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Wahl nach Anforderung

Dispenstechnologien – eine Vergleichsanalyse
Wahl nach Anforderung

Bei frühen Dispenssystemen wurde Druck auf die Dispensdüsen per Druckluft ausgeübt, um viskose Flüssigmaterialien wie Kleber, Epoxidharze und Vergussmasse zu dispensen. Auf dieser Technologie basierende, automatisierte Systeme arbeiteten zuverlässig, wenn auch nicht mit der Genauigkeit und Präzision der Auger-Dosierpumpen und Drehverdrängerpumpen, die danach auf den Markt kamen.

Tom Prentice, Speedline Technologies, Franklin (USA)

Auger- und Kolbenpumpen haben die ehemaligen „Zeit-Druck“ geregelten Systeme fast völlig ersetzt, und gelten nun als der Standard, an dem andere Dispenstechnologien gemessen werden. Diese Präzisionspumpen haben über die Zeit viele Verbesserungen erfahren, um mit den veränderten Anforderungen der Prozesse in der Elektronikmontageindustrie mitzuhalten, und haben der Industrie viele Jahre gute Dienste geleistet. Durch gehärtete Materialien können abrasive Füllmaterialien verarbeitet werden. Direkte Sperrventile verhindern das Austropfen während Ruhezeiten. Neuere Konstruktionen erlauben schnelles und einfaches Entfernen, Demontage und Reinigung der Pumpen ohne Werkzeuge. Bei einigen Anwendungen wurden benetzte Einwegteile vorteilhaft eingesetzt. Und regelkreisgesteuerte Gewichtsskalenkalibrierung ermöglichten ein vorher unerreichtes Maß an Dispensvolumengenauigkeit.
Die neueste Technologie im Dispensbereich ist das Jetten. Wie bei den frühen Tintenstrahldruckern, auf denen diese Technologie basiert, werden Tropfen aus Jet-Düsen auf das Substrat gesprüht. Beim Aufprall flachen die Tropfen ab, verbinden sich miteinander und formen hoffentlich das gewünschte Muster.
Wie jede andere neue Technologie hat das Jetten Aufmerksamkeit auf sich gezogen und manch einen dazu bewegt, die Eigenschaften der bewährten Auger- und Kolbenpumpentechnologie erneut zu überprüfen. Es hat sich in unserer Industrie allerdings schon immer gezeigt, dass eine einzelne Lösung oder ein einzelnes Produkt nie für jede Anwendung optimal sein kann – jede Technologie hat ihre Stärken, Schwächen und Anwendungen, für die sie die beste Lösung darstellt.
Zeit-Druck geregelte Systeme
Der hauptsächliche Vorteil dieser Systeme liegt in ihrer Einfachheit. Eine preiswerte Einwegnadel wird auf eine Kartusche gesetzt, ein Trommeladaptor an eine Druckluftleitung angeschlossen, und schon ist man fertig – einfacher geht es kaum. Ist die Kartusche leer, wirft man das Ganze weg. Und warum nicht? Getreu dem Motto „Was funktioniert, muss nicht ersetzt werden!“ Für sehr viele Anwendungen funktioniert dieses System zufrieden stellend und fortschrittlichere Lösungen sind weder zu rechtfertigen noch empfehlenswert. Es gibt allerdings auch Nachteile, die man berücksichtigen muss. Der wichtigste ist die Tatsache, dass die Menge dispensten Materials aus der Kartusche eine Funktion unkontrollierbarer Variablen ist. Bei niedrigem Kartuschenfüllstand wirkt weniger Scherkraft auf den Materialfluss; das Luftvolumen in der Kartusche wird größer und verändert damit die Dynamik, während Druck ausgeübt und nachgelassen wird, und die Materialviskosität fällt generell bei steigender Temperatur ab. Diese Faktoren verändern die Menge des dispensten Materials, sogar wenn Druck und Zeit genau gesteuert werden.
Auger-Schraubdispenser
Obwohl einige Anwendungen weiterhin gut mit der Zeit-Druck-Methode funktionieren, hat sich die Elektronikmontageindustrie weiterentwickelt und fordert höhere Genauigkeit, Kontrolle und Geschwindigkeit. Dispenser vom Auger-Typ konnten diese Ansprüche seit Jahren voll erfüllen. Bei diesen Pumpen wird das Material am oberen Ende einer Präzisions-Schneckenschraube zugeführt, die sich in einer Präzisionsbohrung dreht. Durch die Drehung der Schraube gelangt das Material in die Schraubrillen und die Bohrung entlang bis zur Nadel. Bei einigen Systemen ist die Auger-Schraube mit einem Kugelventil ausgestattet, das den Materialfluss direkt sperrt, wenn das Ventil axial gegen den Ventilsitz am oberen Ende der Nadel aktiviert wird. Solch eine direkte Absperrfunktion ist besonders für Materialien erforderlich, die ansonsten nachtropfen würden, auch wenn die Schraube sich nicht mehr dreht. Das ist nicht ungewöhnlich, man denke an Underfill-Materialien, die durch Kapillarwirkung in und durch enge Stellen fließen sollen.
Bereits seit Jahren sind Auger-Schrauben die Hauptstütze der Dispenstechnologie. Sie sind hoch entwickelt und setzen geringfügige Variationen bezüglich der Form des Schraubgewindes, Raster, Tiefe und Durchmesser, um mit den verschiedensten Materialien und Anwendungen kompatibel zu sein. Servomotoren und hochauflösende Enkoder sorgen für strenge Steuerung und Koordination zwischen der Auger-Drehung und der Lateralbewegung des Positioniersystems.
