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Prozessüberwachung vs. Maschinenüberwachung

Was man bei einer Diät über Überwachung im Reflow Ofen lernen kann
Prozessüberwachung vs. Maschinenüberwachung

In einer Welt, in der immer mehr Daten anfallen, müssen wir uns entscheiden, was wir genau überwachen wollen. Denn, das zeigt das Beispiel NSA, wer viele Daten hat, muss sie auch entsprechend auswerten, damit die Überwachung überhaupt nutzt. In der Elektronikindustrie bringt Überwachung eine größere Prozesssicherheit, nur kann auch hier nur mit großem personellem Aufwand oder mit entsprechender Technik alles überwacht werden, daher müssen wir uns entscheiden: Fokussieren wir uns auf die Überwachung einer besonderen Maschine oder sollen wir eher den Prozess überwachen?

In diesem Artikel erklären wir beide Optionen und wägen ab, welche den ultimativen Wert liefert in Bezug auf Qualität, Ertrag und Kostenvorteile, bei gleichzeitiger Unterstützung einer ganzheitlichen Daten‐Strategie. Diese Fragestellung basiert auf den Erfahrungen mit SMT Reflow Öfen, aber die Überwachungsfragen stellen sich auch für alle verbundenen datengesteuerten Prozesse. Eines vorweg: Wie bei vielen solchen Entscheidungen ist die Antwort selten eindeutig.

