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Bondprüfung ist immer sinnvoll

Viele Faktoren beeinflussen die Bondfähigkeit von Oberflächen
Bondprüfung ist immer sinnvoll

Die Bondfähigkeit eines Bauteiles oder einer Oberfläche ist die Eignung zur prozeßsicheren Verarbeitung beim Drahtbonden. Dabei gilt ein Erreichen guter Bondhaftung bei möglichst geringer Schweißenergie als günstig. Die gute Bondhaftung läßt sich als Festigkeit der Schweißstelle größer oder gleich der Drahtfestigkeit definieren und messen.

Dr.-lng L. Berchtold, Pretema GmbH, Niefern

Das Drahtbonden ist eine spezielle Preßschweißtechnologie, mit der Drahtverbindungen in der Mikroelektronik hergestellt werden. Praktisch durchgesetzt hat sich heute das Drahtbonden mit Ultraschallunterstützung. Dies ist dann nicht nur ein Preßschweißen, sondern zusätzlich ein Reibschweißen. Es haben sich zwei unterschiedliche Verfahren mit unterschiedlichen Werkzeugen etabliert. Beim Wedge-Wedge-Bond sind die erste und zweite Schweißstelle geometrisch ähnlich.
Beim Ball-Wedge-Bond wird der Draht durch eine Kapillare geführt und die erste und zweite Schweißung werden unterschiedlich erzeugt. Eine Verbindung kann ohne Drehung von Werkstück oder Werkzeug in jeder Richtung geführt werden. Für dieses Bondverfahren wird ein Drahtwerkstoff benötigt, der ein sicheres Kugelanschmelzen erlaubt. Allgemein durchgesetzt hat sich hierfür nur Golddraht; der typische Durchmesser beträgt 25 µm, aus Kostengründen liegt die Obergrenze bei 50 µm. Für das Wedge- Wedge-Bonden eignet sich insbesondere Draht aus Aluminium und seinen Legierungen; die Drahtdurchmesser reichen von weniger als 20 über typisch 50 bis hin zu 500 µm.
Bondfähigkeit
Die Qualitätsbeurteilung einer Drahtverbindung erfolgt primär nach der mechanischen Zugfestigkeit der Drahtschleife, ermittelt im sogenannten Pulltest. Die Abzugskraft sowie der Versagensort sind die Beurteilungskriterien. Daneben ist der elektrische Übergangswiderstand der Schweißstellen oder der Durchgangswiderstand einer Drahtschleife zu beachten. Die Bondfähigkeit ist eine Verarbeitungseigenschaft und deshalb von vielen Faktoren abhängig. Vor der Betrachtung von Oberflächeneigenschaften sind nachfolgend zunächst einige andere Einflußfaktoren genannt.
Maschinen- und Werkzeugeinfluss
Hochwertige Maschinen machen sich nicht nur über Produktivität (Zykluszeiten) sondern auch über adaptierbare und reproduzierbare Parameter in Form robuster Prozesse bezahlt. Die Auswahl des in Form, Werkstoff und Verarbeitung geeigneten Werkzeuges ist sehr wichtig, und die Anbieter haben dazu eine Fülle von Datenblättern und Hinweisen ausgearbeitet. Für den Drahtbondprozeß sind seitens des zu verbindenden Objektes die Geometrie, aber auch die Material- und Oberflächeneigenschaften maßgebend.
Teilegeometrie
Form und Dimensionierung eines Teiles wirken über die mechanischen, genauer die schwingungstechnischen Eigenschaften auf den Bondprozeß. Das Reibschweißen benötigt die Relativbewegung von Draht und Substrat und das Einbringen von Energie in die Grenzfläche, was dort zu einem meßbaren Temperaturanstieg führt. Geht statt dessen Ultraschall-Leistung in Eigenschwingungen des Bauteiles verloren, wirkt an der Schweißstelle nur ein Teil der gewünschten Leistung. Sind die Verluste nicht zu hoch, kann man die eingebrachte Leistung entsprechend erhöhen und mit erhöhter Bondfußdeformation und der Tendenz zu Heel-Cracks arbeiten. Per Definition ist dies aber eine schlechtere Bondfähigkeit.
