Die Produktkennzeichnung „Made in Germany“ gilt traditionell als Qualitätsversprechen. Das belegt auch eine im Herbst 2019 durchgeführte, repräsentative Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov mit der Universität Cambridge. Befragte aus 23 Nationen sollten dabei zwölf Länder nach der Qualität der dort hergestellten Produkte bewerten: Deutschland erzielte den ersten Platz. Doch die Qualität eines Produkts ist nicht nur relevant für das Image des Produktionsstandorts. Reklamierte Chargen sind oft mit hohen Kosten verbunden und können den Ruf des einzelnen Herstellers schädigen. Um eine einwandfreie Produktqualität zu gewährleisten, etablieren Unternehmen daher klare Abläufe zur Qualitätssicherung und -prüfung.
Automatisierung repetitiver Prüfprozesse
Am Ende der Fertigungslinie wird häufig der übliche Gebrauch eines Produkts in einem Testaufbau simuliert, um so den zu erwartenden Verschleiß und die Materialermüdung sichtbar zu machen. Mit den sogenannten Lebensdauertests finden Unternehmen etwa heraus, wie lange ein Produkt seine Eigenschaften und Funktionalität behält. Dabei wird ein- und dieselbe Bewegung zehntausende Male wiederholt, um den Alltagsgebrauch nachzuahmen. Die Durchführung eines solchen Tests ist für Fachkräfte sehr anstrengend. Mit zunehmender Zahl der Wiederholungen steigt auch die menschliche Fehleranfälligkeit.
Kollaborierende Roboter führen Bewegungen selbst nach zahlreichen Durchläufen durch ihre hohen Wiederholgenauigkeit von bis zu 0,03 mm präzise und konstant aus. Dadurch bringen sie optimale Eigenschaften für Tests und Analysen mit. Zudem sind die Roboter dank ihrer Leichtbauweise und geringe Standfläche räumlich flexibel einsetzbar. Auf diese Weise lassen sich die sogenannten Cobots unkompliziert in bestehende Fertigungs- oder Laborumgebungen integrieren und individuell an die Bedürfnisse des Anwenders anpassen. Die umfassende Konnektivität, zum Beispiel über Modbus TCP, EtherNet/IP und Profinet, erleichtert nicht zuletzt ihre Integration in bestehende Anlagen und die Kommunikation mit vorhandenen Testgeräten.
Produktionsfehler rechtzeitig erkennen
Um die geforderten Qualitätsstandards zu wahren, reicht es oft nicht aus, nur Stichproben zu prüfen. Jedoch kommt das menschliche Personal vor allem bei einem hohen Durchsatz und zahlreichen, schnellen Fertigungsschritten oft kaum hinterher. Cobots ermöglichen Herstellern, die Abläufe an Teststationen auch inline zu automatisieren. Ausgestattet mit Systemen zur Bildverarbeitung führen sie beispielsweise optische Inspektionen zuverlässig aus. Spezielle Kameras versetzen Cobots in die Lage, Aufdrucke oder Geometrien von Bauteilen bis in den Mikrometerbereich präzise zu prüfen und zu dokumentieren.
Durch die verlässliche Identifikation defekter oder fehlerhafter Teile schon während des Fertigungsprozesses verhindern Cobots deren Weiterverarbeitung oder Verpackung. Sie unterstützen Unternehmen, Ausschuss zu reduzieren und Reklamationen zu vermeiden.
Sensorik für taktile Messungen
Die Modelle der e-Series von Universal Robots verfügen über einen integrierten Kraft-Momenten-Sensor. Auch für Anwendungen in der Qualitätsprüfung ist dies von Nutzen, da derart ausgestattete Roboter dadurch auftretende Kräfte feinfühlig erfassen und auswerten können. Sie eignen sich damit neben Belastungstests und optischer Teileinspektion auch für taktile Prüfverfahren, etwa an Bedienelementen wie Schaltern. Ihre Sensorik ermöglicht ihnen nicht nur, die Funktionsfähigkeit und Qualität des jeweiligen Elements zu beurteilen, sondern auch gegebene Toleranzen zu berücksichtigen.
