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Präzisionslösung für die Mikroproduktion

Laserbearbeitung mit piezogetriebenen Kippspiegeln
Präzisionslösung für die Mikroproduktion

Für Präzisionsbearbeitungen im Bereich der Mikroproduktionstechnik sind in der Regel geführte Laserstrahlen das Mittel der Wahl. Gängige Ablenktechniken sind dabei meist die auf dem Induktionsprinzip basierenden Galvanometer-Scanner. Sie sind preiswert und auch mit großen Ablenkwinkeln erhältlich. Allerdings haben sie auch Nachteile.

Holger Hoffmann, Physik Instrumente, Karlsruhe & Ellen-Christine Reiff, Redaktionsbüro Stutensee

Pro Scanner ist beispielsweise nur eine Bearbeitungsachse realisierbar und für Hochpräzisionsanwendungen sind sie oft nicht ausreichend genau. Bei Applikationen, die vor allem Genauigkeit und gleichzeitig auch noch extreme Geschwindigkeiten erfordern, sind deshalb Kippspiegel eine praxisgerechte Alternative, besonders dann, wenn kleinere Ablenkwinkel (bis ca. 100 mrad) ausreichen, und mehrere Bearbeitungsachsen sinnvoll sind. Auch können Kippspiegel als Phasenschieber oder mit Apertur in Durchlichtanwendungen eingesetzt werden.
Wie alle Mikro- und Nanopositioniersysteme stellen leistungsfähige Kippspiegel jedoch in der Serienfertigung hohe Ansprüche an die mechanische Konstruktion, die Auswahl der Materialien sowie die Fertigungs- und Testmethoden. Prinzipien, die für die Grobpositionierung (0,1 mm) gelten, lassen sich meist nicht auf den Sub-Mikrometerbereich übertragen. Hier gelten andere Gesetze und Verbesserungen, die nicht allein durch Optimierung einzelner Komponenten, sondern nur durch das Abstimmen aller Elemente erreichbar sind. Die Karlsruher Firma Physik Instrumente (PI) gilt schon seit über drei Jahrzehnten als Spezialist auf diesem Gebiet. Das Know-how ist auch in die Entwicklung moderner Kippspiegelsysteme eingeflossen. Piezogetriebene Kippspiegel (Bild 1) sind sowohl für den hochdynamischen Betrieb, wie z.B. Tracking, Scanning, Drift- und Vibrationselimination als auch für statische Anwendungen wie die Laufzeitkorrektur, geeignet. Sie ermöglichen einen optischen Ablenkbereich bis zu 100 mrad, extrem schnelles Ansprechverhalten (10 ms bis 1 ms mit Spiegel) sowie Auflösungen bis in den Nano-Radiantbereich. Auf den Wellenlängenbereich – von Infrarot bis UV – und Spiegelmaterial angepasste Kippspiegel aus Aluminium, Invar, Titan oder Stahl besitzen eine optimale thermische Stabilität. PI bietet ein großes Spektrum von kompakten Systemen für die Laserstrahlsteuerung bis hin zu großen Einheiten für die Astronomie.
Piezoantriebe: hohe Genauigkeit und Dynamik
Die in den ein-, zwei- oder dreiachsigen Systemen eingesetzten Piezoaktoren (Bild 2) wirken direkt oder über Festkörpergelenke auf die Spiegelplattform. Da keine Zwischenelemente wie Spindeln oder Getriebe verwendet werden, sind sie umkehrspielfrei. Bei Kippspiegelsystemen mit mehreren Bewegungsachsen sind die differenziellen Piezoantriebe in parallelkinematischen Positioniersystemen eingesetzt. Zusammen mit speziellen Optiken wie f-Theta-Objektiven lassen sich auf diese Weise Lösungen realisieren, die auch bei Temperaturschwankungen ihre hohe Genauigkeit behalten. Entsprechende Kippspiegel werden in Standarddesigns, als OEM-Teile oder in kundenspezifischen Ausführungen angeboten.
Kippspiegelsysteme in der Laser-Mikrobearbeitung
Anwendungsbeispiele für die sehr genauen Systeme finden sich viele (Bild 3). So eignen sich zweiachsige Kippspiegel kombiniert mit einem Sensor im geschlossenen Regelkreis gut für die Ablenkung von Laserstrahlen zur Erzeugung präziser Ecken und Kurven, z.B. von Mikrostrukturen beim Laserschneiden, -bohren und -schweißen für die Mikrofluidik. Mikrostrukturen können lithografisch mit Masken oder maskenlos per Laserstrahl erzeugt werden. Hier ist eine integrierte Kippspiegellösung ideal. Für das Schneiden der einzelnen Details (meist 20 x 20 µm² bis 150 x 150 µm²) muss so nur der Laserstrahl abgelenkt werden. Auf der Geraden wird die Geschwindigkeit u.a. von der Leistung des Laserstrahls begrenzt; in den Ecken von der Dynamik der strahlablenkenden Optik.
Durch den Betrieb im geschlossenen Regelkreis wird eine hohe Positioniergenauigkeit erreicht. Die erzielbare Dynamik hängt generell vom mechanischen Aufbau des Systems und der effektiven Bandbreite der Regelelektronik ab. Relevante Größen sind vor allem die Spiegelgröße und -dicke sowie der maximale Auslenkwinkel. Gleichzeitig können die Systeme bei solchen Anwendungen aber noch einen weiteren Vorteil ausspielen:
Die durch die Bewegungen des zu bearbeitenden Objekts erzeugten Vibrationen lassen sich ebenfalls durch die Regelung ausgleichen. Die sonst notwendigen Systempausen bis zum Abklingen der Vibration werden verkürzt; der Durchsatz kann sich dadurch beträchtlich erhöhen. Würde man mit Galvanometer-Scannern (Galvoscannern) arbeiten, wären für eine vergleichbare Dynamik bei kleinen Ablenkwinkeln sehr große Magnetfelder notwendig, was im Betrieb zu hohen elektrischen Strömen und einer hohen Wärmeabgabe führen würde. Es müsste also eine Kühlung vorgesehen werden. Außerdem bauen zweiachsige Kippspiegelsysteme deutlich kompakter als zwei Galvanometer-Scanner, bieten einen linearen, versatzlosen Strahlengang und arbeiten dank ihrer Festkörpergelenke ohne mechanischen Verschleiß (Bild 4).
Massenspeicherfertigung und Test
Kippspiegelsysteme eignen sich aber auch für hochpräzise Linearbewegungen, z.B. bei der Fertigung von HD-DVD-, DVD- oder CD-Mastern. Die mit einem Fotolack beschichteten Glasscheiben werden per Laserstrahl belichtet. Wie beim späteren Abspielen wird der Laser dazu radial über den rotierenden Master geführt, allerdings mit deutlich höherer Präzision. Kurze Laserimpulse schreiben dabei die Daten binär in den Fotolack. Dieses Verfahren verlangt eine exakte Kontrolle der Rotationsgeschwindigkeit mit Abweichungen unter 0,001 Hz und der seitlichen Strahlablenkung von weniger als 3 nm. Ein Kippspiegel mit Positionssensor, der im geschlossenen Regelkreis betrieben wird, bietet dafür gute Voraussetzungen. Entsprechende Lösungen sind sowohl als Standard- als auch OEM-Produkte erhältlich.
Mehrfachbelichtung zur Auflösungserhöhung
Ein weiteres typisches Einsatzfeld ist die digitale Mehrfachbelichtung zur Erhöhung der Auflösung bei optischen Detektoren wie z.B. CCD- oder CMOS-Sensoren. Versetzte Mehrfachbelichtungen auf einem digitalen Empfänger, bekannt als Interlacing, dienen zur Erhöhung der Pixelauflösung und gleichzeitig durch die Mittelung zur Rauschunterdrückung (Dithering). Die Einzelbilder werden dabei um ca. 2 µm gegeneinander verschoben bei einer Positioniergenauigkeit im Nanometerbereich. Dazu sind nicht nur hochpräzise, sondern auch schnelle Ablenksysteme notwendig. Hochdynamische Kippspiegelsysteme mit zwei Bewegungsachsen sind damit wieder die passende Lösung, zumal nur kleine Ablenkwinkel auftreten, sie sehr kompakt bauen und vergleichsweise wenig Platz benötigen.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Applikationen, bei denen Kippspiegel gegenüber Galvanometer-Scannern Vorteile bieten, z.B. bei der lasergestützten Bearbeitung von Metallfolien, angefangen von der Erzeugung filigraner Feinststrukturen bis hin zur Direktstrukturierung metallischer oder organischer Schichten im Rapid-Prototyping. In Zukunft werden sich die vielseitigen, hochpräzisen und schnellen Systeme darum sicherlich noch weitere Einsatzbereiche erobern, z.B. auch bei der dynamischen Fehlerkorrektur von Polygon-Scannern, wie es schon heute in der professionellen Drucktechnik bei der so genannten „Computer-to-Plate-Technik“ geschieht.
Productronica, Stand B5.331
EPP 493

