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Effizienz- und Qualitätssteigerung mit roboterbasiertem Oberflächen-Finishing

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Effizienz- und Qualitätssteigerung mit roboterbasiertem Oberflächen-Finishing

Die Technische Universität Wien hat die Methode des automatisierten Oberflächenhämmerns entscheidend weiterentwickelt, um gewünschte Eigenschaften metallischer Oberflächen zu erzielen. So kann unter anderem eine deutliche Optimierung von Verschleißverhalten, Reibung, chemischer Widerstandsfähigkeit sowie statischer und dynamischer Festigkeit erreicht werden. Weshalb sich die TU Wien seit einigen Jahren dieser neuen, innovativen Technologie der Oberflächenbehandlung – dem maschinellen Oberflächenhämmern oder Machine Hammer Peening (MHP) – widmet. Mittels MHP-Technologie öffnen sich eine Vielzahl an Möglichkeiten zur technischen Funktionalisierung von Oberflächen.

Die MHP-Oberflächenbehandlung bietet auf Basis eines automatisierten, leicht in eine bestehende Fertigungskette integrierbaren Prozesses weitreichende Potentiale zur gezielten und wirtschaftlichen Beeinflussung von Bauteileigenschaften. Die erzielbare Oberflächenglättung durch materialspezifische Optimierung der Prozessparameter ist signifikant. Die Einbringung von Druckeigenspannungen in Kombination mit einer Steigerung der Oberflächenhärte führt zudem zu einem optimierten Verschleißverhalten der behandelten Bauteile. Besondere Vorteile bietet MHP für die generative Fertigung von metallischen Bauteilen, die auch als „Additive Manufacturing“ oder „3D-Druck“ bezeichnet wird. Das 3D-Drucken von Metall ist beispielsweise mit Selektivem Laserschmelzen (SLM) möglich. Für 3D-gedruckte Teile kann jetzt MHP aufwändige zusätzliche Fertigungsschritte ersetzen, um den Spannungszustand und die Homogenität des Produkts zu verbessern.
Das Anwendungsspektrum des seit einigen Jahren bekannten Verfahrens des Oberflächenhämmerns bzw. die MHP-Technologie ist jetzt am Institut für Fertigungstechnik und Hochleistungslasertechnik an der TU Wien unter der Leitung von Prof. Friedrich Bleicher um Methoden zur gezielten Strukturierung von Bauteiloberflächen und zur mechanischen Einbettung von Beschichtungsmaterialien entscheidend erweitert worden.
Dazu zählen im einzelnen die gezielte Beeinflussung der Oberflächenstruktur hinsichtlich haptischer und funktionaler Eigenschaften – die etwa zur Reduktion von Reibung und Verschleiß oder auch Strömungswiderstand führen – sowie die erhebliche Verlängerung der Lebensdauer von bereits verschlissenen Werkzeugen oder Formen durch Schließen von Rissen; des weiteren die gezielte Beeinflussung der Oberfläche von Werkstücken und Fertigprodukten durch Einbettung von Beschichtungsmaterialien in das Grundmaterial des Werkstücks – zur Erzielung von lokal erwünschten Eigenschaften, wie elektrischer oder thermischer Leitfähigkeit.
Roboter statt manuelle Bearbeitung
Die funktionelle Leistungsfähigkeit eines Bauteils wird in hohem Maß durch die Eigenschaften seiner Oberfläche sowie der oberflächennahen Grenzschicht bestimmt. Der Werkzeug- und Formenbau beispielsweise stellt ganz besondere Anforderungen an Bauteiloberflächen. Gleichzeitig sind die Stückzahlen sehr gering. In der Regel wird nur ein einziges Werkstück hergestellt. „Die Oberflächenveredelung in der Werkzeugherstellung ist deshalb bisher kaum wirtschaftlich automatisiert“, erläutert dazu Prof. Friedrich Bleicher, „poliert und geglättet wird dort nach wie vor zumeist per Hand. MHP bietet jetzt eine automatisierte und wirtschaftliche Alternative.“
Prof. Bleicher erklärt das Prinzip der neuartigen Bearbeitungsmethode des maschinellen Oberflächenhämmerns im Detail: „Dabei wird ein Hammerkopf durch einen Aktuator in eine oszillierende Bewegung versetzt, der bei jedem Einschlag eine mechanische Umformung in mikroskopischem Bereich bewirkt. Mit der richtigen Hammertechnik lassen sich damit innere Druckspannungen in der oberflächennahen Randzone des Werkstückes hervorrufen.“
