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Baugruppenreinigung als Dienstleistung

Warum muss im Zeitalter von NoClean-Flussmitteln gereinigt werden?
Baugruppenreinigung als Dienstleistung

NoClean-Flussmittel versprechen nach allgemeinem Verständnis die Option, auf Baugruppenreinigung verzichten zu können. Dem ist aber in vielen Fällen gar nicht so. Warum und in welchen Fällen die Reinigung weiterhin notwendig bleibt, erläutert der Fertigungsdienstleister hier im Überblick.

Dr. Peter Koller, Geschäftsleitung, PKS Systemtechnik, Erlangen

Kunden von PKS stellen oftmals die Frage: Müssen in Zeiten von NoClean-Flussmitteln Baugruppen überhaupt noch gereinigt werden? Hier kann nicht mit einem generellen Ja oder Nein geantwortet werden. Die Entscheidung muss jeweils im Einzelfall getroffen werden.
Auch eine Einordnung der Baugruppen in eine der drei IPC-Klassen gibt keine eindeutige Aussage über eine eventuell notwendige Reinigung. Das Einzige, was nach den Erfahrungen bei PKS-EP definitiv ausgeschlossen werden muss, ist eine einseitige Reinigung der Baugruppen, wie sie nach IPC möglich wäre, da im Allgemeinen nicht sichergestellt werden kann, dass auf der zweiten Seite befindliche Flussmittelreste mit „angereinigt“ werden und zu massiven elektrochemischen Probleme führen.
Wann müssen nun Baugruppen gereinigt werden? Zuerst einmal soll sich der Begriff Reinigung nur auf das Entfernen von Flussmittelrückständen und anderen Verunreinigungen (z.B. Zinnkugeln) aus dem Lötprozess beziehen. Das Entfernen von z.B. Fetten oder Lacken soll hier nicht berücksichtigt werden. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass Baugruppen dann gereinigt werden müssen, wenn entweder die verwendeten Flussmittelsysteme keine NoClean-Systeme sind oder die Sauberkeitsanforderungen nach IPC verletzt werden. Als dritter Punkt ist noch zu nennen: Wenn die Sauberkeitsanforderungen der Kunden verletzt werden. Speziell dieser Punkt führt bei vielen Baugruppenfertigern immer wieder zu Schwierigkeiten, da diese ja NoClean arbeiten und die Standards und Abnahmekriterien der IPC-A610-D einhalten, der Kunde aber Sonderwünsche hat und eine Abreinigung der Flussmittelreste zwingend erforderlich ist. Hier sind insbesondere zu nennen::
  • Baugruppen sind verschärften Umweltbedingungen (Temperatur, Feuchtigkeit), z.B. in Windkraft- oder Offshore-Anlagen ausgesetzt.
  • Baugruppen werden lackiert (Conformal Coating) oder vergossen.
  • Baugruppen in Hochspannungsanwendungen werden unter Isolieröl betrieben – es können sich Flussmittelreste lösen und die Isoliereigenschaften beeinträchtigen.
  • Baugruppen müssen in Messapplikationen extrem hohe Oberflächenwiderstände aufweisen.
  • HF-Anwendungen.
  • Hochzuverlässige Anwendungen in der Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt, Automobiltechnik, Militärtechnik.
  • Lanzeitzuverlässigkeit der Baugruppen wird gefordert (Reparaturen und Austausch von Baugruppen schwer oder gar nicht möglich).
Verfügbare Anlagensysteme
Bei der Auswahl des geeigneten Reinigungssystems steht der Anwender vor einer ganzen Reihe realisierbarer Agitationen: Ultraschall (US), Sprühen in Luft (SIA), Sprühen im Medium (SUI), Luftsprudeln im Medium (Airbubbling) und Korboszillation. Jede dieser Agitationen hat ihre Berechtigung und bedient den individuellen Anwendungsfall. Für die Aufgaben in der Elektronikindustrie haben sich maschinelle Konzepte auf Basis von Ultraschall und Sprühen in Luft als die praktikabelsten erwiesen.