Automatisierte Vorbereitung von Raketen-Tests
Wie entscheidend dieses Fingerspitzengefühl für eine automatisierte Qualitätsprüfung ist, zeigt das Beispiel der ArianeGroup. Das Unternehmen entwickelt und produziert am Standort Ottobrunn bei München Triebwerkskomponenten und Ventile für Weltraumfahrzeuge. Dazu gehören auch die Schubkammern für die europäischen Trägerraketen Ariane 5 und 6. In der Regel gilt: Es gibt bei einem Raketenstart nur einen Versuch. Die zuständige Testabteilung muss daher sicherstellen, dass alle verarbeiteten Bauteile einwandfrei funktionieren.
Für die Tests an den Schubkammern müssen 566 Einspritzelemente mit Kunststoffstöpseln versehen und verschraubt werden. Früher erledigte dies ein Mitarbeiter per Hand, da die gängigen Automatisierungslösungen nicht über das nötige Feingefühl für die kleinteilige Arbeit verfügten. Mit dem UR5e von Universal Robots hat sich das geändert: Heute bereitet der Roboterarm die Raketen-Einspritzköpfe für Tests vor. Dank seines integrierten Kraft-Momenten-Sensors ist er in der Lage, die Einspritzelemente hochpräzise zu verstöpseln. Anschließend verschraubt er sie mit Messinghülsen. Nach dem Testverfahren demontiert der Roboterarm die Elemente wieder.
Entlastung der Mitarbeiter
Seine Mitarbeiter entlasten wollte auch der deutsche Hersteller von Audiotechnik Sennheiser. In den USA produziert das Unternehmen wöchentlich 30.000 Leiterplatten, die schließlich in 1.500 professionellen Audiogeräten verbaut werden. Aufgrund des hohen Durchlaufs setzte Sennheiser seit Eröffnung des Werks auf industrielle Maschinen zur Automatisierung. Das Testverfahren der Leiterplatten erfolgte jedoch lange manuell.
Um auch diesen monotonen, repetitiven Prüfprozess zu automatisieren, entschied sich der Hersteller für den Einsatz kollaborativer Robotertechnologie. Anstelle des Mitarbeiters nimmt nun ein UR5-Roboter die Leiterplatte mit seinem Greifer auf, scannt sie zur Validierung der Teile-ID, und legt sie danach in die Prüfstation. Im Anschluss an den Test befördert der Cobot die Leiterplatte in den entsprechenden Behälter und sortiert fehlerhafte Teile automatisch aus.
Hohe Flexibilität bei Änderungen
Durch den Einsatz des Cobots konnte das Unternehmen seinen Durchsatz um 33 Prozent steigern und seine Mitarbeiter für anspruchsvollere Aufgaben einsetzen. Nach erfolgreich abgeschlossener Risikobeurteilung können die Cobots ohne Schutzumhausung neben den Menschen arbeiten. Über das zugehörige Teach Panel, ein Handbediengerät, können die Mitarbeiter den Roboterarmen neue Aufträge zuweisen. Auch Personal ohne Vorkenntnisse ist so in der Lage, die Cobots zu programmieren.
Das Umrüsten der Cobots ist dank der unkomplizierten Bedienung schnell und einfach möglich. Montage-, Test- und Verpackungslinien lassen sich so rapide und kostengünstig an neue Bedürfnisse und Anforderungen anpassen. Diese Flexibilität stellt sich besonders in einer schnelllebigen Branche wie der Elektronikfertigung als großer Wettbewerbsvorteil heraus.
Automatisierung steigert Produktqualität
Ihre außerordentliche Präzision, Flexibilität und einfache Bedienbarkeit machen Cobots zu willkommenen Helfern in der Qualitätsprüfung. Auch beim Einsatz in Anwendungsfeldern wie der Maschinenbeschickung, Montage oder Oberflächenbearbeitung zahlen sie auf die Produktqualität ein. Dank ihrer hohen Wiederholgenauigkeit und gleichbleibenden Konsistenz reduzieren sie das Risiko für Produktionsfehler und sorgen für eine hohe Qualität.