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Weichlote im Alltag

Aktuelle Trends bei den Lotpasten und Löttechnologien
Weichlote im Alltag

Das vom Ostbayerischen Technologie-Transfer-Institut (Otti) in Regensburg organisierte zweitägige Forum „Weichlöten – die wichtigste Verbindungstechnologie in der Elektronik“ vermittelte allgemeine Kenntnisse über die Eigenschaften der Lotwerkstoffe wie auch über die Technologievarianten und den Einfluss von Fertigungsparametern.

Das von der europäischen Politik veranlasste Stoffverbot hat zu wesentlichen Änderungen bei den Löttechnologien und den verwendeten Weichloten geführt. Die neuen Materialien bewähren sich derzeit erfolgreich in vielen elektronischen Produkten. Weichlote wie das Zinn-Silber-Kupfer-Lot haben überragende mechanische und thermische Eigenschaften, die sie zu geeigneten Verbindungswerkstoffen machen. Um den stetig wachsenden Anforderungen der Surface-Mount-Technology gewachsen zu sein, müssen die diversen Lötverfahren weiterentwickelt werden. Grundlagen sowie spezifisches Wissen über Materialien und Bauelemente, über Lötfehler und die Zuverlässigkeit von Weichlötverbindungen, das waren die Themen der Referenten im Laufe des Forums.

