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Schutz vor Ausfall

Zuverlässigkeitsprüfung: Eine Langzeitgarantie
Schutz vor Ausfall

Für viele Unternehmen in der Elektronikindustrie sind Funktionsprüfungen die einzige Anforderung vor der Markteinführung eines Produktes. Allerdings kann die Nichtberücksichtigung der langfristigen Auswirkungen auf ein Produkt zu teuren Rückrufaktionen, einer hohen Anzahl an Rücksendungen innerhalb der Gewährleistung sowie einer langfristigen Image-Schädigung führen. Unternehmen, die Zuverlässigkeitsprüfungen nicht in ihren Produktentwicklungsprozess einbeziehen, riskieren insofern laut leitender Mitarbeiter des unabhängigen, ISO 17025 akkreditierten, Prüflabors Anecto Limited in Irland potenziell Millionen an Euros zu verlieren.

Anecto Ltd., Galway (Irland)

Viele Erstprüfungen basieren auf einer Funktionsprüfung zur Sicherstellung, ob das Produkt den Entwurfsplan erfüllt. Aber Zuverlässigkeit erfordert einen umfassenderen, langfristigeren und aggressiveren Testansatz. Eine Funktionsprüfung mag ein sechsstündiger Heißlagerungstest zum Beweis, dass die Einheit bei 50 Grad Celsius funktionsfähig ist, sein. Eine Zuverlässigkeitsprüfung könnte tausend Stunden dauern. „Temperatur- oder Temperatur-/Luftfeuchtigkeitstests mit tausend oder mehr Stunden sind besonders für Automobilhersteller nichts Ungewöhnliches. Aber Zuverlässigkeit funktioniert innerhalb der veröffentlichten Spezifikationen einer Einheit“, erläutert der leitende Elektronikingenieur von Anecto, Sean Doheny. „Zuverlässigkeitsprüfungen testen, ob die Einheit langfristig funktionsfähig bleibt.“
Funktionsfähigkeit erhalten
Zusätzlich zu Temperatur und Feuchtigkeit sind Produkte häufig Vibrationen und Schockeinwirkungen ausgesetzt. „Abhängig vom Produkt können Vibration und Schock eingesetzt werden. Sie versuchen, eine Produktlebensdauer an Verschleiß und Fehlgebrauch zu simulieren. Dies könnte zum Beispiel sein, wie oft eine Autotür während der Produktlebensdauer geschlossen wird. Im Test würden dann über einen kurzen Zeitraum ebenso viele Schocks auf das Produkt ausgeübt. Mit Vibrationen ist dies etwas schwieriger. Es werden allgemein keine tausendstündigen Vibrationstests durchgeführt. Es handelt sich hier eher um 20 bis 50 Stunden. Aber es geht letztendlich darum, mehr als die Funktionsfähigkeit eines Produktes auf einem bestimmten Niveau zu testen.“
Eine Alternative – falls ein Hersteller wissen möchte, innerhalb welcher Grenzwerte ein Produkt funktionsfähig ist – bietet der HALT-Test (Highly Accelerated Life Test). Hier wird das Produkt bis zur Zerstörung getestet. Beim HALT-Test wird ein Produkt bis zu spezifizierten hohen Temperaturen aufgeheizt und dann einer Schockkühlung mit Flüssigstickstoff unterzogen. Ein Vibrationstisch kann zusätzlich in den Test zur Überschreitung der Produktleistungsfähigkeit integriert werden. Der Test wird eindeutig zeigen, wie nah die tatsächliche Leistungsfähigkeit an die Spezifikationen kommt, und kann schwerwiegende Konstruktionsmängel aufdecken.
„Ihr Produkt wird zuverlässig funktionieren, wenn Sie genügend Spielraum haben. Falls HALT allerdings Grenzwerte aufzeigt, die knapp außerhalb Ihrer Spezifikationen liegen, könnte dies problematisch sein. Die Grenzen Ihres Produktes zu kennen, ist wesentlich, um die langfristige Zuverlässigkeit dieses Produktes zu verstehen und genau dafür ist HALT besonders nützlich“, sagt Sean.
Anecto-Mitgründer und Technischer Direktor (CTO) Liam Maher ist ein starker Befürworter von HALT und beschreibt das Prüfverfahren als „einen der entscheidenden Faktoren für Einsparungen bei den Gewährleistungskosten.“
„Bei richtiger Durchführung durch erfahrende technische Fachleute und in einem akkreditierten Labor verhindern HALT und HASS (Highly Accelerated Stress Screening) Kinderkrankheiten durch die Beseitigung von Konstruktions- und Prozessfehlern. Darüber hinaus wird dies innerhalb von einigen Tagen erzielt, im Gegensatz zu anderen, umständlicheren Methoden wie RDT (Reliability Demonstration Testing), ORT (Operational Readiness Testing) und Einbrennprüfungen. Diese Tests haben ihre eigenen Vorteile und Wirksamkeit, aber sie können Wochen, sogar Monate dauern und erreichen dennoch nicht, was HALT und HASS imstande sind, zu liefern. HALT und HASS führen zu einem robusten Produkt, welches gewährleistungskosteneffektiv ist und gleichzeitig die Kundendienstkosten, Rückrufe und Haftungsrisiken reduziert“, sagt Liam. Falls ein Produkt die Gewährleistung nicht erfüllt, können die Kosten „exponentiell“ ansteigen. Allerdings sollte die Sicherstellung, dass das Produkt die Gewährleistung erfüllt, nicht einziges Ziel sein, falls man sich eine starke Markenidentität für Qualität und Zuverlässigkeit erhalten möchten.
