Die wachsende Individualisierung der Produkte, starke Verbrauchsschwankungen sowie ein permanenter Qualitäts- und Kostendruck und kurze Produktlebenszyklen erfordern einen Umdenkprozess in Elektronikfertigungen. Eine Lösung ist die „atmende“ Fertigung in einem Lean-Production-Umfeld, die durch intelligente Automatisierung erreicht wird. Eines der Hauptmerkmale einer Lean-Fertigung ist ein One-Piece-Flow.
Heike Schlessmann, Seho Systems GmbH
Erfolgreich ist, wer zu den von Kunden gewünschten Terminen die benötigten Mengen in der geforderten Qualität zu wettbewerbsfähigen Preisen liefert und dabei noch selbst profitabel arbeitet. Im Umkehrschluss bedeutet dies für Elektronikhersteller, bei einer gleichbleibend hohen Qualität die Fertigungskosten zu senken und dennoch flexibel auf veränderte Stückzahlen reagieren zu können. Im Fokus stehen also die Lieferperformance, die durch kurze Durchlaufzeiten bestimmt wird, die Qualität der Produkte und die Kosten bei der Herstellung.
Die LeanSelect von Seho ist für genau diese Herausforderungen konzipiert und bietet neben großer Flexibilität einen sehr guten Return of Invest. In einer idealen Lean-Production-Fertigungsumgebung sind die einzelnen Anlagen für die erforderlichen Arbeitsschritte U-förmig entgegen dem Uhrzeiger angeordnet. Um die Durchlaufzeiten zu minimieren und dadurch eine optimale Lieferperformance zu ermöglichen, sind die Anlagen innerhalb einer solchen Fertigungsinsel direkt aneinander gereiht, um zum einen eine Verschwendung von Platz und zum anderen unnötige Wege für die Bedienpersonen zu vermeiden. Zur Reduzierung der Durchlaufzeiten gehört natürlich auch, dass die Bedienpersonen nicht auf die in der Fertigungsinsel integrierten Maschinen warten müssen, bis der nächste Arbeitsschritt erfolgen kann.
Höchste Produktivität auf kleinster Stellfläche
Das Selektiv-Lötsystem des Herstellers wurde konsequent nach den Lean-Equipment-Design-Richtlinien konzipiert. Die Bedienung der Anlage erfolgt von der Frontseite, sämtliche Rüst- und Wartungsarbeiten von der Rückseite der Maschine. Die komplette Zelle stellt mit rund 2,5 m² minimale Raumanforderungen.
Während der gesamte Prozess vollständig automatisiert ist, erfolgt die Baugruppeneingabe und -ausgabe manuell auf zwei getrennten Transporten. Die Arbeitsstationen Fluxen, Vorheizen, Löten, Kühlen beziehungsweise automatische Inspektion sind entgegen dem Uhrzeiger U-förmig in der Anlage integriert. Hierdurch können bis zu fünf Werkstückträger gleichzeitig bearbeitet werden, während die Bedienperson an einem vorgelagerten Quershuttle Baugruppen bestückt oder fertig bearbeitete Werkstückträger entnimmt, um sie dem nächsten Arbeitsschritt in der Fertigungsinsel zuzuführen.
Je nach Anforderung lässt sich das Selektiv-Lötsystem sowohl für flexible Miniwellenprozesse als auch für durchsatzstarke Hub-Tauch-Prozesse einsetzen. Schnell wechselbare Lötdüsen und Multi-Düsen-Tools sorgen dabei für kurze Umrüstzeiten. Durch dieses Konzept wird eine effektive Reduzierung der Durchlaufzeiten im One-Piece-Flow realisiert.
Eingebaute Qualität
Dass die Qualität der gefertigten elektronischen Produkte auf einem stabilen und hohen Niveau ist und sich jederzeit für jeden Fertigungsschritt nachweisen lässt, wird heute vom Kunden vorausgesetzt und ist nicht zwangsläufig ein Kriterium, mit dem Aufträge gewonnen werden. Umgekehrt kann mit mangelhafter Qualität aber viel verloren werden.
Die Produktion fehlerhafter Produkte geht zu Lasten der Lieferperformance und des Kostenfaktors und kann im schlimmsten Falle auch das Markenimage belasten. Eine Fehlervermeidung hat daher auch in einem Lean-Production-Umfeld Priorität und ist in jedem Fall besser als eine Fehlerkorrektur.
Im Hinblick auf Programmierung und Bedienung hat der Grundsatz „keep it simple“ Priorität. Eine leicht verständliche Software-Oberfläche, die dem Bediener auf einen Blick alle wichtigen Informationen liefert und die intuitive Erstellung von Lötprogrammen sind daher ein Muss.
Mit intelligenter Software und Sensorik bringt die Lösung LeanSelect Elektronikfertiger einen Schritt näher in Richtung Null-Fehler-Fertigung, indem der komplette Prozessablauf von der Anlage selbst zu 100 % kontrolliert wird.
