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Streckbank für Chip-Verbindungen

Pulltest als Methode zum Qualifizieren von Drahtbondverfahren
Streckbank für Chip-Verbindungen

Drahtbonden gehört neben den verschiedenen Lötverfahren zu den am häufigsten verwendeten Verbindungstechniken in der Mikroelektronik. Die Anforderungen an diese Technik sind, abhängig von der Applikation, in der die gebondeten Bauelemente eingesetzt werden, sehr unterschiedlich. Dementsprechend sind auch verschiedene Testmethoden notwendig, um die verschiedenen Aufbauten zu qualifizieren. Eine universelle und daher auch oft eingesetzte Metho-de ist der Pulltest. Im vorliegenden Artikel werden die Einsatzmöglichkeiten dieses Verfahrens in den verschiedenen Applikationen dargestellt und dessen Vor- und Nachteile beleuchtet.

Dr. Heinz Osterwinter, Transferzentrum Mikroelektronik, Göppingen

Seit Einführung des planaren Transistors wurden verschiedene Drahtbondverfahren für verschiedene Aufgabenstellungen entwickelt. Man unterscheidet heute das Ball-Wedge-Bonden und das Wedge-Wed-ge-Bonden (Bild 1). Beim Ball-Wedge-Bonden werden die Verbindungen fast aus-schließlich mit Golddrähten hergestellt, wobei die Energiezufuhr für diese Reib-Schweißverbindung (Thermosonic-Verfahren) über eine Substratvorheizung (die Temperaturen liegen je nach Applikation zwischen 120 und 180 °C), denAnpressdruck einer Bondkapillare und durch Ultraschall-Schwingungen bewerkstelligt wird. Die erste Bondstelle sieht nach dem Verformen durch das Bondwerkzeug wie ein Nagelkopf (deshalb spricht man auch vom Nailhead-Bonden), das andere Drahtende eben wie ein Keil (Wedge) aus.
Aus metallurgischen Gründen wurde später auch noch das Wedge-Wedge-Bonden mit Aluminiumdraht eingeführt. Das Verfahren hat den Vorteil, dass durch das Verwenden dieses Metalls auf der Chipseite eine gleiche Materialpaarung (Aluminium/Aluminium) an der Bondstelle vorliegt, die wegen fast nicht ablaufenden Diffusionen langzeitstabiler ist. Beim Wedge-Wedge-Bonden mit Aluminium-Draht unterscheidet man Dünndraht- (Drahtdurchmesser 17,5 bis 50 µm) und Dickdrahtbonden (Drahtdurchmesser über 50bis zu 500 µm). Das Wed-ge-Wedge-Bonden wird auch als Ultrasonic-Verfahren bezeichnet, weil die Mikro-Schweißverbindung über den Anpressdruck des Werkzeugs und durch Ultraschall-Schwingungen bei Raumtemperatur zustande kommt.
Auf der Chipseite findet man heutzutage auf den Bondpads fast immer Aluminiummetallisierungen vor. Auf der Substrat-seite sind die Verhältnisse in der Regel deutlich differenzierter. Träger von Chips und damit Träger für die Drahtbondverbindungen können Leadframes, Dick- und Dünnschichtsubstrate und Leiterplatten (Chip-on-Board) sein. Die Bondoberflächen auf der Substratseite können aus sehr unterschiedlichen Metallisierungen bestehen: Dick- und Dünnschicht-Metallisierungen aus Gold, Leiterplatten mit Nickel/Gold-Endoberflächen, Leadframes mit Nickel/ Gold oder aluminium-walzplattiert etc.. Die unterschiedlichen Bondoberflächen haben zum Teil sehr verschiedene Eigenschaften und eignen sich nicht immer für alle Bondverfahren gleichermaßen.
