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Ziel: Null Fehler Produktion

Systemlieferant steigert Qualitätsniveau durch Prozesskontrolle
Ziel: Null Fehler Produktion

Peiker ist führender Systemlieferant für den Bereich der Kommunikationstechnologie. Hauptabnehmer sind neben der Automobil- die PMR (Professional Mobile Radio) Branche. Die Firma wurde 1946 als Akustikunternehmen gegründet. Seither hat sich das Produktportfolio erweitert und enthält heute alle Bauteile, die für Infotainment- und Entertainmentsysteme im Automobilbau benötigt werden. Peikers connectivity modules kommen in Fahrzeugen zum Einsatz und ermöglichen eine schnelle und zuverlässige Datenüber- tragung während der Fahrt. Unter dem Überbegriff “connected car” wird dem Fahrer Zugang zu Internet, Navigation und anderen herstellerspezifischen Dienstleistungen und Notrufen (eCall) ermöglicht. Zu den Stammkunden gehören bekannte internationale Automobilhersteller, Industrieunternehmen, Regierungsbehörden und Mobilfunkhersteller.

Gerd Koschnick, peiker acustic GmbH & Co. KG, Friedrichsdorf/Ts. & SmartRep GmbH, Hanau

Die Automobilelektronik ist einer der anspruchsvollsten Bereiche der Elektronikindustrie. So stellen eine hohe Produktqualität und Zuverlässigkeit für Peiker eine Notwendigkeit dar. Hinzu kommen wachsende Kundenanforderungen im Bereich der Rückverfolgbarkeit, die realisiert werden müssen. Das Ziel von Gerd Koschnick, Leiter der SMT im Unternehmen, ist eine Null Fehler Produktion. Automobilkunden benötigen in der Regel ein Qualitätsniveau von maximal 50ppm. Das Unternehmen liegt aktuell bei 15–20ppm.
Eine weitere Herausforderung sieht der Leiter SMT in der wöchentlich und monatlich anfallenden hohen Anzahl verschiedener Leiterplatten, die produziert werden müssen. Im Jahr 2012 stellte das Unternehmen mehr als 340 verschiedene Leiterplatten her. Des Weiteren muss der benötigte Qualitätsstandard, sowohl in der Fertigung des Hauptsitzes in Deutschland als auch in der Zweigstelle in Mexiko, sichergestellt werden.
Produktion gemäß Anforderungen
Automobilhersteller benötigen ein hohes Maß an Traceability inklusive Prozessrückverfolgbarkeit. Fällt ein Produkt während des Einsatzes beim Endkunden aus, ist es wichtig, die Ursache identifizieren zu können. So können diese Fehler zukünftig verhindert werden. Ein zweites Argument für Rückverfolgbarkeit ist es, die Anzahl an potenziellen Rückrufaktionen zu reduzieren. Wenn Ursache und Serie exakt identifiziert werden können, lässt sich der Rückruf auf genau diese Produkte oder Kunden aus der Serie einschränken. Bis heute kam es im Unternehmen zu keinerlei Rückrufaktionen. Sollte jedoch einmal dieser Fall eintreten, ist das System darauf eingerichtet.
Für Gerd Koschnick liegt der Schwerpunkt darin, Fehler oder verborgene Fehler bei der Produktion zu verhindern. Seine Philosophie ist die Gewährleistung, dass jeder Prozess in der Fertigung sicher ist – nicht nur als einzelner und getrennter Prozess, sondern auch in der Gesamtheit aller Prozesse.
Um einen reibungslosen Produktionsablaufs zu garantieren, hat das Unternehmen Routinen und Prozessverriegelungen eingeführt. Es ist zum Beispiel nicht möglich, die Reihenfolge von Verarbeitungsschritten im Produktionsablauf zu ändern, z. B. Nutzentrennen vor der automatisch optischen Inspektion (AOI).
Beste Qualität und Rückverfolgbarkeit sind nicht verhandelbare Anforderungen, welche der Systemlieferant bei gleichzeitig geringen Kosten realisieren muss. Der Kostendruck, der in der Elektronikfertigung herrscht, ist unerbittlich und anhaltend. Gerd Koschnick aber sieht keine Konflikte zwischen diesen zwei verschiedenen Zielen. Es ist tatsächlich so, dass eine hohe Qualität der Produkte zu sinkenden Kosten durch Reduzierung von Ausschuss und Nacharbeit führt. Abfall ist ein Begriff, der nicht auf Ausschuss und verschwendetem Material beschränkt ist. Abfall ist eine weit gefasste Kategorie, die alle Arten von Ineffizienzen wie unnötige Produktionsausfallzeiten, übermäßiger Stromverbrauch, geringe Produktivität und vieles mehr umfasst.
