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Angewandte Lösungen für die Digitalisierung der Produktion

Angewandte Lösungen für die Digitalisierung der Produktion
2. Spitzentreffen Industrie 4.0 live

Beim 2. Spitzentreffen “Industrie 4.0 live” im frisch bezogenen Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart zeigten die IPA-Experten eine Reihe neuer und weiterentwickelter Demonstratoren in vier Entwicklungsfeldern. Außerdem wurde die Studie “Big-Data-Analytik: Datenbasierte Optimierung produzierender Unternehmen” erstmals vorgestellt.

Im Applikationszentrum Industrie 4.0 entwickelt das Fraunhofer IPA mit dem Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb (IFF) der Universität Stuttgart seit mehr als zwei Jahren Innovationen für die digital gestützte Produktion. Unternehmen können es als Testumgebung für eigene und gemeinsame Forschung und Entwicklung nutzen. Zahlreiche Demonstratoren zeigen, wie die Technologien der vierten industriellen Revolution in verschiedenen Branchen effizient eingesetzt werden können.

Die Innovationsumgebung wird mit 3,5 Millionen Euro über 4 Jahre vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg gefördert. Wirtschafts- und Arbeitsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut: „Die Digitalisierung ist ein Transformationsprozess, der grundsätzlich alle Branchen und Sektoren erfassen wird. Aber gerade für die Industrie gilt, dass die Wirtschaft Baden-Württembergs auf dem Weg zur intelligenten Produktion der Zukunft ausgezeichnete Startvoraussetzungen hat. Nicht umsonst belegt Baden-Württemberg schon heute in Deutschland den ersten Platz, wenn es um Industrie 4.0 geht. Industrie 4.0 gibt unseren Unternehmen neue Instrumente an die Hand, ihre bekannten Kernkompetenzen zu schärfen.”

Entscheidend sei dafür auch die enge und gute Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Fraunhofer im Applikationszentrum, das ein „lebendiges Testfeld” sei, „in dem Anwendungen in enger Kooperation zwischen Unternehmen und dem IPA entwickelt werden”, so die Ministerin. Sie sei „fest überzeugt davon”, dass hierüber auch das Fraunhofer-Zentrum in Stuttgart-Vaihingen seine Position als das „führende Kompetenzzentrum für die Digitalisierung der Industrie weiter stärken” werde, betonte Dr. Hoffmeister-Kraut.

Prof. Thomas Bauernhansl, Leiter des Fraunhofer IPA, schätzt dabei besonders die unmittelbare Zusammenarbeit mit den Unternehmen. „Die umfassende Kooperation mit Industriepartnern verstehen wir als Erfolgskonzept. Gemeinsam gestalten wir die Produktion der Zukunft.“

Neue Anwendungsszenarien für Industrie 4.0 entwickelt

Im Juli 2016 hat das Fraunhofer IPA die Studie »Industrie 4.0: Entwicklungsfelder für den Mittelstand« veröffentlicht. Die Ergebnisse haben die Forscher dafür eingesetzt, ihr Applikationszentrum Industrie 4.0 bedarfsgerecht weiterzuentwickeln. So präsentierten die Wissenschaftler ihre neuen und erweiterten Demonstratoren sowie deren industrielle Umsetzung. Damit können Unternehmen den Nutzen einer intelligent vernetzten Produktion erleben.

Als erstes Entwicklungsfeld für Industrie 4.0 haben die IPA-Forscher die Digitalisierung der Wertschöpfung identifiziert. Denn eine echtzeitnahe Datenbasis ist die Voraussetzung für weitere Optimierungsmaßnahmen. Dieses Stadium veranschaulichen die Wissenschaftler mit einer neuen Mixed-Reality-Lösung. Sämtliche Maschinen und Anlagen, die zu sehen waren, haben sie an die Cloud-Plattform Virtual Fort Knox (VFK) angebunden. Ebenfalls damit vernetzt ist eine HoloLens-Brille mit 3D-Raumerkennung. Der Träger erhält nun die echtzeitnahen Maschinendaten auf einem virtuellen Dashboard angezeigt. „Der digitale Schatten der Produktion wird so erlebbar gemacht“, informierte Petra Foith-Förster, die das Applikationszentrum leitet.

