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Fokus auf kleinsten Chip-Bauteilen Julien Vittu, STMicroelectronics, Norbert Heilmann, Siplace-Geschäftsbereich von Siemens Industrie Sektor Motion Control

STMicroelectronics evaluiert Prozesskriterien für Verarbeitung von 01005-Komponenten
Fokus auf kleinsten Chip-Bauteilen Julien Vittu, STMicroelectronics, Norbert Heilmann, Siplace-Geschäftsbereich von Siemens Industrie Sektor Motion Control

STMicroelectronics ist der größte europäische Hersteller im internationalen Halbleitermarkt und gehört seit vielen Jahren zu den Top-Ten in dieser Branche. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Genf hat auf Basis seiner überlegten Strategie seine Präsenz im weltweiten Markt fortlaufend erfolgreich ausgebaut. Um den Herausforderungen der immer höheren Funktionsdichte auf Baugruppen bzw. in den Geräten gerecht zu werden, geht das Unternehmen minutiös den Herausforderungen nach, denen sich ein Komponentenhersteller bei der Einführung der stets kleiner werdenden Bauteile von Seiten seiner Anwender ausgesetzt sieht. In dieser Studie geht es um die weitere Miniaturisierung durch den nun verstärkten Einsatz der winzigen 01005-Bauteile.

STMicroelectronics ist Hersteller eines sehr breiten Bauteilspektrums von Chips für die Automobilindustrie über digitale Speicherbausteine bis hin zu komplexen SoCs (System-on-Chip) für die Telekommunikation und Unterhaltungselektronik. Die hohe Kompetenz und das technologische Know-how des Unternehmens ermöglichen Herstellern von Mobiltelefonen, sich ausschließlich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren. Zum umfangreichen Produktportfolio gehören Multimediaprozessoren, Displaytreiber, Flashspeicher, CMOS-Sensoren sowie die zugehörigen Bildverarbeitungsprozessoren, Leistungsbauteile, HF-Bausteine, GPS-Empfänger und -Sender in Chips, MEMS-Beschleunigungssensoren sowie Bluetooth- und WiFi-Chipsätze. Deutlich wird: Der Hersteller ist mit seiner Produktpalette breit aufgestellt und verfügt über hohe Expertise.

Fertigungsprozesse aufeinander abgestimmt
Die steigende Komplexität der Geräte, die hohe Packungsdichte und die zunehmende Miniaturisierung der Bauteile und Elektronikgeräte sind natürlich direkt abhängig von den technologischen Weiterentwicklungen im Advanced Packaging. Hier werden die technischen Trends sichtbar, an denen sich die weiteren Entwicklungsschritte der Halbleiterfertigungsprozesse und auch die ständig zunehmende höhere Integration in den Komponenten orientieren müssen. Die Minimierungen der Bauteilgrößen betreffen nicht nur den Footprint der Bauteilfläche (Achsen X und Y), sondern auch die Dicke (Z-Achse). Derartige Auflagen lassen sich nur durch eine immer höhere Bauteilintegration erfüllen. Die Auswahl der Komponenten ist in der Baugruppenfertigung eine herausfordernde Aufgabe, denn auch für alle diskreten Bauelemente gibt es strengstens einzuhaltende Platz- und Höhenbeschränkungen.
Es genügt schon lange nicht mehr, einfach die einzelnen Grundelemente solcher Bauteile kleiner zu machen. Um mikroelektronische Produkte hoher Qualität herzustellen, müssen alle Fertigungsprozesse perfekt aufeinander abgestimmt sein. Aus diesem Grund arbeitet STMicroelectronics bei jedem Wechsel zur nächstkleineren Bauform zuerst einmal detailliert an einer Untersuchung über den gesamten Prozessablauf bis zum fertigen Gerät bzw. der Baugruppe und deren Evaluierung. Dies gilt natürlich auch für die nun verstärkt einsetzende Verwendung von passiven 01005-Bauelementen in der Kleinsignalverarbeitung anstelle der bisher oft verwendeten Bauteilgröße 0201 – obwohl der Formfaktor 0201 bei Passiven in der praktischen Anwendung noch längst nicht ausgereizt ist.