Peikers Philosophie kann anhand des Lötprozesses aufgezeigt werden. Vor einigen Jahren forderten die Automobilkunden tägliche oder wöchentliche Profilaufnahmen ihrer Leiterplatten an, um sicherzustellen, dass ihre Produkte in der Spezifikation gelötet wurden. Diese Profile wurden benötigt, um einerseits zu dokumentieren, dass die Bauteile nicht außerhalb der von den Herstellern festgelegten, thermischen Spezifikation beansprucht wurden, sowie andererseits, dass die Lötstellen richtig gelötet waren indem die Zeit-/Temperaturgrenzen, die vom Lotpastenhersteller gesetzt wurden, eingehalten worden sind.
Gerd Koschnick erkannte einige Schwächen bei diesem Vorgang. Erstens bedeutete es, dass der thermische Prozess fast die ganze Zeit blind ablief. Die einzige Ausnahme war lediglich die eine Leiterplatte, welche regelmäßig gemessen wurde. Zweitens war es ineffizient, da erhebliche Handarbeit und Produktionsausfälle durch die manuelle Messung verursacht wurden. Drittens stieg die Fehleranfälligkeit und verringerte die Prozesskontrolle und Prozessverbesserung.
Eine manuelle Profilerstellung ist ungenau und unbeständig. Da das Verfahren auf einer „on spot“ Profilmessung beruht, wird keine Information zwischen den einzelnen Profildurchläufen gesammelt. Das größte Problem aber liegt in der Verschlechterung der Messleiterplatte bei mehrmaliger Verwendung. Automobilhersteller möchten das Temperaturprofil für ihre Leiterplatte erfasst haben und akzeptieren keine Profildaten, die nicht ihr spezifisches Produkt repräsentieren. Thermoelemente (TCs) müssen an einer repräsentativen Leiterplatte befestigt werden, um eine manuelle Profilmessung durchzuführen. Wiederholte Durchläufe mit derselben Leiterplatte führen jedoch zu Beschädigungen und die thermischen Eigenschaften werden verändert. Schon nach weniger als 10 Durchläufen ist die Leiterplatte physisch leichter und liefert nicht länger repräsentative Profildaten. Dies zwingt Elektronikhersteller, die Leiterplatte durch eine neue Leiterplatte auszutauschen und die TCs neu anzubringen. Es ist sehr schwierig, die TCs in der exakt gleichen Position anzubringen, wodurch Messunterschiede auftreten können. Das gilt insbesondere, wenn leitfähiger Kleber oder Hochtemperaturlot zur Befestigung der TCs verwendet wird. Nur eine kleine Veränderung in der Position und der Menge des Klebers/Lot werden die Messung beeinflussen. Wird Aluminiumtape für die Befestigung der Thermoelemente verwendet, kann dieses Problem reduziert werden, da das Tape nahezu thermisch neutral ist, und so die Temperaturmessung überhaupt nicht beeinflusst.
Prozessverlauf unter Kontrolle
Die Lösung für das Unternehmen, um all diese Probleme zu bewältigen, war ein KIC RPI, ein automatisches Profilsystem, zu integrieren, welches jedes thermische Profil jeder Leiterplatte in Echtzeit erfasst. Das System ermittelt laufend, ob sich das Leiterplattenprofil in den Prozesstoleranzen befindet. Während eines Messebesuchs auf der SMT in Nürnberg 2013, listete Gerd Koschnick die Vorteile auf, die durch die Implementierung des automatischen und dauerhaften Profiling erreicht wurden. An der Spitze seiner Liste stand die Tatsache, dass er nachts wieder ruhig schlafen kann. Er erklärte, dass der thermische Prozess nicht länger ohne Kontrolle verlaufe. Jede Leiterplatte wird aufgezeichnet und überprüft. Befindet sich der Prozess außerhalb der Spezifikation oder außer Kontrolle, wird sofort Alarm geschlagen. Es ist auch möglich, dass das System den Einlauf des Ofens sperrt, damit der verantwortliche Techniker den Prozess korrigieren kann bevor die Produktion weiterläuft. Zur Kontrolle des Prozesses sowie als Frühwarnsystem fungiert die eingebaute Echtzeit SPC. Damit werden Schwachstellen oder Fehler im Ofen schon vorausschauend erkannt, bevor Fehler passieren.