Parallel- und Seriell- Kinematik im Vergleich
In der Kinematik unterscheidet man prinzipiell zwischen Seriell- und Parallel-Kinematik. Bei seriellen Systemen wirkt jeder Aktor auf eine eigene Stellplattform, ist also eindeutig einer Achse zugeordnet. Dadurch vereinfachen sich der mechanische Aufbau und die Regelung. Da sich Führungsfehler bei den „gestapelten“ Systemen jedoch addieren, ist die Genauigkeit geringer als bei den so genannten Parallelsystemen. Im Gegensatz zur seriellen Kinematik wirken hier alle Aktoren unmittelbar auf die gleiche Plattform (Bild 5), was außer der größeren Genauigkeit noch weitere Vorteile bringt: z.B. geringere Massenträgheit und damit eine höhere Dynamik, gleiche Dynamik jeder Achse und einen deutlich kompakteren Aufbau. Die Steuerung solcher Systeme ist allerdings recht anspruchsvoll, und erfordert vom Hersteller viel Erfahrung und Know-how.

Vorteile und Eigenschaften von Piezoaktoren
Piezoelektrische Materialien werden eingesetzt, um elektrische Energie in mechanische umzuwandeln und umgekehrt. Für die Nanopositionierung ist die präzise Bewegung, die entsteht, wenn eine elektrische Spannung an ein piezoelektrisches Material angelegt wird, von großer Bedeutung. Aktoren, die auf dem Piezoeffekt basieren, sind erst seit ca. 35 Jahren kommerziell verfügbar und haben seitdem die Welt der Präzisionspositionierung stark verändert. Piezoaktoren können Bewegungen im Sub-Nanometerbereich mit hoher Geschwindigkeit durchführen. Beschleunigungen von mehr als 10.000 g sind erreichbar. Die Bewegung beruht auf kristallinen Festkörpereffekten. Es gibt keine rotierenden oder reibenden Teile. Piezoaktoren können große Lasten bis zu mehreren Tonnen bewegen. Sie wirken elektrisch wie kapazitive Lasten, und benötigen praktisch keine Leistung im statischen Betrieb. Obendrein sind sie wartungs- und verschleißfrei, weil sie keine bewegten Teile im klassischen Sinne besitzen.
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