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Fehler präventiv vermeiden

Optimierung der Baugruppen-Bestückung mit AOI
Fehler präventiv vermeiden

Die Qualitätssicherung in der Leiterplatten-Bestückung birgt gewisse Schwierigkeiten sowohl im Hinblick auf die pünktliche Lieferung an den Kunden als auch in Bezug auf die Rentabili-tät. Aus diesem Grund ist die automatische optische Inspektion (AOI) in der Fertigung immer stärker gefragt. Dies ist zumindest teilweise darauf zurück zu führen, dass der Inspektionsprozess heute mit den Bestückungssystemen Schritt halten kann, und AOI bestens zur Installation in Schlüsselpositionen der Fertigungslinien geeignet ist. Dies ist im Anschluss an den Schablonendruck, der Bauteilbestückung, dem Dispensen und dem Reflow-Löten. Fehler in der Fertigung können durch derart vielfältige Einsatzmöglichkeiten frühzeitig erkannt werden, wodurch Nacharbeit und Ausschuss auf ein Minimum reduziert werden. Die Fehlererfassung und Vermeidung stellt insbesondere im Dienstleistungsbereich, bei hoher Bauteil- und Produktvarianz, eine große Herausforderung dar.

Glenn Wyllie und Paul Barber,Peter Jordan, Offenbach

Hier steckt enormes Potential zur Optimierung: Prozessingenieure suchen nach kostengünstigen Lösungen zur Identifizierung und Korrektur von Schwachstellen im Fertigungsprozess, bevor überhaupt Defekte entstehen. An dieser Stelle stößt man fast zwangsläufig auf die statistische Prozesskontrolle oder SPC. Sie verwendet die statistische Analyse zusammen mit den Inspektionsdaten und kann somit Schwachpunkte im Bestückungsprozess aufdecken, bevor es tatsächlich zu Pro-duktionsfehlern kommt. In Verbindung mit einem AOI-System ermöglicht dieses Instrument eine Qualitätskontrolle auf höchstem technischen Niveau. Noch bis vor kurzem lag das eigentliche Problem nicht im Konzept, sondern war vielmehr im Design und der Umsetzung einer integrierten AOI mit einer SPC-Inspektionsstation begründet.
Verschmelzung von AOI mit SPC
Während die unübersehbaren Vorteile der SPC in der Leiterplatten-Bestückung durchaus anerkannt sind, galt die Datenerfassung und Durchführung von Analysen an kritischen Punkten in der Fertigung als nicht praktikabel oder gar unmöglich. Demzufolge war die typische Applikation der SPC nach bereits abgeschlossener Produktion. Zwar konnten die Hersteller einen Rückblick auf den Fertigungsprozess nehmen, um evtl. Änderungen in der Linie vorzunehmen, und es war möglich diverse Protokolle abzurufen – die ultimativen Vorteile der SPC ließen sich allerdings nicht realisieren. Diese Situation hat sich jetzt geändert. Prozess-Ingenieure eines führenden Herstellers von AOI-Sys-temen und ein SPC-Software-Unternehmen traten gemeinsam an, um ein automatisches System zu entwickeln, das beide Techniken effektiv integriert und parallel dazu die Notwendigkeit von Bedienereingriffen erheblich reduziert (Bild 1). Darüber hinaus werden Programmierfehler minimiert, weil keine se-arate Programmierung von SPC und AOI-Sys-tem erforderlich ist. Die Prozessvorbereitung erfolgt in nur einem Schritt. Zudem muss die Bestückungslinie für die Programmierung derSPC-Software bei neuen Leiterplattentypen nicht gestoppt werden; es besteht die Möglichkeit einer On-the-fly-Programmierung so-wie einer SPC-Analyse der Inspektionsdaten in Echtzeit.
Durch Hinzufügen der SPC zum AOI erhält man nicht nur einfach eine Inspektionsstation mit den integrierten Fähigkeiten des jeweils anderen Systems, sondern ein nahtlos ineinander übergehendes System für die optische Inspektion und statistische Prozesskontrolle; gleichzeitig werden redundante Funktionsweisen in beiden Techniken eliminiert und die gemeinsamen Stärken maximiert. Doch nicht nur das: Reine automatische Inspektionssysteme werden zur Identifizierung von Defekten während der Bestückung eingesetzt, diese Technik istaber nicht in der Lage eine Fehlervorhersage zu treffen, bevor diese tatsächlich auftreten. Eine SPC hingegen registriert Prozessabweichungen in Form von Trends schon während der Bestückung, wodurch präventiv eingegriffen werden kann, um Fehler zu vermeiden. In diesem Fall bringt das Gesamtkonzept deutlich mehr als die Summe aller Teillösungen.