Beim Einsatz dieser heute kleinsten verfügbaren Widerstände und Kondensatoren (01005) mit einer Größe von nur 0,4 x 0,2 mm müssen alle für den Fertigungsprozess relevanten Faktoren überprüft werden. Dazu gehören im Grunde alle Schritte in der Kette von Baugruppenfertigung und den nötigen Vorbereitungen dazu: das Layout der Leiterplatte sowie der Pads (Größe und Form), der Lotpastendruck, das Schablonendesign, die Auswahl der Lotpaste und Flussmittel sowie die Anforderungen aus der Bauelementebestückung und aus dem Reflow-Lötprozess. Siehe Tabelle 1 mit der Aufstellung der verwendeten Fertigungsmaschinen und Materialien.
Relevante Faktoren
Um beispielsweise den Einfluss verschiedener Pad-Designs oder von unterschiedlich großen Schablonenöffnungen zu untersuchen, war es notwendig, die dabei störenden Auswirkungen von Bestückungsfehlern wie versetzten oder fehlenden Bauelementen so weit wie möglich zu beseitigen. Als erstes galt es deshalb, ein Bestücksystem auszuwählen, das 01005-Komponenten zuverlässig verarbeiten bzw. platzieren kann. Andernfalls könnten beim Auswerten der Prüfergebnisse nach dem Bestückvorgang falsche Schlüsse gezogen werden.
Ein wichtiges Ziel war es, den Fertigungsprozess für den Einsatz von 01005-Chipbauteilen anstelle oder zusammen mit 0201 so einfach und zuverlässig wie möglich zu gestalten. Dazu war es nötig, ein Design der Leiterplatten-Pads zu finden, mit dem eine bereits verwendete Lotpaste auch weiter verwendet werden konnte und beim Reflowlöten gute Ergebnisse brachte. Bei dieser Legierung handelte es sich um eine Lotpaste des Typs 4. Deshalb stellte sich auch die Frage, ob diese Paste mit ausreichender Flächendeckung und Materialdicke gedruckt werden konnte, um die Anforderungen sowohl von 01005- als auch 0201-Bauelementen zuverlässig zu erfüllen.
Ergebnisse der Prozess- Evaluierung
Betrachten wir zuerst die Auswirkungen des Pad-Designs. Aufgrund ihres sehr geringen Gewichts von weniger als 0,04 mg richten sich die 01005-Bauelemente durch die Oberflächenspannung (Adhäsion) des Lots im Reflowprozess sehr leicht von selbst aus – vorausgesetzt Lot und Flussmittel sorgen für gute Benetzungskonditionen. Nachteil dieses ansonsten sehr willkommenen Effekts: Das Lot wird auch solche Flächen wie etwa die mit dem Pad verbundenen Leiterbahnen benetzen. Dann liegen aber die Anschlüsse des Bauelements in der Mitte der gesamten, während des Reflow-Vorgangs benetzten Fläche. Diese Fläche ist jedoch nicht identisch mit der Mitte der Padfläche auf der Leiterplatte. Und die Selbstzentrierung zwischen Pad-Mitte und den Anschlüssen findet nicht statt, sondern die Bauteile verschieben sich (siehe Bild 1).
