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Diskussionsgrundlage Schutzbeschichtung

Rohde & Schwarz und smartTec veranstalten Coating Day in Memmingen
Diskussionsgrundlage Schutzbeschichtung

Elektronische Baugruppen müssen ihre Funktionalität für einen definierten Zeitraum garantieren. Dazu ist nicht immer eine Schutzlackierung zwingend notwendig, doch sobald die Baugruppen ihren Einsatz unter erschwerten Bedingungen finden, sieht die Sachlage komplett anders aus. Hier kann nur eine Schutzbeschichtung verhindern, dass weder Feuchtigkeit noch Schmutz eindringen und das Produkt funktionsfähig bleibt. Darauf aufbauend wurde der Coating Day bei Rohde & Schwarz Messgerätebau in Memmingen, gemeinsam mit smartTec und Nordson Asymtek, organisiert.

Der Rohde & Schwarz Konzern beschäftigt weltweit 9.300 Mitarbeiter, davon ca. 5.500 in Deutschland, und ist Spezialist für Messtechnik, Rundfunk, sichere Kommunikation und Funkerfassung. Die Lösungen sind weltweit zu finden, wie z.B. in Geräten und Systemen zur Funküberwachung und -ortung in rund 150 Ländern, in Funktechnik auf über 200 Airports oder in der Tatsache, dass jedes zweite Handy der Welt mit Messtechnik des Unternehmens getestet wird. Die Messtechnik ist der Markteinführung neuer Mobilfunkstandards stets voraus. Die Standardisierung geschieht mit HF-Messgeräten, Protokoll- und Conformance-Testern, die Standards und Technologien der Zukunft entwickeln und validieren. Die Entwicklung und Produktion u.a. von Funkmessplätzen, um neue Chipsets und Mobiltelefone zur Serienreife und in die Massenfertigung zu bringen. Beim Aufbau und Wartung der Netzinfrastruktur wird mit Antennenanalysatoren und anderen HF-Messgeräten der korrekte Betrieb der Basisstationen sichergestellt. In punkto Qualitätssicherung und Netzoptimierung werden mit Funknetzanalysatoren Netze geprüft, Schwachstellen aufgedeckt und Fehler lokalisiert. Die Kunden sind unter den Herstellern von Mobilfunk- und anderen Wireless-Endgeräten, Mobilfunk- und Rundfunknetzbetreibern, Elektronikherstellern und -Dienstleistern in Aerospace & Defensebranchen, Studios und Sendeanstalten sowie Behörden und anderen staatlichen Bedarfsträgern, zu finden. Zur Sicherung der Investitionen seiner Kunden wird ein weltumspannendes Servicenetz für Kalibrierung, Wartung, Reparatur, Produkt-Updates, Systemintegration, Applikations-Support sowie Software-Entwicklung betrieben.

Standort Memmingen ist eines der größten Fertigungswerke zur Produktion von Geräten und Systemen, wie Frank Lehmann seinen Zuhörern berichtete. Mit einer Produktionsfläche von ca. 57.000m² kann ein Umsatzwert der produzierten Geräte im mehrstelligen Millionenbereich verzeichnet werden. Die Mitarbeiterqualifikation der ca. 1.200 Angestellten ist überdurchschnittlich, zusätzlich sind ca. 69 Auszubildende und Praktikanten zu finden. 14% vom Gesamtumsatz werden zur ständigen Verbesserung investiert. Die Kompetenzen liegen in der Geräte- und Systemfertigung, Baugruppen-, Mikroelektronikfertigung, Prüftechnologie, Engineering, Logistik und Dienstleistungen. Für einen nachhaltigen Markterfolg strebt das Unternehmen nach einer stetigen Steigerung der Qualität seiner Produkte, Dienstleistungen und Prozesse. So gibt es neben einem durchgängigen Prozessmanagement und kontinuierlichem Verbesserungsprozess ein Shopfloormanagement, Ideas 2.0 (Verbesserungsmanagement) sowie eine gezielte und permanente Personalentwicklung fachlich sowie überfachlich, und Führungskräfteentwicklung. Zertifiziert ist das Werk nach DIN EN ISO 9001, 9100, EN ISO 14001, AQAP 2110 (Nato), EASA (zivile Luftfahrt), DKD-Kalibrierlabor, Akkreditierung durch DAkkS.