Funktionsumfang von AOI/SPC
Da es sich um einen Prozess handelt, unterliegt eine Bestückungslinie Abweichungen, die mit der Zeit Einfluss auf die Leistung nehmen. Hierbei unterscheidet man zwischen allgemeinen Ursachen (natürliche Schwankungen eines Prozesses) sowie außergewöhnlichen Gründen (unvorhersehbare Vorkommnisse, die oftmals auf nicht erkannte Materialände-rungen, Bruch von Werkzeugen oder evtl. auch unerfahrendes Bedienpersonal zurück zu führen sind). Naturgemäß erfolgen Veränderungen aufgrund mehrerer Faktoren, einschließlich des verwen-deten Materials, der Umgebungsbedingungen, der Maschinenleistung und der Betriebsabläufe. Durch die Analyse von Inspektionsergebnissen lassen sich bestimmte Ursachen identifizieren und ausschalten, um den Prozess unter statistischer Kontrolle zu halten. Ein unter Kontrolle befindlicher Prozess bringt ganz offensichtliche Vorteile in Bezug auf eine gleichbleibende Qualität, bezüglich der Produktivität und nicht zuletzt auch hinsichtlich der Kosten. Dazu muss die SPC-Software jedoch die selben Produktspezifikationen und Toleranzen kennen, die auch das Inspektionssystem zur Unterscheidung in allgemeine und außergewöhnliche Abweichungen benutzt. Sobald vorhersehbare Schwankungen durch die SPC registriert werden, erfolgt ein Hinweis auf die entsprechenden Punkte im Bestückungsprozess, die ein Eingreifen zur Vermeidung von Defekten erfordern. (Bild 2). Mit der SPC-Analyse erfasst man allmähliche Trends über die gesamte Bestückungslinie hinweg, und ist somit in der Lage ein schlechtes Produkt noch vor der Herstellung abzufangen.
Statt einer Analyse jedes einzelnen Inspektionsergebnisses legt die SPC-Software den Schwerpunkt auf Teilsätze der Daten zur Erstellung von statistischen Kalkulationen. Es ist nicht notwendig jedes Inspektionsergebnis für eine Schlussfolgerung in Bezug auf Trends heran zu ziehen. Die in der AOI-Station integrierte SPC-Software läuft in einer Windows-Umgebung. Es handelt sich um eine 32-Bit Applikation zur optimalen Leistung mit Windows 95/98/NT-Betriebssystemen. Selbständig scannt die SPC-Software das AOI-System im Hintergrund auf alle relevanten Daten zur Durchführung einer statistischen Analyse der Inspektionsergebnisse. Das Schreiben der an die SPC-Software übermittelten Informationen erfolgt seitens des AOI-Systems; alle erforderlichen Daten zur Generierung der SPC-Analyse sind darin enthalten, inklusive der Informationen bezüglich der Einstellung für die jeweiligen Jobs sowie die aktuellen Inspektionsdaten.
Falls die SPC-Software bereits frühere Inspektionsdaten für das gleiche Produkt analysiert hat, werden die neuen Daten der vorhandenen SPC-Studie hinzu gefügt und es erfolgt eine Aktualisierung der SPC-Berichte in Echtzeit. Wenn es sich um ein neues Produkt handelt, erzeugt die Software automatisch einen neuen SPC-Inspektionsplan durch Übernahme der zuvor im AOI-System abgelegten Einstellungen und Parameter. Durch die große Datendichte vom AOI-System und die exzellenten Möglichkeiten der SPC-Software ist das System in Lage, Analysen des neuen Produktes on-the-fly zu liefern – ohne Notwendigkeit für einen Benutzereingriff oder zusätzlichen Programmieraufwand. Die Genauigkeit der SPC-Analyse ist jedoch in hohem Masse abhängig von der Zuverlässigkeit der Inspektionsdaten, die der SPC-Software zugeführt werden.
Ein Blick auf das AOI-System
Entgegen den konventionellen AOI-Systemen, die auf Pixel-Analyse (oder Graustufen-Korrelation) zur visuellen Inspektion von Leiterplatten basieren, bedient sich das hier beschriebene AOI-System des leis-tungsfähigeren Verfahrens der synthetischen Modelle. Die bei der Pixel-Analyse üblicherweise auftretenden Pseudofehler, wenn z.B. das gleiche Bauteil in leicht veränderter Form oder Farbe vorkommt, werden eliminiert (Bild 3). Bedingt durch die kompakte Bauweise und seine Leistungsfähigkeit ist dieses System bestens für eine Echtzeit-Inspektion folgender Fehlermerkmale geeignet:
• Anwesenheit eines Bauteils
• Polarität, Lötstellen
• Lotbrücken zwischen Bauteilanschlüssen und Lötverbindung sowie
• X-, Y- und Theta-Positionierung an allen Schlüsselstellen der Baugruppenbestückung.
Sobald eine dieser Variablen außerhalb des in der Produktspezifikation festgelegten und im Speicher abgelegten akzeptablen Limits liegt, erfolgt ein Hinweis an den Bediener, dass ein Fehler oder ein Defekt in der Fertigung aufgetreten ist.
