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Anforderungen moderner Elektronikanwendungen

Neue Generation von Schutzlacken für anspruchsvolle Betriebsumgebungen
Anforderungen moderner Elektronikanwendungen

Von modernen elektronischen Komponenten wird zunehmend erwartet, dass sie in rauen Betriebsumgebungen funktionieren und unter Bedingungen lang anhaltend trotz hoher Temperaturen mit Temperaturschwankungen sowie hoher Luftfeuchtigkeit zuverlässig arbeiten, bei denen sie Kondensation, korrosiven Stoffen/Gasen oder anderen Chemikalien ausgesetzt sein können. Trotzdem haben Maßnahmen zur Gewichtseinsparung die Robustheit – und damit die Schutzeigenschaften – von Gehäusen verringert und gleichzeitig schränkt die Umweltgesetzgebung den Einsatz dieser wesentlich vielseitigeren lösungsmittelhaltigen Schutzmaterialien weiter ein. Phil Kinner Technical/Business Director für die Schutzlackabteilung von Electrolube spricht über die Entwicklung beständigerer, umweltfreundlicherer Schutzlacke, die die Anforderungen anspruchsvoller, moderner Elektronikanwendungen zuverlässig erfüllen.

Als Antwort auf diese Herausforderungen wurde eine neue Generation von lösungsmittelfreien, hochleistungsfähigen Zweikomponenten-Schutzlacken entwickelt, die einen Schutz bieten, der mit dem eines Gießharzes vergleichbar ist, aber die einfache Anwendbarkeit wie bei einer konventionellen Beschichtung gewährleistet. Die 2K-Produktreihe von Electrolube ist dafür das beste Beispiel und wird in diesem Artikel näher erläutert.

Ein Schutzlack bietet den notwendigen sekundären Schutz, der über den des Gehäuses hinausgeht. Um eine lange Lebensdauer einer Baugruppe zu gewährleisten, die in einer rauen Betriebsumgebung eingesetzt wird, ist es daher sinnvoll, die herkömmlichsten Herausforderungen und deren Lösung näher zu betrachten.

Bei der Auswahl eines geeigneten Schutzlacks für raue Umgebungen sind folgende Punkte zu beachten: potentielle Korrosions- und Kondensationsbedingungen bzw. Eintauchen in Wasser, Komponentenabstände und Whisker-Bildung.

Korrosion

Korrosion ist ein komplizierter, durch Diffusion gesteuerter elektrochemischer Prozess, der auf einer ungeschützten Metalloberfläche stattfindet. Trotz der Vielzahl möglicher Mechanismen und Ursachen müssen in den meisten Fällen drei Anforderungen erfüllt sein, damit es zu einer Korrosion kommt: das Vorhandensein von elektrochemisch unterschiedlichen Metallen (z. B. Gold/Silber und Nickel/Zinn) oder die Bildung einer Anode und Kathode durch Beaufschlagung mit einer Vorspannung; das Vorhandensein von Ionenarten (Salze, Halogenide, Hydroxide usw.); und das Vorhandensein einfacher Kondenswasserschichten zur Auflösung der Ionenarten mit Bildung einer Elektrolytlösung. Um Korrosion zu verhindern, muss mindestens eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt sein.

Die Wahl der Metalle beschränkt sich auf die Metalle, die in der Löt- und Oberflächenchemie verwendet werden (und unterschiedlich sind). Aufgrund der Art der elektronischen Baugruppen wird es immer Bereiche mit potentiellen Unterschieden geben.

Durch eine Reinigung können Ionenarten entfernt werden, im Betrieb können sich jedoch aus der Umgebung heraus neue Verunreinigungen absetzen.

Schutzlacke können die Bildung von Elektrolytlösungen aufgrund der Feuchtigkeitssperre verhindern. Alle Metalloberflächen auf einer Leiterplatte müssen ausreichend gut beschichtet sein, um Kontakt mit einer potentiell korrosiven Umgebung zu vermeiden; selbst kleine Hohlräume in der Beschichtung, die die Metalloberfläche freilegen, können die Korrosion unter bestimmten Umgebungsbedingungen sogar beschleunigen. Die Herausforderung der Schutzlacke besteht darin, eine angemessene Beschichtung aller freien Metalloberflächen über die dreidimensionale, komplexe Topographie zu erreichen, aus der moderne Leiterplatten bestehen.