Das System zur automatischen Profilerstellung nutzt 30 Sensoren, die dauerhaft in jedem Reflow-Ofen angebracht wurden. Ein Board Sensor ermittelt die Position der Leiterplatte im Ofen und ein Sensor misst die Geschwindigkeit des Transportsystems. Die automatische Profilmessung benötigt zu Beginn eine Setuproutine, um jedes Leiterplattenprofil messen zu können. Dieses Setup wird mittels eines manuellen Profilers mit Thermoelementen durchgeführt. Diese werden an den relevanten Bauteilen der Leiterplatte angebracht. Das einmalige manuelle Profil sammelt zeitgleich zwei Datensätze: Die Zeit-Temperatur Daten (Profil der Leiterplatte) des manuellen Profilers und die Daten von den 30 Sensoren im Ofen entlang des Weges der Leiterplatte. Die dynamischen Daten der 30 Sensoren messen die thermische Umgebung, der die Leiterplatte ausgesetzt ist. Mit Hilfe thermodynamischer Formeln wird nun die Wirkung der Umgebung auf das Temperaturprofil auf der Leiterplatte berechnet. Die Genauigkeit eines solchen Systems ist extrem hoch, und kann einfach durch eine Gage R&R ermittelt werden.
Aufgrund der Rückverfolgbarkeit verwendet Peiker auf vielen Produkten Barcodes. Diese Barcodes werden mit eingelesen und die Profile dazu abgespeichert. Sollte ein Produkt zukünftig Fehler aufweisen, verwendet das KIC RPI System die Barcodeinformationen um die Prozessinformationen für die Leiterplatte abzurufen. Das thermische Profil und die Information, wo dieses sich im Prozessfenster befindet, sind für jede einzelne Leiterplatte zu jeder Zeit verfügbar.
Ein weiterer Vorteil eines solchen Systems ist, dass es bessere Prozessinformationen bereitstellt, die dafür verwendet werden können um Probleme im thermischen Prozess zu erkennen. Des Weiteren gibt es eine integrierte Prozess- optmierungssoftware, die alle möglichen Ofeneinstellungen, Kombinationen aus Zonentemperatur und Transportbandgeschwindigkeit, simuliert und optimiert. So kann der Techniker mit Hilfe der Software die besten Einstellungen des Ofens ermitteln, ohne langwierige Profile aufzunehmen.
Diese Optimierungssoftware kann auch benutzt werden, um ein Profil für verschiedene Leiterplatten zu finden. Damit lassen sich dann die verschiedenen Leiterplatten mit den gleichen Ofeneinstellungen verarbeiten. Dies reduziert die Umstellzeiten des Ofens drastisch und erhöht somit die Produktivität der Linie. Peiker schaffte es damit, seine 340 verschiedenen Leiterplatten mit gerade einmal 12 verschiedenen Ofeneinstellungen zu verarbeiten.
Zukünftige Überlegungen
Das Unternehmen entwickelt ständig neue und immer komplexere Produkte, die den Lötprozess zukünftig vor neue Herausforderungen stellen werden. Diese komplexere Bestückung kann zu einer langsameren Bandgeschwindigkeit führen, um eine gleichmäßigere Erwärmung zu erhalten. Sollte es dazu kommen, kann die Ofen Setup Software nach Einstellungen suchen, bei denen die Bandgeschwindigkeit höher ist und die Leiterplatte gleichzeitig in der Spezifikation produziert wird. Es wird erwartet, dass der permanente Preisdruck auch zukünftig nicht zurückgehen wird. Letztes Jahr hat das Unternehmen Leiterplatten im Millionenbereich in Deutschland produziert. In den nächsten paar Jahren, wird das Produktionsvolumen signifikant gesteigert. Da Deutschland kein günstiges Produktionsland ist, wird die Produktion einer hohen Qualität bei geringen Kosten weitere Automatisierung und eine nahezu perfekte Prozesssteuerung erfordern. Obwohl Gerd Koschnick nachts gut schlafen kann, wird er bei der Arbeit weiterhin sehr aufmerksam sein.
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