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Dünne Drähte sicher schweißen

Bond-Drähte für die Mikro- und Leistungselektronik
Dünne Drähte sicher schweißen

Die elektrischen Verbindungen zwischen Halbleiter-Chips und IC-Gehäuseanschlüssen, bei einigen Verfahren auch direkt zwischen Chip und Leiterplatte, werden durch Draht-Bonden hergestellt. Je nach Funktion und Leistung des Halbleiters müssen die Bond-Verfahren und die dafür eingesetzten Materialien sorgfältig ausgesucht werden. Die Technik und die für das Bonden benötigten Werkstoffe werden in diesem Artikel beschrieben.

Jürgen Dick, W.C. Heraeus, Hanau

In der Mikro- und der Leistungselektronik ist es notwendig, auf kleinstem Raum elektrische Verbindungen herzustellen. Neben herkömmlichen Klemm- und Lötverbindungen stellt die Drahtbond-Technik, auch Wire-Bonding genannt, aufgrund einiger Besonderheiten eine technische Spezialität dar. Die Bezeichnung Spezialität ist allerdings dann irreführend, wenn man die globale Verbreitung dieser Technik betrachtet: Weltweit werden jährlich rund 1012 elektrische Verbindungen unter der Verwendung von Gold-Feindrähten hergestellt. Das bedeutet, dass rund 6 Mio. km Bonddraht aus Gold zur Auslieferung kommen. Empfänger sind sowohl große Assembly-Häuser als auch Firmen, die beispielsweise Airbag-Sensoren für den Automobil-Bereich herstellen.
Das Wire-Bonding ist im Grunde eine mechanisch unterstützte Schweisstechnik. Die elektrisch leitenden Drähte bestehen im Bereich der Mikroelektronik, also der Domäne des Feindrahts unter 0,050 mm Durchmesser, meistens aus Gold und Aluminium. Seltener, zumeist nur in Spezialfällen, wird Palladium oder Kupfer verwendet. In der Leistungselektronik wird in der Regel Aluminium-Dickdraht mit Durchmessern bis zu 0,500 mm eingesetzt.
Kupfer wird sowohl im Mikroelektronik- als auch im Leistungsbereich immer wieder als Alternative zu Gold- oder Aluminiumdrähten genannt und ausprobiert. Als Ersatz für Gold im Feindrahtbereich wäre Kupfer gerade für die Großverbraucher eine interessante Alternative – allerdings bestehen sowohl prozesstechnisch als auch mit Blick auf die Zuverlässigkeit noch Fragezeichen. Im Bereich der Dickdrähte kann sich mit hoch leitfähigen Kupfer, als Alternative zum Aluminium, ein besseres Management der in Leistungs-Komponenten herrschenden hohen Strömen und der auftretenden Wärme ergeben.
Präzisions-Schweissen auf kleinstem Raum
Beim Wire-Bonding besteht das Ziel darin, zwei Kontaktflächen durch ei-ne sehr feine Drahtbrücke zu verbin-den. Bei der Herstellung der dafür notwendigen Schweißverbindungen unterscheidet man zwei Methoden: das Ball-Wedge- und das Wedge-Wedge-Verfahren. Der Bond-Draht wird in der Regel mit Hilfe eines Führungs-werkzeugs an die Schweißstelle (beispielsweise an die Kontaktoberfläche auf dem Chip) geführt. Im Fall des Ball-Bondens wird die Drahtspitze durch eine kurze Funkenentladung ange-schmolzen, der dadurch erzeugte Ball ist eigentlich ein wieder erstarrter Schmelztropfen, der sich wie ein Steck-nadelkopf auf die Kontaktoberfläche auf-setzen und anpressen lässt. Das Füh-ren und das präzise Platzieren auf die Kontaktfläche wird mit einem fei-nen Führungsröhrchen, dem sogenann-ten Kapillaren-Tool, bewerkstelligt. Ein definierter Pressdruck, eine hochfrequente Schwingung sowie das Erwär-men forcieren dann die Reibverschweißung.
Vom Prinzip her gleich, aber ohne die vorherige Bildung eines Balls, funktioniert das Wedge-Bonden – hier wird ein kurzer Drahtabschnitt per Reibverschweißung auf die Kontaktfläche geheftet. Geschieht dieses unter Verwendung von Alumini-umdraht, kann man auf das Aufheizen des Substrates verzichten.
Das Zustandekommen der Schweiß-verbindung wird in modernen BondAutomaten durch das gezielte Einwirken von mittelfrequenten Schwin-gungen, Temperatur und Druck unterstützt. Die Kunstdes Wirebonding-Experten besteht darin, diese Parameter aufeinander abzustimmen. Moderne, schnelle Automaten nutzen alle genannten Parameter – man benutzt für diesen Prozess die Bezeichnung Thermosonic-Bonding.
Qualitätsanforderungen
Die Anforderungen an die Qualität der so erzeugten elektrischen Dauerkontak-tierungen sind vielfältig und streng. Grundsätzlich besteht die oberste Ziel-setzung natürlich darin, dass die elektrische Verbindung der angestrebten elek-trischen Belastung sicher standhalten muss. Diese elektrische Belastung sieht bei einem Speicherchip, bei dem kurze Schwachstrom-Impulse die Regel sind, anders als bei einem Leistungsmodulaus. Beispielsweise sind die Drahtverbindungen in einer elektronischen Pumpensteuerung hohen Strömen und Lastwech-seln ausgesetzt. Deshalb werden im Leistungsbereich Drähte von mehre-ren 100 µm Durchmesser eingesetzt, während beim Mikrochip-Anschluss Drahtstärken von derzeit zum Beispiel 25 µm die Regel sind.