Trotzdem müssen auch diese Plattformen in Bezug auf Anwendung, Effizienz und Resultat hinterfragt werden. Ultraschall bei einer gebräuchlichen Leistung von 20–30W/l und einer Frequenz von 40kHz ist und bleibt eine hocheffektive Agitation, zudem sind die Zulässigkeiten nach IPC wieder fast durchgängig gegeben.
Der Nachteil ist, dass das Baugruppenlayout immer wieder überprüft werden muss, denn Schädigungen an kritischen Bauteilen, wie zum Beispiel an Quarzen, können nicht ausgeschlossen werden. Ebenso sollten Bauteile mit sehr geringem Spaltmas zur Leiterplatte überprüft werden, da durch die Gehäuseabsorption ein Ultraschall-Leistungsverlust unter den Komponenten relevant sein kann.
Auch die Sprühreinigung führt zu ganz unterschiedlichen Prozesszeiten und Resultaten, je nach maschinellem Konzept. Rotierende, horizontale Sprüharme können die Leiterplatten, welche vertikal beladen wurden, natürlich nicht im effektiven 90° Winkel besprühen, zudem wird immer ein gegenseitiges Abschatten der Substrate auftreten.
Neben der Verfahrensoptimierung stellen sich dem innovativen Maschinenbauer aber noch viel mehr Herausforderungen: Zuverlässige Filtration der Kontaminationen, geringer Mediumsverbrauch, minimierte Verschleppung, hohe Badstandzeiten und damit die Optimierung der realen Stückkosten.
Maschinenbaulicher Ansatz für optimale Reinigung
Der tschechische Hersteller pbt als erfahrener Maschinenbauer und factronix aus Alling bei München als zuständiger Vertriebspartner in Deutschland haben mit Hilfe eines eigens entwickelten Testsubstrates (Keramikchip auf Glas, Spalt 30µm, Abstände 300µm) das Reinigungssystem SuperSwash entwickelt, das die statisch fixierten Substrate von beiden Seiten abfährt und hocheffizient im 90° Winkel besprüht, spült und per Hochdruck-Heissluft trocknet. Mit den geeigneten Reinigungsmedien können so in einem Gerät Schablonen (auch Pump-Print), Fehldrucke (auch bereits einseitig bestückt), sowie gelötete Baugruppen (defluxing) bei relativ niedrigen Temperaturen und äußerst kurzen Prozesszeiten gereinigt werden. Standard-Druckschablonen sind in der Regel nach maximal 10 min. wieder sauber und trocken entnehmbar. Das Filtrationskonzept (20µ, 5µ, 1µ) und die integrierte VE-Wasseraufbereitung unterstützen extrem lange Badstandzeiten.
Umweltfreundlicher und breitbandiger Reiniger
Für die Dienstleistung „Baugruppenreinigung“ der Firma PKS-EP standen bei der Auswahl eines passenden Reinigers besonders ein großes Prozessfenster und eine breitbandige Einsetzbarkeit im Vordergrund. Damit sollten beste Reinigungsergebnisse bei unterschiedlichen Anwendungen (Schablonen-, Fehldruck- und Baugruppenreinigung) in einer einzelnen Anlage sichergestellt werden. Aufgrund der fortschreitenden Miniaturisierung elektronischer Komponenten sollte der neue Reiniger außerdem besonders für die Reinigung in kleinsten Spalten geeignet sein. Schließlich sollte aus Gründen des Umweltschutzes und der Anlagentechnik auch im neuen Reinigungsprozess ein wasserbasierender Reiniger eingesetzt werden.
