„Die Beschlüsse des Europäischen Parlaments haben die EU-Richtlinien zur Entsorgung gebrauchter Elektro- und Elektronikgeräte und zum Verbot bestimmter Inhaltsstoffe einen wichtigen Schritt zu einer praktikablen und wirtschaftlich effizienten Lösung vorangebracht“, kommentierte ZVEI-Hauptgeschäftsführer Gotthard Graß in einer ersten Reaktion die Ergebnisse der zweiten Lesung im Europäischen Parlament. Dies gelte insbesondere für die klare Botschaft, dass jeder Hersteller künftig individuell für die Entsorgung seiner Produkte verantwortlich ist, und eine Zusammenarbeit von Wettbewerbern bei Entsorgungsaufgaben zwar möglich sein wird, aber nicht vom Gesetzgeber erzwungen werden soll. Jetzt komme es darauf an, dass sich auch der EU-Ministerrat die im Parlament vorgezeichnete Linie zu Eigen macht und die vorgesehenen Veränderungen übernimmt.
Weitere wichtige Entscheidungen, so Graß, seien allerdings auf die nationale Ebene verlagert worden. Dieses gelte insbesondere für die haushaltsnahe Sammlung. Hier drohe die Industrie zur Melkkuh für Entsorgungsunternehmen und Kommunen zu werden. Immerhin gebe es zumindest in Deutschland deutliche Signale der Politik, dass die Entsorgungsverantwortung der Industrie erst bei den kommunalen Sammelstellen anfangen soll.
Weiteren deutlichen Korrekturbedarf sieht Graß auch bei der Regelung für diejenigen Produkte, die nicht in privaten Haushalten anfallen. Bei diesen zum Beispiel in der Industrie, in Büros, Hotels oder Krankenhäusern genutzten elektrotechnischen Geräten sei nicht nur die Abgrenzung völlig unklar. So umfasse der vorgesehene Geltungsbereich unter anderem die Mess- und Regelungstechnik und damit möglicherweise weite Bereiche der Industrieautomation. Zudem gebe es keinerlei Begründung dafür, die Verantwortung für die Entsorgung dieser Geräte einseitig und rückwirkend den Anbietern aufzuhalsen, wenn die gewerblichen Nutzer nicht zu entsprechenden Entsorgungsvereinbarungen bereit sind.
Konsequent sieht die Industrie keine Rechtsgrundlage für die vorgesehene gemeinschaftliche Haftung aller Anbieter für diejenigen Geräte, die vor zehn oder 20 Jahren verkauft wurden. Eine rückwirkende Gesetzgebung verstoße gegen nationales und europäisches Verfassungsrecht. Immerhin habe hier das Parlament die Möglichkeit vorgesehen, für eine begrenzte Zeit die Entsorgungskosten dieser Geräte getrennt auf den Rechnungen auszuweisen.
Positiv sieht der ZVEI hingegen die weiteren Klarstellungen des Parlaments bei der individuellen Verantwortung aller Hersteller und Importeure für die Entsorgung ihrer je-weiligen Geräte. Außerdem begrüßt der Verband die Schaffung verschiedener Möglichkeiten zur finanziellen Vorsorge für die spätere Entsorgung. Auch bei der Marktüberwachung seien die Vorschläge der Industrie im Parlament offensichtlich auf offene Ohren gestoßen. „Für unsere Unternehmen und für die Verbraucher sind wirksame Maßnahmen gegen diejenigen Trittbrettfahrer existenziell, die ihre Produkte in den Markt bringen, ohne für ihre Entsorgung vorzusorgen.“
Und auch das Verhindern nationaler Alleingänge innerhalb der Gemeinschaft beim Verbot bestimmter Inhaltsstoffe sei eine wichtige Weichenstellung, um eine erneute Zersplitterung des gemeinsamen europäischen Markts zu verhindern, selbst wenn die ökologische Begründung dieser Verbote weiterhin ausstehe.
Geplant ist, dass die Richtlinien nach dem Votum des Parlaments im Sommer dieses Jahres vom Ministerrat verabschiedet werden. Sollten hier Abweichungen von den mit absoluter Mehrheit des Parlaments getroffenen Entscheidungen angestrebt werden, wäre ein Vermittlungsverfahren erforderlich. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Richtlinie bis Jahresende rechtskräftig wird und damit die Mitgliedsstaaten der EU bis Mitte 2004 zur Verabschiedung entsprechender nationaler Gesetze oder Richtlinien verpflichten.
Mit der Entsorgungsrichtlinie wird allein in Deutschland ab 2005 die Entsorgung von rund 1,1 Millionen Tonnen gebrauchter Waschmaschinen, Kühlschränken, Fernsehern, Computern, Telefonen und zahlreichen weiteren elektronischen Geräten neu geregelt werden. Die Gesamtkosten für die umweltverträgliche Verwertung betragen für Deutschland zwischen 350 und 500 Mio. Euro jährlich, wobei die Kosten pro Gerät zwischen 8 Euro für eine Waschmaschine, 10 Euro für einen Fernseher und 15 Euro für einen Kühlschrank liegen. „Sowohl auf die Verbraucher als auch auf die Industrie kommen so neue Kosten zu. Wir können nur hoffen, dass damit eine Senkung zum Beispiel der kommunalen Abfallgebühren einhergeht“, kommentierte der ZVEI-Hauptgeschäftsführer.
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