Schutzbeschichtung als Notwendigkeit?
Eine sichere Funktion der Baugruppen zu gewährleisten, trotz fortschreitender Miniaturisierung, widriger Einsatzbedingungen oder neuer Einsatzbereiche bedarf einer Schutzbeschichtung der elektronischen Baugruppen. Schon eine von Gerd Schulze (Nordson Asymtek) in seinem Vortrag über automatische und selektive Beschichtungsverfahren gezeigte ADAC-Pannenstatistik mit 40% Ausfall der Elektronik verdeutlichte diese Anforderung. Eine Schutzbeschichtung verbessert die dielektrische Eigenschaften, verschafft höhere Durchschlagsfestigkeit, höhere mechanische Widerstandsfähigkeit und schützt gegen vorzeitige Ausfälle aufgrund von Korrosion, Feuchtigkeit, Betauung, Migration, aggressivem Umfeld, usw. Der Redner besprach die unterschiedlichen Beschichtungsverfahren wie manuelles Beschichten mit dem Pinsel, Tauchverfahren, selektive Tauchverfahren, manuelle und automatische Sprühverfahren, Nadeldosierung sowie das SelectCoat Verfahren, eine Technologie zur automatischen und selektiven Schutzlackbeschichtung von bestückten Leiterplatten. Hier erzeugt der Beschichtungskopf einen exakt definierten Lackvorhang und wird von einem Roboter oberhalb der Baugruppe verfahren. Die Auftragsbreite lässt sich auf die jeweilige Anwendung einstellen, so ist ein extrem flexibler Einsatz möglich. Der Lack wird als geschlossener Film auf die zu beschichtende Bereiche aufgetragen und erlaubt eine ausgezeichnete Benetzung der Oberfläche. Das Software basierende Verfahren ist extrem flexibel und benötigt keine Werkzeug- oder Rüstkosten, ein Programmwechsel erfolgt in Sekunden. Durch eine Beschleunigung/Verzögerung von bis zu 1,0g und einer Beschichtungsgeschwindigkeit von bis zu 1.000mm/sec ergibt sich ein hoher Durchsatz. Die menügeführte EasyCoat Software realisiert das Erstellen und Abspeichern des Beschichtungsprogramms, so dass die Beschichtung beliebig oft und reproduzierbar ausgeführt werden kann. Das graphische Interface erlaubt den Import von Bildern der Baugruppe sowie eine Offline-Programmierung. Danach ging der Redner auf die Lackversorgung ein und zeigte die Prozessregelung mittels Laser Fan Width Control. Das Tool setzt variable Lackierbreiten sowie Prozesssicherheit und Prozessdatenerfassung um. Der Flow Monitor, eine Messzelle zur Volumenbestimmung dient nur zur Kontrolle, nicht zur Kompensation. Bezüglich der Hardware präsentierte er die spezielle Beschichtungsplattform SelectCoat SL-940E, die die besonderen Anforderungen für den Prozess berücksichtigt. Nach den Spezifikationen ging es zu den Vorteilen wie Prozesskontrolle, Durchsatz, Qualität, leichte Reinigung, Servicefreundlichkeit sowie Sicherheit. So ist die Anlage u.a. auch kompatibel mit allen verfügbaren Beschichtungsventilen und Lackversorgungen und weist einen reduzierten Cost of Ownership auf. Danach waren die unterschiedlichen Lacksysteme mit Beschichtungsköpfen an der Reihe, die detailliert mit ihren Anwendungsgebieten und Verfahren vorgestellt wurden. Als Tipp am Schluss gab er den GfKORR-Leitfaden zur Anwendung und Verarbeitung von Schutzlacken für elektronische Baugruppen an.
