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Metallbearbeitungsverfahren: Was kostet Chemisches Ätzen?

Interview
Metallbearbeitungsverfahren: Was kostet Chemisches Ätzen?

Metallbearbeitungsverfahren: Was kostet Chemisches Ätzen?
Markus Rettig, Business Development Manager bei Precision Micro, im Gespräch. Foto: Precision Micro

Im Gespräch erklärt Markus Rettig, Business Development Manager bei Precision Micro, Hintergründe der Ätztechnik und auch, wann und warum das Verfahren den Metallbearbeitungstechniken vorzuziehen ist.

Zunächst einmal: Wie funktioniert fotochemisches Ätzen?

Beim fotochemischen Ätzen nutzen wir Chemikalien, um ausgewählte Bereiche von Metallblechen zu entfernen und so das gewünschte Teileprofil zu erzeugen. Das Verfahren galt lange vor allem als ideale Technik zur Erstellung von Prototypen. Inzwischen hat sich das fotochemische Ätzen aber auch als Metallverarbeitungstechnik für die Massenfertigung bewährt.

Wie gestaltet sich der Herstellungsprozess?

Wir beginnen zunächst mit der Metallkalibrierung und der Herstellung der Werkzeuge. Anschließend werden die zu bearbeitenden Bleche gereinigt und mit Fotofilmlaminiert. Es folgen der Druck und die Entwicklung der Platten, bevor es zum eigentlichen Ätzen kommt. Der Arbeitsaufwand für diese Teilschritte bleibt unabhängig von der Blechgröße relativ konstant.

Wie teuer ist fotochemisches Ätzen?

Je größer das bearbeitete Blech und je kleiner die Teile, desto geringer sind die Stückkosten. Precision Micro verfügt branchenweit über einige der größten Druckrahmen und kann Teile aus Blechen von bis zu 600 x 1.500 mm fertigen.

Außerdem werden die Teile nach Blechen kalkuliert, wobei auch mehrere Teile gleichzeitig bearbeitet werden können. Die gleichzeitige Bearbeitung von Teilen bringt mit sich, dass chemisches Ätzen höhere Komplexität ohne zusätzliche Kosten bewältigen kann. Außerdem können aus einem Blech Teile verschiedener Designs gefertigt werden. Zuletzt investierte das Unternehmen in die Automatisierung des fotochemischen Ätzverfahrens, was die Wirtschaftlichkeit des Prozesses zusätzlich steigert. Die Ausrüstung zur automatischen Einzelplatten-Laminierung ist eine Eigenentwicklung, um nicht nur den Durchsatz, sondern auch die Haftung des Fotolacks auf den Platten zu verbessern. Das ist für die Reproduktion von durchgehend fehlerfreien Teilen von entscheidender Bedeutung.

Änderungen können sofort umgesetzt werden, weil digital produzierte Ätzwerkzeuge schnell und kostengünstig hergestellt werden können. Die Werkzeuge können also in letzter Minute entwickelt und geändert werden, was mit Werkzeugen zur mechanischen Bearbeitung äußerst kostspielig wäre.

Inwiefern unterscheidet sich die Ätztechnik von anderen Metallbearbeitungstechniken, beispielsweise dem Stanzen oder dem Laserschneiden?

Durch selektives Ätzen werden durch eine Fotolackmaske spannungsfreie, plane Teile gefertigt. Diese Herstellungstechnik eignet sich ideal für Präzisionsteile, wie beispielsweise Metallgitterstrukturen, Präzisionsfedern, Unterlegscheiben oder dekorative Teile, zum Beispiel Interieur-Elemente in Fahrzeugen.

Beim Stanzen werden die Werkzeugkosten erst im sehr hohen Stückzahlbereich ausgeglichen. Wenn es also um hohe Produktionsstückzahlen und Geschwindigkeit geht und die Präzision der Teile eher zweitrangig ist, kann das Stanzverfahren kostengünstiger als die Ätztechnik sein.

Das Laserschneiden wird auch immer beliebter, weil es sehr präzise ist und die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Material durch die Bearbeitung verformt, relativ gering ist. Wenn aber dickere Materialien geschnitten werden sollen, verstopft durch die Materialerhitzung beim Schneiden die Schnittlinie mit Metallschmelze oder –schlacke. Dieses Problem kann nur durch einen weiteren Arbeitsschritt behoben werden, was natürlich zusätzliche Kosten verursacht.

Im Vergleich können beim fotochemischen Ätzen feinere Details erzielt werden als zum Beispiel beim Stanzen. Das Material wird dabei kaum bis gar nicht beeinträchtigt oder verformt und auch die Gefahr von Graten und Mängeln ist praktisch nicht gegeben. Im Gegensatz zum Laserschneiden muss auch bei dickeren Materialien nicht nachgearbeitet werden. Außerdem produziert das Verfahren absolut plane Teile, was für einige Anwendungen unabdingbar ist, in der Luft- und Raumfahrt zum Beispiel oder in der Medizintechnik.

Wie entscheidet sich, ob das chemische Ätzen überhaupt in Frage kommt?

Zunächst einmal gibt es bestimmte Faktoren, die Einfluss darauf haben, welche Technik man bei der Metallbearbeitung anwendet, beispielsweise die Metallart, die Dicke, die erforderliche Zerspanungsqualität und die nötige Geschwindigkeit des Bearbeitungsverfahrens. Beim Kostenfaktor Material kann Precision Micro als einer der wenigen Spezialisten für fotochemisches Ätzen weltweit auch große Mengen wirtschaftlich rentabel bereitstellen, da wir jährlich mehrere hundert Tonnen Metall erwerben und verarbeiten. Dank der LDI-Technologie haben wir außerdem die Möglichkeit, Teile mit ultrafeinen Merkmalen von weniger als 50 Mikrometern zu ätzen. Damit wurde die manuelle Bearbeitung minimiert und wir können eine noch höhere Kosteneffizienz garantieren.

Was spräche gegen die Ätztechnik?

Die Metalldicke ist ein sehr wichtiger Aspekt für die Kosten des Verfahrens. Je dicker das Material, desto länger dauert das Ätzen. Das Fotoätzen von Teilen mit einer Dicke von mehr als 1,5 mm, die ein Durchätzen erfordern, gilt daher normalerweise als unwirtschaftlich.

Wenn Sie ein allgemeines Fazit ziehen, wann ist die Ätztechnik als Metallbearbeitungsverfahren zu empfehlen?

Das fotochemische Ätzen kann im Prinzip das wirtschaftlichste verfügbare Bearbeitungsverfahren darstellen, wenn die wichtigsten Kostenfaktoren wie verwendetes Material, Materialdicke, benötigte Toleranzwerte und Stückzahlen entsprechend berücksichtigt werden.

www.precisionmicro.de

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