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Flexibilität und hohe Prozessstabilität bei häufigem Produktwechsel

Flexibilität und hohe Prozessstabilität bei häufigem Produktwechsel
Baugruppen und Geräte made in Ungarn

Eineinhalb Tonnen Baugruppen unterschiedlichster Art verlassen Tag für Tag die Fertigung von Elge im ungarischen Bagod. Dort wo andere Ferien verbringen, lässt es sich auch angenehm arbeiten. Rund 130 Kilometer westlich von Budapest, liegt die grüne Oase; eine Landschaft mit Wäldern, Feldern und Wiesen. Und mittendrin die Elgé Hungária Kft.

Elgé Hungária fertigt mehrheitlich Motorenanlaufsteuerungen und Bremsen, neben Steuerungen für die Medizintechnik. Dazu kommen noch Treiberkarten für einen italienischen Kunden, der Testgeräte produziert. Die wiederum werden im Unternehmen gewaschen und auf ein Gigaohm Oberflächenwiderstand getestet. Auf jeder Karte sind über 2.600 Bauteile platziert. Die Bauteile stellen die Kunden bei, da sie mit ihren Massenbestellungen günstigere Konditionen erzielen. Daneben werden auf Wunsch auch Geräte komplett zusammengebaut und final getestet. Auch die Kabelbearbeitung zählt mit zu den Kernkompetenzen. Damit übernimmt das Unternehmen quasi die Funktion eines E²MS Dienstleisters.

Begleitendes Engineering

Schon vorm eigentlichen Fertigungsstart können die Entwickler des Unternehmens auf Wunsch in die Konzeptionsarbeit ihrer Kunden eingebunden werden. Auf der einen Seite werden die Vorstellungen moderner Schaltungsentwicklung auf dem Monitor sichtbar gemacht. Auf der anderen Seite korrigieren gewichtige Argumente der Produktionsseite allzu waghalsige Schaltungskonzepte. Letztlich müssen die Ideen in einem überschaubaren Kostenrahmen auch produzierbar sein. Frei nach Geschäftsführer Eckehard Tschöp: „Wir geben stets unseren Senf dazu, da es gut werden soll.“

Je früher die Spezialisten des Unternehmens an der Entwicklungsarbeit ihrer Kunden mitwirken, desto größer ist die Chance auf ein fertigungsgerechtes Layout. Die Mitarbeit gilt sowohl für die elektronischen Baugruppen wie für die zu erstellenden Gehäuse. Denn an der Schnittstelle zwischen Elektronik und der Anwendung des Produkts zeigt sich letztlich die Qualität des Produkts. Denn bereits in der Entwicklung wird über bis zu siebzig Prozent der Kosten entschieden. Deshalb bietet das Unternehmen sowohl für das Innenleben als auch das Gehäuse seine Dienste an. Von der Entwicklung über die Produktion mit allen Checks bis zum Einbau.

So fordern viele Sektoren höhere Systemintegration in ihrer Elektronik. Basis dafür sind gestiegene Komfortfunktionen und neue Anwendungen, aber auch das wachsende Sicherheits- und Kostenbewusstsein sowie energiepolitische Aspekte spielen immer mehr eine dominante Rolle. Die Crux: Die Raumangebote sinken. Zusätzlich treten Kundenwünsche verstärkt in den Vordergrund. Das bedeutet: Individualisierung. Heute muss eine Fertigung in der Lage sein selbst geringe Stückzahlen zu fertigen. Eine Tendenz, die sich schon seit langem abzeichnet: kleine Mengen bei gleichzeitig großer Vielfalt. Hier kann die Digitalisierung ihre Stärke ausspielen. Mit Industrie 4.0 steht ein Lösungspartner quasi in der Tür.

Vor Jahren noch wurden Elektronik, Software und Mechanik oftmals separat entwickelt. Und dann mühsam aufeinander abgestimmt. Sie bilden die Grundlage der Mechatronik, die allerdings heute erheblich mehr Details und Funktionen umfasst. Worauf kommt es an? Da spielen Erhöhung der Packungsdichte und Integration zum Zwecke der Funktionssteigerung, das passende Bedienkonzept, Miniaturisierung, Steigerung der Zuverlässigkeit, Integration neuer Funktionen und intelligenter Anschlusstechnik sowie eine einfache Logistik und nicht zuletzt die Optimierung der Systemkosten insgesamt die entscheidende Rolle. Insgesamt muss das Konzept spezifisch auf den Kunden zugeschnitten sein.

