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Verarbeitungs-Know-how ist entscheidend Holger Herrmann und Pete Doyon, Schleuniger, Thun (Schweiz)

POF: Märkte, Applikationen und Verarbeitung
Verarbeitungs-Know-how ist entscheidend Holger Herrmann und Pete Doyon, Schleuniger, Thun (Schweiz)

POF ist die aus dem Englischen kommende Bezeichnung für Kunstoff-Lichtwellenleiter und ist die international anerkannte Abkürzung für Polymer-Optical-Fiber oder Plastic-Optical-Fiber. Wie alle optischen Fasern, wird auch POF dazu verwendet, Licht zu übertragen – sei es für die Datenübertragung oder für verschiedene Anwendungen in der Beleuchtungstechnik. Der Kern einer POF-Faser ist mit einem Durchmesser von 0,98 mm ungefähr achtmal größer als der einer Standard-Glasfaser (GOF – Glass Optical Fiber), was es im Vergleich zu GOF erheblich einfacher macht, POF zu verarbeiten und zu installieren.

Der Weltmarkt für POF hatte 2002 gemäß einer von Information Gatekeepers (IGI) veröffentlichten Studie ein Volumen vom 500 Mio. US$ und wird bis 2006 auf 2 Mrd. anwachsen. Das deutlich gesteigerte Marktvolumen wird vor allem auf starkes Wachstum in den Verbrauchermärkten und in der Automobilindustrie zurückzuführen sein. Ein eher verhaltenes Wachstum wird in den Märkten für Verbindungstechnik, Gebäudeinstallationen und industrielle Steuerungen erwartet.

POF hat gegenüber anderen Leitern wie GOF oder Kupfer diverse Vorteile. Die typischen Eigenschaften von Plastik machen POF flexibler und weniger beschädigungsanfällig als Single-Core-GOF, wobei POF gleichzeitig weniger wiegt und weniger Platz benötigt als Kupfer. Sowohl POF als auch GOF bieten die Möglichkeit einer wesentlich höheren Bandbreite und verursachen im Gegensatz zu Kupfer keine elektromagnetischen Interferenzen (EMI) oder Hochfrequenzstörungen (RMI). Wie bei allen optischen Leitern ist auch bei POF die Übertragung „immun“ gegenüber elektromagnetischen Wellen. Gleichzeitig ist es sehr schwer unerwünscht abzuhören, und dadurch eine sehr gute Wahl für alle sicherheitsrelevanten Anwendungen. Je höher die Übertragungsfrequenz, desto ökonomisch sinnvoller wird es, POF anstatt kupferbasierter Lösungen wie verdrillte Leitungen oder Koax einzusetzen. POF ist zudem auch äußerst vibrationsresistent. Während es der relativ große Kern vereinfacht, den Lichtweg innerhalb Steckverbindungen, Lichtsendern und -empfängern auszurichten, wird POF auch deshalb häufig bevorzugt, weil es sich vergleichsweise einfach kontaktieren, bearbeiten und verbinden lässt – was letztendlich zu geringeren Installationskosten führt.
Natürlich hat POF auch einige Nachteile. So hat es im Vergleich zu GOF einen höheren Dämpfungsverlust und wird somit überwiegend für kurze Distanzen, typischerweise bis zu 50 Meter, verwendet. Heute verwendetes POF eignet sich außerdem nicht für den Einsatz in Umgebungen, in denen hohe Temperaturen herrschen, wie zum Beispiel Sensoren im Motorbereich von Automobilen. Zur Zeit wird jedoch an der Verbesserung genau dieser Problematik fieberhaft gearbeitet, und erste vielversprechende Lösungen sind bereits in Aussicht.
Aufgrund seiner Charakteristiken und Fähigkeiten ist POF ein idealer Leiter, um Netzwerke aller Art über kurze Distanzen zu realisieren. Obwohl solche Netzwerke in Privathaushalten, Büros, Gebäuden sowie in den verschiedensten Transportmitteln installiert werden können, werden sie bis heute vorwiegend im Automobilbau verwendet. Da Autos immer komplexer und komfortabler werden, wird das Gewicht und Volumen herkömmlicher kupferbasierter Netzwerke vermehrt zum Problem für neue Automobildesigns. Ein einziges POF-Kabel kann erheblich zur Gewichts- und Raumersparnis beitragen, da es viele einzelne Kupferleitungen ersetzen kann. Da die Verwendung von Elektronik bei Neuwagen in den letzten Jahren durch Anwendungen wie Navigationssysteme, Freisprechanlagen oder TV/DVD-Unterhaltung für die Fondpassagiere nochmals stark angewachsen ist, besteht ein dringender Bedarf an raum- und gewichtseffizienten Lösungen. Die Kommunikation zwischen all diesen Geräten muss dabei ohne gegenseitige Interferenzen oder Störungen der anderen Bordnetze gewährleistet sein. POF eignet sich allerdings nicht nur sehr gut für Anwendungen im Bereich Unterhaltung und Kommunikation, sondern auch für verschiedene Sicherheitssysteme und neue „X-by-wire“-Technologien. Neben der Datenübertragung kann POF auch für Beleuchtungszwecke, wie beispielsweise Oberlichter, Tür- und Instrumentenbeleuchtung eingesetzt werden. Einer der Vorteile ist etwa, dass durch eine zentralisierte Lichtquelle eine Vielzahl an Glühbirnen ersetzt werden kann, und dadurch die Servicefreundlichkeit des Systems erheblich gesteigert wird.
