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Online-Analysen der Fertigung

Kennwerte der SMD-Bestückung weltweit via Internet abrufen
Online-Analysen der Fertigung

Die Elektronikfertigung zeichnet sich durch zunehmende Globalisierung aus. Unternehmen können lokale Gegebenheiten vorteilhaft ausnützen und dabei auch Arbeitsplätze schaffen. Bei der Betrachtung der Vor- und Nachteile von Fertigungsstandorten spielen Kennzahlen eine entscheidende Rolle. Mit einem Software-gestützten Verfahren lassen sich rasch und umfassend vergleichende Überblicke bilden.

Friedrich W. Nolting, Diplan, Erlangen

Bereits bei Einführung der SMD-Hochleistungsbestückung (Surface Mount Devices) wurde deutlich, daß ohne eine effiziente Machinendatenanalyse keine sinnvolle Beurteilung der Produktion erfolgen kann. Zeitaufnahmen oder gar ein Mitschreiben von Ereignissen und Stillstandsursachen sind bei den modernen SMT-Produktionsmaschinen (Surface Mount Technology) undenkbar geworden. Diplan hat bereits 1988 begonnen, PC-gestützteMaschinendaten-Managementsysteme zu entwickeln, um die große Zahl der entstehenden Daten zu kanalisieren und optimal aufzubereiten.
Planungsgrundlagen
Typische Kenzahlen sind Nutzungsgrad, Verfügbarkeit, MTBF (Zeit zwischen zwei Ausfällen) und MTTR (Zeit zwischen zwei Reparaturen). Sie wurden mit dem Diplan-System MaDaMaS einem breiten Nutzerkreis auf einer automatisierten Basis zugänglich gemacht und gehören mittlerweile zum Routine-Beurteilungsschema einer Produktion. Die Auswertung der Kennzahlen bietet insbesondere der Arbeitsvorbereitung wichtige Planungsgrundlagen. Zudem liefert sie der Qualitätssicherung wertvolles Datenmaterial (auch mit Blick auf eine protokollierte Fertigung) und umfaßt langfristig relevante Informationen in geraffter Form für das Fertigungsmanagement. Waren in der Vergangenheit nur firmeninterne oder lokale Normen bei der Berechnung von Kennwerten von Interesse, so ist sowohl bei weltweit operierenden als auch lokalen Fertigungen mit globaler Ausrichtung die internationale Normung der Kennwerte zu berücksichtigen. Der Verband Semiconductor Equipment and Materials International (SEMI) vertritt neben der Halbleiterindustrie in zunehmendem Umfang auch die Elektronikfertigungsindustrie. In der Norm SEMI E10-0699 (Standard for Definition and Measurement of Equipment Reliability, Availability and Maintainability) werden sechs verschiedene Maschinenzustände (Equipment States) definiert. Zur Verdeutlichung der Begriffe und um Unterscheidungen exakter zu charakterisieren, ist das Beispiel SMD-Bestückung hilfreich.
Produktionsstatus(Productive Time)
Der Zustand einer Produktion umfaßt in der SMD-Bestückung im wesentlichen folgende Abläufe:
• Bestücken
• Laden der Leiterplatte
• Entladen der Baugruppe
• Nachbestückung – Wiederholung erfolgloser Bestückversuche)
Warten (Standby Time)
Die Wartezeit ist definiert als eine ungeplante nicht-produktive Zeit (im Gegensatz zu Non-Scheduled Time) in der die Maschine zwar produzieren könnte, aber aus folgenden Gründen nicht arbeitet:
• Kein Bediener verfügbar
• Keine Leiterplatte vorhanden (Warten auf LP)
• Fehlende Werkzeuge (Nozzles, Trays, Meßeinrichtungen)
• In Fertigungslinien tritt dieser Zustand auch ein, wenn vor- oder nachgelagerten Maschinen keine Leiterplatte/Baugruppe liefern oder abholen (Warten bzw. Blockierung)
Erprobung(Engineering Time)
Während der Erprobungsphase kann die Bestückmaschine arbeiten, wird aber durch folgende Vorgänge in ihrer Leistung stark beeinträchtigt:
• Erproben von Prozeßparametern beim Bestücken (Nozzles, Fiducials, Kameraeinstellungen)
• Erproben von technischen Eigenschaften des Bestückersystems (Messen des Bestückversatzes und Kalibrierung)
• Software-Erprobung (Test eines neuen Bestückprogrammes)
Geplanter Stillstand (Scheduled Downtime)
Beispiele für geplante Stillstände sind:
• Wartung der Maschinen (auch vorbeugend)
• Umrüstung
• Produktionspausen
Ungeplanter Stillstand (Unscheduled Downtime)
Beispiele für ungeplante Stillstandsursachen sind:
• Verzögerung bei Wartungsarbeiten
• Reparaturen
• Materialfehler bei Leiterplatten oder Bauelementen
• Andere Maschinen- und Visionsystemfehler beim Bestücken
Nicht geplante Laufzeit (Non-Scheduled Time)
Unter diesem Begriff werden all jene Zeiten zusammengefaßt, in der keine Fertigung beabsichtigt ist. Hierzu gehören im wesentlichen Freischichten, Wochenenden oder Betriebsferien. Insgesamt deutlich wird, daß zur Beurteilung der eigenen Bestückungsprozesse und zum Vergleich mitanderen Fertigungen nur solche Kennzahlen verwendet werden sollten, die einem identischen Definitionsschema entstammen. Nur so kann sichergestellt werden, daß nicht „Äpfel mit Birnen” verglichen werden.
