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Dem Zufall keine Chance

Vollautomatische Inline-Fertigung von Flachbaugruppen
Dem Zufall keine Chance

Simatic-Steuerungen, die Kernproduktfamilie von Siemens in Amberg, bilden weltweit die Grundlage für vollautomatische Prozessabläufe. Sie geben, und das mitunter schon seit Jahren, bei den unterschiedlichsten Nutzern, ob in der Automobilindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Elektronikfertigung und vielen anderen Bereichen, den Takt in der Fertigung vor. 1959 wurde in Amberg die erste Elektronikfertigung aufgebaut. Damit folgte Siemens rund zehn Jahre nach der Gründung dem Zug der Zeit: Elektrotechnik, später Elektronik stellen den Energiebedarf von Wirtschaft und Bevölkerung sicher.

Scorpion Technologies, Hamburg

In Amberg wird Niederspannungs-Schalttechnik und Automatisierungstechnik für den weltweiten Einsatz gefertigt, und auf mehr als 10.000 m² Fertigungsfläche die speicherprogrammierbare Steuerung Simatic. Die für diese Produktfamilie eingesetzten Flachbaugruppen werden im Fertigungsverlauf mit Incircuit-Testsystemen der Scorpion Technologies geprüft. Klaus Stadler, Leiter Produktionsplanung, äußert sich durchaus zufrieden mit den installierten Systemen: „Zur Investitionsentscheidung haben wir ein klar strukturiertes Benchmarking durchgeführt, das Scorpion für sich entschied. Trotz klarer Entscheidungsgrundlage blieb ein Hauch von Skepsis übrig. Doch die Systeme arbeiten insgesamt sehr schnell und zuverlässig, so dass wir innerhalb kürzester Zeit von der Richtigkeit unserer Entscheidung überzeugt waren.“
Nach Klaus Stadler muss sich die Simatic-Fertigung mit etwa 850 Mitarbeitern als Cost Center regelmäßig auch an „freien Bietern“ messen lassen. Dennoch erhält nicht prinzipiell der preiswerteste Bieter den Zuschlag. Vielmehr wird jeder Teilnehmer an einer aus zahlreichen Qualifikationspunkten erstellten Messlatte „eingenordet“. Erst daraus ergibt sich die eigentliche Rangfolge. Nicht ohne Grund ging das Unternehmen aus dem branchenübergreifenden Benchmarking-Wettbewerb die „Fabrik des Jahres“ bereits mehrmals als Sieger hervor. Aspekte wie Kostenstruktur, Qualifizierung, Managementprozesse, Steuerungsprozesse, Zulieferintegration und Flexibilität stehen bei diesen Anforderungen im direkten Fokus.
Rundum automatisiert
Für Klaus Stadler war die Einbindung der Incircuittester in den Fertigungsfluss der Durchbruch zur totalen Automatisierung. Von der Galerie im Werk 15 fällt der Blick auf eine Fertigung, in der sich inzwischen fast alles wie von Geisterhand bewegt. Punktuell wird zwar Material noch manuell bewegt, doch in Kürze werden auch diese Aktivitäten automatisiert. Damit sollen Fehler total ausgeschlossen werden können. Und selbst über die Fertigung hinaus schließt das System der Fehlervermeidung im Werk Amberg auch die gesamte Verwaltung mit ein.
Der Bauteilbevorratung wird in diesem Kontext große Aufmerksamkeit zuteil. Was vor wenigen Jahren noch aus externen Lagern auf Transportwagen an die Fertigungslinien herangekarrt werden musste, liegt heute wohlverstaut in Lagern unter der Fertigungshalle. Nähert sich der Vorrat einer Bauteilspule dem Ende, wird auf Geheiß eines Barcodes bereits im Fertigungsverlauf die Anlieferung der nächsten Bauteilrolle initiiert. Um rechtzeitig in einem fast fliegenden Wechsel an der Linie parat zu stehen. Material in time machts möglich. Zielführend will man den Materialbestand so niedrig wie möglich halten und die Verfügbarkeit in die Nähe der 100%-Marke bringen. Ein vollautomatisches Transportsystem verbindet Wareneingang, Lager und Produktion.