Werkstoff-Anforderungen in der Mikroelektronik
Die Kriterien für die Werkstoff-Auswahl im Bereich der Mikroelektronik sind zunächst durch das Design der gewünschten Schaltung vorgegeben – und da ist Gold mit seinem niedrigen elektrischen Widerstand schon seit Jahrzehnten der Favorit, weil es sich problemlos bonden lässt und keine störenden Oxidschichten auftreten. Außerdem ist die Zuverlässigkeit der Verbindungen erwiesen und die theoretisch möglichen Probleme beim Bon-den von Gold auf Aluminiumoberflä-chen (Verbindung mit Neigung zum Verspröden und Erhöhung des Übergangswiderstandes) werden sicher beherrscht. Man bondet heute im großen Maß Golddrähte bei Temperaturen bis 100 °C.
Die Anforderungen an den Bonddraht-Werkstoff Gold steigen gleichwohl: Im-mer höhere Anschlussdichten (das heißt: mehr Verbindungen je Chip) erfordern immer dünnere Drähte mit erhöhter Grundfestigkeit. Die Hersteller von Bonddrähten reagieren darauf mit der Entwicklung hochfester Drähte, was durch zielgerichtetes Dotieren und Legieren des Golds erreicht wird. Eigentlich sind Golddrähte nämlich nicht rein, sondern stets in geringem Maße mit Fremdelementen versetzt. Diese verändern die mechanischen Eigenschaften des Golds grundlegend: Sie verfestigen das Material und machen es resistenter gegen Temperatureinflüsse. So erst wird es beispielsweise möglich, extrem flach bondbare Drähte zu spezifizieren, oder stabile Materialien für den Deep-Access (zur sicheren Verbindung großer Bauhöhen-Unterschiede), für Multilevel-Konzepte (Drahtbrücken liegen in mehreren Schichten übereinander) oder für das Erreichen feiner Pitches (Drahtbrücken-Abstände) herzustellen. Heraeus stellte in letzter Zeit besonders feste Golddrahttypen für Fine-Pitch-Anwendungen vor.
Werkstoff-Anforderungen in der Leistungselektronik
Die strengsten Anforderungen an die in der Leistungselektronik massenhaft verwendeten Aluminiumdrähte werden im Bereich der Automobilelektronik formuliert. Egal, ob es sich um Temperaturwechsel-, Salzsprühnebel-, Vibrations- und Lebensdauer-Tests handelt: Hier werden die extremen Verhältnisse, denen die Elektronik in der Nähe des Motorraums ausgesetzt ist, simuliert. Eingebaute Schwachstellen treten somit schnell zutage. Die stets Wedge-Wedge-gebondeten Aluminium-Drahtverbindungen müssen neben ihrer eigentlichen Aufgabe, dem siche-ren Übertragen von Stromlasten, also auch zuverlässige Stabilität gegenüber mechanischer, chemischer und thermischer Belastung aufweisen. Deswegen hat beispielsweise Heraeus verschieden dotierte und legierte Aluminiumtypen im Programm und erweiterte vor einiger Zeit um speziell dotierte korrosions-resis-tente Drähte.
Die richtige Werkstoffauswahl
Im Dialog mit dem Drahthersteller muss der Auswahl des passenden Drahttyps eine gründliche Analyse des Konzepts der Bondung vorausgehen: die verwendeten Substrate (Kontaktflächen), die Prozess-temperatur, die angestrebte Anschluss-dichte, der erlaubte Drahtdurchmesser, Bauhöhe, Lebensdauer usw. – dies sind einige der Kriterien, die zur präzisen Werkstoff-Identifikation unerlässlich sind. Ei-ne gute Auswahl platziert den Werkstoff mitten in das Prozessfenster hinein, wodurch ein wesentlicher Grundstein für die langfristige Prozessstabilität in der Serien-fertigung gelegt wird. Bei Heraeus wird deshalb viel Energie darauf verwendet, die Anwender in dieser Phase der Materialauswahl mit entsprechender Beratung zu unterstützen. Applikationsberatung und Entwicklung arbeiten Hand in Hand, und man be-treibt eigene Labore zur Analytik und Bondtechnik, um die Kunden anwendungstechnisch zu unterstützen.
Flexibilität der Bond-Technik
Die Verfügbarkeit ausgereifter, programmierbarer Bond-Automaten, die schnel-le und variierbare Prozesstechnik sowie die weit fortgeschrittenen Verfahren zum Herstellen von Bond-Drähten mit feinen Eigenschaftsabstufungen sind die wesentlichen Grundlagen für die Flexi-bilität der Wirebond-Technik. Bond-Automaten arbeiten in Fertigungslinien für Leistungsmodule, in Chip- und Smartcard-Modullinien, als Stand-alone-Maschinen bei der Kleinserien-Herstellung von Sensoren und in Laboren. Die ein-fache Umstellung des Equipments auf neue Produkte, Typen und Serien hält den Aufwand bei den Neuinvestitionen niedrig. Eine Technik, die in puncto Flexibilität dem Wirebonding ebenbürtig sein könnte, ist derzeit bei realistischer Betrachtung nicht in Sicht.
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