Das läßt sich an einem geometrisch simplen Beispiel betrachten, nämlich an unterschiedlichen Leiterplatten. Besonders problematische Verhältnisse ergeben sich bei schwankenden mechanischen Eigenschaften, wenn also von Teil zu Teil schwankende Energieverluste auftreten. Typisches Beispiel kann ein metallisches Leitungsgitter sein, das mit thermoplastischem Kunststoff umspritzt ist. Bei schlechter Konstruktion oder nicht beherrschter Fertigung wird das Leitungsgitter in wech-selnder Qualität im Kunststoff eingebettet sein und in der Serie als schwierig bondbar gelten.
Der Werkstoff
Von den Volumeneigenschaften eines Grundwerkstoffes wirkt natürlich der Elastizitätsmodul bei obengenannten Schwingungseigenschaften. Darüber hinaus sind thermodynamische Kenngrößen wie Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit von Einfluß.
Die Friktionseigenschaften im Bondprozeß sind eine Funktion der Verformungseigenschaften oberflächennaher Bereiche und der Reinheit der Oberfläche. Gute Verformbarkeit ist Voraussetzung für das Bonden. Der Reibschweißvorgang erfordert mehr als einen elastischen Kontakt, nämlich plastische Umformung mit der zugehörigen Temperaturerhöhung und Ausbildung metallischer Bindungen in der Grenzfläche. Die Härte der Schicht ist kein eindeutiges Kriterium zur Beurteilung der Bondbarkeit. Geringe Verformbarkeit jedoch stellt sich immer als nachteilig dar.
Die Rauheit einer Oberfläche hat direkt einen kaum nachweisbaren Effekt auf die Bondfähigkeit, kann aber über die gegebenenfalls schwieriger darzustellende Reinheit größerer Rauhtiefen Einfluß nehmen.
Die Oberflächenreinheit ist wichtig für die Friktionseigenschaften beim Bonden, aber auch für den metallischen Kontakt der Fügepartner zur Verbindungsbildung. Rein bedeutet frei von Fremdschichten aus atmosphärischer Korrosion, frei von fleckenartigen Verunreinigungen (Trocknungsflecken, Aerosolniederschläge oder Fingerabdrücke) und frei vonorganischen oder irgendwie schmierend wirkenden Schichten. Typisch störende Schichten sind Reste von Werkzeugschmierstoffen (auch aus sogenannten verflüchtigenden Ölen), Ausgasungsprodukte beim Kunststoffspritzen oder Benetzungsfilme aus Spülwässern; sie sind durch visuelle Prüfung nur grob und bei weitem nicht ausreichend zu erkennen.
Verpackung und Teilehandhabung von der Herstellung bis zum Bonden bedürfen immer der kritischen Betrachtung (auch unter Kosten-Nutzen-Aspekten), bei diesen eher simplen Faktoren treten aber die häufigsten Fehler auf. Gleichmäßige, anorganische Deckschichten auf Bondoberflächen verschlechtern zwar die Bondfähigkeit, aber nicht in jedem Fall in unzulässigem Ausmaß.
Als erstes Beispiel soll Silber mit Chromatierungsschicht genannt werden. Diese passivierende Schicht erlaubt einen Verzicht auf besondere Verpackungs- und Handhabungsbedingungen für das Silber. Mit Golddraht im Ball-Wedge-Verfahren ist hier keine ausreichende Bondhaftung zu erzielen. Aluminiumdickdraht in Wedge-Wedge-Technik jedoch ergibt eine gute Herstellqualität mit guter Bondhaftung. Die dünne, kristalline Passivierung wird mit der hohen Energie beim dicken Draht durchbrochen. Ergänzend sei angemerkt, daß das System Al-Draht auf Silber aus anderen Gründen, nämlich der Langzeitstabilität (Feuchtekorrosion) wenig Anwendung findet.
