Startseite » Technik » Applikationsbeschreibungen »

Arbeitsentlastung an der Linie

Erfolgreich: Gurtfreie Bauteilzuführung im Praxistest
Arbeitsentlastung an der Linie

Schon bei der ersten Vorstellung des Siplace BulkFeeder war offensichtlich: Diese Technologie hat das Potenzial, die Bauteil-zuführung an SMT-Linien zu revolutionieren und ein integraler Bestandteil der smarten Fertigung zu werden. Gurtfrei lassen sich bis zu 1,5 Millionen loser Bauteile mit einer einzigen Magazinfüllung zuführen – das Ende fehleranfälliger Splice-Prozesse und eine enorme Arbeitsentlastung für das Linienpersonal. Soweit die Theorie, jetzt liegen die ersten Ergebnisse aus den Praxistests vor.

Der Siplace BulkFeeder nutzt die Fortschritte bei Bestückköpfen, Visionsystemen, Miniaturisierung und Rechnergeschwindigkeiten. Das Wechselmagazin – die Cartridge – des Feeders beherbergt lose Bauteile. Das maximale Fassungsvermögen liegt bei 1,5 Millionen 01005 Bauteilen. Alternativ lassen sich die Cartridges auch mit 0201 und 0402 Bauteilen füllen. Um den Feeder an der Linie auf andere Bauteilgrößen umzurüsten, wird einfach die Cartridge gewechselt – weitere Einstellungen sind nicht erforderlich.