GeeigneteBond-Prüfverfahren
Beim Prüfen von Drahtbond-Verbindungen muss man grundsätzlich zwei verschiedene Kategorien unterscheiden. Zu einem muss man prüfen, ob eine bestimmte Metallisierung eines Substrates mit einem vorgesehenen Bonddraht und Bondverfahren überhaupt für diese Art des Verbindens geeignet ist. Diese Tests werden Bond-Eignungstests genannt. Daneben gibt es noch Prüfungen in der Serie, bei denen es darum geht, etwaige Prozessschwankungen beziehungsweise Fertigungsfehler zu erkennen. Diese Tests werden demzufolge Qualitätstests genannt. Weiterhin werden Bond-Testverfahren in die Gruppen zerstörende und nicht zerstörende Bond-Prüfungen unterteilt. Im Allgemeinen sind folgende Bondtests üblich:
• der Bondpulltest (Bild 2) im zerstörenden und nicht zerstörenden Modus
• der Schertest
• die visuelle Bondprüfung (zum Beispiel das Messen des Quetschfaktors beim Wedge-Bonden)
• die Schliffpräparation und das visuelle Auswerten der Interface-Struktur (gegebenenfalls mit einem Raster-Elektronenmikroskop)
• das Anätzen von Bondverbindungen
Besonders günstig für das Prüfen in der Serie (Qualitätstests) wären elektrische Prüfungen, weil diese vom Prinzip her folgende Vorteile haben:
• sie sind zerstörungsfrei
• sie machen einen 100%-Test möglich
• sie sind schnell durchführbar (vollautomatische Testeinrichtungen)
Leider konnte in umfangreichen Untersuchungen nicht gezeigt werden, dass die Übergangswiderstände zwischen Bondpad und Bonddraht (Bild 3) mit der mechanischen Festigkeit einer Drahtbondverbindung korreliert sind. Daher sind über elektrische Tests keinerlei Aussagen über die Zuverlässigkeit und Qualität von Drahtbond-Verbindungen möglich.
Eine hohe Aussagekraft über die Quali-tät einer solchen Verbindung liefern die analytischen Tests der Schliffpräparation (Bild 4) und des Anätzens. Leider sind diese Tests sehr aufwändig und zerstörend, so dass sie bestenfalls als Bond-Eignungstests verwendet werden können.
In der Fertigung von Dünndraht-Bondverbindungen wird zur Qualitätssicherung sehr häufig der Pulltest eingesetzt, da dieser mit relativ geringem Aufwand ausgeführt werden kann. In der Regel werden stichprobenartig zerstörende Pulltests gemacht und mit dem Auswerten dieser Tests eine Regelkarte beim Bonden geführt.
Ein wesentlicher Nachteil des Pulltests ist, dass die Krafteinleitung nicht direkt in die Schweißstelle erfolgt und somit die erreichten Pull-Kräfte nur mittelbar ein Maß für die Qualität der getesteten Bondverbindung seien können. Beim Schertest hingegen wird mit einem Schermeißel die Kraft zum Abscheren der Bondverbindung in die jeweilige Bondstelle eingeleitet. Sofern die Bedingungen beim Schertest gut und reproduzierbar eingestellt sind (insbesondere die Lage des Schermeißels relativ zur Bondoberfläche), ergeben sich Testergebnisse, mit denen man sehr gut die Qualität einer Bondverbindung testen kann. Bei Wedge-Verbindungen mit Dünndraht ist die Einstellung des Schermeißels relativ schwierig, weil die Abmessungen der zu prüfenden Bonds sehr klein sind. Gute Ergebnisse liefert der Schertest daher bei Ball-Verbindungen sowie bei Dickdraht-Wedge-Verbindungen.
Durchführung des Pulltests
Um reproduzierbare und vergleichbare Ergebnisse beim Pulltest zu erhalten, muss den unterschiedlichen Geometrien der Draht-Loops Rechnung getragen werden. Die gemessene Kraft am Pullhaken entspricht in der Regel nicht der Kraftin den beiden Drahtenden (Bild 5). Um bei unterschiedlichen Geometrien vergleichbare Abzugskräfte zu erhalten, ist daher auf jeden Fall ein Umrechnen nach den Formeln in Bild 6 zu machen.
Bei den Qualitätstest werden dann bei einer statistisch relevanten Anzahl von Bond-verbindungen Pulltests durchgeführt, wobei folgende Werte für die Auswertung von Bedeutung sind:
• die mittleren Abzugskräfte
• die Standardabweichung der Abzugskräfte
• die maximale Abzugskraft
• die minimale Abzugskraft
• die Verteilung der Fehlerarten (Lift-Off, Heel-Crack, Drahtbruch)
Nach dem DVS-Standard 2811 sind Abzugskräfte gemäß der Tabelle unbedingt zu erreichen.
Der Pulltest als Bond-Eignungstest
Um die grundsätzliche Eignung einerBondoberfläche für das Bonden mit dem jeweilig gewünschten Bondverfahren und dem dazugehörenden Draht zu testen (Bondeignung), muss der Pulltest erweitert werden. Eine solche Untersuchung kann ergeben, dass eine gewählte Metall-oberfläche zum Bonden grundsätzlich nicht geeignet, bedingt geeignet (z.B. Kontaminationsproblematik) oder gut geeignet ist. Der erweiterte Bond-Pulltest sieht wie folgt aus:
  • 1. Schritt: Einstellen der Parameter Bondzeit und Bondkraft
  • 2. Schritt: Ermitteln des Prozessfensters
  • 3. Schritt: Erstellen einer statistischen Anzahl von Bondloops im Prozessfenster
  • 4. Schritt: Die statistische Auswertung
Im ersten Schritt wird die Drahtbond-Apparatur grundsätzlich so eingestellt, dass sich optisch gute Bondverbindungen ergeben (Bild 7). Ein sehr wichtiger Ein-flussfaktor beim Drahtbonden ist die Ultraschall-Leistung, die beim Ermitteln des sogenannten Bondfensters von sehr kleinen bis hin zu großen Werten variiert wird. Beim Ultrasonic-Verfahren mit Aluminiumdraht ergibt sich theoretisch ein Bild gemäß Abbildung 8.