Eine Methode, um diesen unerwünschten Effekt zu vermeiden, sind SMD-Pads (Solder Mask Defined, nicht zu verwechseln mit Surface Mounted Devices). Ein vollständig mit Lötstopplack definierter Pad bringt jedoch auch Nachteile mit sich. Der Lötstopplack, der sich sowohl unter dem Bauteil als auch zwischen den Anschlüssen befindet, fördert die Bildung von kleinen Lotkügelchen (Solder Beading), die an den Seiten herausspritzen und Kurzschlüsse auf dem Board verursachen können. In der hier durchgeführten Studie haben wir mit einem Kompromiss, genannt Semi Solder Mask Defined Pads (teilweise per Lötstopplack definiert), gute Ergebnisse erzielt, wobei sich die Bauteile auf dem Pad zentrierten (Bild 2). Bei der Untersuchung der Lotpaste haben wir die Größe der Metallpartikel in der Lotpaste verglichen sowie deren Verteilung bezogen auf Pasten-Typ 4 und 5 (siehe dazu die Bilder 3 und 4).
Bereits mit der Lotpaste vom Typ 4 war es möglich, das Lot mit sehr guter Flächendeckung und durchgängig trapezförmig auf die Pads über das gesamte Board zu drucken. Dabei wurde nachgewiesen, dass die Schablonenhöhe von 60 µm ausreicht, um zuverlässige Lötverbindungen (Bilder 5 und 6) für die beiden Bauteilgrößen 0201 und 01005 herzustellen. Von großem Interesse sind natürlich auch die Abstände zwischen den einzelnen Bauteil-Pads und zwischen den Bauteilen. In einer ersten Annäherung untersuchten wir bei den nicht per Lötstopplack definierten Pads die unterschiedlichen Abstände zwischen den Pads (C-Werte in Bild 7) sowie zwischen den Bauelementen (S1-Werte in Bild 7). Auflistung der Werte siehe Tabelle 2.
Nimmt man die Fehlerraten (Defects) als Basis der Beurteilung, so ist jeder Wert von C zwischen 120 und 160 µm akzeptabel. Die S1-Werte reichten von Abständen mit 200 bis 150 µm zwischen den Bauelementen. Weil im Bereich bis zu 150 µm bei rund verarbeiteten 80.000 Bauelementen keine Defekte berichtet wurden, kamen wir zu dem Ergebnis, dass 150 µm akzeptabel sind.
Hohe Bestückqualität
Die Bestückung erfolgte mit einem Bestückautomat Siplace D2 ausgerüstet mit einem 12-Segment-Collect&Place-Kopf mit der 01005-Option und einem weiteren 12-Segment Collect&Place-Kopf mit 0201-Option. Beim Bestücken von insgesamt circa 85.000 Bauelementen (60 % mit 0201 und 40 % mit 01005) ergaben sich Aufnahmeraten für 0201-Komponenten von 99,98 %, für 01005-Bauteile zwischen 99,83 und 99,95 %. Auf den Test-Boards wurde eine Bestückleistung über 28.000 BE/h erreicht. Trotz der hohen Geschwindigkeit konnten die 01005-Bauelemente mit der bei Siplace-Maschinen üblichen hohen Qualität und Abholsicherheit verarbeitet werden.
Inerter Reflowprozess
Der Reflow-Lötprozess fand in einer inerten Stickstoffatmosphäre statt, um übermäßige Oxidationseffekte zu vermeiden. Der Stickstoff wirkt sich beim Löten positiv aus, selbst wenn Lotpaste vom Typ 4 verwendet wird. Nach dem Reflowprozess wurden keine Bauteile mit Grabsteineffekt (senkrecht stehend) gefunden und die Lötstellen zeigten gute Lötmenisken (Füllung bzw. Übergang vom Pad zum Bauteilanschluss; Bild 8).