Cyberschrank steigert Effizienz beim Werkzeugmanagement

Als weiteren neuen Demonstrator dieser Entwicklungsstufe wurde der Cyberschrank präsentiert. Die Anwendung sieht aus wie ein herkömmlicher Werkzeugschrank, ist aber mit der Anbindung an VFK über den Manufacturing Service Bus (MSB) mit allen anderen Maschinen vernetzt. Über Endgeräte wie Tablets, Smartphones oder Computer kann sich der Nutzer jetzt anzeigen lassen, wie die Werkzeuge und Materialien verplant sind. „Aufträge können so besser organisiert werden und der Mitarbeiter muss nicht jedes Mal hinlaufen und nachschauen“, sagte Petra Foith-Förster. Es ist auch möglich, das Dashboard mit der HoloLens-Brille virtuell abzurufen.

Im zweiten Entwicklungsfeld »Das personalisierte Produkt« wurde gezeigt, wie Kundendaten echtzeitnah erhoben und in den Produktionsprozess integriert werden können. Verdeutlicht wird dies am Beispiel einer Brille, die mit 3D-Druck hergestellt wird. Dafür scannt die Anwendung »IRIS Scan« das Gesicht eines Freiwilligen. Über die dazu-gehörige App kann dieser persönliche Vorlieben wie Muster, Farbe und Schriftzüge eingeben. Die Daten werden anschließend an den 3D-Drucker »3D-Fab« übermittelt, dieser legt sofort los und stellt die Brille her. Ein Modul zur Inline-Qualitätsüberwachung prüft den Vorgang und meldet, wenn Abweichungen entstehen. Im Hintergrund laufen Analytics Apps, die Rückschlüsse für die weitere Produktion ziehen. Mit Machine-Learning-Algorithmen wird beispielsweise aus den Parametern vergangener Aufträge die Produktionszeit personalisierter Produkte vorhergesagt. „Bislang haben Unternehmen in einem PPS-System feste Stammdaten für die Produktionszeit hinterlegt. Bei Produkten der Stückzahl eins lässt sich das aber nicht mehr realisieren. Mit Analytics Apps erhalten wir genaue Angaben, mit denen wir die weiteren Prozesse flexibel planen und steuern können“, hob Petra Foith-Förster hervor. Der Showcase geht auch darauf ein, welche Verfahren und Materialien sich für den 3D-Druck eignen und für welche weiteren Produktionsszenarien das Scan-Verfahren in Frage kommt. „Anwendbar ist es zum Beispiel für die Ersatzteilherstellung oder personalisierte Werkzeuge, die sich ergonomisch an den Mitarbeiter anpassen“, wusste die Expertin.

Adaptiver Arbeitsplatz mit Bio-Licht erweitert

Das dritte Entwicklungsfeld heißt Der Mensch als Dirigent der Produktion. Denn Industrie-4.0-Anwendungen sollen den Mitarbeiter bestmöglich in seinem Arbeitsumfeld unterstützen. Hierzu gehört auch die ergonomische Optimierung des Arbeitsumfelds. Im Showcase zeigten die Wissenschaftler einen adaptiven Arbeitsplatz, der sich automatisch auf die Körpermaße des Mitarbeiters einstellt. Dafür war ein höhenverstellbarer Arbeitsbereich errichtet und mit einem Montageassistenzsystem verknüpft. Sobald sich eine Person davorstellte, scannte die integrierte 3D-Kamera die Maße und leitete diese an den MSB. Der Arbeitsplatz passt sich jetzt selbstständig an die Person an und stellt ihr die Materialien bedarfsgerecht zur Verfügung. Als neue Zusatzfunktion wurde das Montageassistenzsystem mit Bio-Licht ausgestattet. Je nach Tageszeit, Stressbelastung oder Montageaufgabe wird die Lichtzufuhr automatisch reguliert. „Ein hoher Rotlichtanteil aktiviert, Blaulicht beruhigt hingegen“, informierte Foith-Förster. Eine zweite Neuheit in diesem Showcase war die Intralogistik-App Info@need, die den Mitarbeitern abhängig von ihrem Standort in Echtzeit neue Kommissionierungsaufträge zuspielt. Möglich ist dies über iBeacon-Sendemodule, anhand denen das IT-System erkennt, wo sich die Mitarbeiter gerade aufhalten. Das Personal muss damit nicht ständig zu einem zentralen Punkt im Lager zurücklaufen und findet das Material bedarfsgerecht vor.

