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Reinheit und Flexibilität gefordert

UV-härtbare Leitklebstoffe für die Mikroelektronik
Reinheit und Flexibilität gefordert

Elektrisch und thermisch leitfähige Klebstoffe haben bereits vor einiger Zeit ihren Weg auf den Markt gefunden und treffen dank ihrer Vorteile gegenüber dem Löten und ihrer Vielfältigkeit auf immer neue Einsatzgebiete als Klebstoffe oder Beschichtungen. Eine Innovation im Leitkleben stellen dabei UV-härtbare Leitklebstoffe dar. Panacol-Elosol und das Fraunhofer Institut für angewandte Materialforschung haben in einem gemeinsamen Forschungsprojekt einen isotropen Leitklebstoff für Anwendungen in der Mikroelektronik entwickelt.

Gert Tetzner und Achim Battermann, Panacol-Elosol, Oberursel

In der Mikroelektronik besteht immer mehr Bedarf an isotropen Leitklebstoffen mit sehr guten elektrischen Eigenschaften und sehr niedrigem Ionengehalt, um eine vorzeitige Degradation zum Beispiel durch Korrosion zu verhindern. Außerdem werden folgende Bedingungen gefordert:
• einkomponentig,
• lagerfähig bei Raumtemperatur,
• Aushärtung bei 120 °C, maximal 30 min / UV-Härtung trotz hohem Füllgehalt und
• Temperaturbeständigkeit >150 °C.
Im Prinzip gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, diese Anforderungen zu erreichen. Eine davon ist, als Basismaterial cycloaliphatische Harze statt bisphenol-A/F-basierende Harze zu verwenden. Cycloaliphatische Epoxidharze haben systembedingt einen sehr niedrigen Ionengehalt und müssen deshalb nicht weiter gereinigt werden. Leider sind diese Harze spröder und haben eine geringere Festigkeit und elektrische Leitfähigkeit als Bisphenol-A/F-Harze. Zusätzlich wird die Sprödigkeit durch den metallischen Füllstoffanteil, der üblicherweise bei 75 bis 80 Gew.-% liegt, noch verstärkt. Diese Tendenzen müssen durch alternative Lösungen ausgeglichen werden.
Um diese Anforderungen zu erfüllen, wurde ein 1-Komponenten-Klebstoff auf Basis eines cycloaliphatischen Epoxidharzes entwickelt. Das Harz hat einen sehr niedrigen Ionengehalt: Chlor 2 ppm, Natrium und Kalium 1 ppm. Es hat bei Raumtemperatur eine Lagerzeit von sechs Monaten. Aushärtungsversuche bei 120 °C ergaben eine Aushärtungszeit von 15 bis 20 min. Das neu entwickelte Epoxidharz war zunächst mit 70 Gew.-% mit handelsüblichen Silberflakes gefüllt. Der durchschnittlich gemessene elektrische Widerstand dieses isotropen Leitklebstoffes betrug 10-4 qcm.
Problem Elastizität
Ein wichtiger Faktor in der Mikroelektronik ist die mechanische Stabilität unter Scherkrafteinwirkung. Versuche zeigen deutliche Unterschiede in den Ergebnissen der Basisharze. Klebstoffe auf Basis von cycloaliphatischer Epoxidharze – gefüllt oder ungefüllt – sind spröder als vergleichbare Klebstoffe auf Basis von typischen Bisphenol-A/F-Epoxidharzen. Zusätzlich ist die Verformbarkeit des cycloaliphatischen Materials unter Scherkraft-einwirkung im Vergleich geringer als beim bisphenol-basierenden Material.
Werden mit etwa 70 Gew.-% silbergefüllte cycloaliphatische Epoxidharze in der SMT verwendet, können sich diverse Probleme in der Anwendung ergeben. In Anbetracht der geringen Elastizität und Verformbarkeit bei einer geforderten hohen Reißdehnung ist bei einer Klebeverbindung keine optimale Eignung erreichbar.