Grundstrukturder Systeme
Im Unterschied zu herkömmlichen Maschinendatenanalyse-Werkzeugen ist die Auswertung von weltweit verteilten Produktionsstandorten nicht mit einer einfachen LAN-Vernetzung zu realisieren. Sowohl Kosten als auch Leistungskennwerte sprechen gegen eine solche Lösung. Im Gegensatz dazu bietet das Internet eine weltweit verfügbare Kommunikationsbasis und stellt eine normierte Plattform für die Wiedergabe der Analysekennwerte dar.
Allerdings ist das Internet bei dieser Anwendung ein Transportmedium, über das nur begrenzte Datenvolumina fließen sollten, um in angemessener Zeit sinnvolle Ergebnisse zu erhalten. Während der Bestü-kkung werden jedoch stündlich Daten im Umfang mehrerer Megabyte von jedem Bestückautomaten erzeugt. Somit sind also intelligente Lösungen gefragt, die einerseits die Datenflut eindämmen und andererseits die Kennzahlen im vertretbaren Zeitrahmen liefern können.
Eine mögliche Lösung besteht in der Aufteilung der Informationen und Kennwerte entsprechend der Zielgruppen für diese Ergebnisse. So sind z.B. für den Bediener eines Bestückautomaten andere Informationen und Kennwerte von Bedeutung als für den Fabrikmanager. Auch spielt die zeitliche Darstellung der Resultate eine wesentliche Rolle, denn für den Operator hat ein Maschinendaten-Informationssystem nur dann die nötige Effizienz, wenn es ihn zeitnah in die Lage versetzt, bei Fehlern an der Bestückmaschine oder bei ungünstigen Trends im Bestückungsprozeß, Abhilfe frühzeitig und wirkungsvoll einzuleiten.
Zudem sollten die unterschiedlichen Qualifikationen der Zielgruppen nicht unberücksichtigt bleiben. Für den Fabrikmanager sind Kennzahlen wie Nutzungsgrad, MTBF und MTTR von hoher Bedeutung, während der Maschinenbediener oft mit der Interpretation solcher Werte überfordert ist, die auch nicht zwingend zu seinem Tätigkeitsfeld gehört. Zudem bieten diese Werte für sich allein genommen für den Operator keine ausreichende Basis, um schnell geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten, falls die Kennwerte nicht im erwarteten Bereich liegen sollten. Hier sind eindeutige Ursachenangaben, und besser noch, klare Abhilfevorschläge wesentlich wirkungsvoller.
Kennzahlenmodell
Die Basis für die Weitergabe von Fertigungskennzahlen ist die Bereitstellung der Informationen in einer Informationspyramide. Unterteilt ist diese Pyramide in drei Ebenen (von oben): Management, Engineering und Fertigung. Nur wenn die Zustandsbeschreibungen und Maschinenereignisse optimal und auf die Zielgruppen orientiert zur Verfügung gestellt werden, kann die anschließende Reaktion von Erfolg gekrönt sein.