Leistungsstarker Bestückungsprozess

Nach Klärung aller Details geht der Auftrag mit allen notwendigen Unterlagen in die Produktion. Vor dem Aufsetzen der Bauteile treten die vollautomatischen Inline-Schablonendrucker von DEK und Speedline in Aktion. Aus dem Magazin mit unbestückten Leiterplatten geht es automatisch zum Druck der Lotpaste. Aufgrund ihrer modularen Bauweise lassen sich die Geräte bei Typwechsel schnell umrüsten. Parallel zum Druckprozess wird jede Platine zu einhundert Prozent vollflächig via AOI in Liniengeschwindigkeit kontrolliert. Neben dem Lotpastenauftrag erkennen die Maschinen in gleicher Geschwindigkeit Brücken, Druckversatz und auch verstopfte oder verschmierte Stellen auf den Schablonen. Der Rakeldruck wird während des Druckprozesses permanent kontrolliert und nachgeregelt.

Die anschließenden Hochleistungsautomaten bringen auf vier Fertigungslinien bis zu 60.000 SMD Bauteile in der Stunde auf. Diese Gesamtleistung teilen sich insgesamt acht Bestücker mit unterschiedlichem Leistungsniveau. Das fängt bei rund 4.000 Bauteilen in der Stunde an und endet vorerst bei 20.000 Bauteilen in der Stunde. In der Linienanordnung erzielen die Automaten entsprechend ihrer Aufgaben Höchstleistungen. Denn in der multifunktionalen und leistungsstarken Elektronik erhöhen sich die Zahl der zu bestückenden Bauteile und auch deren Funktionalitäten. Das hat eine enorme Steigerung der Bestückungsdichte von winzigen Bauteilen zur Folge.

Bauteile mit sehr, sehr kleinem Anschlussraster sowie Package on Package Applikationen zeigen, dass sich die Funktionalität der Bestückungsmaschinen immer wieder der Realität stellen muss. Alle Maschinen sind als skalierbare Plattformen konzipiert und können so neben einer hohen Produktivität und Qualität auch Anforderungen an höchst anspruchsvolle Bauteilgenerationen wie beispielsweise 03015 durchaus gerecht werden. Mit einem Wechsel der Bestückungsköpfe und einem Softwareupdate sind die Herausforderungen gut zu bewältigen.

Intelligentes Löten

Sind alle Bauteile platziert, geht es an das Löten. Auf der aufgetragenen Lotpaste Platz genommen durchlaufen die Bauteile mit dem Substrat die heißesten Stellen im Unternehmen: die Reflow-Lötanlagen. Besonderer Wert wird auf Flexibilität und hohe Prozessstabilität auch bei häufigem Produktwechsel gelegt. Deshalb werden als Reflow-Lötanlagen Ersa Hotflow Anlagen genutzt. Bekannterweise wird beim Löten eine Menge an elektrischer Energie eingesetzt. Ziel ist es, mit diesen Lötanlagen den Energieeinsatz ohne Qualitätseinbußen zu reduzieren. So werden im Standby Betrieb die Temperaturen ausgewählter Heizungen und die Drehzahlen bestimmter Antriebe zurückgefahren, um Energie zu sparen.

Wird der Betriebsmodus beendet, fahren die abgesenkten Temperaturen und „stillgelegten“ Antriebe wieder hoch. Das dauert nur wenige Minuten und bietet sich bei kurzen Stillstandszeiten an, wie zum Beispiel beim Umrüsten auf ein neues Produkt oder zur Störungsbeseitigung in der Linie. Bei Ruhebetrieb ist von Beginn an eine längere Stillstandszeit geplant. Bestimmte Heizungen und Antriebe werden dafür ausgeschaltet. Per Mausklick werden Standby Modus oder Ruhebetrieb wieder zum „Leben“ erweckt.

