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Lötprozesse neu gedacht

Die Details machen den Unterschied
Lötprozesse neu gedacht

Elektronikfertigungen stehen Tag für Tag vor Herausforderungen, wenn es darum geht, in einem globalen Umfeld wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Qualität der hergestellten Produkte einerseits, der Preisdruck andererseits und das Ziel, die Fertigungsprozesse nachhaltiger zu gestalten, zählen zu diesen Aufgabenstellungen, um die Elektronikfertigung der Zukunft auf solide Füße zu stellen. Die Maschinenhersteller können dabei effektiv unterstützen. SEHO Systems GmbH, einer der führenden Hersteller von Komplettlösungen für Lötprozesse und automatische Fertigungslinien ist im engen Austausch mit Kunden weltweit. Energieeffiziente Anlagen, Flexibilität, höhere Automatisierungsgrade bei der Prozesskontrolle und geringere Verschleißanfälligkeit sind einige der Ansatzpunkte, um Elektronikfertigungen bei der Realisierung ihrer eigenen Ziele nutzbringend zu begleiten. Das Unternehmen hat die Lötprozesse auf den Prüfstand gestellt und in genau diese Richtung weiterentwickelt.

Dr.-Ing. Andreas Reinhardt, Leiter Forschung & Entwicklung & Heike Schlessmann, Marketing, SEHO Systems GmbH, Kreuzwertheim

Ein Großteil des elektrischen Energieverbrauchs einer Wellenlötanlage, nämlich rund 70 Prozent, wird für die Vorheizung der zu lötenden Baugruppen benötigt. Unter dem Aspekt der Energieeffizienz spielen dabei mehrere Zustände einer Lötanlage eine Rolle. Je nach Produktionsmix ist es nun erforderlich, mehr als einen Zustand zu optimieren, um die beste Energieeffizienz zu erzielen. Im Zustand „Ausgeschaltet“ benötigt die Maschine üblicherweise eine längere Zeitspanne, um wieder einsatzbereit zu sein. Im Betriebsmodus „Standby“ erreicht die Maschine nach nur wenigen Minuten wieder den Bereitschaftszustand. Im Zustand „Keine Last/Bereit“ kann ein Produkt jederzeit einlaufen, jedoch befindet sich aktuell kein Produkt in Bearbeitung. Und im Zustand der „Variablen Belastung“ laufen weniger Produkte in die Maschine ein, als sie verarbeiten könnte. Den maximalen Durchsatz erreicht die Maschine bei „100 Prozent Last“.

Aufgrund der zunehmenden Produktvielfalt und der geringeren Losgrößen sind neue Technologien nötig, um kontinuierlich hochwertige Lötverbindungen zu erhalten. Ansonsten müssten mehrere kleine, spezialisierte Anlagen statt einer großen Lötanlage eingesetzt werden. Dies würde jedoch zu höheren Kosten in Bezug auf Flächenbedarf in der Fertigung, zu mehr Wartungsaufwand und zu einem höheren Energieverbrauch führen.

Energieeffizientes Löten

Der Energieverbrauch einer Wellenlötanlage kann für den Bereitschaftszustand ohne Last sowie für niedrigeren Durchsatz gesenkt werden, wenn neue, schnell reagierende Strahler im Vorheizbereich zum Einsatz kommen. Diese sogenannten Pulsarstrahler bieten gleichzeitig den Vorteil, Parameter von einem Produkt zum anderen ohne größere Verzögerungen umschalten zu können.

Drei Faktoren spielen bei der Erreichung des deutlich reduzierten Energieverbrauchs eine Rolle: Ist die Maschine leer und in den Standby-Modus gewechselt, können die Heizungen auf ein Minimum gesetzt werden, da die Heizleistung innerhalb von Sekunden wieder im Arbeitsbereich ist. Die notwendige Energie, um die Umgebungsbedingungen in der Anlage konstant zu halten, beträgt nur etwa 3,5 kW.

