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Optimierung der Rakelkraft

Hilfreiche Tipps für das Parameter-Puzzle:
Optimierung der Rakelkraft

Technologietage bei Christian Koenen (CK) in Ottobrunn sind mittlerweile traditionell ein Treffpunkt der Branche und ihrer Anwender. Technischer Input und Networking halten sich die Waage. Anfang März stand das täglich zu lösende Parameter-Puzzle im Mittelpunkt – etwa wenn es darum geht, die optimale Rakelkraft und -geschwindigkeit einzustellen, um bessere Druck- und Lötergebnisse zu erzielen.

Das Generalthema von Christian Koenen-Prozessberater Harald Grumm ist – wie könnte es bei einem Mitarbeiter des renommierten Herstellers von Schablonen für den Lötpastendruck anders sein – die Schablone als Ansatzpunkt für Ertragssteigerung und Qualitätsoptimierung. Bereits auf dieser Ebene stellt sich das Thema als verzwicktes Parameter-Puzzle dar.

Grumm: „Auf die Materialkosten bezogen liegt der Anteil der Schablone an den gesamten Prozesskosten der Elektronikfertigung gerade bei einem Prozent. Doch liegen die Kosten für Ausschuss und Nacharbeit bei rund einem Viertel der Prozesskosten – und dieser Anteil kann durch die Schablonenqualität und den richtigen Umgang mit der Schablone im Druckprozess deutlih spürbar beeinflusst werden.“ Geht man diesem Ansatz in Detailaspekten nach, stellt sich das Parameter-Puzzle allerdings zunehmend komplexer und verwirrender dar.
Bei den CK-Technologietagen Anfang März wählte Grumm deshalb als einen solchen Detailaspekt die Rakelkraft und -geschwindigkeit zum Vortragsthema: In Versuchsreihen hat der CK-Leiter Applikation mit seinem Team ermittelt, wie Rakelkraft und -geschwindigkeit zusammenwirken und in welchen Parameterbereichen dem Anwender ein Prozessfenster mit qualitativ zuverlässigen Ergebnissen zur Verfügung steht.
Bei den Versuchen stellte Grumm die Regelkraft für den Druck des Rakels auf die Platine zwischen 20 N und 70 N ein. Im ersten Fall war der Verschleiß = 0, aber die Druckergebnisse waren nicht konstant. Das gewünschte Druckergebnis ließ sich nicht zuverlässig reproduzieren. Im zweiten Fall ist der Verschleiß des Rakels exorbitant hoch und Beschädigungen der Leiterplattenoberfläche sind nicht auszuschließen. Grumm: „Grob gesagt haben wir bei 35 N gute Druckergebnisse bei minimalem Rakel-Verschleiß erreicht. Aber hier gibt es ein breites Fenster für Feinjustierung und Optimierung, die von einer ganzen Reihe weiterer Parameter abhängig ist.“
Ein solcher, und zudem wesentlicher Faktor ist die Rakelgeschwindigkeit. Wird sie zu langsam gewählt, wird oft zu viel Paste aufgetragen. Nach auslösen der Schablone stehen die Lotpastendepots zu hoch und verursachen Brücken. „Tendenziell ist eine geringere Geschwindigkeit aber gar nicht schlecht, weil bei zu schnell gefahrenem Rakel die Paste nicht mehr rollt und damit Fehlstellen im Druckbild entstehen“, so der CK-Ingenieur.
CK-Reihen bieten Referenz – eigene Messung ist nötig
Grundsätzlich muss der Fertigungstechniker selbst auftragsbezogen herausfinden, wie er die unterschiedlichen Parameter an seinem Drucker einstellt, damit er ein optimales und sicher reproduzierbares Ergebnis bekommt. Die CK-Versuchsreihen können hierfür als Referenz sehr hilfreich sein und werden den Kunden gerne zur Verfügung gestellt.
Die Parameter-Einstellungen spielen dann eine noch wichtigere Rolle, wenn man Stufenschablonen verwendet. Denn diese verlangen vom Rakel höhere Elastizität und erfordern noch größere Aufmerksamkeit bezüglich der Öffnungsgrößen.
Grumm: „Insgesamt ist wichtig, dass man sich nicht zu nah an den Rand eines der in den Reihen ermittelten Fensters bewegt, denn viele andere Faktoren – nur leicht und durchaus im Rahmen der Toleranz schwankende Konsistenz der Lotpaste oder sich verändernde Temperaturen beispielsweise – können dann all zu leicht dazu beitragen, dass man aus dem Prozessfenster für zuverlässige Ergebnisse herausfällt.“ Fällt der Fehler erst weiter hinten in der Prozesskette auf, ist es – wie in allen mehrfach feinjustierbaren Systemen – meist sehr schwer, die tatsächlichen Ursachenzusammenhänge zu erkennen. Eigene Messreihen, die auch solche Faktoren berücksichtigen, sind ein zuverlässiges Mittel, wenn man als Anwender Prozesse gezielt in eine bestimmte Richtung verschieben will.
Lötprozesse: Überwachung von Temperaturprofilen
