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Damit der Funke nicht überspringt

Wie Arbeitsplatzsysteme ESD-Schäden an elektronischen Bauteilen verhindern
Damit der Funke nicht überspringt

Bei der Fertigung elektronischer Baugruppen sowie der Montage elektronischer Geräte und Systeme sind elektrostatische Entladungen eine der häufigsten Ursachen für Schäden an empfindlichen Halbleitern. Die zur Prävention eingerichteten ESD-Schutzzonen verlieren oft durch menschliche Unachtsamkeit an Effektivität. Ein von Elabo entwickeltes Arbeitsplatzsystem zeigt hingegen, wie sich Schäden durch elektrostatische Entladung auch dann verhindern lassen, wenn Mitarbeiter die Erdungsvorschriften nicht eingehalten haben oder technische Störungen auftreten.

Bei der Herstellung elektronischer Geräte und Systeme werden oft Bauteile und Komponenten verwendet, die aufgrund technologisch fortschreitender Miniaturisierung durch enorme Empfindlichkeit gekennzeichnet sind. Schon kleinste Irritationen können zur Zerstörung, mindestens jedoch zur Vorschädigung ganzer Baugruppen führen. Eine der größten Gefahren stellen hierbei elektrostatische Entladungen dar. Dieses physikalische Phänomen, in der Fachsprache mit dem Kürzel ESD (Electro-Static-Discharge) bezeichnet, resultiert aus der elektrostatischen Aufladung – dem sogenannten elektrostatischen Potential – von Gegenständen: Nähern sich zwei Objekte mit unterschiedlichen elektrostatischen Potentialen (negative bzw. positive Aufladung) einander an, kommt es zwischen diesen beiden Objekten zu einem „schlagartigen“ Elektronenfluss – der elektrostatischen Entladung.