Europäische Automobilhersteller bauen POF schon seit einigen Jahren in Fahrzeuge ein, während amerikanische und japanische Automobilbauer erst langsam beginnen, diese vielversprechende Technologie zu nutzen. Der Grund für diesen Unterschied ist hauptsächlich in der Standardisierung von POF zu suchen. In Europa hat die relativ frühe Einigung auf einen gemeinsamen Standard (bekannt als MOST, Media Orientated System Transport) den Weg für den Einsatz von POF geebnet. So finden sich in der neuen BMW 7er-Serie beispielsweise insgesamt mehr als 100 Meter POF-Kabel. Die Amerikaner und Japaner sind schon dabei nachzuziehen – allerdings mit einem anderen Standard, der als IDB-1394 bekannt ist. Eine endgültige Einigung konnte bislang zwar noch nicht erzielt werden. Experten gehen jedoch davon aus, dass dies kurz bevor steht, und innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre mit einem breitflächigen Einsatz von POF in amerikanischen und japanischen Autos gerechnet werden kann.
Aus den gleichen Gründen wie in der Automobilindustrie, ist POF auch im Bereich der Luft- und Raumfahrt eine ausgezeichnete Wahl. POF wird bereits im sogenannten Inflight-Entertainment eingesetzt, und befindet sich für andere Applikationen wie Gangbeleuchtung und Instrumentenbeleuchtung in der Testphase.
POF wird häufig als Verbindung zwischen Sensoren und Kontrollsystemen genutzt. Hier ist besonders die elektrische Isolation und elektromagnetische Neutralität gefragt. Heutige POF-Sensoren messen eine Vielzahl von Bedingungen wie Druck, Temperatur oder chemische Eigenschaften. Speziell für den Einsatz an gefährlichen Orten, wie Treibstofftanks oder anderen explosionsgefährdeten Umgebungen, hat POF entscheidende Vorteile.
Auch in der Signalisierungs- und Beleuchtungsindustrie erfreut sich POF steigender Beliebtheit. Die Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten geht von Anwendungen in der Verkehrsregelung und Medizinaltechnik bis hin zu dekorativen und architektonischen Applikationen. Verschiedene Aufgaben erfordern hierbei natürlich auch verschiedene Kabel. Einige POF-Kabel sind so konzipiert, dass sie über ihre gesamte Länge Licht emittieren, während andere das Licht durchleiten und nur an ihren Enden ausstrahlen. Die Auswahl an POF-Typen-verwandten Komponenten und neuen Applikationen wächst speziell in diesem Markt rapide.
