Startseite » Allgemein »

Maß halten mit LEAF

Automation in der SMT-Fertigung: Was wirklich Kosten spart
Maß halten mit LEAF

Wann und bis zu welchem Grad ist Automation sinnvoll? Diese Frage lässt sich gerade bei hochkomplexen Fertigungsprozessen nicht immer einfach beantworten. Der von ASMPT entwickelte LEAF-Index bildet eine standardisierte Vergleichsgrundlage für objektive und herstellerunabhängige Investitionsentscheidungen. Er ist Bestandteil des übergeordneten ASMPT Konzepts „Open Automation“.

Exzessive Automatisierung bei Tesla war ein Fehler. Menschen werden unterschätzt.“ Elon Musk brachte es auf den Punkt: Nicht alles, was heute als Automatisierung angeboten wird, geht am Ende des Tages auch mit echten Kostenvorteilen einher. Dass das Viel-hilft-viel-Prinzip nicht unbedingt greift, zeigen empirische Daten: Zunächst fallen die Stückkosten mit steigendem Automatisierungsgrad. Dieser Trend kehrt sich aber dort um, wo die Kosten der Automatisierung die Einsparungen im Personalbereich übersteigen. Hier greift das Pareto-Prinzip, benannt nach Vilfredo Pareto (1848–1923). Es besagt, dass 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent des Gesamtaufwandes erreicht werden.

Vierstufige Analyse

Bei der Entscheidung, menschliche Arbeitskraft durch maschinelle zu ersetzen, gilt es, mehrere Faktoren einzubeziehen und zu gewichten, gerade in vielschichtigen Produktionsprozessen wie der
SMT-Fertigung. Dafür hat ASMPT vor kurzem das Vier-Faktoren-Bewertungsmodell LEAF vorgestellt. Grundsätzlich gilt: Je höher der Index, desto ratsamer ist eine Automatisierung. Dabei wird der Produktionsprozess in Einzelschritte zerlegt und nach folgenden Kriterien beurteilt:

Aufwand an menschlicher Arbeitskraft (Labour)

Auf einer Skala wird bewertet, welcher mechanische und/oder intellektuelle Aufwand für eine bestimmte Tätigkeit erforderlich ist. Dabei steht die 1 für eine einfache, physisch wenig belastende Aufgabe, die 5 für eine Arbeit mit hohem Aufwand und/oder hoher Schwierigkeit. Ganz allgemein gilt, dass z. B. Fehler, die leicht gemacht werden können und/oder schwerwiegende Folgen haben können eine 5 erhalten. Die Bewertung 3 markiert den Mittelwert oder eine Unsicherheit bei der Beurteilung.

Fehlerwahrscheinlichkeit und -folgen (Error)

Auf derselben Skala muss eingeschätzt werden, wie häufig menschliche Fehler in einem Prozessschritt auftreten und wie gravierend deren Auswirkungen sind. 1 bedeutet: wenig fehleranfällig, mit geringfügigen Schäden im Störungsfall, 5 bezeichnet einen Arbeitsgang, der häufiger schiefgeht – und dabei auch noch große Schäden verursacht.

Wie einfach ist es zu automatisieren? (Automation)

Hier wird gemessen, wie einfach es ist, eine Aufgabe zu automatisieren. Dabei können Faktoren wie Kosten, frühere Erfahrungen (Ihre eigenen oder die Ihres Lösungspartners) oder Unterbrechungen (muss man z. B. dafür eine ganze Produktionslinie um einen halben Meter zu verschieben) berücksichtigt werden. Etwas, was leicht zu automatisieren ist, erhält eine 5, während etwas, was schwierig zu automatisieren ist, eine 1 erhält.

Häufigkeit des beurteilten Vorgangs (Frequency)

Dabei gilt es zu ermitteln, wie oft der betreffende Vorgang auftritt. Wichtig dabei: die Einheiten müssen beim Vergleich konsistent sein (z.B. also die Anzahl in der Stunde zu Stunde oder Schicht zu Schicht sollten verglichen werden)

Die so erhobenen Werte werden miteinander multipliziert und ergeben einen Index, aus dem sich ableiten lässt, ob eine Automation wirtschaftlich sinnvoll und vorteilhaft ist. Ebenso kann man einzelne Arbeitsschritte miteinander vergleichen und bei der Automation entsprechend priorisieren.

Prozesse im Vergleich

Ein einfaches Beispiel einer LEAF-Analyse aus dem Bereich der SMT-Fertigung zeigt die Tabelle: Beurteilt werden die Prozessschritte Leiterplatten-Magazin-Zuführung und Abfallentsorgung.

Bei der Leiterplatten-Zuführung kommt es darauf an, schwere Magazine zu heben und Transportbänder in der Breite richtig einzustellen. Das erfordert permanent Kraftaufwand und Konzentration (LEAFL5). Ungeschicklichkeiten können zu teurem Ausschuss oder Verzögerungen führen, sind aber nicht sehr häufig (LEAFE3). Die Automatisierung erfordert intelligente, autonome Fahrzeuge (AIVs), die mit den Produktionsmaschinen kooperieren – insgesamt ein sehr anspruchsvolles Vorhaben (LEAFA1). Der Vorgang fällt etwa zwanzigmal pro Schicht an (LEAFF20). Ausmultipliziert ergibt das schließlich den LEAF-Index 300.