Neben dieser perfekten Beschichtung muss der Schutzlack auch eine Feuchtigkeitsbarriere und eine gute Haftung für das Substrat bilden, damit er sich nicht ablöst. Hat sich eine Beschichtung gelöst, tritt Feuchtigkeit ein, die durch den Kontakt mit bereits vorhandenen ionischen Verunreinigungen schließlich eine Elektrolytlösung bildet – auch aus diesem Grund ist eine gründliche Reinigung der Platte vor dem Auftragen des Schutzlacks notwendig.

Kondensation

Bei hoher Luftfeuchtigkeit können bestimmte Bereiche einer Komponente unter den Taupunkt fallen und Wasser kondensiert auf den Leiterplattenoberflächen, was den Isolationswiderstand deutlich verringert. Obwohl reines Wasser Elektrizität nicht gut leitet, können sich ionische Verunreinigungen auf der Leiterplattenoberfläche darin auflösen und eine leitfähige Bahn bilden. Diese Bedingungen führen nicht nur wie oben beschrieben zu Korrosion, sondern stellen auch den Isolationswiderstand der Beschichtung auf eine harte Probe.

Dies sind im Prinzip Bedingungen wie beim Eintauchen. Und Wasser findet sehr schnell Schwachstellen oder Fehler in der Beschichtung. Ist die Beschichtung in bestimmten Bereichen dünn oder nicht vorhanden, wäre die Isolierung vernachlässigbar oder zumindest nicht optimal. Jede leitfähige Lösung ermöglicht den Durchgang von elektrischem Strom von einer Schwachstelle zur anderen, was zu einem vorübergehenden Ausfall (reversibel, wenn die Leiterplatte getrocknet ist) oder zu einem irreversiblen Ausfall führt, wenn sich leitfähige Korrosionsprodukte, Dendriten oder andere dauerhafte Formen von leitfähigen Bahnen auf der Oberfläche der Beschichtung absetzen.

Komponentenabstand

Obwohl Luft in der Regel ein ausgezeichneter Isolator ist, kann sie bei einem elektrischen Feld mit mehr als 3 kV/mm durchschlagen werden, was zu einer teilweisen Leitfähigkeit führt. Die Durchschlagsspannung in der Luft hängt im Wesentlichen von den Abständen der Komponenten auf der Leiterplatte und der Luftfeuchtigkeit ab. Ist die Potentialdifferenz zwischen benachbarten Komponenten ausreichend groß, führt ein vollständiger elektrischer Ausfall der Luft als Isolator zu einem Lichtbogen, der die gesamte Lücke zwischen den Komponenten überbrückt. Schutzlacke bieten einen zusätzlichen Isolationswiderstand, sodass kompaktere Baugruppen realisiert werden können, indem Komponenten näher zueinander platziert werden, als dies ohne Beschichtung möglich wäre.

Whiskerbildung

Schutzlacke können auch eingesetzt werden, um Probleme durch sogenannte Whiskerbildung zu vermeiden, die zu lokalen Kurzschlüssen führen können. Obwohl die aktuelle Forschung gezeigt hat, dass es unwahrscheinlich ist, müsste ein Whisker die Beschichtung erst zerstören und durchbrechen. Um einen Kurzschluss zu erzeugen, muss sich der hervorstehende Whisker entweder mit einem anderen hervorstehenden Whisker mit anderer Polarität verbinden oder durch die Beschichtung zurück an eine Stelle mit entgegengesetzter Polarität dringen.

Computermodelle haben gezeigt, dass es bei einer ausreichenden Deckung und Dicke des Schutzlackes über den leitfähigen Oberflächen unwahrscheinlich ist, dass ein Whisker die Beschichtung an einer Stelle durchdringt, und dass es praktisch unmöglich ist, dass dies noch an einer anderen Stelle erfolgt. Daher kommt als einzige mögliche Fehlerquelle für einen Kurzschluss die Berührung zweier hervorstehender Whisker infrage, wobei diese Möglichkeit statistisch vernachlässigbar ist.

