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Ein kompletter Baukasten für das Prüffeld

Neue Plattformtechnologie als Fundament für Testsysteme
Ein kompletter Baukasten für das Prüffeld

Die Marktanforderungen in der Produktion von elektronischen Baugruppen sowie der industriellen Prüfstandstechnik sind eindeutig. Zu einem hohen Anteil werden immer wieder die gleichen Funktionseinheiten benötigt. Würde man also Systeme für unterschiedliche Produktionslinien auf die Möglichkeit hin überprüfen, einen einheitlichen Kern zu schaffen, so könnte man in den meisten Fällen eine Reihe von stets wiederkehrenden Messeinrichtungen identifizieren. Mit der offenen Testplattform R&S CompactTSVP hat Rohde & Schwarz eine umfassende Lösung entwickelt, die durch ihre Modularität besonders für messtechnische Anwendungen in der Produktion von Industrie- und Automobilelektronik geeignet ist.

Franz Obermayr und Daniel Seemann, Rohde & Schwarz, München

So sind bei der Testplattform alle Mess- und Schaltmodule für den flexiblen Einsatz im Funktionstest ausgelegt. Als industrielle ATE-Plattform (Automated Test Equipment) beinhaltet die CompactTSVP-Messtechnik auch die Möglichkeit zum Selbsttest. Mit einer modularen Option für den analogen In-Circuit-Test können Elektronikprodukte in einem Durchgang bezüglich Fertigungsqualität sowie Funktion überprüft werden. Die neue Produktlinie basiert auf CompactPCI/-PXI. Als Erweiterung für den industriellen Einsatz wurde eine zusätzliche Analogbus-Backplane integriert, mit deren Hilfe Messsignale im Chassis zwischen den Modulen flexibel, ohne zusätzliche Verkabelung, geschaltet werden können.
Mit diesem grundlegenden Instrumentarium von Geräten umzugehen, ist in der Praxis nicht immer leicht. Die Programmierung der Einzelgeräte ist zwar anwenderfreundlich, die Standardmessgeräte sind aber bei der Ausführungsgeschwindigkeit, insbesondere in der Produktion, oft hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Für leistungsfähige Systeminstrumente wurden daher weiter bit-parallele Bussysteme für modulare Messgeräte angeboten. Beispiel für einen hohen Standard bezüglich der Leistungsfähigkeit dürfte der VXI-Bus sein, die Erweiterung des VMEbus für die Messtechnik.
Simultan dazu gab es stets den Ansatz, auf der Basis von populärer Computertechnik messtechnische Funktionen kostengünstig bereitzustellen. Die Signalqualität und die Möglichkeiten im einfachen Büro-Computer sinnvolle Signalkonditionierung wie Vorverstärkung, potenzialfreie Signaltrennung oder Filterung zu betreiben, sind jedoch klar eingeschränkt.
Die Kundenanforderungen bezüglich Leistungsdichte und Modularität gaben den Anstoß, eine kostengünstige aber auch industrietaugliche Messtechnik herzuleiten. Die Erweiterung des CompactPCI für die Messtechnik, der sogenannte PXI-Standard (PXI eXtensions for Instrumentation) durch National Instruments, zeigte in der Branche einen gemeinsamen Weg auf. Messtechnische Funktionen werden den neuen Anforderungen entsprechend, als modulare Komponenten und auf einem Standard basierend, bereit gestellt. Mittlerweile sind über 600 messtechnische Produkte für den PXI-Standard verfügbar.
Eine große Schwierigkeit gibt es sowohl bei der PC-Messkarte als auch bei der modularen PXI-Messtechnik weiterhin: Die Adaptierung in das industrielle Umfeld und an die Prüflinge kann gleichermaßen aufwändig und kostenintensiv sein. Selbst im Funktionstest wird die Zahl der zu messenden Signale und der physikalisch zu simulierenden Eingänge immer größer. Kostenpositionen wie Adapterverkabelung und die Adaptierung der Messmittel sind dabei ebenso signifikant wie die Prüfprogrammerstellung oder die Messtechnik selbst.
Der systematische Lösungsansatz einer Plattform berücksichtigt daher im besten Fall den gesamten Applikationsprozess von der flexiblen Erfüllung messtechnischer Anforderungen bis hin zur mechanischen Ausführung und der softwaretechnischen Steuerung.
Die Realisierung der Plattform
Das Grundgerät beinhaltet eine Busplatine mit der industriellen Form des PCI-Bus – dem CompactPCI. Auf 11 der insgesamt 14 Peripherie-Steckplätzen werden die sinnvollen messtechnischen Erweiterungen des PXI-Standards unterstützt.
Der CompactPCI-Standard bietet darüber hinaus die Möglichkeit, die Signalausgabe über das Rear-I/O-Konzept (auch RTM = Rear Transmission Module genannt) auf der Rückseite des Testinstruments zu realisieren. Dieses Leistungsmerkmal würde mit PXI kollidieren und daher sind zwei der Steckplätze streng CompactPCI-konform, um die RearI/O-Option zu unterstützen. In der Praxis ist die rückseitige Verkabelung immer dann von Vorteil, wenn auf der Vorderseite ein 19-Zoll-Testadapter angebracht werden soll.
Eine wichtige Eigenschaft der Messmodule ist die Möglichkeit der potenzialfreien Messung. Hierdurch können sowohl bei Standard-Messungen (U, I, R) als auch im analogen In-Circuit-Test oder bei der Stimulation mit dem potenzialfrei arbeitenden Funktionsgenerator Messungen in Schaltungen ermöglicht werden. Spannungen und Ströme werden differenziell und ohne Massebezug aufgeschaltet bzw. abgegriffen. Die latente Gefahr von Brummschleifen, wie sie bei massebezogenen Messungen, insbesondere bei längerer Leitungsführung, immer wieder auftreten können, ist damit gebannt.