Die erste Frage, die man sich bei der Überwachung eines ausgewählten Prozesses stellen muss, ist die nach dem gewünschten Ergebnis: Wünscht man eine Überwachung und permanente Verbesserung der Linienleistung und deren Prozess oder will man eine besondere Maschine überwachen, die in ihrer Ausführung spezifiziert wurde?
Innerhalb des Reflow Ofens gibt es zahlreiche Variablen, die gemessen werden können: unter anderem Wärmeentwicklung, Stromverbrauch, Vibrationen, Stickstoffverbrauch und noch vieles mehr. Die Auswahl der richtigen Messungen ist wichtig bei der Überwachung jeglicher Leistungen; ein Beispiel: Wenn Sie eine Diät machen, werden Sie wahrscheinlich Ihr Gewicht überwachen, aber die Wahrheit ist, dass die meisten Menschen eine Diät halten, um dünner zu werden und nicht um weniger zu wiegen. Wenn Ihr Diätplan ein Workout beinhaltet, werden Sie womöglich Muskeln aufbauen, und Muskeln wiegen nachweislich mehr als das Fett, das Sie verbrennen, und das Resultat wäre dann, dass Sie an Umfang verlieren und nicht an Gewicht, also warum dann nicht einfach den Umfang überwachen?
Das Gleiche gilt auch für den Reflow Ofen: Wenn wir nur das verbessern können, was wir überwachen, dann sollten wir darauf achten, was wir verbessern wollen! Die primäre Aufgabe des Reflow Ofens ist, die Lotpaste auf der Leiterplatte mit einer bestimmten Temperatur zu erhitzen und so eine gute Verbindung mit den Bauteilen herzustellen. Was simpel klingt, unterliegt facettenreichen Einflüssen, angefangen bei den Lotpasten‐Anbietern, den Schichtstoff‐Lieferanten und den Komponenten‐ Herstellern. Im Wesentlichen aber ist gut leitende Lotpaste vom Lötprozess im Ofen abhängig. Der derzeitige Weg, Erfolge zu messen, läuft über „Prozessfenster“, also eine vereinbarte Prozesstoleranz. Innerhalb dieses Prozessfensters werden gute, zuverlässige Lötstellen geschaffen, die die Komponenten nicht zerstören.
Um das ausgewählte Prozessfenster einzuhalten, benötigt man ein Temperaturprofil. Dieses Profil gibt die genaue Zeit an, wann die Leiterplatte bei welcher Temperatur durch den Ofen fährt: Diese Zeit wurde durch ein einfaches Controlling der Transport‐Geschwindigkeit und der Temperatur‐Zone oder per Hitzetransfer ermittelt. Somit hat der Ofen eine simpel definierte Rolle. Kommt die gelötete Leiterplatte aus dem Ofen heraus, würden wir in einer idealen Welt nur die Lötstellenqualität messen. Da wir das in der Realität aber nicht können, messen wir die Dinge, die zur optimalen Lötstellenqualität beitragen.
Einerseits können wir die Funktionalität der Maschine überwachen: Wir wissen, wir müssen die Temperaturzone überwachen, die Luftströme, die Transport‐Geschwindigkeit und den statischen Druck bewerten und wenn wir das alles innerhalb der Maschine überwachen, können wir nachvollziehen, wie gut die Maschinenleistung gegenüber der Spezifikation bei der Auslieferung ist. Wir können genau sehen, wenn die Toleranzgrenze überschritten wird und Korrekturmaßnahmen einleiten. Diese Art der Überwachung findet täglich in tausenden Fertigungen weltweit statt. Es ist der Weg des geringsten Widerstandes.
Wenn Sie einen Prozess besitzen, der funktioniert und mit dem Sie glücklich sind, dann können Sie diesen so überwachen und entscheiden, welcher Unterschied sein darf und welcher nicht, und damit arbeiten. Dies ist ohne Zweifel die einfachste und letztendlich kostengünstigste Arbeitsweise, aber sie schränkt auch ein.
Mehr Möglichkeiten bietet die Prozessüberwachung: Nun, was ist Prozessüberwachung und in wie weit weicht diese von der Maschinenüberwachung ab?
Die Prozessüberwachung misst, was mit dem Produkt passiert, wenn es durch die Anlage fährt. Im Vorfeld wurde für jede Leiterplatte ein Temperaturprofil definiert. Da jede Platine mittels Barcode genau erfasst werden kann, wird für jedes Produkt ein eigener Zeitstempel vermerkt, wann es in den Reflow Ofen einfährt, wann die einzelnen Lötphasen durchlaufen werden, und ob die Lötung innerhalb des vordefinierten Prozessfensters liegt. Werden die Parameter des Prozessfensters über‐ oder unterschritten oder kommt es zu Änderungen, erfolgt eine Meldung und die Optimierung kann eingeleitet werden.
Als Ergebnis messen Sie also, wie der Prozess verläuft. Bei dieser Messung können Sie den Prozess verbessern und somit bessere Ergebnisse erwirtschaften, Ausschuss reduzieren, Erträge optimieren und Kosten verringern. Sie erhalten außerdem wertvolle SPC Daten – auch als Rückverfolgbarkeit bei Ihrem Prozess. Das bedeutet, dass alle Leistungen der Maschine überwacht werden, auch die, die nicht von Ihnen im Profil angegeben wurden.
Während die Prozessüberwachung klare Vorteile gegenüber der Maschinenüberwachung bietet, geht dies nicht ohne ein paar Ressourcen: Um einen Prozess zu überwachen, müssen Sie zuerst Ihr Prozessfenster für jede einzelne Baugruppe, die durch den Ofen fährt, kennen. Um eine 100‐prozentige Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, müssten Sie viel mehr überwachen als nur vereinzelte Muster. Und auch die System‐Anforderungen für die Prozessüberwachung sind komplexer und beanspruchen daher zusätzliche Kosten. Doch mit einem KIC‐System kann der Lötprozess umfassend analysiert und optimiert werden: Automatisch werden die Ofeneinstellungen verbessert, um die idealen Werte der Spezifikation zu erreichen, den Durchsatz zu erhöhen und dennoch den Energieverbrauch zu senken. KIC reduziert so die Produktionskosten und garantiert Rückverfolgbarkeit für jede einzelne Leiterplatte.
Um zur Eingangsfrage zurück zu kommen: Diese zwei verschiedenen Ansätze lösen zwei unterschiedliche Probleme. Die Maschinenüberwachung überwacht die Variablen innerhalb des Systems, welches sich auf das Ergebnis auswirkt, während die Prozessüberwachung das Ergebnis überwacht. Die richtige Lösung auszuwählen, ist einfach. Es geht über die Frage: Was möchten Sie lernen? Sind Sie beunruhigt, dass Ihre Maschinenspezifikation im Laufe der Zeit abweicht? Falls ja, dann wird sich die Maschinenüberwachung darum kümmern. Sind Sie beunruhigt über die Qualität oder die Lötstellen und deren langfristige Zuverlässigkeit und möchten eine komplette Rückverfolgbarkeit und Prozessverbesserung liefern? Dann wird Sie die Prozessüberwachung mit KIC dabei unterstützen.
Um nochmal auf das Thema Diät zurück zu kommen: Wenn Sie vorhaben, dünner zu werden, dann benutzen Sie lieber ein Maßband als eine Waage. Wenn Sie Gewicht verlieren möchten, benutzen Sie eine Waage.
SMT Hybrid Packaging, Stand 7A-315
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