Automatische Positionskorrektur
Für die präzise Bearbeitung der Baugruppen sorgt die automatische Positionskorrektur über Fiducial-Erkennung, wobei verschiedene Ausrichtungsfehler, wie Versatz oder linearer Verzug der Leiterplatte, automatisch kompensiert werden. Die automatische Z-Höhenkorrektur erkennt Durchbiegungen der Baugruppe durch vorangegangene thermische oder mechanische Belastungen und errechnet automatisch korrigierte Z-Werte für alle Punkte des Lötprogramms.
Für einen punktgenauen Flussmittelauftrag, exakt dosiert und während des Auftrags in Echtzeit gemessen, sorgt die Flussmittelmengenkontrolle und im Vorheizbereich gewährleisten die Überwachung aller Heizkreise sowie eine berührungslose Pyrometermessung, die gleichzeitig einen gradienten-gesteuerten Vorwärmprozess der Baugruppen ermöglicht, reproduzierbare Temperaturprofile.
Die Stabilität der Wellenhöhe wird genauso überwacht wie das Lotniveau im Löttiegel und es lässt sich Lotdraht bei Bedarf automatisch zuführen. Eine Kamera für die visuelle Prozesskontrolle bietet zusätzliche Sicherheit.
Null-Fehler-Fertigung wird Realität
Die Null-Fehler-Fertigung wird zur Realität durch die Integration eines AOI-Systems. Die Inspektion der Lötstellen erfolgt hier unmittelbar nach dem Lötprozess, noch bevor die Baugruppe die Lötanlage verlässt. Neben deutlichen Kostenvorteilen speziell im Hinblick auf die benötigte Stellfläche und das Baugruppenhandling, gewährleistet die Auswertung von Trend- und Serienfehlermeldungen vor allem eine frühzeitige Prozessoptimierung, um insgesamt Fehlerraten zu reduzieren.
Mit der Maschinen-Kommunikations-Software MC Server ist der Lötprozess komplett rückverfolgbar und bereit für die Anforderungen von Industrie 4.0. Dieses Software-Tool bietet die umfassende Überwachung des Lötprozesses sowie Echtzeitzugriff auf alle angeschlossenen Anlagen, die an unterschiedlichen Standorten weltweit installiert sein können. Die Software-Lösung erfasst, analysiert und archiviert alle Maschinen- und Prozessparameter über eine komfortable Benutzeroberfläche und bereitet sie statistisch auf.
Über entsprechende Schnittstellen kann das Selektiv-Lötsystem zur Steuerung des Prozesses in nahezu jedes spezifische MES/ERP-System eingebunden werden.
Kosten senken = Wertschöpfung erhöhen
Das Verhältnis zwischen value-added- und no-value-added-Prozessen spielt in einem Lean-Production-Fertigungsumfeld eine zentrale Rolle. Prozesse ohne ersichtlichen Mehrwert für den Kunden (no-value-added) gelten als Verschwendung oder anders ausgedrückt: Alle Tätigkeiten, die nicht der Wertschöpfung dienen, sind so weit wie möglich zu eliminieren. Im Hinblick auf den Lötprozess als Teil einer Lean-Production-Fertigungsinsel, zählen zu diesen Tätigkeiten vor allem Umrüstzeiten bei Produktwechsel und Wartungsarbeiten.
Das Selektiv-Lötsystem ist daher auf kurze Produktwechselzeiten programmiert. Einfach zu wechselnde Lötdüsen, Wechseltiegel bei der Verarbeitung unterschiedlicher Lotlegierungen und Sensorik für automatische Programmwechsel sorgen für kurze Umrüstzeiten von weniger als zehn Minuten.
Für stabile Prozesse ist eine regelmäßige Wartung der eingesetzten Produktionsanlagen unerlässlich, aber auch in diesem Bereich verfügt die Lösung des Herstellers über einige Features, die den Wertschöpfungsprozess des Gesamtsystems erhöhen.
Ein besonderes Highlight ist hierbei die von Seho entwickelte Lötdüsen-Ultraschallreinigung, die eine maximale Anlagenverfügbarkeit garantiert. Was bislang manuell und mit entsprechender Unterbrechung des Fertigungsprozesses gemacht werden musste, erledigt das Selektiv-Lötsystem automatisch und ohne den Einsatz aggressiver Chemikalien: Programmgesteuert werden die Lötdüsen mit Ultraschall schonend gereinigt und vollständig neu benetzt. Neben einer längeren Düsenstandzeit garantiert die automatische Reinigung absolute Prozesssicherheit und eine deutliche Zeitersparnis bei der Wartung.
Minimierung der Wartungszeiten
Der Grundsatz der Minimierung von Wartungszeiten findet sich bei der LeanSelect auch in anderen Komponenten wieder. So verfügt die Löteinheit beispielsweise über eine elektromagnetische Pumpe und sämtliche erforderlichen Arbeiten können effizient von der Anlagenrückseite aus durchgeführt werden.
Lieferperformance, Qualität und Kosten sind die essentiellen Eckpfeiler einer profitablen Lean-Fertigung und strukturiertem One-Piece-Flow. Mit innovativen Details, intelligenter Automatisierung und passender Schnittstelle zum Bediener ist das Selektiv-Lötsystem des Herstellers für genau dieses Fertigungskonzept ausgelegt.
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