Schlussfolgerungen und Ergebnisse
Der Einsatz von 01005-Bauelementen kann in Baugruppen die mit Komponenten bedeckte Fläche deutlich verringern. Etwa bis zu 40 % Fläche lässt sich einsparen. Dennoch werden aufgrund der höheren Bauelementepreise und der höheren Kosten für manche Prozessschritte (z.B. feinere Leiterplattenstrukturen, galvanogefertigte Schablonen, Stickstoffatmosphäre fürs Löten) auch die Kosten der Baugruppen bei der Verwendung von 01005-Komponenten steigen. Hier zeigt sich, dass die Verwendung kleinerer Bauelemente stets einen Kompromiss zwischen den Baugruppenkosten und den im Endprodukt erzielten Vorteilen wie geringerer Platzbedarf, höhere Funktionalität usw. bedeutet. Jedoch sollte die Fertigungsqualität nicht zugunsten der höheren Bestückdichte geopfert werden. Ein Abstand von mindestens 150 µm sollte zwischen benachbarten Bauelementen beibehalten werden. Ansonsten arbeitet die Fertigung mit derselben Qualität wie bei Verwendung von 0201-Komponenten, sobald die Prozessparameter definiert sind.
Deutlich wurde, dass der Schritt von Bauteilen der Größe 0402 zu 0201 eine längere Lernkurve benötigte als jener von 0201 auf 01005. Der Übergang von 0402 auf 0201 erforderte größere Neuentwicklungen bei Bestückautomaten, Loten, Schablonenlayout, Reflowöfen und Temperaturprofilen sowie auch in der automatischen optischen Inspektion (AOI). Der Schritt von der Komponentengröße 0201 auf 01005 hingegen ist eher eine Frage der Prozessfähigkeiten der Fertigungsautomaten in puncto Genauigkeit der Bildverarbeitung, Abholrate und Bestückgenauigkeit. Überraschenderweise scheint das für 01005-Bestückung akzeptable Prozessfenster bei denselben Prozessparametern und Randbedingungen größer zu sein als für 0201.
Am Ende dieses erfolgreichen Projekts kann man klar feststellen, dass für die Bestückung von Baugruppen mit 01005-Bauelementen ein bestens passender Parametersatz gefunden wurde. Außerdem wurde erneut bestätigt, dass die Feineinstellung aller Prozessschritte sehr wichtig ist. Wobei allerdings nicht jeder Prozessschritt für sich alleine optimiert werden muss, sondern vielmehr die Kombination aller Schritte im gesamten Fertigungsprozess. Der beste und effizienteste Weg um dies zu erreichen, ist die Zusammenarbeit von Materialanbietern, Geräteherstellern und den Anwendern.
In Zusammenarbeit mit Experten aus allen Fachgebieten hat das Siplace-Team außerdem ein gratis erhältliches 01005-Prozess-Handbuch entwickelt, das die wichtigsten Fragen beantwortet und die komplexen Zusammenhänge bei der Verarbeitung von 01005-Bauelementen näher erläutert. Der gesamte Fertigungsprozess vom Leiterplattenlayout über die Bestückung bis hin zu Reflow und Rework wird beschrieben. Hinzu kommt die Betrachtung der vielen Faktoren, welche für die Fertigungsqualität sowie die Effizienz relevant sind. Vervollständigt wird das Kompendium mit praktischen Tipps für die Verarbeitung der 01005-Komponenten.
EPP 420

Julien Vittu erlangte 1997 seinen Ingenieursabschluss in Materialwissenschaft und Materialtechnologie am ISIM (Institut des Sciences de l’Ingénieur de Montpellier, Frankreich). Er ist heute SMD Technology Leader im Corporate Package and Automation Department von STMicroelectronics. Sein Schwerpunkt sind Advanced Packaging, vom F&E-Stadium bis zur Implementierung in der Serienfertigung, Besonderes Augenmerk gilt dabei SIP (System-in-Package) und industriellen Kameramodulen.
Norbert Heilmann, Ingenieur der Werkstoffwissenschaften, verfügt über 23 Jahre Erfahrung in der Bestückung von oberflächenmontierbarer Bauelementen. Er war in vielen verschiedenen Positionen bei Siemens tätig, darunter in der Entwicklung von SMD-Prozessen, in der SMD-Fertigung für die Medizinelektronik und im Projektmanagement für schlüsselfertige Fertigungslinien. Aktuell ist er im Technology Scouting für das Siplace-Geschäftsgebiets des Siemens Industry Sektors Motion Control tätig.
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