Die Isolation des Messsignals erfolgt bei den modularen Messinstrumenten der CompactTSVP-Plattform auf dem Messmodul selbst. Das heißt, es sind in den allermeisten Anwendungsfällen keine zusätzlichen Subsysteme zur Signalkonditionierung erforderlich. Um dies schaltungstechnisch zu ermöglichen, wird das ganze Analog-Interface des Messmoduls mit einer isolierten Gleichspannungsversorgung betrieben. Dazu wurde ein DC/DC-Konvertermodul entwickelt, das hinter der PXI-Busplatine im mechanisch auf 80 mm Tiefe spezifizierten RearI/O-Bereich platziert wurde.
Die Signalverschaltung von Messsignalen kann mit einem Schaltmatrix-Modul mit bis zu 90 Eingangskanälen realisiert werden. Zur Verschaltung hoher Ströme, wie sie typischerweise in vielen E/E-Komponenten (Elektrik/Elektronik im Automotive Bereich) auftreten, steht ein Hochstrom-Schaltmodul zur Verfügung. Um bei der Signalverschaltung im Messsystem Kosten zu sparen, werden diese Relaismodule über einen integrierten CAN-Controller im Grundgerät gesteuert.
Zur Ansteuerung von mechanischen Schaltmo-dulen, insbesondere von Relais-Matrixmodulen wurde auf der Busplatine und den entsprechenden Schaltmodulen zusätzlich eine betriebssichere serielle Ansteuerung mittels CAN-Bus implementiert (CAN = Controller Area Network). So können im CompactTSVP leistungsfähige Messmodule, die bit-parallel angesteuert werden, auch mit hochkanaligen Schaltmodulen und deren bitserieller Ansteuerung kombiniert, betrieben werden.
Ein einheitliches Adapterkonzept rundet den Baukasten ab. Für die modulare Messtechnik wurde zur Signalübergabe einer größeren Zahl von Messstellen VG-96-Steckverbinder vorgesehen. Die Gegenstücke werden auf der Adapterseite mit einem robusten Steckerträger, auf der Testerseite wird ein Verschleißstecker mittels Steckerträger auf dem Adapterrahmen, montiert. Der Adapterrahmen ist ebenfalls integraler Bestandteil der Plattform und als konfigurierbare Standardkomponente verfügbar. Zusätzlich können neben steckbaren HF-Verbindungen auch Druckluftverbindungen im Adapter realisiert werden. Eine Vakuumverbindung über dem Adapterrahmen ist möglich, wird aber in der Regel bevorzugt direkt an den Adapter angeflanscht.
Die Analogbus-Backplane für Signalverschaltung und Selbsttest
Als Erweiterung für den industriellen Einsatz in typischer ATE-Umgebung wurde eine zusätzliche Analogbus-Backplane integriert, mit deren Hilfe Messsignale im Chassis zwischen den Modulen flexibel und ohne zusätzliche Kabel verschaltet werden können. Die Signalführung von teils hochohmigen analogen Signalen oder von Signalen mit sehr niedrigen Pegeln sollte physikalisch von der „digitalen Autobahn“, dem PCI-Bus, ferngehalten werden. Zu diesem Zweck wurde das Format der Module eigens mit einer sogenannten Analogbus-Nase erweitert. Das Modulformat wurde verlängert, um Raum für Signalkonditionierung oder Primärverschaltung der Messsignale auf den Modulen zu schaffen. Die Querverschaltung der Signale von Modul zu Modul wird temporär während der Messungen über Koppelrelais zum Analogbus hergestellt.
Der Analogbus hat im System eine weitere wichtige Aufgabe – er bildet die Basis für einen effizienten Selbsttest der Module im System. Die Schaltmatrixmodule eines Systems können über Stromschleifen der Widerstandsmessung komplett durchgetestet werden. Die Schaltpfade werden in vordefinierten Selbsttestfunktionen der Treiberbibliothek bereits angesteuert. So können jederzeit Schaltpfade und interne Signalquellen verifiziert werden. Aufbauend auf den Rückgabewerten der Selbsttestfunktionen wird eine umfassende Systemdiagnose im Fehlerfall in einer entsprechenden Anwendung durchgeführt.
Breiter Funktionsumfang modularer Messtechnik
Dem Anwender stehen unterschiedliche Module zur Verfügung: ein digitales Multimetermodul mit wahlweise hoher Digitalisierungsrate, ein In-Circuit-Test-Modul, ein Arbitrary-Waveform-Generator, eine schnelle Datenerfassungskarte sowie ein dynamisches Modul zum digitalen Funktionstest. Die dynamischen Mess- und Generatormodule zeichnen sich besonders durch die Möglichkeit zur potenzialfreien Beschaltung aus. Weiter sind neben den hauseigenen Modulen auch beliebige standardgemäße CompactPCI- und -PXI-Karten mit drei Höheneinheiten (3 HE) im System einsetzbar.
Fazit und Ausblick
Bei der Entwicklung einer neuen Plattform zur Bewältigung einer sehr anspruchsvollen Bandbreite an Messmethoden in der modernen Prüfstandstechnik und der sich prozesstechnisch anschließenden Produktionsmesstechnik wird konsequent auf offene Industriestandards gesetzt. Die neue Tester-Plattform stellt dem Anwender aus Entwicklung und Produktion einen grundlegenden Baukasten von messtechnischen Funktionen und Kommunikations-Schnittstellen zur Verfügung. Die Mess- und Schaltmodule sind ausgelegt für den flexiblen Einsatz im Funktionstest von Elektronikbaugruppen und beinhalten im zweiten Schritt eine modulare Option zum In-Circuit-Test auf Bauteilebene.
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