Mit dieser minimalen Energiezufuhr wird eine Absenkung des Temperaturniveaus im Tunnel effektiv vermieden und damit auch jeglicher Einfluss auf das Temperaturprofil des Produkts. Beträgt der Durchsatz weniger als 100 Prozent, können alle Emitter, über denen sich aktuell kein Produkt befindet, in ihre Standby-Einstellungen geschaltet werden. Dadurch ist eine geringere Auslastung auch direkt mit einem niedrigeren Energieverbrauch verknüpft.

Einer der Hauptvorteile der neuen Pulsarstrahler basiert auf der schnellen Reaktionsgeschwindigkeit. Bei der Bearbeitung von verschiedenen Produkten mit unterschiedlichen thermischen Anforderungen, die verschiedene Parametereinstellungen im Hinblick auf die Heizleistung erfordern, ist keine Wartezeit zwischen den Produktgruppen erforderlich. Durch die Schaltung einzelner Strahler anstelle von ganzen Segmenten sind kürzeste Baugruppenabstände realisierbar. In der Praxis bedeutet dies, dass jeder einzelne Strahler unterhalb eines Produktes mit den individuell hierfür benötigten Einstellungen betrieben wird. Zum Erreichen dieses individuellen Einstellwertes ist kein zusätzlicher Abstand zwischen verschiedenen Produkten erforderlich. Die Wellenlötanlage erreicht dadurch eine enorme Flexibilität – Grundvoraussetzung für einen kosteneffizienten High-Mix-Betrieb ohne Durchsatzeinbußen.

Durch und durch flexibel

Flexibilität im Vorheizbereich ist nur dann effektiv, wenn auch die Flexibilität im Lötbereich entsprechend hoch ist. Ein Großteil der Wellenlötanlagen in Elektronikfertigungen wird mit einer oder zwei Lötdüsen betrieben, die einen turbulenten Wellenfluss erzeugen. Hiermit lässt sich eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte bearbeiten. An seine Grenzen stößt dieses Konzept jedoch, wenn beispielsweise Baugruppen in Lötmasken verarbeitet werden. Generell wird die Packungsdichte auf beiden Seiten der Leiterplatte zunehmend höher und der Anteil an SMD-Bauelementen auf der Lötseite der THT-Bauteile wächst kontinuierlich. Nicht immer ist ein Umstieg auf Selektiv-Löttechnik eine Option. Lötmasken sind eine probate Möglichkeit, wenn die vorhandene Wellenlötanlage weiter genutzt werden soll, ohne dass in einem zusätzlichen Prozessschritt zunächst die SMD-Bauelemente geklebt und anschließend zusammen mit den THT-Bauteilen verlötet werden. Bestimmte Leiterplattenbereiche, wie beispielsweise die SMD-Bauteile oder auch temperaturempfindliche Komponenten, sind hier abgedeckt, um während des Lötvorgangs nicht benetzt oder abgeschwemmt zu werden.

Je nach Maskenstärke und Größe der Maskenausschnitte ist eine sichere und reproduzierbare Benetzung aller Lötstellen jedoch nicht immer gewährleistet. Zusätzlich können geringe Abstände zwischen den abgedeckten SMD-Bauelementen und den Pins der zu lötenden THT-Bauteile hinsichtlich eines reproduzierbaren Prozesses zur Herausforderung werden. Unvollständige Lötstellen oder auch Lötbrücken, wenn zum Beispiel der Lotabriss nicht sauber erfolgen kann, sind klassische Fehler beim Löten von anspruchsvollen Baugruppen mit Lötmasken. Für diese Anwendungen sind also neue Lösungen gefragt.

Mehr Prozesssicherheit durch Automatisierung

Ein innovativer Ansatz ist für diese Applikationen eine automatische Düsenhöhenverstellung, die die Taktzeit der Wellenlötanlage nicht beeinflusst. Hierbei sind die Lötdüsen, einzeln programmiert, über eine Distanz von 20 mm in der Höhe verstellbar, um produktabhängig den optimalen Abstand zwischen Leiterplatte und Lötdüse einzustellen. Die automatische Düsenhöhenverstellung bietet zusätzliche Prozesssicherheit und eine Verbesserung der Produktqualität, da alle Lötstellen sicher benetzt werden und ein definierter Lotabriss möglich ist.

