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Outsourcing als strategische Entscheidung sehen

Kontroverse Podiumsrunde: „Verantwortung nicht abgeben, sondern mit dem Dienstleister Teilen“
Outsourcing als strategische Entscheidung sehen

„Outsourcing ist eine Option, jedoch kein Allheilmittel“, fasste Dr. Stephan Weyhe die Ergebnisse der Podiumsdiskussion beim BuS-Fachpodium Mitte Juni in Riesa zusammen. Moderiert vom FED-Geschäftsführer tauschten drei produkt- und produktionsverantwortliche Manager und ein Banker kontroverse Argumente für und gegen das Outsourcing von Elektronikproduktion zum EMS-Anbieter aus. Wenn Outsourcing funktionieren soll, dann muss es als Partnerschaft angelegt sein: „Man kann die Verantwortung nicht abgeben, sondern muss sie sich mit dem Dienstleister teilen.“

Einführend nannte Dr. Weyhe einige Ergebnisse der Accenture-Studie Outsourcing 2007, die aktuelle Entwicklungen des Outsourcings in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgewertet und Perspektiven für die kommenden fünf Jahre aufgezeigt hat. Demnach wurden zwei Drittel der Outsourcing-Projekte von den Entscheidungsträgern im Ergebnis als erfolgreich bewertet. Umgekehrt erfüllten jedoch rund 30 Prozent der Projekte nicht die an sie gestellten Erwartungen. In sechs Prozent der Fälle fehlte sogar jede Möglichkeit, den Erfolg der Maßnahme einzuschätzen. Die Studie, die vom Outsourcing ganz allgemein spricht, ist auf die besonderen Verhältnisse rund um EMS nicht 1:1 übertragbar. Einige zentrale Lehren kann allerdings auch die Elektronik-Branche daraus ziehen.

So verdeutlichte Elmar Niehues, HypoVereinsbank, wie wichtig gute Zahlengerüste sind, um Inhouse-Fertigung gegenüber Outsourcing wirklich bewerten zu können. Gerade schwankende Losgrößen spielen hier ein große Rolle: „Dienstleister sollten idealerweise mit der Auslastung besser umgehen können, als der Kunde es in seiner eigenen Fertigung kann“, so der Banker. Das definiert allerdings widerum den zu wählenden EMS-Partner. Der sollte tendenziell eher ein gesundes, gut gemischtes Kundenportfolio haben, als nur die verlängerte Werkbank von ein oder zwei Kunden darstellen.
Laut Accenture-Studie rücken außer den üblichen Kostensenkungserwägungen zunehmend auch längerfristige strategische Überlegungen in den Vordergrund. So nennen zwar 73 Prozent der befragten Manager erhöhte Kostenflexibilisierung bei Kapazitätsschwankungen als wichtigstes Pro-Argument für Outsourcing, von 70Prozent (an 2. Stelle) wird jedoch der Zugang zu besonders spezialisierten externen Ressourcen und Fähigkeiten genannt. 62 Prozent nennen (3.) die Leistungssteigerung im Kerngeschäft; erst an 4. Stelle folgt mit 56 Prozent das vermeintlich klassische Motiv für Outsourcing Erschließung von Kostensenkungspotenzialen.
Andreas Thun, Geschäftsführer des Berliner Herstellers für automatische Fahrgastzählsystemen für den öffentlichen Nahverkehr Iris, sprach sich in der Runde ganz klar für den in der Studie zweitgenannten Punkt aus: „Nur mit der richtigen Maschinen- und Prozessausrüstung ist das gewünschte technologische Niveau erreichbar.“ Iris setzt hier deshalb auf den Mix von Outsourcing und eigene Endfertigung, in der wichtige technologische Kernkompetenzen des Unternehmens gebündelt sind.
Ganz anders geht Checkpoint, Anbieter von Warensicherungssystemen für den Einzel- und Großhandel vor: „Wir haben keine eigene Fertigung“, so Ulrich Schäfer, „sondern nur eine Entwicklungsabteilung, die von vorneherein eng mit dem EMS-Partner zusammenarbeitet.“
Ob dabei eine ausreichende Verzahnung stattfindet, stellt Jumo-Fertigungsleiter Günter Bott zumindest für die komplexen Mess- und Regeltechnikprodukte seines Unternehmens in Frage: „Die Zuverlässigkeit unserer Produkte ergibt sich sehr stark durch eine Entwicklungsabteilung, die das Produkt und seine Herstellungsbedingungen gleichermaßen bis in kleinste Details hinein kennt. Das ist in unseren Augen nur gewährleistet durch Fertigungs- und Prozess-Know-how im eigenen Hause.“ Und auch wenn sie in der Studie erst an vierter Stelle genannt werden: Die Kosten spielen durchaus eine Rolle. Im Fall von Jumo waren die realisierten Einsparungen zu gering, um von einem Outsourcing-Erfolg sprechen zu können. Bott: „Bei der Leiterplattenfertigung sind wir für einige Monate zum Outsourcing übergegangen und haben festgestellt, dass wir bei unseren Mengengerüsten eine Kostenreduktion von unter zehn Prozent gegenüber unseren bisherigen Kosten erreicht haben.“ Da packt das Fertigungsmanagement eher der Ehrgeiz, die Inhouse-Lösung nach Optimierungsansätzen zu durchforsten.
Ganz problematisch wurde von allen Diskussionsteilnehmern die Fremdvergabe von Entwicklungsleistung gesehen. Das mag für eine mächtige und technologieführende Consumer-Marke funktionieren. Bei Speziallösungen aus dem Mittelstand für kleinere oder gar Nischenmärkte, wie sie alle drei vertretenen Firmen anbieten, sollte das Entwicklungs-Know-how beim Produktanbieter selbst bleiben. Hier spielt nicht nur die Kernkompetenz, sondern auch die Effizienz Bezihungsweise der Wirkungsgrad der Entwicklungsabläufe eine wichtige Rolle.
Outsourcing ist kein Allheilmittel
Zusammenfassend stellte Dr. Weyhe fest: Outsourcing ist eine Option, jedoch kein Allheilmittel. „In jedem Fall ist sie eine strategische Unternehmensentscheidung mit signifikanten Auswirkungen auf den Geschäftserfol.“ Daher müssten sich mit dem Thema alle Unternehmensklassen auseinander setzen. Weyhe:„Verantwortung wird nicht beim Dienstleister abgegeben, sondern mit ihm geteilt. Outsourcing kann daher kein Rundum-Sorglos-Paket sein.“
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