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Global Supply Chain

Weltweit vernetzen statt regional produzieren
Global Supply Chain

Im September wurde der erste in Singapur gefertigte Siplace SMT-Bestückautomat feierlich ausgeliefert. Wieder ein klassisches Offshoring der Fertigung in eine Billiglohn-Region? Bei näherem Hinsehen entpuppt sich das Siplace Center Asia (SCA) als Teil einer langfristigen Globalisierungsstrategie, die deutlich mehr auf Wachstum und Kundenorientierung, als auf Kostensenkungen ausgerichtet ist. Das Konzept der Global Supply Chain könnte Beispiel für andere deutsche Unternehmen werden.

Siemens Automation & Drives Electronics Assembly Systems, München

Mit dem Siplace Center Asia (SCA) baut das Siemens-Geschäftsgebiet Electronics Assembly Systems seine Präsenz in Asien kräftig aus. Die Fertigung in Singapur wurde in weniger als einem Jahr aufgebaut, und die dort produzierten Maschinen erfüllen die weltweit einheitlichen Siplace-Qualitätstests und Produktivitäts-Benchmarks.
Im September konnte im Rahmen einer Feier mit mehr als 200 Partnern, Kunden, Journalisten und Politikern die erste im SCA produzierte Maschine vom Typ Siplace HS-60 an den Auftragsfertiger Jurong Technologies Industrial Corporation, mit Hauptsitz in Singapur, übergeben werden. Das SCA ist neben München und Bruchsal der dritte Fertigungsstandort des Unternehmens. Diese bilden gemeinsam mit den Assembly Centern in Shanghai (China) und Norcross (USA) sowie zahlreichen Service- und Trainingscentern ein globales Netzwerk.
Den Kunden folgen
Das SCA und die Siplace Global Supply Chain ist eine Antwort auf die gravierenden strukturellen Veränderungen in der Elektronikfertigung. Die Ausführungen von Tilo Brandis, Geschäftsführer Electronics Assembly Systems, und damit Leiter des globalen Teams, während der Feier im SCA, veranschaulichten diesen Wandel: Derzeit stehen noch etwa 56% aller bis heute verkauften Maschinen des Unternehmens in Europa. Die globale Verteilung der Neubestellungen zeichnet jedoch ein völlig neues Bild der aktuellen Kräfteverhältnisse: Allein im Jahre 2004 kam mit 46% der Löwenanteil aller Neubestellungen für Siplace-Maschinen aus Fernost – Tendenz weiter steigend.
„Langfristig reicht es nicht, Kunden weltweit zu beliefern. Wir müssen unseren Kunden und Märkten folgen, ihre lokalen Anforderungen kennen und erfüllen, sowie Kompetenz für Services vor Ort aufbauen. Das ist unsere Stärke in Europa, das muss bei richtig verstandener Globalisierung unsere Stärke in Asien und überall in der Welt werden“, so Tilo Brandis. Folgerichtig ist das SCA nicht als reiner Fertigungsstandort ausgelegt. Das Gesamtkonzept besteht aus der Fertigung und schließt Ressourcen für Entwicklung, Produktmanagement, Einkauf, Vertrieb und Service mit ein.
Mit „Design-to-Supply“ beschreiben die Verantwortlichen eine weitere Besonderheit ihrer Strategie: Von Beginn an wurden lokale Zulieferer in die Fertigung des SCA eingebunden. Sie stellen heute bereits 50% aller dort verbauten Maschinenkomponenten. Das vermindert nicht nur den kostenintensiven „Komponenten-Tourismus“ zwischen Europa und Asien, sondern ermöglicht gleichzeitig, dass lokale Zulieferer und Siplace-Entwickler im SCA die spezifischen Anforderungen der regionalen Kunden schneller und besser umsetzen. Ein Gespräch mit den Entwicklern offenbart bereits erste konkrete Ergebnisse. So konnte das Gewicht der Maschinen („floor load“) reduziert werden, um den oft mehrstöckigen Produktionsanlagen im asiatischen Raum gerechter zu werden. Weitere Beispiele sind die Absenkung von Displays, Panels und Schubladen, um der Körpergröße des asiatischen Bedienpersonals besser zu entsprechen. Erklärtes Ziel des Managements: In letzter Konsequenz sollen im SCA eigenständige Bestückautomaten für den asiatischen Markt entwickelt und produziert werden.
Standortkosten weniger entscheidend