„Jeder hat schon einmal Erfahrung mit einem Kühlschrank oder Geschirrspüler gemacht, welcher nach drei Jahren nicht mehr funktionierte. Zu diesem Zeitpunkt ist die Gewährleistung schon lange abgelaufen, dennoch denkt man sich: ‚Diese Marke kaufe ich nicht wieder‘, denn drei Jahre ist einfach zu wenig. Zuverlässigkeit ist eine Frage der Einstellung. Auch ist Zuverlässigkeit langfristig ausgelegt. Sie erreichen langfristige Zuverlässigkeit nicht, indem Sie jetzt nur kleine Schritte tätigen. Es ist eine Lebenseinstellung. Es ist ein Konzept, welches besagt, ‚heute in 10 Jahren soll mein Produkt immer noch funktionieren‘.“
Frühzeitige Einbeziehung
Zuverlässigkeitsprüfungen sollten relativ frühzeitig im Entwicklungsprozess, am besten in der späten Konstruktionsphase durchgeführt werden. Somit geben Sie sich, falls nötig, genügend Zeit für eine Überarbeitung des Produktes. Dies wiederum kann zu erheblichen, sich daraus ergebenden Kosteneinsparungen führen.
„Die Prüfungen müssen am fast fertigen Produkt durchgeführt werden, jedoch innerhalb eines Zeitrahmens, der Ihnen gegebenenfalls die Umsetzung der aus den Prüfungen resultierenden Änderungen ermöglicht. Wir kennen von einem konkreten Hersteller die geschätzten Kosten für Rücksendungen innerhalb der unterschiedlichen Produktentwicklungsphasen. Und diese steigen nicht nur, sondern sie steigen exponentiell. Wenn das Produkt bereits im Einsatz ist, sind die Kosten für Änderungen und Korrekturen erheblich. Diese Tests als Teil der Konstruktionsphase durchzuführen, ist wesentlich kostengünstiger“, sagt Sean.
Das Prüflabor bietet Prüf-, Reparatur- und Beratungsdienste für viele unterschiedliche Branchen, einschließlich Medizinprodukten, der Energiewirtschaft sowie der Automobil-, Elektronik- und Verpackungsindustrie an. Die Verpackung ist oft ein vergessenes bzw. wenig beachtetes Element der Produktentwicklung, dennoch kann sie ein ausschlaggebender Faktor für die langfristige Zuverlässigkeit eines Produktes sein.
„Zum Beispiel ist die Verpackung für Medizinprodukte wenn es um Sterilität geht genau so eine Herausforderung wie das Produkt selbst. Ist ein Produkt immer noch steril oder kann es schwerwiegende Probleme für den Patienten verursachen, wenn es eingesetzt werden soll und vorher fünf Jahre lang im Regal gelegen hat? Dies kann zu lebensbedrohlichen Situationen führen und ist nicht nur eine Kostenfrage. Somit sind nicht nur Produktprüfungen, sondern auch Verpackungstests erforderlich. Die Verpackung muss genau richtig sein und deshalb den dafür notwendigen Tests unterzogen werden“, so Sean. „Die Tendenz geht dahin, die Verpackung einfach auf einen Lkw zu laden, sie zu versenden und zurückzuliefern und dann das Ergebnis auszuwerten“, fügt Liam hinzu. „Das ist bis zu einem bestimmten Punkt in Ordnung, spiegelt die Realität aber auf keinem Fall wieder. Strukturierte und standardisierte Prüfungen sind immer die beste Option, einschließlich dokumentierter Historien und Ergebnisse dessen, was Sie gemacht und warum Sie es getan haben. Man muss die gesamte Kombination betrachten, nicht nur das Produkt alleine, sondern immer auch im Verbund mit der betreffenden Verpackung.“
„Es verblüfft mich immer wieder, wenn ich in dem heutigen wettbewerbsintensiven Umfeld Unternehmen sehe, die Zuverlässigkeitsprüfungen nicht als Sicherheitsnetz einsetzen. Ohne strenge Produktzuverlässigkeitsprüfungen und Überwachungsprogramme laufen sie Gefahr, überhöhte Gewährleistungskosten, aufgrund höherer als erwarteter Ausfälle im Einsatz, Produktrückholaktionen und bedeutende Kundenunzufriedenheit, zu verursachen“, erklärt Liam. „2009 meldete die Fort Motor Company Kosteneinsparungen von mehr als einer Milliarde US-Dollar durch die Optimierung ihrer gesamten Vorab-Entwicklungsprozesse und durch die Durchführung von robusten und aggressiven Validierungstests. Es gibt unzählige andere Beispiele. Tatsache bleibt, dass Sie Zuverlässigkeitsprüfungen durchführen müssen, falls Ihr Produkt zuverlässig sein soll.“
Heute spart Ford Milliarden durch die Durchführung von Zuverlässigkeitsprüfungen. In den 70igern und den 80igern bedeuteten Zuverlässigkeitsprobleme in der Automobilbranche, dass Kunden nur sehr langsam zu den Marken zurückkehrten, an denen sie sich zuvor die ‚Finger verbrannt hatten‘, obwohl die Fahrzeuge mittlerweile ein viel höheres Niveau erreicht hatten. Es dauerte Jahrzehnte, bis der durch unzuverlässige Vorgängermodelle geschädigte Ruf einer Unternehmensmarke wieder ausgeglichen werden konnte. „Ein guter Ruf bringt Ihnen eine Menge ein, aber durch einen schlechten Ruf können Sie auch viel verlieren. Die Wahrnehmung ist sehr wichtig in Bezug auf Zuverlässigkeit. Nicht nur die tatsächliche Zuverlässigkeit, sondern die Wahrnehmung der Zuverlässigkeit ist entscheidend“, sagt Sean.
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