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Bedenken gegenüber AOI unnötig

Automatische optische Inspektion - Erwartungen und Auswahlkriterien
Bedenken gegenüber AOI unnötig

Hersteller von Baugruppen müssen die Boards stets auf dem aktuellen Stand der Technik halten. Dabei sind sie dem Druck von Kosten, Durchsatzerhöhung, Miniaturisierung und höherer Komplexität ausgesetzt. Als Alternative zu elektrischen Tests und traditionellen Sichtkontrollen, die hohen Anforderungen oft nicht mehr gewachsen sind, bietet sich die automatische optische Inspektion (AOI) an.

Joanna Forbes, Beat Scheurer, Hewlett-Packard, Manufacturing Test Division

Realistische Erwartungen und die Kenntnis der Möglichkeiten und Grenzen von AOI-Systemen ermöglichen, die Realisierung rasch und erfolgreich vorzunehmen. Ein AOI-System sollte so implementiert werden, daß es den großen Bereich möglicher Fehler, die durch Inspektion erfaßbar sind, bei geringer Falschaussage abdeckt. Damit hilft AOI bei der Reduzierung der Fertigungskosten insgesamt.
Automatische optische Inspektionssysteme sind seit über zehn Jahren auf dem Markt. Sie sind eine Kombination von Bilderkennungshardware und Bildanalysesoftware. Ihr primäres Einsatzgebiet ist die Erkennung von Fehlbestückungen bei Baugruppen. Frühere AOI-Systeme waren von hohen Falschfehlerraten und schlechten Ergebnissen geprägt. Viele Anwender der ersten Stunde haben ihre Systeme deshalb nach kurzer Zeit stillgelegt. Die heutige Technik der Bildverarbeitung ermöglicht eine enorme Verbesserung der AOI-Systeme. Dies führt dazu, daß viele Anwender den Markt erneut sehr intensiv beobachten. Die Erwartungen sind jedoch sehr hoch, bisher gibt es nur wenige Systeme, die diesen voll entsprechen. Um Enttäuschungen zu vermeiden, muß sich ein Anwender darüber im klaren sein, welche Anforderungen er an ein AOI-System stellt.
Realistische Erwartungen
Die Auswahl von Boardtestern erfolgt häufig – und durchaus erfolgreich – primär anhand von technischen Spezifikationen. Deshalb kann die Systementscheidung nie allein auf Grund der Spezifikationen getroffen werden. Es gilt also, aus den angebotenen AOI-Systemen die passende Lösung herauszufinden. Wer den Einsatz in Betracht zieht, sollte auch wissen, welche Fehlerarten das System erkennt. Die Kenntnis der Fehlerursachen ist hilfreich bei der Auswahl der Testmethode.
Generell ist ein möglichst gutes Detailwissen über Fehlermechanismen, die man mit dem AOI-System erkennen will, empfehlenswert. Nicht jeder Kurzschluß oder jede Unterbrechung ist gleich. Manche Fehler lassen sich mit einem AOI-System sehr leicht feststellen, andere dagegen nur schwer oder überhaupt nicht. Stimmen die Defekte, die man erkennen möchte, mit der Fehlerabdeckung überein, wird man auch mit dem Ergebnis zufrieden sein. Im Diagramm sind die Stärken und Schwächen von ICT (In-Circuit-Test), AOI und Röntgeninspektion (X-Ray) dargestellt und ihre Überschneidungen bei der Defektdiagnose hervorgehoben. Nicht verlötete Anschlüsse erkennt man beispielsweise mit allen drei Verfahren.
Bevor die Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Verfahren getroffen wird, sollte intensiv nach der Ursache für einen Fehler (Beispiel nicht verlötete Anschlüsse) gesucht werden. Also: warum sind die Anschlüsse nicht verlötet? Liegt es an zu geringer Lotpastenmenge, ist diese nicht richtig aufgeschmolzen oder sind die Pins verbogen worden?
Entscheidung für ein Verfahren
Das AOI-System erkennt nur, daß ein Pin nicht mit dem Board verbunden ist. Ein In-Circuit-Tester hingegen diagnostiziert die fehlende elektrische Verbindung zwischen Bauteil und Board. Die Röntgentechnik erkennt sowohl verbogene Pins als auch zu wenig Lotpaste sowie kalte Lötstellen. Eine gute Detailkenntnis der Fehler und ihrer Mechanismen sorgt für realistische Erwartungen. AOI-Systeme können dann entsprechend der Prüfstrategie allein oder in Kombination mit ICT bzw. Röntgengerät eingesetzt werden. Die abgestimmte Kombination kann die Prüfkosten erheblich minimieren.
An welcher Stelle im Produktionsprozeß wird sinnvoll getestet? AOI-Systeme können sowohl vor dem Druck der Lotpaste als auch vor oder nach dem Reflowlöten eingesetzt werden. Wo das AOI-System eingesetzt wird, ist stark von Produktions-Vorgaben abhängig. Dabei muß berücksichtigt werden, daß der Einsatz auch Vor- und Nachteile in sich birgt. Richtig eingesetzte AOI-Systeme erbringen ausgezeichnete Ergebnisse.
“Falsche Fehler” und Fehlerschlupf