Längst frisst die asiatische Revolution ihre Kinder – die Staaten in der Region liefern sich einen erbitterten Kampf um ausländische Direktinvestitionen, kämpfen gegen die Abwanderung von Firmen in Gebiete mit noch niedrigeren Standortkosten. Bei Siemens Electronics Assembly Systems hat man sich dennoch für den in Asien als Hochlohn-Standort geltenden Stadtstaat Singapur entschieden. Warum? „Für reines Assembly wäre China der günstigere Standort gewesen, wir sind ja auch bereits in Shanghai vertreten. Das SCA mit seinen Aufgaben innerhalb der Siplace Global Supply Chain braucht aber mehr: gut ausgebildetes Personal, eine reibungslos funktionierende Infrastruktur, ein Netz leistungsfähiger Zulieferer vor Ort und Sicherheit für geistiges und materielles Eigentum. Deshalb fiel unsere Wahl auf Singapur“, erläuterte Tilo Brandis die Standortentscheidung.
Ausbildungsprogramm mit der Universität Singapur
Auch ein im Rahmen der Rollout-Feierlichkeiten unterzeichnetes Kooperationsabkommen zwischen Siemens, der Nanyang Technological University Singapore und des Singapore Institute of Manufacturing Technology unterstützt die langfristige Unternehmens-Strategie. Gemeinsam will man ein praktisch orientiertes Ingenieur-Studium für die Elektronik-Fertigung etablieren – um dem SCA sowie seinen regionalen Kunden und Partnern den für das Wachstum notwendigen Zufluss von Talenten und Know-how zu garantieren. Zwischenzeitlich behilft man sich mit einem intensiven Ausbildungs- und Qualitätssicherungsprogramm. Mitarbeiter aus Deutschland fungieren als Coach für ihre asiatischen Kollegen, viele gegenseitige Besuche vertiefen die Zusammenarbeit. Grundbedingung war von Beginn an, dass jede Komponente für jede Maschine aus München, Bruchsal und Singapur identische Qualitätstests durchlaufen und erfüllen muss. Neben dem Know-how-Transfer zeitigt dieses Programm aber noch einen übergeordneten Effekt: Internationales Teamwork auf Augenhöhe. Beim Rundgang durch das SCA konnte man immer wieder einheimische und deutsche Mitarbeiter in offensichtlich schon vertrauten Gesprächen und Diskussionen beobachten. „Ich erlebe bereits täglich, wie beide Seiten und Kulturen ihre Stärken einbringen, um große und kleine Herausforderungen gemeinsam zu lösen. Ohne die offene und intensive Zusammenarbeit auf allen Ebenen wäre der Zeitplan niemals zu schaffen gewesen – heute sind wir drei Monate vor unseren Sollplanungen“, so ein sichtlich stolzer Siemens Automation & Drives Bereichsvorstand Dr. Peter Drexel. Ein Grund für die gelungene internationale Zusammenarbeit ist sicherlich die Offenheit und umfangreiche Kommunikation über das SCA-Projekt im deutschen Unternehmen. Von Beginn an kommunizierte das Management offen, dass dies Projekt keine Kostensenkungsmaßnahme, sondern eine wachstumsorientierte Strategie sei. „Natürlich gab es Sorgen an den anderen Standorten. Weil wir Projektablauf und -ziele sowie die Vorteile für alle unsere Mitarbeiter offen kommuniziert haben, konnten wir Unterstützung, und nicht nur Verständnis gewinnen“, erläutert Tilo Brandis. „Wir sehen wachsende Unterschiede bei den Kundenanforderungen in beiden Regionen. Während in Asien die hohen Stückzahlen dominieren, steht für unsere europäischen Kunden die Flexibilität für kleine Serien und schnelle Produktwechsel im Vordergrund. Beide Standorte müssen die entsprechenden Maschinen für ihre Märkte entwickeln, nur gemeinsam wird man weltweit weiterhin erfolgreich sein. Auch bei der Software, dem Integrationsgrad der Fertigung und den Services gibt es große Unterschiede. Das gesamte Netzwerk mit allen Niederlassungen und Mitarbeitern wird daher als Siplace Global Supply Chain zum Erfolg beitragen.“
Differenzierter Ansatz
Der Erfolg muss sich natürlich erst erweisen. Die Bilanz des ersten Jahres aber kann sich sehen lassen: der Rollout der ersten Maschinen aus der Fertigung, der Aufbau von Ressourcen für Entwicklung und Einkauf, ein großer Anteil lokalen Sourcings, erste lokal entwickelte Produkt-Modifikationen und eine offensichtlich weiter verbesserte internationale Zusammenarbeit im Unternehmen.
Während bei anderen Unternehmen Globalisierung zumeist allein kostengetrieben ist, und als Synonym für Offshoring und Verlagerung bestehender Kapazitäten und Arbeitsplätze in Billiglohn-Regionen steht, geht es dem Siplace-Team deutlich um Wettbewerbsvorteile durch Kundennähe aller wichtigen Funktionen: Entwicklung, Produktion, Einkauf, Vertrieb und Service. Eine gute Nachricht für Mitarbeiter und Kunden in Asien, aber auch in Europa – und vielleicht ein Beispiel für andere Unternehmen. (dj)
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