Fertigung mittlerer und hoher Volumina
Derzeit werden in den sechzehn SMD-Fertigungslinien am Standort Amberg 8315 verschiedene Baugruppen gefertigt. Dafür werden täglich bis zu 1.035.000 Bauteile im Dreischicht-Betrieb „verbraten“. Nur am Rande: Jährlich laufen etwa rund 870.000 Steuerungen vom Band. Bei den gesamten SMT-Linien sind punktuell manuelle Bestückungsstationen zwischengeschaltet, um THT-Bauteile zu platzieren. Doch sie sind nur die Ausnahme vom insgesamt vollautomatischen Durchlauf. Denn hier müssen Bauteile verarbeitet werden, für die es noch keine adäquate SMD-Lösung gibt. Und die lassen sich nun einmal aus technischen Gründen nicht mit den Bestückköpfen der SMD-Automaten verarbeiten. Obwohl der hohe Automatisierungsgrad große Stückzahlen zwangsläufig zu fordern scheint, lassen sich dennoch auch erheblich kleinere Chargen auf den Linien fahren. Allerdings ist für diese Aufgabe eine enorme Flexibilität gefragt. Denn das lässt sich nur mit Linien realisieren, die problemlos auf die neue Aufgabe einzustellen sind. Anschließend geht es dann wieder mit High Speed über die Linie. Dennoch ist es am Standort Amberg durchaus gängige Praxis, Kleinauflagen manuell zu bestücken und die Endprodukte ebenso in Handarbeit zu verpacken. Doch wie immer bestätigen Ausnahmen damit nur die Regel.
Das kompakte und „schlüsselfertige“ InLine-Testsystem bewältigt mit maximal 1024 Testpunkten eine komplette Baugruppe innerhalb weniger Sekunden. Die High Speed war mit einer der Gründe für die Entscheidung pro Scorpion. Auch die Aussicht auf ein kurzfristig zu wechselndes kompaktes geschlossenes Adaptersystem für ein- und doppelseitige Kontaktierung fiel ins Gewicht. Und nicht zuletzt spielten die Optionen zur Erweiterung der Testfunktionalität für eine hohe Prüftiefe eine Rolle, auch wenn sie derzeit nicht genutzt werden.
Individuelle Prüfadapter stehen griffbereit in nächster Nähe der Testsysteme. Da jeder Auftrag via Barcode verklausuliert wird, erkennt der Bar- codeleser sofort den richtigen Adapter. Sollte dennoch einmal ein falscher Adapter in die Inline-Incircuit-Testsysteme geraten, quittiert er auf Anhieb den Dienst. Idealerweise prüft das Testsystem den ihm „einverleibten“ Adapter intern auf Plausibilität. Erweist sich der Adapter als falsch, dann nichts wie raus mit ihm. Dank des intern ausgetüftelten intelligenten Adaptersystems lässt sich das Herzstück des Testers einfach und leicht wechseln.
Leichter gehts mit dem Software-Integrator
Jede Baugruppe wird einem kompletten IncircuitTest unterzogen. Geht eine defekte Baugruppe einmal in die Überarbeitung, wird sie abschließend wieder in den Testlauf eingeschleust. Den endgültigen Funktionstest muss sie an anderer Stelle über sich ergehen lassen; nach dem Zusammenbau. Denn in Amberg wird nach der Devise gehandelt, bei uns wird fehlerfrei gefertigt, warum also soll die Baugruppe in diesem Stadium mangelhaft sein? Zumal alle Lieferanten auch qualifiziert, testiert und konsequent zur belegbaren Qualität verpflichtet sind. Dennoch wird intern an neuralgischen Stellen im Fertigungsablauf zuverlässig geprüft und getestet. Nimmt doch nur so die Aussage von der Auspack- und Einschaltqualität wirklich Gestalt an.
Oliver Wutz und sein Kollege Norbert Hammer, Produktions- und Testingenieure im Elektronikwerk Amberg, sehen bei der Installation der Testware im Software-Integrator von Scorpion eine große Hilfe. Per Anbindung an die SPS Speicher programmierbare Steuerung steuert er nicht nur den Baugruppentransport, sondern den gesamten Ablauf im Steuerprogramm. Erforderliche Prüfprogramme ruft er ebenfalls auf und bringt sie in aller Kürze zur Betriebsbereitschaft. Apropos Prüfprogramme: Mit dem Scorpion- Software-Integrator erstellen und ändern Wutz und Kollegen ihre Prüfprogramme selbst oder bauen in speziellen Fällen auf die Mitarbeit Scorpions. Über weitergehende Optionen in Kombination mit dem Integrator sind damit Statistiken, simple oder kundenspezifische Prüfprotokolle zu generieren. So gesehen steuert der Integrator gewissermaßen indirekt auch den nachfolgenden Schlechtpuffer.