Der Zweikomponentenansatz

Die Erreichung einer guten Beschichtung und Schichtdicke bei herkömmlichen, flüssig aufgetragenen Materialien und ihren Auftragungsverfahren hat sich als problematisch erwiesen. Beispielsweise hat die „Beurteilung des Stands der Technik“ durch die IPC, bei der buchstäblich tausende Querschnitte analysiert wurden, gezeigt, dass für viele der herkömmlichen Komponentenanschlüsse und -gehäuse jeglicher Material-Prozess-Kombinationen eine geringe oder keine Beschichtung erreicht wurde. Angesichts der Wichtigkeit der Kantenabdeckung und der Dicke sowie der Herausforderung, beides zu erreichen und andere Leistungsanforderungen wie Thermoschockbeständigkeit und eine zyklische thermische Belastbarkeit zu gewährleisten, wurde ein neues Beschichtungskonzept entwickelt, um diese Leistungsanforderungen zu erfüllen.

Das Unternehmen entwickelte seine Reihe von 2K-Schutzlacken, um damit eine Lösung für die häufigsten von Herstellern festgestellten Probleme anzubieten, die diese feststellen, sobald sie mit den momentanen Beschichtungslösungen unter widrigen Bedingungen zurechtkommen müssen. Die 2K-Reihe leistungsfähiger Zweikomponenten-Schutzlacke ermöglicht eine höhere Schichtdicke und verbesserte Kantenabdeckung und ist gleichzeitig VOC-frei, schnell härtend und eine wirtschaftlichere, lösungsmittelfreie Alternative zu Silikonmaterialien. Darüber hinaus ist der Großteil der Schutzlacke der 2K-Reihe hydrophob und bietet damit exzellenten Schutz vor Eintauchen in Wasser, Salzsprühnebel und Feuchtigkeit und ist ausgezeichnet für Fahrzeugsensoren und -elektronik geeignet.

2K-Materialien bestehen aus zwei Komponenten: einem Harz und einem Vernetzer (Härter), die getrennt voneinander ausreichend stabil sind. Einmal im richtigen Verhältnis gemischt, erfolgt eine chemische Reaktion, die ein festes Polymer bildet. Durch die Anpassung von Harz und Härter können viele verschiedene Polymere von weichen, gummiartigen Materialien bis hin zu hochfesten, glasartigen Materialien hergestellt werden. In der Regel sind viele dieser 2K-Materialien lösungsmittelbasiert, um ihre Lebensdauer zu verlängern und die Verwendung bestehender Anwendungsmethoden zu ermöglichen. Mit zunehmenden Einschränkungen bei der Verwendung von Lösungsmitteln haben sich die Bemühungen der Branche, lösungsmittelfreie Produkte herzustellen, jedoch intensiviert.

Lösungsmittelfrei

Die Umstellung des Unternehmens auf ein lösungsmittelfreies 2K-System erforderte einen neuen Ansatz beim Mischen und Auftragen. Bei der Beschichtung war die Regelung der Durchflussmenge auf einem entsprechend niedrigen Niveau bei gleichzeitiger Einhaltung der richtigen Mischungsverhältnisse die zentrale Herausforderung. Diese wurde kürzlich durch den Einsatz speziell entwickelter, klein volumiger Exzenterschneckenpumpen gemeistert. Diese regeln die Durchflussmengen der einzelnen Komponenten der Rezepturen innerhalb von ±1 %, wobei das volumetrische Mischungsverhältnis bis zum Mischen und unmittelbar vor dem Auftragen gesteuert wird, wodurch die Einheitlichkeit der Eigenschaften der dosierten Materialien und eine schnelle Aushärtung gewährleistet sind. Darüber hinaus ist die Sprühkopfgeschwindigkeit bis zu dreimal höher als bei herkömmlichen Sprühanwendungen mit 100 % Feststoffen, was die Zykluszeiten der Beschichtung deutlich reduziert.