Kolbenpumpe
Bei Anwendungen, die allerhöchste Volumengenauigkeit des dispensten Materials erfordern, ist die Kolbenpumpe kaum zu schlagen. Unabhängig von Viskosität oder anderen Materialeigenschaften ist die direkte Verdrängungsmethode der Kolbenpumpe hierfür gut geeignet. Kombiniert mit einem System zur Gewichtsskalenkalibrierung, das mögliche Abweichungen in der Materialdichte kompensiert, wird die Masse des aufgebrachten Materials ebenfalls streng geregelt. Da es äußerst schwierig ist, das Volumen der einzelnen Dispenspunkte genau zu messen, basieren die meisten Systeme auf der Gewichtsmessung des dispensten Materials (die Differenz zwischen dem Gewicht eines Testsubstrats vor und nach dem Dispensen).
Einfache Kolbenpumpen sind mit einem Kolben ausgestattet – der Kolben wird zurückgefahren, um das Material in den Zylinder oder die Kammer zu saugen, und vorgefahren, um das Material aus der Düse zu drücken. Es werden verschiedenste Verfahren eingesetzt, um die Ventile zwischen dem Einlass, der Kartusche und dem Auslass zeitlich zu messen und zu regeln. Es gibt allerdings ein paar Nachteile bei den einfachen Kolbenpumpen. Die maximale Materialmenge, die ohne Unterbrechung dispenst werden kann, ist auf das Verdrängungsvolumen des Kolbens beschränkt. Darüber hinaus kann nicht dispenst werden, während die Kartusche neu befüllt wird. Bei manchen Anwendungen kann die Stillstandzeit mit anderen Aufgaben überbrückt werden – bei anderen steht die Maschine während der Befüllung still. Allerdings wurden die Kolbenpumpen, genau wie die anderen hier diskutierten Dispenstechnologien, ebenfalls weiterentwickelt, um diese Einschränkungen zu eliminieren. Ein System setzt zur Minimierung der Stillstandzeit zwei Kolben ein. Die fortschrittlichsten Lösungen setzen auf drei Kolben, die von einer zentralen Nocke angetrieben werden. Bei diesem Pumpentyp ist der Übergang von einer der drei Kolben mit dem entsprechenden Ventil zum jeweils nächsten fließend. Ein Kolben dispenst immer. Das Ergebnis ist eine Pumpe, die einen kontinuierlichen und ununterbrochenen Materialstrahl dispenst.
Jetten
Die neueste Technologie im Bereich Dispensen ist das Jetten. Das Verfahren, bei dem Materialtropfen auf ein Substrat gesprüht werden, wurde hauptsächlich als Reaktion auf die Marktanforderung nach höherer Geschwindigkeit entwickelt. Einer der Hauptvorteile dieser Methode ist, dass die zwei Z-Achsenbewegungen pro Dispenshub, die bei herkömmlichen Dispensverfahren erforderlich sind, eliminiert werden. Außerdem sind Abweichungen in der Leiterplattenstärke nicht so kritisch, da der Nennfreiraum über dem Substrat erheblich größer ist. Diese Eigenschaften sind bei großen SMT-Leiterplatten von Vorteil bezüglich der kleineren Präzisionssubstraten. Wenn man die Dispensgeschwindigkeit einzelner Technologien vergleicht, sollte man beim Vergleich der reinen Punktrate vorsichtig sein. Beim herkömmlichen Dispensverfahren wird ein großer Materialpunkt mit einer größeren Dispenseinheit generiert (z.B. eine größere Auger-Drehung, eine größere Kolbenverdrängung, etc.). Beim Jetten muss für einen großen Materialpunkt eine Vielzahl einzelner Punkte auf der gleichen Stelle aufgebracht werden. Die tatsächliche Punktdispensrate im Produktionsbetrieb hängt daher stark von der jeweiligen Anwendung ab. Ähnliches gilt für das Dispensen von Linien. Dabei werden üblicherweise ein Reihe kleiner Dots nah aneinander aufgebracht, die in Verbindung eine größere Struktur bilden.
Was also ist ein Nachteil beim Jetten? Wie oben beschrieben, wird dabei mit einer bestimmten Konfiguration nur eine Dotgröße produziert. Jedes Dispensmuster muss daher aus einem ganzzahligen Multiplikator dieser Dotgröße gebildet werden. Um eine vernünftige Auflösung des Punkts oder der Linie zu erzielen, wird eine relativ kleine Punktgröße gewählt, was zur Folge hat, dass sehr viele Punkte auf eine Stelle aufgebracht werden müssen. Wenn man also die Geschwindigkeit von Jetting-Systemen mit der herkömmlicher Dispenser vergleicht, ist der Vorteil nicht mehr so deutlich.
Diese Vergleichsanalyse zeigt, dass es keine einzelne Pumpentechnologie gibt, die für alle Anwendungen die optimale Lösung ist. Jede Fertigung, die einen neuen Dispensprozess einrichtet, sollte die kritischen Faktoren seiner Anwendungen kennen und die Dispenstechnologie wählen, die deren Anforderungen am besten entspricht.
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