Auch die Bandbreite des Transportbandes bei Baugruppenwechsel auf die neue Situation wird automatisch eingestellt. Ganz nebenbei wird auch die Anbindung anderer Stationen an den Software-Integrator damit einfacher. „Was wir teilweise für Kopfstände machen mussten, um unsere Prüfprogramme zeitgerecht auf das Testsystem zu bekommen, das war mitunter schon recht haarsträubend“, weiß Wutz aus seiner Praxis. Weitergehende Prüfungen wie AOI optischer Test oder Boundary Scan werden in speziellen Fällen als Komplettierung zur 100%-Prüfabdeckung ohne Redundanzen genutzt. Optisch werden Flachbaugruppen in komplexer Bauart mit sehr kleinen Bauteilen getestet. So zum Beispiel die HMI-Baugruppen Human Machine Interfaces, besser Mensch-Maschine-Schnittstelle, ET200-Flachbaugruppe und CPUs. Per Boundary Scan plus firmeneigener Prüfungen wird vereinzelt bei rein digitalen Flachbaugruppen getestet. Die CPU der Simatic S7 300-Reihe wird zum Beispiel damit „durchleuchtet“. Aber auch mit Röntgensystemen wird gearbeitet, um letzten Endes eine Top-Qualität unter den BGA-Flachbaugruppen sicherzustellen.
Die gesamte Fertigung, wie könnte es anders sein, steht unter dem Diktat Simatic. Denn wer Steuerungen fertigt, der sollte auch damit selbst umgehen können. Aus diesem Grund ist die komplette Fertigung Simatic gesteuert. Also vom Wareneingang bis hin zur Auslieferung verrichten an die 1000 Simatic-Steuerungen täglich ihre Arbeit. Daneben zeichnet Langlebigkeit die Produkte von jeher aus. So ist es nicht verwunderlich, dass zehn Jahre und mehr ein Ersatz vorgehalten wird. Werden über diese Frist hinaus Ersatzteile gefordert, dann steht das Werk in Fürth als Auslauffertiger Gewehr bei Fuß.
Praktische Produkte wie die HMI Human Machine Interface haben den Stand der Simatic-Steuerungen weiter verfestigt. Denn wenn es darum geht, zu wissen, was wo läuft, heißt das nichts anderes als Prozessbeherrschung und optimale Betriebssicherheit. Die Prozesse insgesamt werden vielschichtiger. Und die Ansprüche an die Funktionalität von Maschinen und Anlagen wachsen. Heute müssen die Bediener auf eine Fülle von Informationen zurückgreifen können, um zuverlässig und sicher operieren zu können. Unterstützung erhält der Bediener durch das HMI Human Machine Interface. Ob Prozessvisualisierung oder maschinennahes Bedienen und Beobachten, der Mensch rückt immer näher an den Ort des Geschehens. Web-Einbindungen oder Eingriffe via Mobilfunk sind in vielen Fällen längst Realität.
Service auf Zuruf
Die Partnerschaft mit Scorpion Technologies hat ein gut funktionierendes Servicemodell kreiert. Je nach Kapazitätsauslastung werden die Dienste der Hamburger in Anspruch genommen. Zudem geben garantierte Reaktionszeiten die Gewissheit, unvermittelt Hilfe in einer misslichen Situation erwarten zu können. Zum anderen helfen regionale Stützpunkte bei der Problemlösung. Auch die Mitarbeiter im Außendienst leisten Erste Hilfe, falls Not am Mann ist. Im Gewährleistungszeitraum bleibt selbstverständlich der Hersteller der Testsysteme im Obligo. Auch in akuten Fällen greift man schon mal gerne auf den Scorpion-Service zu. Doch in allen anderen Fällen greift Siemens auf eigene Ressourcen zurück, da die meisten Systemkomponenten im internen Lager zu haben sind.
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