessene Festigkeit. Aus der einfachen Physik des Kräfteparallelogramms lässt sich ableiten, dass die gemessene Zugkraft am Haken sich in zwei Teilkräfte entlang dem Bonddraht verteilt, die auf die beiden Bondstellen wirken. Diese Teilkräfte sind dann und nur dann gleich groß und identisch zur gemessenen Kraft am Haken, wenn der Bonddraht an beiden Bondstellen mit der Horizontalen einen Winkel von 30° bildet. Ist der Drahtloop höher, dann bildet sich ein Winkel von über 30° und die an den Bonds wirksamen Teilkräfte sind geringer als die gemessene Zugkraft – der Pulltest zeigt also zuviel an, die Bonds sind also schlechter als gemessen. Ist der Drahtloop hingegen niedriger und die Winkel damit unter 30°, so verstärkt sich die gemessene Pullkraft am Haken, und die am Bond wirksamen Teilkräfte sind höher als die gemessenen. Als Folge wird der Bond schlechter dargestellt als er ist. Häufig unterschätzt wird, dass dieser Effekt gar nicht klein ist – schon ein um 10% niedrigerer Loop verringert die gemessene Kraft um etwa 8%!
Dieses Verhalten ist bestens bekannt und sollte daher rechnerisch kompensiert werden, um korrekte und aussagefähige Resultate zu erhalten. Das geschieht aber in der Praxis nie – und das ist auch nachvollziehbar. Um nämlich den jeweiligen Drahtwinkel zu kennen, müssten Länge und Höhe jeder einzelnen Drahtbrücke bekannt sein. Für die Drahtlänge wäre das aus dem Bondprogramm noch ganz gut möglich, aber die Loophöhe ist meist nicht genau bekannt, denn für die Korrekturformel ist ja die Höhe im Zeitpunkt des Drahtrisses entscheidend, und diese ist nicht identisch mit der Höhe des unbelasteten Loops. Als Folge werden die Werte üblicherweise unkorrigiert verwendet mit der Konsequenz, die Bonds viel schlechter darzustellen als sie eigentlich sind. In einer typischen Schaltung mit 50 bis 150 Bonddrähten sind ganz unterschiedliche Drahtlängen und –höhen nebeneinander zu finden. Sie weisen also auch ein ganzes Spektrum von Drahtwinkeln auf, und somit würden die gemessenen Pullwerte auch dann streuen, wenn die Bonds selbst exakt gleich gut wären. Selbst identische Bonds werden also durch die Messung als ungleich dargestellt, und die Fertigungsqualität sieht schlechter aus als sie ist. Es steckt hier noch eine weitere Tücke: angenommen, die untersuchten Drahtbonds sind sowohl flacher als auch höher, so dass ihre Drahtwinkel unter 30° wie auch über 30° liegen können. Dann sind die gemessenen Pullwerte mal niedriger, mal höher als die wirklichen, und die Abweichungen gleichen sich halbwegs aus. Als Folge kann der Durchschnitt der gemessenen Werte ziemlich korrekt sein. Die Schwankung der Messwerte, also die Standardabweichung, hingegen ist bedeutend größer als die der wirklichen Bondstärken, und kann leicht bei 10 oder 15% des Mittelwertes liegen. Das ist ein riesiger Nachteil, weil als zentrales Merkmal für die Fertigungsqualität mehr und mehr der cpk-Wert betrachtet wird, der kritische Prozessfähigkeitsindex. Er gibt an, wie oft die Standardabweichung des Pullwertes in das zulässige Parameterfenster passt (genau genommen, die dreifache Standardabweichung) – anders gesagt, mit welcher Sicherheit die geforderte Mindestfestigkeit des Bonds übertroffen wird. Erstaunlich, aber trotzdem richtig ist, dass der Durchschnitts-Pullwert dafür gar nicht die entscheidende Rolle spielt, sondern die Standardabweichung, also die Breite der Verteilung. Wenn nun die gemessenen Pullwerte nur aufgrund der Messgeometrie schwanken, so liegt auf der Hand, dass der cpk immer viel schlechter ausfällt als er müsste.
Der automatische Pulltester korrigiert diesen Geometrieeinfluss mühelos. Die Koordinaten von erstem und zweitem Bond kennt er bereits durch die Programmierung; die Höhe der Bondflächen kennt er aus dem Touchdown, mit dem zu Anfang des Testens die korrekte Hakenhöhe definiert wird, und die Höhe des Drahtloops im Moment des Reißens ist genauso einfach zu registrieren wie die Pullkraft im gleichen Augenblick. Die Auswertung der Messung kann sofort oder auch erst später in der Datenbank geschehen; entscheidend ist, dass sich die Standardabweichungen und damit die cpk-Werte drastisch verbessern. Wohlgemerkt: ohne dass sich an der tatsächlichen Bondqualität irgendetwas geändert hätte!
Automatisch testen = fehlerfrei testen
Die Anfälligkeit für Bedienereinflüsse ist vom automatischen Pulltester genauso leicht zu beseitigen. Ein solcher Einfluss besteht darin, dass bei manueller Bedienung der Pullhaken häufig nicht an der richtigen Stelle des Loops angesetzt wird. Diese Stelle liegt so, dass die resultierenden Drahtwinkel am Bondpad gleich sind, und damit auch die am Bondpad wirkenden Kräfte gleich sind. Bei Drähten auf einer Ebene ist das selbstredend die Drahtmitte; wenn dagegen die beiden Bonds auf unterschiedlichen Höhen liegen, wird der Haken näher am höher liegenden Bond eingesetzt. Der richtige Angriffspunkt kann vom Tester bestimmt werden, sobald die Höhen der beiden Bondpads gemessen worden sind, was der Tester automatisch tut. Darüber hinaus werden die tatsächlich aufgetretenen Kräfte für die beiden Bonds getrennt errechnet, denn erst im Zeitpunkt des Drahtrisses sind die exakten Koordinaten für den gesamten Draht bekannt.
Ein falsch angesetzter Haken verfälscht das Messergebnis manchmal drastisch. Nahe an einem der beiden Bonds platziert, wird dieser Bond fast ausschließlich belastet, während der ferne Bond fast völlig unbelastet bleiben kann. Ein Blick auf das Kräfteparallelogramm zeigt das einleuchtend. Damit lässt sich gezielt ein Bond heil durch den Pulltest bringen, obwohl er – etwa wegen einer schlecht bondbaren Dickschicht – nur die Hälfte oder ein Viertel des erforderlichen Pullwerts aushält. Fällt dieser Bond später aus, so bringt die nachträgliche Überprüfung der Qualitätsdaten gar nichts, denn die Messung selbst war ja ohne Beanstandung. Dass die Hakenposition inkorrekt war, wurde freilich nicht aufgezeichnet und entging somit der Überwachung.
Der automatische Tester verhindert das auf zwei Weisen: zum einen ist der korrekte Hakenansatzpunkt vorgegeben. Zum anderen aber wird ein besonders raffinierter Bediener an der absichtlichen Manipulation gehindert, weil der Tester auch aufzeichnet, wenn die Hakenposition im Betrieb nachkorrigiert wurde: er registriert ganz einfach die tatsächlichen Positionen und zeigt somit einen Bedienereingriff auch nachträglich an.
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