Neben der Tatsache, dass im Automotive-Bereich ein manueller Eingriff in die Produktionsabläufe nicht mehr toleriert wird, ist die manuelle Suche auch fehleranfällig. Hat der Bediener nun tatsächlich das Bauteil im Fokus seines Mikroskops, oder hat er zufällig das Nachbarbauteil, welches gut gelötet und positioniert war? Ist er bei Nutzenbaugruppen auch tatsächlich auf der angezeigten Baugruppe gelandet, oder auf einer benachbarten ohne Fehler? Um alle diese potentiellen Fehlerquellen zu eliminieren muss die Anzeige zusätzlicher Bilder der tatsächlichen Fehlerstelle automatisiert werden. Der Klassifizierungsplatz des AOI-Herstellers sendet dabei die Koordinaten des aktuellen Fehlers an eine automatisch verfahrbare Kameraeinheit, die dann entsprechend den optischen Kopf über der Fehlerstelle positioniert. Eine solche Unterstützung sollte sowohl inline, als auch an Offline-Plätzen möglich sein. Der Automationsspezialist Achat Engineering hat sich dieser Herausforderung gestellt und mit seinem Achat5 VinCam-System eine effiziente Lösung erarbeitet. „Dazu mussten wir intensiv mit unterschiedlichen AOI- und Handlings-Herstellern zusammenarbeiten um eine universelle Anbindung zu ermöglichen“, so Jürgen Schaffhausen, der Geschäftsführer des Automationsspezialisten. „Denn neben einer kompletten Inline-Station mit Bandstrecken und Arbeitsplatz sollte auch eine nachträgliche Aufrüstung von bestehenden Reparatur-Arbeitsplätzen möglich sein.“ Um dies zu gewährleisten bedarf es großer Expertise sowohl im AOI-Bereich als auch in der mechanischen Konstruktion von Automationslösungen, die bei Achat5 seit vielen Jahren vorhanden ist. So konnten viele hilfreiche Details eingebracht werden, die aus der täglichen Praxis der Bediener solcher AOI-Klassifizierungsplätze gespeist wurden.
Eindeutige Klassifizierung
Bilder von oben alleine reichen für eine eindeutige Klassifizierung nicht, die Fehlerstelle muss von verschiedenen Seiten betrachtbar sein. Aus diesem Grund ist die Kamera schräg auf dem 360° drehbaren optischen Kopf montiert. Über einfache Pfeiltasten, oder per Mausklick kann jeder beliebige Winkel eingestellt werden. Auch eine zusätzliche Verfahrung ist möglich. Will man an die ursprüngliche Fehlerstelle zurück, genügt ein Druck auf die „Last POS“ Taste. Ebenso lässt sich der Kopf in eine „Home“-Position fahren, um eine fehlerhafte Baugruppe einfacher entnehmen zu können. Bei stationär montierten Mikroskopen kann eine Inspektion immer nur von der Vorderseite durchgeführt werden, weshalb in der Vergangenheit die Mikroskope durch manuell positionierbare Kameras ersetzt wurden. Damit sind dann zwar die Fehlerstellen auch aus gegenüberliegenden Blickwinkeln anzeigbar, doch bleibt die Anzeige am Monitor immer aus dem Blickwinkel der Kamera, wodurch der Bediener diese immer gedanklich im Kopf drehen muss, um eine Überdeckung des Blickwinkels der Kamera mit seinem eigenen Blickwinkel herzustellen. Um die Klassifizierung auch hier einfacher und effizienter zu gestalten nutzt die VinCam-Software eine runde Darstellung des Kamerabildes und rechnet den Rotationswinkel der Kamera so um, dass das angezeigte Bild immer aus der Blickrichtung des Bedieners angezeigt wird. Neben einer immensen Zeitersparnis bei der Klassifikation von Pseudofehlern wird durch die Anzeigemöglichkeiten aus verschiedenen Blickwinkeln auch der Schlupf von echten Fehlern, die durch mangelnde Erkennbarkeit im AOI-Bild fälschlicherweise also Pseudofehler klassifiziert werden, verringert.
Die Erhöhung des First-Pass-Yield in kürzerer Zeit bildet die Basis für die Wirtschaftlichkeit einer Investition. Da die Klassifikation nicht wertschöpfend ist, ist jede Sekunde, die eingespart werden kann eine direkt bezifferbare Geldersparnis. Der Reputationsverlust der durch Fehlerschlupf im Feld verursacht wird, indem defekte Produkte zum Kunden gelangen, ist nicht so einfach zu beziffern, kann aber sehr schnell deutlich über den Kosten für die Herstellung im gesamten Produktlebenszyklus liegen. Eine Verringerung der Kosten durch Einsatz von unterstützenden Methoden bei der Fehlerklassifizierung am AOI ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, den einige große Automobilzulieferer erkannt haben. Sie setzen solche Systeme weltweit vermehrt in ihren Linien ein, getreu dem Motto: „Ich sehe was, was Du nicht siehst und das spart Geld!“