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Der Black-Pad-Effekt

Auszug aus „Grundlagen des Reflowlötens – Teil 1“
Der Black-Pad-Effekt

Die Korrosion von stromlos abgeschiedenen Nickel-Gold-Oberflächen (Electroless Nickel-Immersion-Gold/ENIG) wird als Black-Pad-Effekt bezeichnet. Seine Bezeichnung hat der Black-Pad-Effekt aufgrund seines Erscheinungsbildes – graue bis schwarze Stellen auf der Padoberfläche, die sehr schlecht bis teilweise überhaupt nicht lötbar sind. Black-Pad führt stets zu einer mechanischen Schwächung der Lötstelle und gelegentlich zum Totalausfall durch die Trennung der Lötstelle vom Pad.

Dr. Hans Bell, Rehm Thermal Systems, Blaubeuren

Das Fatale am Black-Pad ist, dass dieser Fehler nicht durch eine einfache optische Inspektion vor dem Bestücken der Leiterplatte erkannt werden kann und zunächst während des Lötens zu benetzten Pads mit normal ausgeprägten Lötstellen führt. Erst beim Incircuit-Test oder beim Feldausfall der Baugruppe wird der Fehler entdeckt. Häufig sind nur wenige Pads einer Leiterplatte vom Black-Pad betroffen.
Der Black-Pad-Effekt kann anhand von anormal dicken phosphorreichen Schichten auf dem Nickel identifiziert werden. Im Schliffbild zeigt ein Großteil der Ausfälle eine Trennung (open joint) zwischen der Nickel/Zinn-intermetallischen Phase (Ni/Sn-IMP) und der Nickelschicht (ENI). In einigen Fällen wird anstatt einer ausgeprägten Trennung eine grau/schwarze phosphorreiche Schicht zwischen der Ni/Sn-IMP und der ENI nachgewiesen.
Unter dem Elektronenmikroskop zeigen vom Black-Pad betroffene ENIG-Oberflächen ein schuppiges Erscheinungsbild, welches an einen ausgetrockneten Schlammsee erinnert und daher im Englischen „Mud Cracked Surface“ genannt wird. Dieses schuppige Aussehen ist nach Mei et al. [2.34] das Resultat des galvanischen Korrosionsangriffs der Nickelschicht während der Goldabscheidung.
Bei der stromlosen Abscheidung einer Nickelschicht auf Kupfer wird aufgrund des chemischen Prozesses auch Phosphor in die Nickelschicht eingebaut. Der Phosphorgehalt liegt hierbei typischerweise zwischen 7 und 11%.
Wird nach Biunno [2.36] Nickel mit einem zu geringen Kodepositgehalt an Phosphor abgeschieden, ist der Widerstand dieser Schicht gegen Säurekorrosion zu klein. Die Folge ist, dass während der Goldabscheidung im sauren Immersion-Goldbad eine zu große Menge an Nickel gelöst wird, und eine phosphorreiche Schicht unter der Goldschicht entsteht. Bei einer Schichtdicke <3µm und einem Phosphorgehalt <6 Gew.% wird die Nickelschicht empfindlicher gegenüber Korrosion.
Wird jedoch Nickel mit einem zu großen Phosphorgehalt abgeschieden, erhält man zunächst gut lötbare Oberflächen. Allerdings sind diese Lötstellen weniger beanspruchbar gegen thermomechanischen Stress. Die Ursache hierfür ist, dass der Phosphor während des Lötens nicht an der Legierungsbildung und am Wachstum der intermetallischen Phasen (hier NiSn-IMP) teilnimmt, womit es zu einer Anreicherung von Phosphor an der Oberfläche der Nickelschicht kommt. Der Phosphorgehalt einer solchen Schicht beträgt nach Messungen von Champaign et al. [2.37] 17,4 Gew.% in der Black-Pad-Region, während in der unbetroffenen Nickelschicht nur 7,4 Gew.% gemessen wurden. Dieses Ergebnis bestätigen ebenfalls EDS-Messungen von Bulwith et al. [2.38]. Jede weitere thermische Belastung, wie z.B. Reflow- und Wellenlötprozesse, lassen diese Schicht weiter wachsen und schwächen sie damit letztendlich. Black-Pad wurde von Snugovsky et al. [2.39] sowohl nach dem Löten mit SnPb als auch nach bleifreiem Löten festgestellt. Insbesondere bei zu dicken Immersions-Goldschichten (0,18 – 0,37µm) wurden stark korrodierte Ni-Schichten nachgewiesen. In Schliffbildern sind häufig sogenannte Korrosionsspikes zu sehen, die durch die gesamte Nickelschicht hindurch gehen und mit Gold angereichert sind. Diese Spikes stellen für das Lot einen Pfad zur Verfügung, in direkten Kontakt mit dem Basiskupfer zu treten und Kupfer-Zinn-IMP zu bilden. Nickelreiche intermetallische Phasen wachsen innerhalb der korrodierten Ni-Schicht und produzieren eine Mixtur aus Ni3Sn- und Ni3P-Phasen. Gleichzeitig scheiden sich Me3Sn4-Phasen (Ni3Sn4, (Au,Ni)Sn4, (Ni,Cu)3Sn4) an der Grenzschicht zum Lot hin ab. Die Adhäsion zwischen den nickelreichen Phasen und den (Metall)3Sn4-Phasen ist schlecht, wodurch sehr leicht Cracks an diesen Grenzflächen auftreten können. Höhere Reflowtemperaturen können die Bildung von Black-Pads nicht verhindern.
Welche Maßnahmen kann man kurzfristig ergreifen, um Ausfälle durch Black-Pad zu vermeiden?
  • Die beste Empfehlung ist es, die angelieferte Leiterplattencharge zurückzuweisen.
  • Weniger empfehlenswert ist es, die Zeit über Liquidus deutlich zu verkürzen und die maximale Temperatur im Lötprozess zu verringern.
Langfristig müssen beim Leiterplattenhersteller Maßnahmen getroffen werden, um die Abscheideparameter (Phosphorgehalt, pH-Wert, usw.) bei der Herstellung der ENIG-Oberfläche besser zu kontrollieren. Von Schmidt [2.33] wird neben einer guten Badüberwachung empfohlen, die Badalter auf maximal sechs MTO (metal turnover) zu begrenzen. Der Phosphorgehalt der Nickelschicht sollte 8 – 10% betragen, die Goldschichtdicke im Bereich 80 – 150nm liegen.