Nur ein flexiblerer cycloaliphatischer Leitklebstoff kann diese Nachteile ausgleichen. Wenn die Formulierung des Harzes nicht verändert werden soll, ist nur eine Reduzierung des Füllstoffgehaltes erfolgreich. Im Falle eines flakeartigen Füllstoffes bedeutet das jedoch eine nicht tolerierbare große Abnahme der elektrischen Leitfähigkeit des iso-tropen Leitklebstoffes. Um aus dieser Sackgasse herauszukommen, bieten sich Füllmaterialien an, die in einem speziellen Verfahren in einem Inertgas hergestellt werden. Es handelt sich dabei nicht um Flakes sondern um ein Pulver mit einer Primärpartikelgröße im Nanometerbereich.
Der verwendete poröse nanoskalige Silberfüllstoff wird in einem Inertgas-Kondensations-Verfahren hergestellt. In Anbetracht der in der Mikroelektronik geforderten hohen Reinheit, ist diese Methode der Füllstoffherstellung vorteilhaft, da in der neutralen Atmosphäre während des Herstellprozesses keine Verunreinigungen oder reaktiven Bestandteile anwesend sind.
TEM-Untersuchungen dieser netzwerkartigen Silberpartikel und Messungen der Leitfähigkeit des Pulvers weisen auf eine gute Kontaktierung der Partikel untereinander hin. Die poröse Struktur des Nanopulvers wird vollständig von der Harzmatrix im flüssigen Zustand penetriert, so dass neben der elektrischen Leitfähigkeit eine hohe mechanische Stabilität gewährleistet ist.
Die Schliffbilder von ausgehärteten Leitklebstoffen zeigen deutlich die Unterschiede zwischen den Silberfüllstoffen als konventionelle Silberflakes mit 75 Gew.-% Füllgrad und dem Silber-Nanopulver mit nur 52 Gew.-%. Die typische Schüttdichte des Nanopulvers liegt bei 0,4 bis 0,6 g/cm³.
Thermodynamische Eigenschaften der isotropen Leitklebstoffe
Sowohl das Füllmaterial als auch die Harzmatrix wurden über mehrere Entwicklungsschritte verbessert, wobei das Endprodukt hinsichtlich der thermodynamischen Eigenschaften in Versuchsreihen optimiert wurde. Die Abbildungen 5 und 6 zeigen typische thermodynamische Eigenschaften des entwickelten Leitklebstoffes. In Bild 5 ist die deutlich nach bereits 7 bis 8 min erkennbare abgeschlossenen Aushärtung zu erkennen und in Bild 6 der hohe Tg-Bereich von über 120 °C. Scherkraftmessungen nach Klimalagerung und Temperaturwechsel belegen das hohe Entwicklungsergebnis.
Der neu entwickelte isotrope Leitklebstoff wurde speziell unter dem Aspekt einer sehr hohen Ionenreinheit, verbunden mit hervorragenden thermomechanischen Eigenschaften und niederen Aushärtetemperaturen entwickelt. Die elektrische Leitfähigkeit liegt durchschnittlich im Bereich von 10-3 qcm. Widerstandsmessungen zeigen, dass der neue Leitklebstoff für AuAgPd-Oberflächen sehr gut, für SnPb noch nicht optimal geeignet ist. Daher werden die nächsten Projektziele speziell der Optimierung der SnPb-Eigenschaften dienen, um auch auf diesen Oberflächen die Vorteile des Leitklebens voll ausnutzen zu können.
Mit dem Einsatz isotroper nanoskalig gefüllter Leitklebstoffe in Verbindung mit den Möglichkeiten der UV-Aushärtung ergeben sich in Zukunft neue Möglichkeiten, die entscheidenden Einfluss auch auf das Design von Geräten haben werden, die auf Mikroelektronik basieren. Einen Vorgeschmack auf die Zukunft zeigen Geräte in 3-D-MID Aufbau. Hier ist das Gehäuse gleichzeitig der Schaltungsträger. Die Leiterplatte wird nicht mehr konventionell mit Bauteilen in einer Ebene bestückt. Bei der Bestückung in 3-D-MID folgt die Funktion der Form in die dritte Dimension. Neben den gestalterischen Möglichkeiten, die die Designer in bisher nicht mögliche Formgebungen umsetzen können, werden Kosteneinsparungen durch Materialien, die nicht mehr auf ho-he Löttemperaturen ausgelegt sein müssen, das Endprodukt wesentlich kostengünstiger werden lassen.
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