Der erste Tag…
Unter der fachlichen Leitung von Dr. Hans Bell von rehm Anlagenbau begann der erste Tag mit einem Vortrag zu den Trends bei den Bauelementen durch Dipl.-Ing. Joachim Krause von MacroScience Technology. Laut seinem Fazit bezüglich der bleifreien Bauelemente haben die Hersteller die Umstellung weitgehend abgeschlossen, Flip Chip und Fine-Pitch QFP sind von der RoHS ausgenommen. Die Kompatibilität ist unter Beachtung der bleifreien Balls bei Area-Array-Bauelementen gegeben. Die Metallisierungen der Anschlüsse sind nicht einheitlich und der höheren Delaminations- und Popcorning-Gefahr für bestimmte Package-Typen muss Rechnung getragen werden. Auch ist die Kennzeichnung nicht einheitlich.
Im Anschluss daran folgte Dipl.-Ing. (FH) Günter Grossmann vom EMPA in der Schweiz über die Grundlagen der Löttechnik. Weichlöten ist kein physikalischer, sondern ein chemischer Vorgang. Das flüssige Zinn löst die festen Fügepartner an und durch Diffusion findet eine Mischung statt, die beim Erstarren des Lotes zur Legierungsbildung führt. Das Verständnis der Grundlagen ermöglicht es, neue Fragestellungen zu überdenken und geeignete Lösungsansätze zu finden. Ziel seines Vortrages war die Vermittlung von werkstofftechnischem Basiswissen und dieses Wissen auf den Lötprozess anzuwenden. Er nennt die Legierung SnAg3.8Cu0.7 oder ähnliche als die geeignetste. Vor allem SnCu mit Beimischung von Ni ist aus Kostengründen für die Wellenlötung interessant. Der Lötvorgang sollte über den Energieeinsatz betrachtet werden, so sind die wichtigsten im Prozess auftretenden Probleme einsichtig. Eine Mischbestückung ist möglich, so wird auf diskreten Bauteilen schon seit Jahren mit SnPb auf Pb-freien Oberflächen gelötet. Einschränkungen sind bei einigen Kombinationen der BGAs zu machen, da die Zuverlässigkeit der entstehenden Strukturen noch nicht klar ist.
Über die Eigenschaften von Lotpasten referierte Prof. Dr.-Ing. Mathias Nowottnick von der Universität Rostock in Vertretung von Dr. Werner Kruppa, Stannol. Er gab Informationen über den Aufbau und die Wirkungsweise von Lotpasten, die Eigenschaften der Flussmittel, die Benetzungseigenschaften sowie über Normen und Standards. Die Qualifikation von Halbleiter-Bauelementen (ICs) war dann Thema von Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Lange von Texas Instruments Deutschland. Welchen Einfluss hat die Lötwärmebeständigkeit auf die Bauteile, und wie Feuchte-empfindlich sind die IC-Bauteile? Neben den Antworten auf diese Fragen kam er zur Lötbarkeit von bleifreien IC-Bauelemente-Anschlussflächen und endete in einer Frage-und-Antwort-Runde.
Dipl.-Ing. (FH) Harald Grumm von Christian Koenen berichtete über die gesammelten Erfahrungen bezüglich des Schablonendrucks. Neben den Grundlagen und Anforderungen an die Materialien sowie das Equipment stellte er Schablonendruck für neue Technologien vor. Der Schablonendruck ist ein Prozess mit sehr hohem Fehlerpotential, wobei viele Fehler mit einer guten Vorplanung verhindert werden können, wenn auch im Vorfeld genügend Zeit auf die Prozessentwicklung verwendet wird.
Der nächste Vortrag kam nochmals von Prof. Dr.-Ing. Mathias Nowottnick, diesmal über Selektive Flowlötverfahren, und darüber, inwieweit sich Selektivlöten als Alternative zum Wellenlöten eignet. Er stellte die Vor- und Nachteile der verschiedenen selektiven Flowlötverfahren gegenüber und zeigte neben typischen Fehlern beim Selektivlöten die speziellen Probleme beim Einsatz bleifreier Lotlegierungen, ebenso die Wechselwirkung zwischen Lötbädern und Baugruppen sowie Lötbädern mit Lötanlagen auf.
…und der zweite Tag
Am zweiten Tag führte Dipl.-Ing. Ralf Schmidt vom Fraunhofer IZM die Zuhörer in die Welt der Leiterplattenoberflächen. Sein Beitrag hatte das Ziel, eine Übersicht der wichtigsten am Markt befindlichen Oberflächensysteme auf Leiterplatten hinsichtlich Schichtaufbau, Funktion, Prozessbesonderheiten und vor allem auch ausgewählter Prozessrisiken und nach dem Stand der Technik vorhandener Vermeidungsstrategien darzustellen. Er illustrierte die eigenen aus Prozessentwicklungen, -untersuchungen und Schadensanalysen erarbeiteten Erfahrungen und Ergebnisse, um dem Anwender die Einordnung der wesentlichsten Charakteristika in das eigene Anforderungsprofil zu erleichtern. Anschließend ging es zu den Grundlagen und Trends beim bleifreien Wellenlöten. Referent hier war Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Friedrich von Ersa. Der Prozess des Wellenlötens wird seine Präsens auch im Zeitalter steigender Miniaturisierung nicht verlieren, da er für viele Massenprodukte mit geringem SMD-Anteil einen wirtschaftlichen Lötprozess darstellt. Als aktuelle und künftige Entwicklungen sieht Jürgen Friedrich wartungsfreundlichere Maschinen, die Entwicklung neuer Lötdüsengeometrien sowie die Optimierung der Anlagen für bleifreie Lote. Über das Reflowlöten sprach dann Dr. Hans Bell von rehm Anlagenbau und führte über die allgemeinen Anforderungen an die Temperaturprofile und die Eigenschaften verschiedener Reflowlötverfahren zum Löten unter inerten Bedingungen sowie den Lötfehlern und deren Entstehungsmechanismen.
Dr. Thomas Ahrens vom Fraunhofer ISIT kam anschließend zum Handlöten. Nachdem er sich mit der Metallurgie des Handlötens befasst hatte kam er zu den Herausforderungen beim bleifreien Handlöten. Hier sind die Arbeitstemperaturen höher, jedoch darf die Obergrenze nicht überschritten werden, sonst erfolgen Delamination der Leiterplatte oder thermische Beschädigung der Bauelemente, was bedeutet, dass das Prozessfenster enger wird. Durch das langsamere Fließen der bleifreien Lote wird die Arbeitszeit ansteigen, auch ist es aggressiver, d. h. es gibt einen erhöhten Spitzenverschleiß, und die Lötstationen sollten abgeschaltet werden, wenn diese nicht in Gebrauch sind. Aus diesen Gründen sollten die Schulungsaktivitäten mit Prozessfähigkeitsanalysen verbunden, die Oxidation mit Einsatz von Schutzgas reduziert und neue Werkzeuge evaluiert werden.
Dipl.-Ing. (FH) Bernd Spahlinger von Rafi berichtete über die Gratwanderung im bleifreien Fertigungsalltag. Es ging über die Evaluierung zum bleifreien Prozess, die Anforderungen an die Logistik sowie die Herausforderungen in der Serienfertigung. Er rät zur Minimierung der Umstellungskosten auf RoHS-konforme Baugruppen und Geräte. Der abschließende Vortrag des Forums kam von Dipl.-Ing. (FH) Günter Grossmann vom EMPA über die Zuverlässigkeit von bleifreien Lötstellen. Deformation von Weichloten, Degradationsmechanismen und die Zuverlässigkeit von Loten standen auf seinem Programm. So sollte man im Design von Tests die Parameter nicht vollständig frei wählen, das Materialverhalten der Lote muss berücksichtigt werden. Daher bergen stark beschleunigte Tests immer das Risiko von unkorrekten Aussagen.
Zwei Tage mit Informationen über alles, was man zum Thema Weichlöten wissen sollte. (dj)
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