Befragungen der Bestückmaschinenbediener über die Nutzungsmöglichkeiten der bereitgestellten Maschinendaten führen oft zu einem solchen oder ähnlichen Szenario:
• Maschinendaten sind für den Bediener nicht aussagekräftig
• Maschinen- und Materialfehler werden erst nach Stillstand beseitigt
• Vorbeugende Abhilfemaßnahmen werden selten eingeleitet
Zur Entschuldigung des Bestückautomatenpersonals sei angeführt, daß ihm neben der Versorgung der Maschinen mit Mate-rial und gelegentlicher Störungsbeseitigung gar keine Zeit mehr bleibt, weitere Nachforschugen anzustellen und Maßnahmen einzuleiten. Um hier die knappe Zeit effizient zu nutzen, sollten nur folgende Kennwerte möglichst plakativ und aussagekräftig visualisiert werden:
• Top-Ten der Spurfehler
• Top-Ten der Nozzlefehler
• Info über Taktgeber
• Stückzahlverlauf
• Top-Ten der Maschinenstillstandsur-sachen
Zusätzlich ist erforderlich, eine Eingabemöglichkeit für die Begründung von nicht geplanten Wartezeiten der Bestückmaschinen bereitzustellen. Besondere Akzeptanz bei den Operatoren finden allerdings nur solche Systeme, die einfach zu bedienen sind und weitgehend automatisiert funktionieren.
Hier hat sich das Watchdog-System bewährt. Es charakterisiert die ständige Überwachung eines Vorganges, wobei Abweichungen vom vorgegebenen Wert einen Alarm auslösen. Im Bestückungsprozeß werden dazu die Taktzeiten der Maschinen überwacht und immer dann ein Alarm erzeugt, wenn keine Baugruppe in einem erwarteten Zeitfenster produziert wurde, ohne daß eine technische Störung vorlag. Daraufhin wird der Maschinenbediener aufgefordert, eine Stillstandsursache an einem Terminal einzugeben bzw. aus einer Liste auszuwählen.
Kennzahlenfür Engineering
Für den Engineering-Bereich sollten Kennwerte so aufbereitet werden, daß sie bei der Ursachenforschung für Maschinenstillstände und Leistungseinbußen rasch zur Aufklärung beitragen können. In der Tabelle sind Auswertungen und die darin enthaltenen Kennwerte zusammengestellt.
Außerdem wird dem Engineering eine Auswertung der Watchdog-Eingaben aus der Fertigung zur Verfügung gestellt. Die Erfahrungen aus den vielen Maschinendaten-Managementsystemen, die von Diplan installiert wurden, zeigen, daß Wartezeiten, für die kein Grund vorlag, mit einem Anteil zwischen 15 bis 45% der Operation Time nicht ungewöhnlich sind. Bei der Analyse der Ursachen für diese langen Maschinenstillstände stellen die Watchdog-Einträge wertvolle Hilfen dar. Die automatisierte Stillstandszeiterfassung trägt wesentlich zur höheren Akzeptanz des Systems bei, dies im Vergleich etwa zu handgeschriebenen Maschinen-Logbüchern .
Kennzahlen im Internet
Für die Beurteilung eines Fertigungsstandorts und den Vergleich seiner Leistungsfähigkeit erwartet das Management der SMT-Produktion aussagekräftige und vor allem stark gebündelte Kennwerte. An dieser Stelle haben wir insbesondere auf die technischen und organisatorischen Kennwerte fokussiert, doch erwartet das Management primär monetäre und wirtschaftliche Kenngräßen. Die Berechnung der Kostenfaktoren aus anderen Größen erscheint einfach und kann anwenderspezifisch parametrisiert werden.
Die Vorteile und der Nutzen einer Internet-basierten Kennzahlenermittlung in der SMT-Fertigung sind folgende:
• Ausgewertete Daten stehen konstant und plattformunabhängig zur Verfügung
• Normiertes Datenformat erlaubt eigene Weiterverarbeitung
• Internetbandbreite zwingt zur Datenverdichtung und optimiert somit den Informationsfluß
• Änderungen und Ergänzungen können nachträglich in Applikationen relativ einfach vorgenommen werden
• Der globale Internet-Zugriff ermöglicht neben firmeninternen Informationsaustausch auch selektierbare Freigabe von Informationen an Dritte
Mit dem Erfassen und der Darstellung von Kennwerten für SMT-Fertigungslinien per Internet ist ein erster Schritt in Richtung Beurteilung und Vergleichen von weltweit verteilten Produktionsstandorten erfolgt. Weitere Entwicklungen zielen darauf, Aspekte zu berücksichtigen, bei denen auch die Produktqualität mit einfließt.
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