Mittlerweile kommen rund drei Millionen Roboter weltweit in der industriellen Produktion zum Einsatz, so der „World Robotics 2021“-Report der International Federation of Robotics (IFR). Interessanterweise zählt Deutschland zu den größten Robotermärkten der Welt. Dass es dabei nicht unbedingt nur um die Serienfertigung von riesigen Stückzahlen gehen muss, zeigt ein aktuelles Beispiel von Kraus Hardware: Die EMS-Spezialisten setzen seit einiger Zeit auf einen „Cobot“ (kollaborativer Roboter), der die Mitarbeiter von monotonen und belastenden Tätigkeiten befreien soll.
Dazu kommen weitere Vorteile: Der Roboter arbeitet sehr präzise und wiederholungsgenau, benötigt nur wenig Platz und lässt sich flexibel einsetzen. „Allerdings muss er auch überwacht und programmiert werden. Roboter sind nicht in der Lage, eigenständig zu denken und Entscheidungen zu treffen“, erklärt Philipp van der Gouwe, der im Unternehmen unter anderem für den Cobot verantwortlich ist. In der Folge kommt es bei dem EMS-Dienstleister zu Versuchen mit realitätsnahen Aufgaben wie dem Stapeln von Bauteilrollen aus dem MLT (Manufacturing Logistics Terminal) und dem Etikettieren von kleinen Leiterplatten. Außerdem verwenden die Spezialisten den Cobot in Kürze bei einem Forschungsprojekt. Hier führt er wiederkehrende Testmessungen an einem Messkopf aus.
Roboter-Werkzeug per 3D-Druck
Aktuell geht das Unternehmen bereits die nächsten Schritte mit dem Cobot. Letztlich soll er immer mehr Jobs übernehmen – und das im flexiblen Wechsel, was schließlich zu einer komplexen Programmier-Aufgabe für die Steuerung des Gerätes führt, denn es geht immer wieder um Millimeter: Das Werkzeug muss sich zu einer definierten Position hinbewegen und genaue Bewegungen ausführen. Dabei setzt das Unternehmen alle Entwicklungsschritte systematisch um. Zwei angehende Elektrotechniker erstellen beispielsweise in Kürze eine Studienarbeit zur Integration des Roboters beim Verguss von Leiterplatten mit Silikon. Es entsteht also eine Lösung zum automatischen Beschichten, was direkt zur Fragestellung führt, wie sich ein passendes Dispenser-Werkzeug für den Roboterarm produzieren lässt – und das inklusive pneumatischer Anbindung an das Druckluft- und Vakuumsystem. Standard-Roboterwerkzeuge kommen hierbei kaum in Frage, weshalb die Lösung im 3D-Drucker entsteht. Die Technologie ist bei Kraus Hardware in vielfacher Weise im Einsatz: Werkzeughalter, Abdeckungen, kundenspezifische Abstandhalter, Aufnahmen für einen Laser sowie die Greifer bzw. Werkzeuge für den Cobot entstehen so. „Letzteres ist ein weiteres gutes Beispiel dafür, wie und wo die Technologie uns weiterhilft“, erklärt Andreas Kraus. „Mithilfe des 3D-Drucks können wir sehr schnell passgenaue Lösungen entwickeln und herstellen. Aktuell sind wir deshalb auch im Beschaffungsprozess für einen SLA-3D-Drucker (Stereolithographie), bei dem ein synthetisches Kunstharz zum Einsatz kommt. Das eröffnet uns weitere Freiheiten.“
Komplette Vernetzung des Systems im Fokus
Wie effizient der Roboter den Verguss von Leiterplatten ausführen wird, steht aktuell noch nicht fest – die Anforderungen an die laufende Versuchsphase sind in jedem Fall enorm: Es geht unter anderem um eine Aufstellung von Indizien für „Fails“, eine automatisierte Protokollierung der verarbeiteten Seriennummern und eine komplette Vernetzung des Systems, um ein Prozessmonitoring zu ermöglichen. „Das sind wichtige Herausforderungen, die wir vor der eigentlichen Arbeit mit dem Cobot umsetzen“, erklärt Andreas Kraus. „Auf der einen Seite konnten wir mit vielen Tests bereits sicherstellen, dass wir im kollaborativen Arbeiten mit dem Roboter unsere hohen Anforderungen an Qualität und Wiederholgenauigkeit erreichen. Zudem entlasten wir so unsere Mitarbeiter von monotonen Arbeiten. Vor diesem Hintergrund ist der Einsatz von Robotern der richtige Weg.“