Das AOI-System arbeitet mit modernster Bildanalyse-Software auf einer Windows-NT4.0-Plattform und ist üblicherweise in weniger als 15 Minuten unter Verwendung von Gerber-, CAD-, oder ASCII/Centroid-Daten programmierbar. Es verfügt über einen Cognex-Vision-Prozessor und kann bis zu 200 000 Bauteile pro Stunde prüfen. Die Anlage unterstützt vier verschiedene Quellen von programmierbarer Ausleuchtung für optimalen Kontrast und Bildauflösung. Axiale und indirekte Lichtquellen werden in einer kompakten Einheit mit Gelblicht, Blaulicht und Grünlicht für nahezu unbegrenzte Variationsmöglichkeiten in Bezug auf Farbgebung und -intensität eines Bilds zusammengefasst. Im Ergebnis ist die Darstellung auch komplexer Bauteil- und Lötstellenkonditionen möglich.
Eine nachgeschaltete Reparaturstation kann entweder in-line oder off-line direkt mit dem Inspektionssystem verbunden werden. Die in der Produktion erfassten Fehler werden, zusammen mit einem Echtzeitbild des Defektes, in die Reparaturstation geladen. Der Bediener kann das Bauteil zunächst sichten um entsprechende Maßnahmen einleiten, die auch im System protokolliert werden. Eine aus synthetischen Bildern aufgebaute Bauteilebibliothek dient als Prüfgrundlage. Diese beinhaltet weithin gebräuchliche Bauteile und bietet vorprogrammierte Vision-Tools. Da die Bibliothek universell genutzt wird, können neue Bauteile nach Bedarf aus dem Internet geladen werden.
Ein bedeutendes Merkmal der AOI-Inspektionsstation ist, dass die vom System genutzte synthetische Bibliothek auch für die Parameter der SPC-Software zugänglich ist. Dieses Datenpaket transferiert synchron sowohl die Inspektionsergebnisse als auch die im AOI-System enthaltenen Spezifikationen für die Einstellung der jeweiligen Jobs.
Maximierung der Vorteile durch SPC
Mit dem integrierten AOI/SPC-Prozess verfügt die Qualitätssicherung über exzellente SPC-Werkzeuge zur Erkennung von Trends im Bestückungsprozess. Die Software gilt als die erste Windows-SPC-Lösung und beinhaltet Merkmale wie z.B. die Fähigkeit zur Erzeugung anwenderspezifischer Bildschirmmenüs, das dem Bediener die Ansicht von Reports in vorkonfigurierter Weise gestattet. Dieses Benutzerkonzept ermöglicht, dass Daten und Protokolle, unabhängig vom Produkt oder der Produktionslinie, beliebig und reproduzierbar gesichtet werden können. Tabellen und Analysen bestehen aus individuellen Listen, die Variablen, Durchschnitts- und Mittelwerte sowie die Standardabweichungen darstellen. Die Prozessfähigkeit wird über den Index Cpk in Echtzeit angegeben. Kontrollanzeigen signalisieren ein Überschreiten zulässiger Warn- und Toleranzschwellen. Filterfunktionen lassen eine Selektion der Analysekriterien zu und sorgen für eine zuverlässige Analyse von Ursache und Wirkung. Im Ergebnis erhält man ein flexibles und in weiten Bereichen einsetzbares System.
Für die Leitung der Qualitätssicherung und die Werksleitung sind innerhalb der Software optional SPC-Monitor und SPC-Reporter erhältlich, diese dienen der Beobachtung der Vorgänge in der Fertigung und der Konvertierung von SPC-Daten in aussagekräftige Management-Informationen. Der SPC-Monitor ermöglicht es, einen direkten Überblick auf SPC-Sessions überall in der Produktionslinie einzurichten. Von einem PC aus lässt sich damit überblicken, was in der gesamten Fertigung vor sich geht. Zudem kann eine Auswahl bezüglich der gewünschten Informationen getroffen werden, indem aus allen durch die SPC-Software abgedeckten Bereichen eine entsprechende Sortierung und Filtrierung erfolgt. SPC-Reporter gestattet eine Abfrage der Datenbasis gezielt nach solchen Produktionsinformationen, die zum Verständnis des Fertigungsprozesses notwendig sind.
Schlussfolgerung
Es hat sich erwiesen, dass die durch das AOI-System erzielbare Qualitätskontrolle durch den Einsatz der SPC-Software noch wesentlich verbessert wird. Mittels der statistischen Prozesskontrolle bekommt die Baugruppenfertigung mehr als nur Fehlerinformationen; man erhält exakte Kenntnis, welche Abweichungen an irgend einer Position im gesamten Fertigungsprozess zu Problemen führen könnten. Die erfolgreiche Integration beider Techniken ermöglicht einen außergewöhnlich hohen Automationsstandard, was sich wiederum positiv auf die Kosten der gesamten Bestückungslinie auswirkt – ein Aspekt, der besonders in der Dienstleistungsbranche mit deren schnell wechselnden Anforderungen von größter Bedeutung ist.
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