Diese Beschichtungstechnologie sorgt für eine Aushärtung aller Materialien der 2K-Reihe innerhalb von 10 Minuten bei 80 °C, dies entspricht der typischen Trocknungszeit und Temperatur eines lösungsmittelhaltigen Acryl-Materials. Das neueste Produkt der 2K-Reihe härtet primär durch UV-Strahlung (mit herkömmlichen Mikrowellen- oder Bogenlampensystemen bzw. der neuesten LED-Technologie) aus, während die chemische Härtung für eine vollständige Aushärtung in Schattenbereichen innerhalb weniger Stunden sorgt – im Vergleich zu Wochen oder Monaten bei sekundären feuchtigkeitshärtenden Methoden. Der Zweikomponenten-Schutzlack 2K850 mit UV-Aushärtung kombiniert die Schnelligkeit und den Nutzen der UV-Aushärtung, wobei eine sofortige, klebfreie Beschichtung ermöglicht wird, mit den Vorteilen des Zweikomponentensystems des Unternehmens, das eine vollständige Aushärtung bei Raumtemperatur innerhalb von 24 Stunden ermöglicht; im Vergleich dazu beträgt der Branchendurchschnitt etwa 8 – 14 Tagen.

Diese neuen Zweikomponenten-Systeme überzeugen in strengen Tests im Vergleich zu anderen Beschichtungsarten mit ihrer Leistungsfähigkeit. Die Tatsache, dass sie dick (bis zu 300 µm) aufgetragen werden können, ohne dass es bei einem Thermoschocktest zu Rissen kommt, ermöglicht eine höhere Beschichtung der Komponentenanschlüsse. Dies wiederum führt zu einer Leistungssteigerung bei der Salzsprühnebel-, Schadgas- (MFG) und Schwitzwasserprüfung mit der neuen NPL-Schwitzwasserprüfungsmethode – allesamt leistungsstarke Testverfahren, die häufig bei Fahrzeugqualifizierungsmaßnahmen eingesetzt werden. Ein gutes Beispiel ist ein aktueller Test von 2K-beschichteten Motorsteuergeräten, die 1.000 Thermoschockzyklen von –40 °C bis +140 °C ohne Spannungsrissbildung unterzogen wurden.

In anderen Experimenten des Unternehmens, die während des 2K-Entwicklungsprojekts durchgeführt wurden, wurde eine Oberflächenisolationswiderstands-Testplatte (SIR) unbeschichtet, stellenweise mit einem lösungsmittelhaltigen Acryl und stellenweise mit einem 2K-Material beschichtet, um die neue NPL-Schwitzwasserprüfungsmethode zu bewerten. Die Ergebnisse machen deutlich, dass die SIR-Werte für beide Bauformen (BGA und SOIC) für den 2K-Schutzlack zwei Größenordnungen höher waren und kaum schwankten, egal ob das Material mit Kondenswasser bedeckt war oder nicht. Es gab einen recht signifikanten Unterschied beim Acryl, je nachdem, ob das Material der Kondensation ausgesetzt war oder nicht, während die BGA-Bauform Spuren von Dendritbildung bei der Auswertung der nicht beschichteten Bereiche zeigte.

2K-Schutzlacke bieten eine zuverlässige, scharfe Kantenabdeckung, und während sie normalerweise dünn aufgetragen werden (50 – 75 μm), wurden sie auch so konzipiert, formuliert und getestet, dass sie in viel höheren Schichtdicken (250 – 300 μm) aufgetragen werden können, um eine bessere Umhüllung von Komponenten und Komponentenanschlüssen zu ermöglichen, ohne dass damit verbundene Probleme wie Rissbildung bei Thermoschocktests auftreten.

Der ausgezeichnete Schutz aufgrund der höheren Schichtdicke und einzigartigen Abdeckung der 2K-Produkte des Unternehmens wird sicher von vielen Fahrzeug- sowie Luft- und Raumfahrtzulieferern geschätzt werden, die mit gestiegenen Anforderungen von OEMs an eine verbesserte Beständigkeit gegen Kondensation als auch der Funktionsfähigkeit im Marine- und Submarine Einsatz zu kämpfen haben.

www.electrolube.com

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