Die Funktionsweise: Aus der Cartridge werden die Bauteile über einen synchronisierten Vibrations- und Shutter-Mechanismus auf eine Glasplatte gefördert. Unter dieser Glasplatte – der sogenannten Pick-up Platte – ist eine hochpräzise Digitalkamera integriert, die nach jeder Vibration von unten durch die Glasplatte Aufnahmen der dort liegenden Bauteile macht. Diese Bilder werden vom Feeder an den Siplace Bestückautomaten und sein Visionsystem übertragen, das Position und Lage der Bauteile exakt analysiert. Bauteile, die korrekt (nicht umgedreht) und mit genügend Abstand von anderen Bauteilen liegen, werden identifiziert und dann von den schnellen Siplace Collect&Place Bestückköpfen berührungslos von der Glasplatte aufgenommen.
Zwischen den Abholzyklen schließt sich eine Abdeckung über der Glasplatte. Über Vibration werden neue Bauteile auf die Pick-up-Platte befördert und die dort liegenden Bauteile neu „angeordnet“, bis wieder genügend abholbereite Bauteile identifiziert werden können.
Viele offene Fragen vor dem Praxistest
Bei der Erstvorstellung auf der letztjährigen Productronica gab es unter den Besuchern einen Mix aus Begeisterung und Skepsis. Würde diese Technologie den Praxistest bestehen? Kann der neue Feeder bei Abholraten und Bestückleistung mit klassischen Gurtförderern mithalten? Und: Würden die Bauteilhersteller grünes Licht für neue Verpackungen und Abholprozesse geben? Fragen, die sich nur im Praxistest beantworten lassen.
Tests bei Bauteilhersteller und Elektronikfertigern
Die gurtfreie Zuführung von Standardbauteilen wirkt nicht nur auf die Rüst- und Bestückprozesse in der SMT-Fertigung, sondern verändert als ein Modul für die Smart Factory zugleich die gesamte Prozesskette vom Verpacken der Bauteile beim Bauteilhersteller über die Logistikprozesse zwischen Bauteilhersteller und Lieferant bis hin zur Intralogistik beim Fertiger. „Wir haben daher Praxistests nicht nur bei EMS-Unternehmen, sondern auch bei einem großen Hersteller von Kondensatoren und anderen passiven Bauelementen gemacht. Hier sollte getestet werden, ob die Bauteilintegrität erhalten bleibt und welche Verpackungen sich für die logistischen Prozesse am besten eignen“, erläutert Norbert Heilmann, Technology Scout bei ASM.
Vibrieren, vibrieren, vibrieren
So wurde beim Bauteilhersteller mit speziellen Testreihen an einem Siplace Bestückautomaten untersucht, ob sich die Vibration im Bulk oder die Abholung von einer Glasplatte auf die Integrität der Bauteile auswirken. Millionen von Bauteilen wurden immer wieder „vibriert“, und immer wieder aus der Cartridge auf die Glasplatte befördert und zurückgefüllt. In einer anderen Testreihe wurden Bauteile von der Glasplatte abgeholt und dann in einen Behälter abgeworfen. Beide Testreihen wurden mit Bauteilen der Größen 01005, 0201 und 0402 durchgeführt.
Bauteile aus beiden Testreihen wurden dann vom Bauteilhersteller verschiedenen Untersuchungen unterzogen: optische Tests auf Kratzer etc., Tests der elektrischen/funktionalen Zuverlässigkeit, Untersuchungen von Lötfähigkeit und Verzinnung sowie Feuchtigkeitsstresstests. Das Ergebnis: Die Bauteilintegrität beim Siplace BulkFeeder ist bei Transport und Abholung nicht gefährdet.
Zertifizierung und Optimierung der Blisterverpackungen
Nach dem erfolgreichen Abschluss der langwierigen Feuchtigkeitsstresstests will der Bauteilhersteller die neue Zuführtechnologie für seine Bauteile zertifizieren.
Die losen Bauteile sollen für die von ASM entwickelte BulkFeeder FillingStation von den Bauteilherstellern in neuartigen Blistertaschen mit einem Fassungsvermögen von 100.000 Bauteilen (01005) je Tasche bereitgestellt werden. Gemeinsam hat man diese Blisterverpackungen jetzt optimiert.
Die Blistertaschen sind jetzt runder, flacher und damit deutlich stabiler. Ausgeliefert werden Streifen mit sieben Blistertaschen, bei denen die mittleren fünf Taschen befüllt sind. Diese Liefergröße ist nicht nur ein guter ökonomischer Kompromiss – immerhin beinhaltet schon ein einziger dieser Streifengebinde bis zu 500.000 01005 Bauteile –, sondern vereinfacht auch die Logistik beim Bauteilehersteller. Für den Versand der neuen Blisterstreifen können die gleichen Kartons wie bei 7‘‘ Gurt-Rollen genutzt werden. Diese Blisterverpackung kann übrigens jeder Bauteilehersteller nutzen und sie wird somit einen neuen Standard bilden.
Bauteilehersteller nutzt BulkFeeder künftig für eigene Prozesse
Ein etwas kurioses Ergebnis des Praxistests: Der Bauteilehersteller wird die Bestückautomaten mit BulkFeeder künftig auch in der eigenen Produktion einsetzen. ASM Technology Scout Norbert Heilmann erklärt: „Der Hersteller bietet Kondensatoren auch in kunden- bzw. produktspezifischen Größenvarianten an. Bisher mussten viele Tests und Freigaben auf die Entwicklung des Blistergurts warten. Dank gurtfreier Zuführung können die Komponenten jetzt schon auf Bestückfähigkeit, elektrische Funktionalität und Zuverlässigkeit getestet werden, während die Gurtentwicklung noch parallel läuft. Künftig wird vielleicht auch auf die komplee und teure Gurtentwicklung verzichtet, wenn der Kunde selbst gurtfrei zuführt und sich die Kosten sparen will.“
Praxistest auf der produktiven SMT-Linie
Der Praxistest bei zwei Elektronikfertigern lief auf produktiven Linien, auf denen 0201 beziehungsweise 0402 Bauteile aus dem BulkFeeder zugeführt wurden. Um während der Testzeit Linienstopps zu vermeiden, wurden die Bauteile zusätzlich auch an einem klassischen Gurtfeeder gerüstet. Bei einem Ausfall oder Problemen mit der gurtfreien Zuführung hätte der Bestückautomat automatisch auf die alternative Zuführung gewechselt und unterbrechungsfrei weiter bestückt.
Besonderes Augenmerk legte das testende Unternehmen auf Abholraten, Bestückleistung und den Einfluss auf Bedieneingriffe während der laufenden Fertigung. Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Abholraten bei der gurtfreien Zuführung waren mindestens so gut, oft sogar besser als bei der klassischen Zuführung über Gurte. Norbert Heilmann erläutert diesen Effekt: „Die Abholung aus Gurten erfolgt „blind“ von einer vorab definierten Position, kleine Abweichungen der Bauteillage oder des Gurtes können nicht kompensiert werden. Anders beim BulkFeeder: Hier ermittelt das Visionsystem für jedes Bauteil die exakte Position und steuert so den Abholvorgang durch den Bestückkopf.“
Auch die Synchronisation von Shutter und Vibration sowie die Lageidentifikation durch das Visionsystem zeigten sich ausgereift: Es wurden immer genügend abholbereite Bauteile identifiziert, die Bestückautomaten konnte ihre optimale Bestückleistung erreichen, Unterschiede zu Gurtförderern zeigten sich nicht.
Als „beeindruckend“ bezeichneten die Tester die Arbeitsentlastung an der Linie und die Reduktion der splice-bedingten Eingriffe. Immerhin ersetzt eine einzige Cartridge-Füllung etwa 30 Gurte – entsprechend minimiert werden manuelle Eingriffe an der Linie und der Aufwand für die Materialversorgung der Linie.
Die Tatsache, dass der Cartridge-Wechsel deutlich weniger fehleranfällig als ein Splice-Prozess ist und eine Füllung zudem für eine ganze Schicht – teilweise sogar mehr – reichte, kommen auch weniger erfahrene Bediener gut zurecht. Das sogenannte „Nachtschicht“-Phänomen mit negativen Ausschlägen bei Effizienz und Qualität in einzelnen Schichten wird deutlich reduziert. Die Test zeigten: Knapp 30 Sekunden braucht ein Cartridge-Wechsel – und ersetzt damit Nachrüst- und Splicehandgriffe sowie Logistikprozesse für bis zu 30 Gurte.
Gurtfreie Zuführung überzeugt im Test
Die Ergebnisse der Tests und das positive Feedback der Tester zur Bedienung zeigen, dass die gurtfreie Zuführung die hohen Erwartungen erfüllen kann. Der BulkFeeder ist der erste Vertreter einer neuen Generation von Zuführmodulen, die die Nachteile der klassischen Gurtförderer eliminieren und fehleranfällige manuelle Eingriffe an der Linie reduzieren. Und: Diese Technologie ist nicht nur für die große Serienfertigung interessant. Auch die häufigen Rüstwechsel und die komplette Materiallogistik in der hochflexiblen Elektronikfertigung profitieren von der gurtfreien Zuführung oft genutzter Standardbauteile.
Unsere Whitepaper-Empfehlung
INLINE – Der Podcast für Elektronikfertigung

Doris Jetter, Redaktion EPP und Sophie Siegmund Redaktion EPP Europe sprechen einmal monatlich mit namhaften Persönlichkeiten der Elektronikfertigung über aktuelle und spannende Themen, die die Branche umtreiben.

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktuelle Ausgabe
Titelbild EPP Elektronik Produktion und Prüftechnik 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Videos

Hier finden Sie alle aktuellen Videos


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de