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Neue Materialien, neue Anwendungen

Die Chips der Zukunft stellen hohe Anforderungen an die Fertigung im Reinraum
Neue Materialien, neue Anwendungen

Ein gleichförmiges Summen und Rauschen erfüllt die riesige Halle. Der Boden, die Maschinen, alles glänzt vor Sauberkeit. An endlosen Maschinenreihen blinken Signallampen; an einer Stelle stehen einige Personen beisammen, von Kopf bis Fuß vermummt, sogar Mund und Nase sind verdeckt: Wir befinden uns in einer Chipfabrik. In den Reinräumen der Branche findet eine permanente Evolution statt – mit immer neuen, immer schärferen Anforderungen an die Reinheit der Umgebungsluft. Der Cleanzone Kongress am 21. und 22. Oktober 2014 informiert über neue Reinraum-Anwendungen in der Halbleiterfertigung

Messe Frankfurt Exhibition GmbH, Frankfurt am Main

Kaum eine Industrie ist so innovativ wie die Halbleiterindustrie. Mit ihren Produkten – Mikroprozessoren, Speicherbausteine, komplette elektronische Systeme auf einem Schaltkreis von der Größe eines Baby-Fingernagels – gibt sie den Takt für ganze Industriezweige vor, und beim Bau dieser Wunderwerke erfindet sie sich ständig neu.
Der Mainstream der Branche folgt dabei nach wie vor dem Moore’schen Gesetz, das eine Verdopplung der Integrationsdichte der Chips alle zwei Jahre postuliert und ein Ergebnis der kontinuierlichen Verkleinerung der Strukturen darstellt. Diese Verkleinerung ermöglicht es, die Anzahl der Schaltkreise je Produktionsdurchlauf und damit die Produktivität der Fertigungslinien zu erhöhen. Allerdings verschärfen sich damit auch die Anforderungen an die Luftreinhaltung – tolerierbar sind damit noch weniger Staubpartikel pro Raumeinheit als bisher, und es müssen auch sehr kleine Partikel ausgefiltert werden, die zuvor noch gerade durchgerutscht wären. Denn lagert sich so ein winziges Staubkorn auf dem Wafer ab, so erzeugt das eine Verunreinigung, die den betroffenen Chip unbrauchbar machen kann.
Produktivitätssteigerung
Denselben Effekt für die Produktivität wie die Verkleinerung der Strukturgrößen hat die Vergrößerung der Wafer – der Siliziumscheiben, auf denen die Schaltkreise in einem komplexen Verfahren „gezüchtet“ werden. Hier steht die Branche momentan vor dem nächsten Technologiesprung: Die Umstellung der Wafer von den heute weitgehend üblichen 300mm Durchmesser auf 450mm. Damit ließen sich mehr als doppelt so viele Chips auf einer Siliziumscheibe erzielen als bisher – eine enorme Steigerung der Produktivität wäre die Folge. Allerdings würde auch die Umstellung der Maschinen und Infrastrukturanlagen enorme Summen verschlingen und je Reinraum- Fertigungslinie Investitionen im zweistelligen Dollar-Milliardenbereich erfordern. Diese Technik wird in Europa daher zurückhaltend diskutiert; Pläne zu ihrer Einführung haben bislang nur große Chiphersteller aus den USA oder Fernost geäußert.
In Europa verfolgt die Halbleiterindustrie eher den Ansatz „More than Moore“: Statt auf immer mehr, immer schneller immer kleiner setzt die Industrie auf innovative Anwendungen und eine Ausdifferenzierung der Technik. Beispiele sind intelligente Sensoren für das Internet der Dinge – Bauteile, welche die Sensoren und die dazugehörigen Signalverarbeitungs-Schaltkreise auf einem Chip vereinen. Als einer der weltweit führenden Hersteller solcher Halbleiter gilt der Autozulieferer Bosch. Dr. Kilian Bilger, Director Microsystem Technologies schildert die Erwartungen an die Produktion in der Zukunft: „Die Erfolgsgeschichte der MEMS-Sensorik lässt sich in drei Wellen skizzieren: Zunächst wurden MEMS bei Bosch seit 1993 für den Automobilbereich entwickelt und fanden Anwendung in Airbag-Systemen, ESP sowie in der Motorsteuerung. Die zweite Welle begann in 2005 mit Sensoren für Consumer-Anwendungen und hat mittlerweile die Treiberrolle für die Entwicklung neuer Technologien in der Mikrosystemtechnik übernommen. Erfolgskriterien sind hier vor allem Kosten, Baugröße und Stromverbrauch. In Zukunft werden Sensoren und Sensorknoten intelligent und über das Internet vernetzt sein. Vernetzte Sensorsysteme sind eine Schlüsselkomponente für neue Anwendungen im Internet of Things und Services.“
Neue Materialien
Führend ist Europas Halbleiterindustrie auch, wenn es um die effiziente Nutzung der elektrischen Energie geht. Infineon als weltweit größter Hersteller von Bausteinen für die Leistungselektronik hat erst kürzlich angekündigt, seine Reinraum-Fertigung im österreichischen Villach weiter auszubauen und dabei auch in die Erforschung neuartiger Materialien zu investieren. Eine wichtige Rolle spielen dabei Siliziumcarbid (SiC) und Galliumnitrid (GaN): Sie sollen den Bau elektronischer Schalter mit noch höherer Effizienz ermöglichen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung stromsparender Geräte leisten.
Neue Materialien bringen immer auch neue Herausforderungen mit sich, erläutert Kurt Aigner, der bei Infineon die Einführung der GaN-Produktion verantwortet. „Bei jedem neuen Material muss man sich genau anschauen, welche Wechselwirkungen es auslöst und welche Produktionsrisiken damit in die Fertigung einziehen“. Dabei verfolgt Infineon den Anspruch, nicht für jedes neue Material eine dedizierte Fertigungslinie einzurichten, sondern die vorhandenen Anlagen möglichst effizient auszulasten. „Man muss jede Prozessfolge im Detail analysieren, um synergetische Wechselwirkungen und höchste Produktqualität sicherzustellen“, erläutert Aigner. „Eine der ausschlaggebenden Erfolgsfaktoren ist dabei die Datenqualität.“
Damit kommt Aigner auf ein Merkmal zu sprechen, das künftige Reinraum-Fertigungsanlagen verstärkt bieten müssen: Die Produktion ist immer stärker datenmäßig vernetzt im Sinne des Konzepts von „Industrie 4.0“, das mehr Flexibilität bei gleichzeitig höherer Produktivität bieten soll. „Der verstärkte Einsatz von weiterentwickelten Sensoren in den Produktionsanlagen und die Analyse großer Datenmengen (Big Data Analysis) erlauben uns bessere Qualitätskontrolle, bessere Diagnosen der Anlagen und der Produkte und dadurch gesteigerte Produktqualität und Produkteigenschaften“, so Aigners Kollege Johann Massoner, der bei Infineon für die Forschungsförderung zuständig und in dieser Eigenschaft stark in Innovationsprojekte eingebunden ist. „Industrie 4.0 wird unsere Fertigungslandschaft flexibler machen und Entwicklungsprozesse beschleunigen“, so Massoner.
Zudem setzt Infineon, wie mittlerweile die meisten Halbleiterhersteller, auf so genannte Mini Environments – das sind kleine Reinräume innerhalb der Fertigungsmaschinen, die eine noch höhere Reinhaltung der Luft garantieren als die großen Reinräume, in denen sich das Bedienpersonal aufhält. Die Einführung der Mini-Environments basiert auf der Erfahrung, dass das Bedienpersonal trotz Schutzkleidung immer noch die größte „Partikelschleuder“ im Reinraum darstellt. Um die Wafer vor den Partikeln zu schützen, werden sie zudem in hermetisch abgeschlossenen Transportgehäusen und meist vollautomatisch von jeder Bearbeitungsmaschine zur nächsten bewegt.
LED-Fertigung
Ein weiterer Bereich der europäischen Halbleiterindustrie, auf dem große Hoffnungen ruhen, ist die Fertigung von Leuchtdioden (LEDs) für Beleuchtungszwecke, aber auch für die Signalübertragung in Glasfasern. Einer der größten LED-Produzenten Europas ist Osram. Bei der Herstellung dieser Bauelemente kommt es besonders auf die Abfolge von Schichten mit verschiedenen Materialien an, die mit unterschiedlichen Temperaturen verarbeitet werden. Zudem sind hier Gehäuse- und Halbleiterdesign sehr eng miteinander verzahnt. Das ist nicht trivial. „Das Gehäuse lässt sich auf eine optimale Wärmeabfuhr auslegen“, erläutert Uwe Strauß, der bei Osram Opto Semiconductors in Regensburg die Entwicklung von Halbleiterlasern leitet. „Aber ob der Chip diese Prozesse verträgt, ist nicht immer klar, es gibt viele Wechselwirkungen.“ Außerdem, so Strauß, spielen die Kosten eine große Rolle. Schließlich soll das Produkt zu einem wettbewerbsfähigen Preis auf den Markt kommen. „Die Frage ist immer: Wie kann ich die Fertigung so automatisieren, dass Stückzahl und Ertrag den besten Wert erreichen?“
Beim Equipment kommt es auf die maximale Positioniergenauigkeit an – alle Laser müssen aus dem winzigen Gehäuse heraus exakt in die gleiche Richtung strahlen. Ebenso wichtig sind Geschwindigkeit der Produktion und, last but not least, der Preis. „Unsere Kunden erwarten immer niedrigere Kosten bei gleichbleibend hoher Qualität“, sagt Strauß. „Und das wollen wir ihnen auch bieten.“