Oberflächeneigenschaften
Zweites Beispiel für Deckschichten istAluminium als walzplattierte Oberflä-che. Es trägt eine natürliche, sehr dünne Oxidschicht. Auch hier ist eine Verarbeitung von Golddraht chancenlos. Mit dem dicken Aluminiumdraht und einem geeigneten Keilwerkzeug wird jedoch eine für viele Anwendungen zufriedenstellende Bondfähigkeit erreicht. Deshalb ist walzplattiertes Aluminium für das Dickdrahtbonden in Hybridgehäusen insbesondere im Automotive-Bereich eine erprobte bondfähige Oberfläche. Die Eigenschaften einer (fremdschichtfreien) Goldoberfläche im Vergleich zur Aluminiumoberfläche lassen sich anhand von Messungen vergleichen. Der Energieanteil zum Durchbrechen der spröden Oxidschicht wird in dem schmäleren Prozeßfenster deutlich. Da im System Gold-Aluminium durch die Wahl dünner Schichten die Probleme der Langzeitstabilität gelöst sind, kann die in vielen Fällen kostengünstigere, galvanisch aufgebrachte Goldschicht auch als technisch besser gegenüber dem walzplattierten Aluminium bezeichnet werden.
Einfluss von Deckschichten
Drittes Beispiel für den Einfluß von Deckschichten ist Nickel mit dünner Veredelung. Ein Leadframe mit Palladiumdeckschicht ist beispielsweise für das Goldthermosonicbonden (T = 150 °C) geeignet. Im Herstellzustand werden selbst bei extrem dünnen Schichten gute Verbindungsfestigkeiten erreicht. Unterzieht man die Oberfläche vor dem Bonden einer Wärmebehandlung (als Simulation der Chipmontage vor dem Drahtbonden), so werden die Festigkeiten mit steigender Temperatur drastisch beeinträchtigt.
Selektive Oxidation des an die Oberfläche diffundierten Nickel verhindert dann – so wie bei nicht veredeltem Nickel – gute Bondhaftung bei diesem relativ anspruchsvollen Prozeß (dünner Draht, Kapillarwerkzeug für die Keilschweißung). Für die Anwendung solcher Schichten ist also eine zulässige Temperaturbelastung vor dem Drahtbonden anzugeben. Ohne solche Restriktionen haben sich als universelle, bondbare Deckschicht – insbesondere auf Smardcard-Substraten – Goldschichten von typisch 0,4 µm Dicke etabliert. Sie eignen sich für das Goldthermosonicbonden wie für das Aluminiumdraht-Ultrasonicbonden. Als kostengünstige Alternative für die hohen Stückzahlen der Golddrahtverarbeiter steht Silber mit mindestens 1 µm Dicke zur Verfügung. Pretema bietet für den Smartcard-Markt bondfähiges Silber sowohl bei umspritzten Leadframes als auch bei laminierten Substraten an.
Welche Oberfläche ist bondbar?
Unterschiedliche Verfahren des Drahtbondens und der Einfluß weiterer Prozeßgrößen (Maschine, Werkzeug, Draht) erfordern eine differenzierte Betrachtung. Doch auch für die Bondfläche allein ist eine Übersetzung des Begriffs Bondfähigkeit in einfach zu messende physikalische Größen kaum möglich. Schwingungstechnische und thermische Eigenschaften des Bauteiles spielen eine Rolle, und über die nötige Reinheit ist nur mittels Oberflächenanalytik eine Aussage möglich. So ist eine Bondprüfung sinnvoll, die aus einem der Serienanwendung weitestgehend identischen Drahtbondprozeß und dem anschließenden Pulltest besteht. Anhand solcher Bondprüfergebnisse ist ersichtlich, daß verformungsfähige und fremdschichtfreie Metalloberflächen günstig sind. Für die empfindlicheren Bondverfahren (kleine Dimensionen, Kapillarwerkzeug) sind sie notwendig und auch bei weniger empfindlichen Verfahren (dicke Drähte, Keilwerkzeug) liefern sie einen wichtigen Beitrag zur Prozeßstabilität.
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