Hammertechnik erhöht die Lebensdauer von Bauteilen
„Wir bearbeiten Oberflächen mit CNC-gesteuerten Aktuatoren, und zwar mit 200 bis 400 Hammerschlägen pro Sekunde“, erläutert Friedrich Bleicher weiter. Hammerköpfe werden mit unterschiedlich geformten Aufsätzen versehen, um die Oberflächen effizient und genau auf die gewünschte Anforderung hin zu bearbeiten. Dadurch lässt sich je nach Bedarf eine möglichst glatte oder eine strukturierte Oberflächencharakteristik erzielen. Für die Lebensdauer spielt die Oberflächenbeschaffenheit eine entscheidende Rolle. Auch andere gewünschte Effekte sind auf diese Weise möglich. So lässt sich etwa der hydraulische Strömungswiderstand erheblich reduzieren.
Zunächst lassen sich durch die Oberflächenbehandlung vor allem die mechanischen Eigenspannungen in den Randzonen des Werkstückes beeinflussen. „Das ist bei Bauteilen von Bedeutung, die immer wieder auf Zug oder Biegung beansprucht werden“, sagt Friedrich Bleicher. „Wenn es im Bauteil von vornherein eingeprägte Eigenspannungen gibt, die für diese Beanspruchung günstig sind, kann die Lebensdauer deutlich erhöht werden.“ Das gilt auch für Effekte, die durch wiederholte Temperaturschwankungen hervorgerufen werden. Bei Alu-Druckgussformen konnte mit der Hammertechnik bereits eine Verlängerung der Lebensdauer um bis zu 50 % erreicht werden.
MHP für Bauteile aus dem 3D-Drucker
Dank verbesserter und beschleunigter Verfahren ist in den letzten Jahren auch die generative Fertigung bzw. der 3D-Druck von Metallteilen für industrielle Anwendungen interessant geworden. Klare Vorteile gegenüber Material abtragenden Verfahren ergeben sich dadurch, dass in der generativen Fertigung die Komplexität der hergestellten Bauteile die Fertigungskosten nur unwesentlich erhöht – insbesondere bei kleinen Losgrößen.
Waren dabei bisher meist noch sehr aufwändige zusätzliche Fertigungsschritte notwendig, um die geforderte Oberflächenqualität zu erreichen, so können sie nun weitgehend oder fallweise gänzlich durch einen einzigen, effizienten Schritt – mittels MHP – ersetzt werden.
Durch MHP-Oberflächenbehandlung lassen sich viele oberflächennahe Unregelmäßigkeiten im Bauteil, wie beispielsweise Poren, beseitigen. Zusammen mit der Modifikation von Eigenspannungen und der Verbesserung der Oberflächengüte bietet sich MHP als Prozessschritt direkt nach der generativen Herstellung oder nach einer erfolgten, weiteren Bearbeitung an. Die schlechte Oberflächengüte ist derzeit – neben langen Prozesszeiten und teuren Pulvermaterialien – die wesentliche Schwachstelle der industriellen Anwendung von 3D-Druck von Metallen. Die Abkühlung an den Außenflächen der Werkstücke erfolgt rascher als im Inneren, wodurch es zur Bildung von Poren und ungünstigen Eigenspannungszuständen kommt. Diese sind vor allem im Werkzeug- und Formenbau, wo komplexe Geometrien mit hoher Oberflächengüte gefordert sind, nicht tolerierbar.
Mittels MHP lassen sich einerseits die Poren schließen und andererseits die prozessbedingten Zugeigenspannungen in den oberflächennahen Randschichten der Bauteile in Druckeigenspannungen umwandeln. So kann Rissbildung während der Nutzung vorgebeugt und die Lebensdauer von Formen deutlich erhöht werden.
„Die Anwendung von Oberflächenhämmern auf generativ hergestellte Bauteile“, ist Prof. Bleicher deshalb überzeugt, „könnte den Durchbruch in der Verwendung von generativen Verfahren bringen, und zwar im Werkzeug- und Formenbau sowie bei vielen anderen stark belasteten Bauteilen.“
Aktuelle Forschungsschwerpunkte sind u.a. neue, effizientere Fertigungsprozesse, ein umfassendes betriebliches Energie- management – etwa mit Hilfe von Energiemonitoring in Echtzeit zur Optimierung des Energiebedarfs und der Produktionssteuerung in der Fertigung – sowie ‚Integrated Industry‘ oder Industrie 4.0 – also die Steigerung der Produktivität bei sinkenden Losgrößen sowie steigendem Termin- und Preisdruck durch erhöhte Flexibilisierung und Integration sowie verstärkte Automatisierung von Fertigungsprozessen.
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