Bei sehr kleinen Ultraschall-Energien (gemessen in Skalenteilen an der jeweiligen Bondapparatur; Absolutwerte sind in der Regel nicht brauchbar) kommt es noch zu keiner oder zu einer schlechten Bondverbindung. Dies äußert sich in sehr geringen Abzugswerten und der Fehlerart Lift-Off. Beim Erhöhen der Ultraschall-Leistung kommt es zunehmend zu einer Verbesserung der Schweißverbindung. Dies hat dann zur Folge, dass die Abzugswerte ansteigen und das Lift-Off langsam nachlässt. Stattdessen werden beim harten und relativ spröden Aluminiumdraht zunehmend sogenannte Heel-Cracks sichtbar. Dabei handelt es sich um Brüche im Übergangsbereich zwischen Wedge (verformter Bereich des Drahtes) und dem unbearbeiteten Draht. Mit weiter zunehmender Ultraschall-Leistung wird der Heel-Bereich immer stärker geschwächt, was dann zu einer Abnahme der Abzugskräfte führt.
Festlegungdes Prozessfensters
Das Prozessfenster wird nun wie folgt festgelegt: Die untere Grenze beginnt an der Stelle, an der ein Lift-Off nicht mehr auftritt. Das obere Ende des Prozessfensters ergibt sich aus der minimalen mittleren Abzugskraft, die noch toleriert wird. Zum Ermitteln des Prozessfensters müssen bei einer Reihe von Ultraschall-Energieeinstellungen jeweils zehn Loops gemacht und gepullt werden, was natürlich relativ aufwändig ist. Kommt ein geeignetes Prozess-fenster wie in Bild 9 zustande, wird beim dritten Schritt weitergemacht. Ist das Prozessfenster sehr schmal oder sind starke Abweichungen von der idealen Kurvenform der Abzugswerte oder der Fehlerarten zu erkennen (oder sehr hohe Schwankungsbreiten) ist die Bondoberfläche ungeeignet.
Im dritten Schritt werden nun in der Mitte des Prozessfensters mindestens 30 Loops hergestellt (Bondparameter werden entsprechend eingestellt und sind somit optimal für die jeweiligen Fügepartner) und mit Hilfe des zerstörenden Pulltests auf ihre Qualität hin überprüft. Hieraus ergibt sich dann die mittlere Abrisskraft, die Standardabweichung sowie der minimale und der maximale Abrisswert. Nun wird folgende Endbeurteilung vorgenommen:
• Gut bondbar: Keine Lift-Offs, Standardabweichung unter 10 % des Mittelwerts der Abrisskraft
• Eingeschränkt bondbar: Nicht mehr als ein Lift-Off, Standardabweichung unter 15 % des Mittelwerts der Abrisskraft
• Nicht bondbar: Mehr als ein Lift-Off, Standardabweichung größer als 15 % des Mittelwerts der Abrisskraft
Der Pulltest eignet sich bei korrekter Handhabung sowohl für Qualitätstests in der Serie als auch als Bond-Eignungstest vor der Serie. Die grundsätzliche Stärke des Pulltests ist das einfache Durchführen. Wenn die genannten Hinweise sorgfältig beachtet werden, lassen sich genaue und reproduzierbare Ergebnisse erzielen. Für den Test der Bondeignung wurde der Ablauf des Pulltests vom Transferzentrum Mikroelektronik (TZM) in der oben beschriebenen Weise abgeändert beziehungsweise ergänzt. Inzwischen kann mit dieser Vorgehensweise auf einen großen Erfahrungsschatz insbesondere im Bereich der Chip-on-Board-Technik zurückgegriffen werden, so dass mit Hilfe des Pulltests präzise Aussagen über die Bondeignung gemacht werden können.
EPP 191
Merkmale der Zugkraft Laborbedingungen Fertigung
Mittelwert (bezogen auf Drahtreißlast) > 50 % > 50 %
Standardabweichung (bezogen auf den Mittelwert) 15 % 25 %
Bondabhebungen (Lift-Off) 0 % 10 %
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