Mit einem neuem Konzept präsentierte sich Rehm Thermal Systems während der SMT Hybrid Packaging in der Halle 7, und war gut und nahezu von jedem Standort aus zu sehen.

Literaturverzeichnis:
[2.33] Ralf Schmidt, Charakterisierung von Leiterplattenoberflächen, Proceedings OTTI Weichlöten, 20.-21.10.08 Würzburg
[2.34] Z. Mei, P. Johnson, M. Kaufmann, The effect of electroless Ni / immersion Au plating parameters on PBGA solder joint attachment reliability, IPC National Conference Proceedings: A summit on PWB surface finishes and solderability, September 22–23, 1998 Austin Texas, pp. 19 – 42
[2.35] P. Snugovsky / Celestica Inc., 2002
[2.36] N. Biunno, A root cause failure mechanism for solder joint integrity of electroless nickel / immersion gold surface finishes, SMTA October 12–16, 1999
[2.37] Robert F. Champaign, Jodi A. Roepsch, Marlin R. Downey, Afraid of the dark, Circuits Assembly, January 2004, pp. 22 – 25
[2.38] Ronald A. Bulwith, Michael Trosky, Louis M. Picchione, Darlene Hug, The Black-Pad failure mechanism – from beginning to end, Global SMT & Packaging, pp. 9 –13
[2.39] P. Snugovsky, M. Kella, Z. Bagheri, M. Romansky Lead-free and lead-bearing solder intermetallic formation on electroless Ni / Immersion Au interconnects affected by Black-Pad, APEX 2002, proceedings of the technical conference, San Diego, January 19–24, pp. S02–1
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