Das System ist an die Funktion des sogenannten Sektorlötens gekoppelt. Bei dieser Funktion konnten bislang über die Software die Parameter Pumpendrehzahl bzw. Wellenhöhe und Transportgeschwindigkeit für bis zu 16 Sektoren innerhalb einer Leiterplatte unterschiedlich programmiert werden. Mit der zusätzlichen Ergänzung der individuellen Düsenhöhe, d. h. der Einstellmöglichkeit des Abstands von Leiterplatte zu Düsenoberkante, an bis zu 16 unterschiedlichen Leiterplattensektoren, gewährleistet dieses System ein großes Prozessfenster und maximale Flexibilität. Es sichert gleichzeitig die Zukunftsfähigkeit der Wellenlötanlage im Hinblick auf neue Applikationen.

Automatische Prozesskontrollsysteme erhöhen nicht nur die Sicherheit und Stabilität des Lötprozesses, sondern reduzieren vor allem das Risiko für potentielle Lötfehler. Sie verringern dadurch essentiell die Kosten bei der Herstellung elektronischer Produkte. Viele grundlegende Komponenten einer Lötanlage werden bereits seit geraumer Zeit überwacht. Hierzu gehören beispielsweise die Temperaturen im Vorheizbereich, die Füllstände von Flussmittelreservoir und Löttiegel oder der Baugruppentransport durch die Anlage mittels entsprechender Sensorik.

Besonders prozessrelevant ist jedoch auch die stabile Höhe der Lötwelle. Schlechte Lotdurchstiege oder fehlende bzw. unzureichende Benetzung können Folge einer unregelmäßigen Wellenhöhe sein und nicht umsonst wird sie in Selektiv-Lötprozessen seit langem automatisch überwacht und geregelt.

Ohne Unterbrechung des Produktionsprozesses und den Einsatz externer Messinstrumente war es bisher nicht möglich, die Wellenhöhe auch in konventionellen Wellenlötprozessen zu messen. Das Ergebnis ist hier jedoch lediglich eine Momentaufnahme, die keine Rückschlüsse auf erforderliche Parameteränderungen und keinen Automatismus für eine Nachregelung bietet. Mit dem Fokus auf diesen Aspekt hat das Unternehmen eine automatische Wellenhöhenkorrektur entwickelt, die im Lötbereich der MWS 2300 integriert werden kann. Das System basiert auf einer Kontaktmessung, die sowohl bei laminaren als auch bei turbulenten Lötwellen zuverlässige Ergebnisse und Prozesse sichert.

Zur Bestimmung des Idealzustands der Lötwellenhöhe wird eine Referenzmessung durchgeführt und die gemessenen Werte sowie die eingestellten Anlagenparameter im System hinterlegt. In einem individuell programmierbaren Zeitraster werden im Produktionsmodus der Anlage automatisch Messungen der Wellenhöhe durchgeführt, indem eine Leiste mit Sensorkontakten auf die Lötwellenoberfläche abgesenkt wird.

Innerhalb einstellbarer Toleranzen wird die Wellenhöhe basierend auf den Messergebnissen und einem mathematischen Modell automatisch nachgeregelt, indem die Parameter entsprechend verändert werden.

Bewegen sich die erforderlichen Einstellungen außerhalb des definierten Toleranzbereichs, errechnet das System eine Empfehlung, jedoch entscheidet der Maschinenbediener oder der Prozessverantwortliche, ob die Parameteranpassungen zur Regelung der Wellenhöhe übernommen werden, oder ob zunächst die Ursache gegebenenfalls an anderer Stelle zu suchen ist. Alle Messergebnisse und nachgeregelten Parameter werden für eine vollständige Nachvollziehbarkeit des Prozesses protokolliert, so dass gleichzeitig auch ein Qualitätsnachweis für die hergestellten Produkte zur Verfügung steht.