Häufigste Ursache von ESD-Schäden: der Mensch
De facto kann grundsätzlich jedes Objekt eine elektrostatische Aufladung tragen und damit ESD verursachen. Das wohl spektakulärste Beispiel sind Gewitter-Blitze, die beim Spannungsausgleich zwischen Wolken bzw. Wolken und Erde entstehen. In der Praxis ist ein Hauptverursacher von ESD der Mensch. Sowohl Haut und Haare als auch die persönliche Bekleidung sind fähig, hohe Ladungen aufzunehmen und zu speichern. Die elektrostatische Aufladung kommt meist durch Gehbewegungen zustande, man spricht hier von der sogenannten Schrittspannung. Sie wird verstärkt durch niedrige Luftfeuchtigkeit, Teppichböden, synthetische Kleidung und isolierende Schuhe. Bemerkt wird diese elektrostatische Aufladung des eigenen Körpers oft erst dann, wenn es beim Berühren einer Türklinke oder auch bei Handkontakt mit anderen Menschen zu überraschenden Stromschlägen kommt. Umgangssprachlich heißt es dann, man bekäme „eine gewischt“.
Für die Fertigung und Handhabung elektronischer Bauteile und Baugruppen stellt nun genau diese Aufladung samt ihrer unvorhergesehenen Entladungen ein erhebliches Problem dar. Berührt zum Beispiel ein elektrostatisch aufgeladener Techniker ein empfindliches elektronisches Bauteil, sind die Folgen oft gravierend. Denn die filigranen Komponenten heutiger elektronischer Baugruppen können schon bei einer elektrostatischen Entladung (ESD) mit einer geringen Spannung ab etwa 100 Volt irreparabel beschädigt werden. Besonders tückisch: Für den Menschen werden elektrostatische Entladungen erst ab einer Spannung von etwa 3.500 Volt spürbar. Das Fachpersonal merkt also oft überhaupt nicht, dass es womöglich Beschädigungen verursacht hat. Hinzu kommt, dass solche Schäden bei einer Funktionsprüfung nicht immer registriert werden. Vielmehr ergeben sich häufig Vorschädigungen, die sich erst im dauerhaften Betrieb eines Gerätes zu handfesten Funktionsstörungen ausweiten. Die Folge sind Kundenreklamationen und erhebliche Kosten für Ersatzleistungen und Services, von Imageverlusten ganz zu schweigen.
Nur vollständig normenkonforme ESD-Schutzmaßnahmen helfen
Um entladungsbedingten Schäden an elektronischen Bauteilen vorzubeugen, werden in der Fertigung gezielte Maßnahmen gemäß dem international gültigen Normenkatalog IEC 61340-x-x getroffen. Dieser Katalog bezieht sich auf die gesamte Prozesskette und reicht von Bekleidungsvorschriften über Normen für einzelne Arbeitsbereiche und Lagerung bis hin zu Verpackungsvorgaben für die An- und Auslieferung von Material und Geräten. Die enorme Bedeutung dieser Maßnahmen unterstreicht ein Projekt der ESD-Akademie in Dierdorf/Westerwald, die sich der Erforschung und Prävention elektrostatischer Entladungen widmet: Eine detaillierte Untersuchung an insgesamt 1,2 Millionen neu produzierter Elektronikbaugruppen ergab, dass 42 Prozent aller Ausfälle an einzelnen ESD-sensitiven Bauteilen (ESDS) auf Beschädigung durch elektrostatische Entladungen zurückgingen.
Eine Schlüsselstellung im Rahmen der ESD-Prävention kommt der Einrichtung entsprechender ESD-Schutzzonen – fachsprachlich: EPA (ElectrostaticProtected Areas) – zu. In diesen Zonen, die ausdrücklich gekennzeichnet sein müssen und zu denen stets nur eingeschränkter Zutritt erlaubt ist, dürfen im Umfeld des Handhabungsbereiches empfindlicher Bauteile und Baugruppen nur ableitfähige, nicht aufladbare Materialien verwendet werden. Für Böden und Schuhwerk gilt das ebenso wie für Bestuhlung, Beleuchtung, Werkzeuge und Vorrichtungen.
In der täglichen Arbeitspraxis werden die betreffenden Vorschriften jedoch regelmäßig übertreten, meist aus Unachtsamkeit. Spezielle Schulungen können dem entgegenwirken und Mitarbeiter verstärkt für das Thema ESD sensibilisieren; völlig verhindern lassen sich menschliche Fehler gleichwohl nie: Vergisst ein Mitarbeiter beispielsweise, seine ableitfähigen Arbeitsschuhe vor Betreten der Schutzzone zu testen, wird er sich allen Unterweisungen zum Trotz als „wandelndes“ Sicherheitsrisiko durch die EPA bewegen.
EPA-konformes Arbeitsplatzsystem verhindert Normenumgehung
Da sich menschliche Versäumnisse niemals ganz sicher ausschalten lassen, liegt es nahe, die Umgehung der ESD-Schutzvorschriften technisch zu verhindern. Diesen Weg hat die euromicron-Tochtergesellschaft Elabo eingeschlagen. Das Unternehmen aus dem schwäbischen Crailsheim, das auf die Herstellung vernetzter Arbeitsplatzsysteme spezialisiert ist, hat mit Primus One ein Arbeitsplatzsystem entwickelt, das sich ohne normenkonformes Verhalten nicht in Betrieb nehmen lässt.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Erdungsarmband: Integriert sich der Nutzer nicht via Armband in den Erdungskreis des Arbeitsplatzsystems oder liegen an diesem selbst Störungen vor, lässt sich das System nicht ans Netz nehmen und ein Warnsignal ertönt. Auch bei laufendem Betrieb ist ESD-Sicherheit garantiert: Treten Störungen an Armband oder an der Erdung des Arbeitsplatzsystems auf, ertönt ebenfalls das Warnsignal, und das System schaltet – die entsprechende Voreinstellung vorausgesetzt – die Netzspannung automatisch ab. Diverse Kontrollleuchten zeigen zudem stets den Status des Überwachungssystems an. Ermöglicht wird diese EPA-bezogene Selbststeuerung des Arbeitsplatzsystems durch eine spezielle Überwachungseinheit, die zwischen FI-Schutzschalter und Hauptschalter implementiert wurde.
Diese Überwachungseinheit detektiert, ob ein normenkonformer Stromfluss vorliegt und der Erdungskreis geschlossen ist. Ist das Ergebnis in einem dieser Punkte negativ, verhindert bzw. beendet das Überwachungsmodul die Netzanbindung des Systems – eine effektive Schutzlösung, die unter anderem auch die ESD-Akademie überzeugen konnte: Im Rahmen einer umfassenden Laboruntersuchung überprüfte sie den Elabo Primus One und zertifizierte ihn als Arbeitsplatzsystem mit integrierter ESD-Schutzüberwachung für den Einsatz in EPA-Schutzzonen gemäß IEC DIN EN 61340–5–1. Im Zuge des Zertifizierungsprozesses wurden dabei zugleich auch die bei Tischaufbau und Arbeitsplatten eingesetzten Materialien sowie die elektrischen Anschlüsse des Systems hinsichtlich ihrer ESD-Konformität überprüft.
Der elektronischen Fertigung steht somit ein Arbeitsplatzsystem zur Verfügung, das der ungewollten Beschädigung sensibler Bauteile effektiv vorbeugt und auch in seiner eigenen Funktionalität auf eine Minimierung des ESD-Risikos hin konzipiert ist. Abgerundet wird das Ganze durch einen Vorteil, der sich quasi en passant ergibt: Da die eingesetzte Überwachungseinheit auch das Erdungsarmband permanent kontrolliert, muss dieses nicht mehr eigens durch externe Geräte überprüft werden. Zur signifikant erhöhten Sicherheit vor elektrostatischen Entladungen kommt damit ein Zuwachs an Komfort im Arbeitsprozess.
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