Mit dem integrierten Prozesskontrollsystem EPC / Ersa Process Control wird der Lötprozess kontinuierlich überwacht und gesteuert. Dabei werden nicht nur die Temperaturen einzelner Heizzonen, sondern auch die Konvektion gesteuert. Für die Bauteile ist das natürlich von Vorteil; denn sie müssen nicht mit sprunghaften und nicht geplanten Peaks rechnen. Da das System die reale Wärmeübertragung jeder einzelnen Heizzone im Prozesstunnel in Echtzeit überwacht und anzeigt, kann am Ende des kontinuierlich überwachten Lötprozess ein optimales Ergebnis erwartet werden. Denn die Wärmeübertragung im Prozesstunnel wird losgelöst von Auslastung, thermischer Masse und Laufzeit der Anlage sicherstellt.

Das ist aber erst die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite warten die bedrahteten Bauteil auf ihren Einsatz. In einem speziellen Bereich stehen manuelle oder auch halbautomatische Bestückplätze mit automatischer Bauteilzuführung bereit, an denen qualifiziertes Fachpersonal die bedrahteten Bauteile in das Substrat steckt und für das Löten vorbereitet. Gelötet wird im Wellenlötverfahren, zum Teil auch via Selektivlöten. Das heißt, es werden nur die bedrahteten Bauteile gelötet. Dazu kommt Flussmittel zum Einsatz, dem in einem nächsten Schritt beim Vorheizen das enthaltene Lösungsmittel entzogen wird. Auch beim Wellenlöten bietet sich ein exaktes Einhalten des Temperaturprofils an, um Substrat und Bauteile gleichermaßen vor Überhitzung zu schützen.

Vertrauen ist, Kontrolle ist besser

Besser vorbeugen als Reparieren. Das heißt Fehler so früh wie möglich in der Produktionslinie aufspüren, spart Geld und Zeit. Eine große Herausforderung stellt sich jedem Produzenten mit häufig wechselnden Produkten mit geringen Losgrößen und gewünschter kurzer Lieferzeit. Die dafür genutzten Testsysteme sollen Fehler finden, ohne selbst Pseudofehler zu produzieren. Und das möglichst in Liniengeschwindigkeit. Dieses Problem hat Elge elegant gelöst.
Am Ende der SMT Linien nehmen AOI Geräte Automatische Optische Inspektion die Baugruppen intensiv unter die Lupe. Oberstes Ziel ist es, jede Fehlerstelle zu erkennen. Im Ernstfalle kann korrigierend eingegriffen werden, um Baugruppen zu retten. Auch THT Bauteile werden nach dem Wellenlöten optisch überprüft.

Unvermeidlich sind abschließende ICT In-Circuit Tests und Funktionstests. Beim ICT steht die Prüfung der Bauelementeparameter einer Flachbaugruppe im Vordergrund. Dazu sind Prüfadapter entsprechend der Baugruppe erforderlich, die im Unternehmen in Eigenregie hergestellt werden. Dabei wird die Baugruppe auf Fehler in der Leiterbahnführung, Lötfehler und Bauteilefehler geprüft. Oder es werden komplette Schaltungsblöcke getestet. Mit dem ICT Verfahren lassen sich sowohl analoge wie digitale Bauteile mit entsprechender Aufbereitung testen.

Anders der FT Funktionstest. Hier wird die Baugruppe in ihrer Endanwendung oder in einer Umgebung, die die Endapplikation nachbildet, getestet. Auch für diese Tests sind Prüfadapter erforderlich. Um die Kosten jedoch klein zu halten sollte vor der eigentlichen Designphase der Entwickler sich mit dem Produzenten der Baugruppen abstimmen. DFM Design for Manufacturing nennt sich dieses Verfahren, das aufklärt ob die Baugruppe so funktioniert wie geplant. Das Problem bleibt aber stets die konsequente einhundert Prozent Testabdeckung. Hier muss idealerweise ausgewogen werden, welche finanziellen Mittel können dafür eingesetzt werden. Und ist es das dann dem Auftraggeber wert?

www.Elge-Hungaria.com

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