Über die Cleanzone
Neue Anwendungsfelder in der Halbleiterfertigung und ihre Anforderungen an die Reinraumproduktion ist ein Top-Thema des Cleanzone Kongresses zur internationalen Fachmesse Cleanzone vom 21. bis 22. Oktober 2014 in Frankfurt am Main. Dr. Manfred Weigand von Merck referiert beispielsweise über die Erfahrungen des Chemiekonzerns bei der Fertigung von OLEDs und Dr. Kilian Bilger von Bosch gibt Einblicke in die Anforderungen der Reinraumproduktion von MEMS. Reinraum-Monitoring unter den Bedingungen einer hochautomatisierten Halbleiterfertigung präsentiert Christoph Hocke, Staff Engineer, Infineon Technologies Dresden. Wie lässt sich in der Reinraumproduktion wirklich Energie sparen, das Facility Management optimieren, Mitarbeiter effizient schulen, die Biokontamination wirkungsvoll kontrollieren und die Produktion überwachen? Zu diesen und weiteren Fragen geben weitere hochkarätige Referenten aus dem In- und Ausland auf dem Kongress Antworten. Auf der parallel stattfindenden Fachmesse Cleanzone können sich Fachbesucher über Innovationen für die gesamte Reinraumfertigung von Planung und Bau bis hin zum Betrieb informieren.
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