Die Vorteile liegen hier auf der Hand: Die frühzeitige Erkennung von Prozessabweichungen ermöglicht die schnelle Analyse und Behebung der Ursache, sichert die Produktqualität und senkt nachhaltig die Fertigungskosten durch die Vermeidung von Nacharbeit.

Zukunftsfähig und sicher: Selektivlöten

Die Selektivlöttechnik zählt mit zu den zukunftsfähigsten Technologien in der Elektronikfertigung. Sie ist energieeffizient und ressourcenschonend, liefert prozesssichere Ergebnisse und ist, abhängig von der verwendeten Anlagentechnik, flexibel für verschiedenste Applikationen einsetzbar, auch bei höheren Durchsätzen. Jedoch ist speziell der Lötbereich wartungsintensiver und im Hinblick auf die eingesetzte Düsentechnologie auch verschleißanfälliger als bei der klassischen Welle. Ein Faktor, der die Gesamtkostenstruktur in der Elektronikproduktion belastet und daher vom Unternehmen ebenfalls auf den Prüfstand gestellt wurde.

Die neu entwickelte LongLife-Miniwellen-Lötdüse verbessert den Prozess in mehrfacher Hinsicht. Die Düse wird in einem speziellen Fertigungsverfahren hergestellt, bei dem das kubische Metallgitter nicht geschädigt wird. Anders als bei einer herkömmlichen, zerspanten Oberfläche, wird die Oberfläche des Düsenmaterials hier nicht auf der atomaren Ebene verändert. Zusätzlich ist die Miniwellen-Lötdüse mit einer speziellen Vergoldung beschichtet. Diese Kombination verleiht der neuen Lötdüse einige ganz außergewöhnliche Merkmale.

Ein besonderer Vorteil der LongLife-Lötdüse ist ihre Standzeit, die unter gleichen Bedingungen mindestens dreimal länger ist als die Standzeit herkömmlicher Lötdüsen. Das jährliche Einsparpotenzial ist dadurch enorm. Gleichzeitig ist der Wartungsbedarf der neuen Düse deutlich reduziert. Die LongLife-Lötdüse muss während einer kompletten Produktionsschicht weder gereinigt noch neu aktiviert werden und auch vor Produktionsbeginn ist keine Aktivierung erforderlich. Damit sichert die Düse eine deutlich höhere Anlagenverfügbarkeit, da die Fertigung nicht unterbrochen werden muss, um die Lötdüse manuell zu reinigen oder neu zu aktivieren.

Auch aus prozesstechnischer Sicht bietet die neue Lötdüse Vorteile. Bedingt durch ihre sehr gleichmäßige Düsenwandung ist ein besserer Energieeintrag in die Lötstelle möglich und die Wellenhöhe wird konstant stabil gehalten, wodurch insgesamt eine höhere Prozessstabilität und geringere Lötfehlerraten gewährleistet sind. Bei schlecht aktivierten Düsen kann sich der Mittelpunkt verschieben, wodurch Lötbrücken entstehen oder SMD-Bauteile abgeschwemmt werden können. Aufgrund ihrer Materialeigenschaften ist die Long-

Life-Lötdüse dagegen nahezu durchgängig perfekt aktiviert.

Der ökologische Fußabdruck der LongLife-Lötdüse spricht ebenfalls für sich. Im Vergleich zu herkömmlichen Lötdüsen ist die LongLife-Düse besonders ressourcenschonend. Insgesamt ist der Materialeinsatz deutlich niedriger und aufgrund der reduzierten Verschleißanfälligkeit und des Wegfalls von Aktivierungschemikalien, ist auch die Oxid- und Schlackebildung niedriger.

Fazit

Die moderne Elektronikfertigung befindet sich in einem stetigen Wandel. Nachhaltige Fertigungsprozesse, die Fähigkeit, flexibel auf neue Anforderungen reagieren zu können, ein konstant hohes Qualitätslevel und die Optimierung der Gesamtkostenstruktur stehen dabei im Fokus. Innovative Technologien schaffen effizientere Abläufe und oftmals sind es die kleinen Details, die den Unterschied machen.

www.seho.de

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