Für die gestellten Anforderungen eignet sich besonders die bewährte MPC (Micro Phase Cleaning) Reinigungstechnologie, die die Vorteile von herkömmlichen Lösemitteln sowie konventionellen Tensidreinigern kombiniert, ohne jedoch deren Nachteile in Kauf zu nehmen. So handelt es sich hierbei um wasserbasierende Reinigungsmedien, die im Gegensatz zu Lösemitteln nicht brennbar sind. Dank des äußerst niedrigen VOC-Gehaltes und der geringen Geruchsbildung ist diese Art von Reiniger sehr verträglich für Mensch und Natur. Darüber hinaus bleiben wegen der tensid- und feststofffreien Formulierung nach der Trocknung keinerlei Rückstände auf den Oberflächen des Reinigungsguts zurück.
Die Badstandzeit wird durch den Einsatz dieser Technologie ebenfalls deutlich verlängert, da sich die Moleküle nicht dauerhaft an die Verunreinigung binden. Der Schmutz wird lediglich von der Oberfläche gelöst und anschließend an die Umgebung abgegeben. So kann die Verunreinigung einfach durch Filtration aus dem Bad entfernt werden und die reinigungsaktiven Komponenten verbleiben im Bad. Ein kosteneffizienter Prozess mit geringem Verbrauch ist damit gewährleistet.
Implementierung des neuen Reinigungsprozesses PKS
Bei PKS-EP werden seit 1996 für einen Kunden aus der Medizintechnik ca. 20.000 Baugruppen pro Jahr gereinigt, die mit Isolieröl in Kontakt kommen. Diese Reinigung wurde bis Anfang 2009 mit einem Ultraschallreinigungsbad halbautomatisch durchgeführt. Ein weiterer Kundenauftrag aus dem Jahr 2008 mit einem Volumen von ca. 8.000 Baugruppen pro Jahr führte dazu, die Reinigungsthematik bei PKS-EP neu zu überdenken. Um Reinigungsaufträge in Zukunft wirtschaftlich und in höchster Qualität für seine Kunden ausführen zu können wurde deshalb Anfang 2009 in eine neue Sprühreinigungsanlage investiert. Die PKS-EP konnte sich in Zusammenarbeit mit den factronix- und Zestron-Applikationsspezialisten im Technischen Zentrum bei Zestron in Ingolstadt einen schnellen Überblick verschaffen. Die SuperSwash von pbt stellte dabei die optimale Wahl bezüglich Reinigungsqualität, Reinigungsleistung, Flexibilität, Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit dar.
Durch den Einsatz der neuen Reinigungsanlage wurde das zur Verfügung stehende Prozessfenster erweitert und es lassen sich auf Grund der Einstellbarkeit der Reinigungsparameter (Zeit, Temperatur) auch empfindliche Baugruppen reinigen.
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Dienstleistungs- Baukasten
Baugruppenreinigung ist nur eine von mehreren Dienstleistungen, die PKS anbietet: Die beiden unter dem Dach der PKS group agierenden Erlanger Elektronik-Unternehmen PKS Systemtechnik GmbH und PKS Elektronik Produktions GmbH (PKS-EP) bieten den Kunden aus den Bereichen Medizintechnik, Industrieelektronik, Luft- und Raumfahrt, Automobiltechnik sowie Militärtechnik Entwicklungs- und Fertigungsdienstleistungen rund um die Baugruppe an. Dazu zählen die Erstellung von Pflichten- und Lastenheften, die Schaltungsentwicklung, Schaltplanerstellung, Leiterplatten- und Baugruppendesign, Materialbeschaffung sowie Muster- und Serienfertigung der Baugruppen.
Im Rahmen der Qualitätsphilosophie der beiden ISO 9001–2000 zertifizierten Unternehmen wird dem Kunden der Einstieg und Ausstieg an jedem Punkt der Wertschöpfungskette geboten. Im Bereich der Baugruppenfertigung, die von der PKS-EP abgedeckt wird, bedeutet dies, dass der Kunde beispielsweise nur bestücken lassen kann, oder nur die Dienstleistung Baugruppenreinigung abrufen kann.
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