Auch Rohde & Schwarz setzt selektive Beschichtungsverfahren in der Baugruppenfertigung ein, wozu Michael Schneider mehr berichtete. Das Verfahren macht im Optimalfall Abdeckarbeiten unnötig, der Lack wird in der Regel nicht vollflächig aufgetragen. Es wird kein Lacknebel erzeugt und die Durchflusskontrolle ermöglicht personenunabhängige Schichtstärken und Rückverfolgbarkeit. Zur Verfügung stehen die Lackventil SC400 mit Kartuschenadapter sowie SC 280 mit geschlossener zirkulierender beheizter Lackzuführung. Idealerweise sollte das Lackieren der Baugruppen bereits im Design berücksichtigt werden, Packungsdichte, Bauteilgrößen, Durchkontaktierungen sowie Bestückungsdesign haben großen Einfluss auf die Lackierung. Am Schluss gab es noch Wissenswertes zur Benetzung und Kapillarität und es wurden Beispiels-Baugruppen zur Lackierung demonstriert.
Wege zur optimalen Beschichtung
Die Reinheitsanforderungen an elektronische Baugruppen vor dem Beschichten war Thema von Stefan Strixner, Zestron. Er begann mit den Ausfallmechanismen bei Klimabeanspruchung, um die Notwendigkeit und Vorteile einer Schutzbeschichtung gegen Betauung aufzuzeigen. Des Weiteren ging es um Verunreinigungen mit deren Auswirkung und Probleme beim Lackieren. Insofern empfahl er eine Oberflächenqualifikation sowohl vor, als auch nach der Beschichtung mittels Coating Reliability Test (CoRe-Test) und stellte die einzelnen Testmethoden im Detail vor. Er beschrieb die Durchführung des Flux Test, um die Beschränkungen des Verfahrens nachzuweisen, wiederholte dies beim Resin Test zum Nachweis synthetischer und natürlicher Harze sowie beim Halogenidtest. Nachweisbar mit diesem Verfahren sind die Überwachung des No-Clean Lötprozesses sowie die Beurteilung der Sauberkeit, wie sauber ist No-Clean? Der Coating Reliability Test, ein beschleunigter Klimatest, beantwortet die Fragen: Ist die Klimasicherheit durch Verunreinigungen gefährdet? Ist Feuchtschutz durch Coating notwendig? Ist der existierende Feuchteschutz ausreichend und zuverlässig? Schlussendlich stellte der Referent fest, dass Reinheit ein funktionsrelevantes Kriterium sei, dessen Qualitätsanforderungen genormt ist, präsentierte die wichtigsten Normen und gab Tipps, wo Unterstützung zu diesem Thema zu finden wäre.
Holger Leiner von Lackwerke Peters skizzierte Wege zur perfekten Beschichtung mit typischen Fehlern und wie diese zu vermeiden wären. Und hier hat eine kleine Ursache oftmals große Wirkung. Mittels einer Tabelle stellte er genau die Detektion von Verunreinigungen vor, indem die Methode mit Genauigkeit, Informationen über die Verunreinigung, die Kosten sowie die Effektivität, verglichen wurde. Grundsätzlich ist die Reinigung von Baugruppen vor der Schutzlackierung empfehlenswert. Er ging auf das Beschichtungsmaterial im Bereich Dickschichtlacke mit deren empfohlenen Schichtdicken ein und stellte die Dünnschichtlacke dagegen. Im Anschluss ging er den Fragen nach: Wo sollte die Schichtdicke normalerweise gemessen werden und worauf beziehen sich die Angaben? Ging es um das Equipment gab er den Hinweis, dass der Maschinenlieferant die optimalen Anlagenparameter für unterschiedliche Beschichtungsmaterialien nennen könnte. Für häufige Oberflächenphänomene nach der Beschichtung wie bspw. Blasen, Webbing, Orangenhaut oder Runzelbildung, hatte er Lösungsvorschläge dabei. Abschließend ging es um die Kompatibilität von Lotpaste und verwendetem Schutzlack, deren Prüfung in Abhängigkeit der Einsatzbedingungen dringend zu empfehlen ist.
Mit einer ausgiebigen und informativen Führung durch das Werk Memmingen, einer Live-Demo-Lackiertechnik sowie dem Überblick der Fertigungsdienstleistungen bei Rohde & Schwarz fand der Coating Day sein Ende. Die neu initiierte Veranstaltung zeigte mit ihren 100 Teilnehmern während der zwei Tage, dass Schutzlackierung ein wichtiges Thema ist. (dj)
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