Messen, und wie man es richtig macht, war auch ein zentrales Thema des Vortrags von Rehm-Entwicklungsleiter Dr. Hans Bell. Er konzentrierte sich allerdings auf Temperaturprofile beim Lötprozess. Gerade bei Bleifrei-Prozessen, wo mit höheren Temperaturen gefahren werden muss, ist es wichtig, die tatsächlichen Temperaturverläufe an kritischen Bauteilen auf der Baugruppe zu kennen. Wenn man bedenkt, dass das Elektrolyt in Kondensatoren einen Siedepunkt von 200° C hat, ist die übliche Bleifrei-Löttemperatur bereits ein mehr als kritischer Wert und man muss über das Temperaturprofil sicher stellen, dass zwar eine korrekte Lötung entsteht, das Bauteil selbst aber dabei nicht zerstört wird.
Richtig messen ist hier das A und O: „Wer schnell misst, misst Mist“, gab Bell hierzu eine alte Technikerweisheit zum Besten. Einfach nur ein parr Thermoelemente nach Gutdünken auf dem Testboard verteilen, ist sicherlich nicht der richtige Weg, um zu verlässlichen Aussagen zu kommen. Mit Hilfe mehrerer Temperaturprofile werden die kleinste und größte thermische Massen auf dem Board ermittelt. Dann müssen die Fühler so platziert werden, dass sie nicht die Umgebungstemperatur, sondern tatsächlich die Verhältnisse an der Lötstelle und am Bauteilgehäuse ermitteln.
Woher kommt Fachpersonal, das so etwas kann?
Wie man zu Fachpersonal kommt, das genau solche Dinge auch beherrscht, war das Thema von Dr. Thomas Ahrens, ein alter Bekannter in der Branche (FhG ISIT), der jetzt mit seinem Unternehmen TrainAlytics zum einen Ausbildung im Bereich Elektronikfertigung betriebt und zum anderen zur Schadensanalyse hinzu geholt wird.
Ahrens wundert sich über fehlendes Sicherheitsbewusstsein gegenüber der Herstellung elektronischer Bauteile in unserer ansonsten von TÜV-Mentalität geprägten Techniklandschaft: „Wenn ein Schweißer einen Druckbehälter herstellen soll, wird ein Befähigungsnachweis verlangt. Denn schließlich handelt es sich bei dieser Aufgabenstellung um ein sicherheitskritisches Bauteil. Im Bereich der Elektronikfertigung verlangt das heute noch niemand – selbst bei IPC-3-Baugruppen, wie sie zum Beispiel in Passagierflugzeugen eingesetzt werden. Dabei ist doch auch hier die sicherheitskritische Technik und die Notwendigkeit ihrer fachgerechten Herstellung offensichtlich.“
Der Branche bleibe aktuell nichts anderes übrig, als von selbst in Vorleistung zu gehen. Entsprechende Fachkräfteausbildung habe hier noch einen weiteren wichtigen Vorteil: „Neben intelectual property ist auch individual skill ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil Deutschlands. Auch darauf gründet unser Status als Exportweltmeister: Unsere technisch/gewerblich ausgebildeten Mitarbeiter beherrschen ihr handwerk bis hinein in anspruchsvolle und kritische Bereiche. Sie wissen, was sie tun und was sie im Notfall tun müssen!“ Unter den Teilnehmern der CK-Technologietage waren einige, die die Ausbildung zum Mikrotechnologen durchlaufen haben und sich im Rahmen entsprechender Fortbildungsangebote ständig weiter qualifizieren.
Zusätzlich zu den Fachvorträgen der Referenten zeigte CK mit Unterstützung seiner Forschungs- und Entwicklungspartner CyberTechnologies, Ekra, Ersa, Essemtec, Leica, Sick, Wagenbrett und Zevac eine Live-Präsentation im Application Center. Hier wurden an unterschiedlichen Druckern die von Harald Grumm vorgelegten Versuchsreihen anschaulich überprüft, eine Reballing-Anlage und eine Rework-Station in Aktion vorgestellt und ein neuer Barcode/Datamatrix-Sensor zur Identifizierung von Schablonen präsentiert. Passend dazu stellte CK seine neue Laserbeschriftungsanlage vor, mit der die Kundenschablonen heute zuverlässig maschinenlesbar gekennzeichnet werden können.
Das CK-Application-Center ist mit seiner umfassenden Maschinenausrüstung zwar ein wichtiges Instrument für Harald Grumms Applikations-Team. Für die rund 200 Teilnehmer eines Technologietages bietet es mit 60 Quadratmeter Grundfläche aber zu wenig Platz. Deshalb wurden die einzelnen Präsentationen per TV-Kamera aufgezeichnet und Live in den Vortragsraum übertragen.
Eine wichtige Rolle spielt bei den CK-Technologietagen auch das Networking: Die Anbieter untereinander nehmen diese Gelegenheit ebenso gerne wahr, wie die anwesenden Anwender. Unter den Teilnehmern war beispielsweise Koh Young-Europaverkaufsleiter Harald Eppinger: „Bei den Gesprächen in den Pausen kristallisiert sich ein Generalthema heraus: Wie lässt sich der Reparaturanteil in der Produktion reduzieren. Mit Antworten auf diese Frage lässt sich viel Geld sparen und kostengünstiger produzieren.“
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