Strenge Anforderungen in der industriellen POF-Verarbeitung
Bei der Verarbeitung von POF ist es von zentraler Bedeutung, den Dämpfungsverlust so gering wie möglich zu halten. Die in diesem Zusammenhang wichtigsten Faktoren sind die Qualität der Stirnflächen und der Verbindungsprozess. Dies gilt besonders für Applikationen in der Datenübertragung. Um hier optimale Ergebnisse erzielen zu können, werden POF-Kabel immer häufiger nicht nur abgelängt und abisoliert, sondern durchlaufen vor dem Kontaktieren noch eine spezielle Oberflächenbehandlung. Zwar sollten die POF-Stirnflächen bereits nach dem Ablängen und Abisolieren glatt und ohne Risse sein, doch der endgültige Dämpfungsverlust kann durch einen nachträglichen Schleifprozess signifikant und nachhaltig gesenkt werden. Tests zeigen, dass der Dämpfungsverlust von POF-Kabeln, deren Stirnflächen nicht bearbeitet werden, durch diesen zusätzlichen Prozess-Schritt um ein Dezibel und mehr verringert werden kann. Gemäß Martin Strehl, CEO der Schleuniger Gruppe, liefert ein Diamantschleifverfahren, wie es von der Schleuniger Flexon AG mit dem POF-Finisher-20 angeboten wird, die gewünschten Resultate: „Besonders unsere Kunden aus der Automobilindustrie haben sehr hohe Qualitätsanforderungen und haben deshalb unsere Maschinen ausführlichen Tests unterzogen. Die hervorragende Qualität, die mit unserem POF-Finisher-20 erzielt werden kann, sowie die Möglichkeit, das Gerät im Einzelbetrieb oder als Modul in unserem POF-Vollautomaten zu verwenden, waren Schlüsselfaktoren in ihrem Entscheidungsfindungsprozess.“
Bei der Kontaktierung von POF-Kabeln gibt es verschiedene Ansätze, um eine Aderendhülse (Ferrule) nachhaltig mit einem Kabel zu verbinden. Laserschweißen hat sich am Markt inzwischen weitgehend durchgesetzt, da Kleben immer noch ein komplizierter Prozess mit langen Durchlaufzeiten ist, und sich mit Crimpen nicht die gewünschten Resultate erzielen lassen. Das Laserschweißen bietet bei korrekter Handhabung der entscheidenden Parameter (Zeit und Temperatur), exzellente Qualität und kurze Durchlaufzeiten. Wichtig ist außerdem, dass eine exakte Positionierung der POF-Faser während des Schweißens jederzeit gewährleistet ist, um den erforderlichen Aderrückstand einhalten zu können. Ein Aderrückstand ist in der Regel deshalb erforderlich, um ein Verkratzen während der Bearbeitung und Verbindung zu verhindern.
Die immerfort steigende Bedeutung von Qualitätskontrollen während und nach der Produktion, bei gleichzeitiger Forderung von immer kürzeren Taktzeiten, bedingt auch in der Qualitätssicherung einen Trend zu integrierten Lösungen. So ist beispielsweise in der Vollautomatisierung eine exakte Dämpfungsmessung jedes verarbeiteten POF-Kabels unablässlicher Bestandteil eines typischen Anforderungskatalogs. Der Messprozess scheint auf den ersten Blick relativ einfach: Ein Sender emittiert eine definierte Menge Licht in das POF-Kabel und ein Empfänger misst wie viel der ursprünglichen Menge am anderen Ende ankommt. Die Komplexität liegt in der Kalibrierung des Senders/Empfängers und der präzisen Positionierung der POF-Faser.
Neben der Messung des Dämpfungsverlustes gehören weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen, wie die visuelle Kontrolle der POF-Stirnflächen mit einem Mikroskop, Messung des Aderrückstands oder auch zerstörende Tests, wie die Messung der Abzugskraft zum Standard. Diese Messungen werden typischerweise mit halbautomatischem Testequipment durchgeführt. Als einer der führenden Maschinenhersteller im POF-Bereich, hat die Schleuniger Gruppe ein komplett integriertes Messlabor für POF-Kabel auf den Markt gebracht. Alle erwähnten Tests können auf einer einzigen Arbeitsstation durchgeführt werden und alle Messergebnisse werden in einer speziellen Software mit geforderten Sollwerten verglichen, automatisch in ein frei definierbares Testprotokoll übertragen und abgespeichert. Leo Bühler, Geschäftsführer der Schleuniger Flexon AG ist überzeugt, dass man mit einer breiten Angebotspalette, die verschiedensten Möglichkeiten der POF-Verarbeitung und Qualitätssicherung abdeckt und eine führende Stellung im Markt inne hat: „Wir sehen uns als Technologieführer in allen Bereichen der POF-Verarbeitung und POF-Qualitätskontrolle. Unser Produktspektrum in der POF-Verarbeitung reicht von etablierten Abläng- und Abisoliermaschinen, inklusive Peripheriegeräten, über Maschinen zur POF-Oberflächenbearbeitung und POF-Ferrulenmontage, bis hin zur Komplettlösung mit einem Vollautomaten. Zusätzlich sind wir auch in der Qualitätssicherung mit den verschiedensten POF-Messgeräten, die sich alle zu einem kompletten Messlabor zusammen schließen lassen, hervorragend aufgestellt. Da wir für jeden Verarbeitungsschritt unsere Hausaufgaben gemacht haben, bin ich überzeugt, dass wir unseren Kunden, genau auf ihre Anforderungen zugeschnittene Lösungen bieten können.“
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass POF gegenüber anderen Übertragungsmedien eine Vielzahl von Vorteilen hat und somit eine erstklassige Option für eine grosse Zahl von Anwendungen darstellt. Sobald sich Standards entwickeln und reifen, wird das POF-Produktionsvolumen ansteigen und der Bedarf an Automatisierung in der Produktion wird folgen. Dabei ist schon heute das Wissen um POF, dessen Anwendungsmöglichkeiten und Verarbeitung entscheidend, um am Wachstum dieses Marktes teilhaben zu können.
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