Anders verteilt sind die LEAF-Werte bei der Abfallentsorgung: Das Leeren der Behälter verursacht mittleren Arbeitsaufwand (LEAFA3), Fehler haben, außer ein wenig Müll auf dem Boden, wenige Auswirkungen (LEAFE1). Für die Automatisierung ist lediglich ein einfaches Beförderungssystem erforderlich (LEAFA5). Da der Entsorgungsvorgang allerdings 32-mal pro Schicht auszuführen ist (LEAFF32), ergibt sich insgesamt LEAF 480.

Das Resultat der LEAF-Analyse ist eindeutig: Bei der Automatisierung sollte die Abfallentsorgung zuerst angegangen werden.

Das Gesamtkonzept

Das LEAF-Beurteilungs- und -Entscheidungsmodell ist Bestandteil des Gesamtkonzepts Open Automation, das von Rob Raine und einem Expertenteam rund um Alexander Hagenfeldt, Leiter SMT Solutions Marketing beim Lösungsanbieter ASMPT SMT Solutions, entwickelt und umgesetzt wurde. Ausgangspunkte bei der Konzeptentwicklung waren grundsätzliche Fragen: Welche Möglichkeiten zur Automatisierung entlang einer SMT-Linie gibt es? Wie sinnvoll ist ihre Umsetzung unter ROI-Gesichtspunkten? Davon ausgehend, wurden gängige Produktionsprozesse in ihre Einzelschritte zerlegt und analysiert: von der der Lagerhaltung über Leiterplatten-Zuführung, Schablonendruck und Bestückung bis zur Entladung der fertigen Produkte.

„Wer das Pareto-Prinzip kennt, weiß, dass Investitionen in Automatisierung immer nur bis zu einem gewissen Punkt rentabel sind“, erklärt Hagenfeldt. „Daher möchten wir unseren Kunden nicht die menschenleere, bis ins Letzte automatisierte „Dark Factory“ verkaufen. Denn dieses Konzept – meist auch noch mit geschlossenen, proprietären Systemen umgesetzt – verursacht nicht nur unnötig hohe Stückkosten, sondern zeigt sich auch sehr unflexibel bei Produktänderungen.“

Mit dem erstmals auf der productronica 2021 vorgestellten Konzept Open Automation verfolgt das Unternehmen einen Gegenentwurf zur Zero-Operator-Strategie. Denn Hagenfeldt sieht Automation keineswegs als Selbstzweck: „Wer das globale Minimum in der Stückkostenkurve erreichen will, muss automatisieren, wo es sinnvoll ist, aber Maß halten, wenn die Kosten den Nutzen zu übersteigen drohen. Daher geben wir unseren Kunden mit dem von uns entwickelten LEAF-System ein standardisiertes Bewertungsschema an die Hand, mit dem sie wirtschaftlich sinnvoll planen und entscheiden können.“

Flexible Automation

Das Ergebnis der LEAF-Analyse werde in den meisten Fällen eine Teilautomatisierung innerhalb einer Fertigungslinie sein, ist Raine überzeugt. „Deshalb haben wir Open Automation in jeder Hinsicht flexibel, skalierbar und offen ausgelegt. Wir können verschiedenste Automatisierungsoptionen anbieten. Maschinen und Software kommunizieren dabei über standardisierte Schnittstellen wie IPC-Hermes-9852 oder IPC-CFX. Das funktioniert auch herstellerübergreifend.“

Wie es genau funktioniert, kann man auf den Facts on Open Automation Shows des Unternehmens ansehen, Live-Shows, mit Live-Schaltungen zu internationalen SMT-Hotspots, Experteninterviews, Whitepapers und vielem mehr. „Wer sich ganz individuell beraten lassen möchte, kann sich natürlich jederzeit direkt an uns wenden“, betont Raine. „Mit unseren Remote Demos haben wir für unsere Kunden zusätzlich ein sehr individuelles Beratungsangebot und laden Interessenten in unser Münchner Center of Competence ein, wo sie dann unsere modularen Lösungen in Aktion sehen können.“

Eine echte Integrated Smart Factory sieht Raine übrigens „nie ganz fertig: Veränderte Marktbedingungen wie höheres Auftragsvolumen, Fachkräftemangel, Lieferkettenäderungen, zunehmende Erfahrung bei der Automatisierung im Unternehmen, aber auch politische Ereignisse werden immer wieder eine
LEAF-Neubewertung erforderlich machen. Daraus ergeben sich dann wieder neue Investitionsentscheidungen, die wir in unserer Open-Automation-Welt schnell und effizient umsetzen. Wir sind für die Zukunft gerüstet – wie auch immer sie aussehen mag.“

www.asm-smt.com

Unsere Webinar-Empfehlung
INLINE – Der Podcast für Elektronikfertigung

Doris Jetter, Redaktion EPP und Sophie Siegmund Redaktion EPP Europe sprechen einmal monatlich mit namhaften Persönlichkeiten der Elektronikfertigung über aktuelle und spannende Themen, die die Branche umtreiben.

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktuelle Ausgabe
Titelbild EPP Elektronik Produktion und Prüftechnik 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Videos

Hier finden Sie alle aktuellen Videos


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de