Optimierungswerkzeug um Maschinensteuerungs-Konnektor erweitert

An vierter Stelle auf dem Weg zur Industrie 4.0 steht das Entwicklungsfeld die autonome Produktion. Ziel ist, das Fertigungssystem so intelligent zu vernetzen, dass es anhand von Produktions- und Qualitätsdaten automatisiert Muster erkennt und sich fortlaufend selbst optimiert. Als Showcase zeigten die IPA-Wissenschaftler eine weiterentwickelte Variante ihrer »Smarten Systemoptimierung«. Das Werkzeug erkennt Fehler sowie deren Ursachen in verketten Fertigungssystemen und zeigt die Fortpflanzung auf.

Schlüsseltechnologie sind adaptierte Data Mining Algorithmen, die speziell zur Analyse von Stückgüter-Produktionslinien entwickelt wurden. Für die Datenakquise kommen intelligente Kameras zum Einsatz, die echtzeitnah große Mengen an Bilddaten kontinuierlich verarbeiten und nur relevante Informationen zur Auswertung weiterleiten.

Ein neuer hochperformanter Konnektor sorgt dafür, dass neben den Kameradaten zusätzlich große Datenmengen aus gängigen Maschinensteuerungen extrahiert werden können. Erfolgreich eingesetzt wurde das System zum Beispiel bei der Schott Schweiz AG für die Optimierung eines hochautomatisierten Fertigungssystems zur Herstellung von Spritzen. „Unser Team konnte ein neues Konzept für die Produktionslinie ableiten, das die Gesamtanlageneffektivität (OEE) um ca. 10 % für bestehende Anlagen erhöht“, bestätigte Petra Foith-Förster.

Geteilte Rechnerarchitektur bei FTF ermöglicht lokale Bahnplanung

Als weiteren neuen Demonstrator stellten die IPA-Wissenschaftler vor, wie sich Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) mit verteilter Rechenleistung autonom in der Produktion bewegen. „Die Cloud wird sozusagen dezentralisiert. Neben dem zentralen Server verfügen die FTF auch über einen lokalen Rechner“, erklärte die Expertin. Mit dieser Lösung, auch Fog- oder Edge-Computing genannt, können die Fahrzeuge lokale Konflikte bei der Bahnplanung selbstständig lösen. Basierend auf den Umgebungsdaten, berechnen sie, ob es tatsächlich zu einer Blockade kommt oder ob ein Ausweichen oder eine Geschwindigkeitsanpassung zur Laufzeit möglich ist. Weiterhin erlaubt es die geteilte Rechenarchitektur, die einzelnen Einheiten dynamisch mit Software zu bespielen. „Damit lässt sich zum Beispiel der Betriebszustand mühelos überwachen“, betonte Petra Foith-Förster.


Fraunhofer IPA

Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, kurz Fraunhofer IPA, ist mit annähernd 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines der größten Institute der Fraunhofer-Gesellschaft. Das Jahresbudget beträgt über 70,8 Millionen Euro, davon stammt mehr als ein Drittel aus Industrieprojekten. Organisatorische und technologische Aufgaben aus der Produktion sind Forschungsschwerpunkte des Instituts. Methoden, Komponenten und Geräte bis hin zu kompletten Maschinen und Anlagen werden entwickelt, erprobt und umgesetzt. 14 Fachabteilungen arbeiten interdisziplinär, koordiniert durch 6 Geschäftsfelder, vor allem mit den Branchen Automotive, Maschinen- und Anlagenbau, Elektronik und Mikrosystemtechnik, Energie, Medizin- und Biotechnik sowie Prozessindustrie zusammen. An der wirtschaftlichen Produktion nachhaltiger und personalisierter Produkte orientiert das Fraunhofer IPA seine Forschung. In cyberphysischen Produktionsprozessen liegen die Themen der Zukunft.

www.ipa.fraunhofer.de


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