Die Frage ist also: wie wählt man ein System aus? Jedes Testverfahren zeigt gelegentlich einen Fehler an, wo keiner ist und umgekehrt. Zum einen wird dabei ein Fehler fälschlicherweise einer intakten Baugruppen zuerkannt. Und zum anderen handelt es sich um Fehlerschlupf, bei dem ein Fehler nicht erkannt und diese Baugruppe als fehlerfrei gewertet wird. Im ersten Fall führt dies zu unnötig hohem Aufwand bei der Diagnose und an der Reparaturstation. Fehlerschlupf hingegen, der andere Fall, erhöht das Risiko, fehlerhafte Baugruppen auszuliefern. Dies ist stets kritisch, denn das führt zu Reklamationen. Die Kosten der Garantiefälle können sehr hoch sein. Ein AOI-System muß falsche Fehler und Fehlerschlupf weitgehend ausschließen. Dabei ist zu beachten, daß die Fehlerrate ansteigt, wenn versucht wird, mit Hilfe von AOI solche Fehler aufzuspüren, die prinzipbedingt gar nicht oder nur schwer aufzuspüren sind.
Der Return-on-Investment eines Prüfsystems läßt sich optimieren, indem man es dort einsetzt, wo erfahrungsgemäß die größte Fehlerzahl auftritt. Sind, typisch bei SMT-Boards, die Plazierungs- und Lötfehler signifikant, kann ein AOI-System nach dem Reflowlöten einen hohen Einsatznutzen bringen. Der Einsatz hängt zudem vom Board, Produktlebenszyklus und Fertigungsprozessen ab. Man muß AOI sinnvoll mit In-Circuit-Test, Röntgeninspektion und Funktionstest kombinieren, um die Fehlerdiagnose zu optimieren und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Die Fehlerrate sinkt, wenn man den Produktionsprozeß so in den Griff bekommt, daß Fehlerquellen umgehend erkannt und beseitigt werden. Es ist erstrebenswert, beim Test der Baugruppen einen Durchsatz zu erzielen, der dem Produktionstakt entspricht. Der Wunsch nach hohem Durchsatz geht jedoch fast immer mit Abstrichen an die Fehlerabdeckung und Fehlererkennungen einher. Da Durchsatz und Qualität gegenläufige Größen sind und es entscheidend ist, daß möglichst wenig falsche Fehleraussagen auftreten, ist die Priorität bei der Qualität zu setzen. Versucht man, den Durchsatz zu steigern, darf dies keinesfalls die Qualität minimieren. Ein AOI-System sollte daher Potential für künftige Durchsatzsteigerung aufweisen.
Auswahlmöglichkeiten
Es gibt viele Möglichkeiten, ein AOI-System zu implementieren. Dabei kommt es auf die jeweilige Anwendung an. Bis Standards formuliert sind, sollte man nur in Systeme investieren, die auf akzeptierten Industriestandards basieren. Nur so können die Investitionen angesichts der schnell fortschreitenden Technik wirksam geschützt werden. Es ist zu erwarten, daß noch mehr Prozessorleistung, bessere Kameras und bessere Ausleuchtung künftig verfügbar sind. Systeme mit proprietären Komponenten sind auf Hersteller-Unterstützung angewiesen und können eventuell nicht genügend ausgebaut werden.
AOI-Hardware sollte so einfach wie möglich sein, Standardkomponenten sind leicht und kostengünstig zu installieren, zu betreiben und zu warten. Die Schulung ist einfacher und die Betriebskosten sind niedrig. Schlüsseltechnik ist die Erfassung, Verarbeitung und Analyse der Bilder. Deswegen muß darauf besonderes Augenmerk gelegt werden. Gute Daten, mit gu-ten Algorithmen verarbeitet, führen zu guten Ergebnissen.
Datenreferenz – Im Gegensatz zu selbstlernenden werden mit Systemen, die mit CAD-Daten-Referenz arbeiten, bessere Ergebnisse erzielt. Da das Soll exakt vorgegeben ist, liegt die Falschfehlerrate niedrig.
Bilderfassung – Scharfe Bilder vom Board und den Komponenten sind Voraussetzung für eine gute Inspektion. Geht man hier Kompromisse ein, führt dies zu schlechteren Aussagen über die Qualität. Die hohe Komplexität an dieser Stelle erfordert höheren Aufwand bei Programmierung, im Betrieb und bei der Wartung.
Algorithmen – Die Inspektionsergebnisse ermgölichen, auf Basis der Informationen Entscheidungen zu treffen. Je mehr Informationen zur Verfügung stehen, um so bessere Resultate lassen sich erzielen. Das Vertrauen des Anwenders in die Ergebnisse steigt mit der Informationsmenge, die das System zur Verfügung stellt. Eine geringe Falschfehlerrate läßt das Vertrauen weiter wachsen.
Benutzerschnittstelle – Das System sollte sowohl für Programmierung als auch Betrieb eine konsistente Benutzerschnittstelle aufweisen. Dadurch werden die Kosten für Schulung und Systemverwaltung geringer.
Hersteller – Man sollte man mit kompetenten AOI-Anbietern zusammenarbeiten, die sich zugleich mit verschiedenen Methoden von Fertigungstest und Inspektion auskennen.
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